Enia und der Regenzauber (eBook)

Spannende Abenteuergeschichte für Kinder ab 10 Jahren in der faszinierenden Natur Madagaskars und über die weltweiten Folgen des Klimawandels
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2024 | 1. Auflage
336 Seiten
Verlag Friedrich Oetinger
978-3-96052-395-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Enia und der Regenzauber -  Antonia Michaelis
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Auf der Suche nach dem Regenmacher Die 11-jährige Enia und ihr Biologen-Papa reisen nach Madagaskar, um auf die Suche nach einem als ausgestorben geltenden Tier zu gehen: einem winzigen Lemuren mit Flügeln. Angekommen in einem kleinen Dorf im Süden des Landes erfahren sie, dass dieses Tier magische Fähigkeiten haben soll: Es kann angeblich Wasser finden! Und das brauchen die Bewohner des Dorfs unbedingt, denn schon viel zu lange ist es trocken. Wenn die Regenzeit auch dieses Jahr ausbleibt, müssen sie ihre Felder endgültig aufgeben. Zusammen mit einigen Kindern aus dem Dorf macht Enia sich auf eine gefährliche Suche nach dem Lemuren. Denn auch eine skrupellose Räuberbande, die Dahalos, möchte das Tier unbedingt in die Finger bekommen ... Enia und der Regenzauber: Ein großes Abenteuer auf Madagaskar - Empathisch und inspirierend: Ein wunderbares Kinderbuch ab 10 Jahren über die tiefe Freundschaft zwischen Enia und den Kindern des Dorfes, welche zeigt, dass Zusammenhalt und Mut Berge versetzen können. - Abenteuerliche Geschichte: Eine spannende Abenteuergeschichte mit dem Zauber ferner Länder - ideal für alle, die von Abenteuern und fernen Welten träumen. - Magischer Realismus: Eine faszinierende Mischung aus magischer Fantasy und realistischen Elementen, die die Fantasie der Kinder beflügelt. - Starke Figuren: Die wunderbaren Charaktere sind mutig, eigensinnig und ideenreich und zeigen die Kraft, die entsteht, wenn man fest an etwas glaubt. - Wichtiges Thema: Der Kinderbuchroman sensibilisiert junge Leser*innen für die Folgen des Klimawandels und regt zum Nachdenken an. - Erfahrung aus Madagaskar: Autorin Antonia Michaelis bringt ihre persönlichen Erlebnisse aus Madagaskar ein, wo sie eine Dorfschule gebaut und ein Patenprogramm für Kinder ins Leben gerufen hat.

Antonia Michaelis studierte Medizin in Greifswald. Sie engagiert sich für Kinder in Madagaskar und hat zahlreiche Romane für Kinder, Jugendliche und Erwachsene veröffentlicht.

Antonia Michaelis studierte Medizin in Greifswald. Sie engagiert sich für Kinder in Madagaskar und hat zahlreiche Romane für Kinder, Jugendliche und Erwachsene veröffentlicht.

1.Kapitel,


in welchem ziemlich viel Staub vorkommt, jemand fast von einem Fahnenmast fällt, eine Ziege Schluckauf hat, ein Lemur in der Schule gefunden wird und es nicht regnet

Sie kam mit dem Wind.

Don sah sie zuerst, und sie kam mit dem Wind.

Eine Wolke aus rotem Staub, die über die weite, trockene Ebene fegte. Sie wirbelte zwischen den vereinzelten Büschen entlang, zwischen den Hütten, unter dem weiten blauen Himmel.

Don sah sie immer zuerst. Er stand an der Straße wie jeden Morgen und sah ihr entgegen. Es war natürlich keine richtige Straße, nur die tiefen Spuren von Wagenrädern in der roten Erde.

Da! Da war der Ton der Fahrradklingel: hell und klar und beinahe magisch. Der Ton kam direkt aus dem Staubwirbel.

Und dann war sie da, dann sprang sie vom Rad: Maitresse Tohizantsoa, kurz Tui.

»Salama, Don!«, sagte sie. »Guten Morgen. Manahoana?«

»Danke«, sagte er, ein wenig verlegen. »Mir geht’s gut. Und Ihnen?«

Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Auch. Heute ist ein wunderbarer Tag. Wir werden ein Abenteuer erleben.«

»Die Klasse wartet schon«, sagte Don. »Werden wir essen?«

»Natürlich werden wir essen«, sagte Maitresse Tui.

Sie schob ihr Fahrrad neben Don her, über die rissige Erde zur Schule.

Das Rad war rot und alt, doch um den Lenker und den Gepäckträger waren hübsche purpurfarbene Rosengirlanden aus Stoff gewunden, sodass es aussah wie ein fahrender Garten. Eigentlich war es nicht möglich, dass sich dieser leuchtende Garten bis eben komplett in einer Staubwolke versteckt hatte.

»Unsere Augen lassen sich zu leicht täuschen«, sagte Maitresse Tui und zwinkerte Don zu.

Hinten war eine Holzkiste befestigt, in die man Dinge legen konnte. Wenn man Dinge hatte. An diesem Morgen war sie leer.

»Sie haben gar nichts mit«, sagte Don enttäuscht. »Zum Lesen.«

Immerhin war er elf Jahre alt, also fast ein Mann, und er konnte lesen. Sie hatte es ihnen allen beigebracht. Aber er brauchte mehr Übung. Und mehr Zahlen. Und französische Wörter.

Maitresse Tui lachte. »Nur, weil du nichts sieht, heißt das nicht, dass nichts da ist«, sagte sie.

Don sah sie an, während sie das Rad neben ihm herschob. Sie war so schön! Er hätte sie sofort geheiratet, aber das sagte er niemandem. Maitresse Tui trug ein weißes Kleid bis zu den Knien, mit kleinen Rüschen, die sich am Rand ein bisschen ablösten. Ihr Haar hatte sie in viele winzige Zöpfe geflochten wie die meisten Frauen, aber sie hatte es hinten zu zwei Knoten gewunden, die nebeneinandersaßen wie weiche schwarze Kätzchen, die sie auf ihrem Kopf spazieren trug.

Und sie ging, als würde sie schweben. So leicht.

Jetzt waren sie fast bei der Schule. Ihre Wände bestanden aus Ästen, tief in die Erde gesteckt, mit einem Dach aus mehr losen Ästen. Vor der Schule stand eine Wolke aus bunten Kindern in allen Größen, und sie alle winkten jetzt: eine Explosion aus Farben im rotbraunen, trockenen Nichts. Die Tücher, die die Mädchen als Röcke umgeschlungen hatten, waren wie strahlende Blumen in der Wüste.

Doch an diesem Tag wuchs auf dem Fahnenmast neben der Schule noch eine Blume. Eine leuchtend gelb-rote Blume.

»Fenomeine«, sagte Don. »Was tut sie da oben?«

Und dann löste sich ein anderer bunter Fleck aus der Wolke aus Kindern und stürmte auf sie zu, ein kleiner Wirbelwind, neben dem eine weiß-braun gefleckte Ziege herrannte. Er stürzte sich in die Arme von Maitresse Tui, die ihn auffing und lachte. Don fing das Fahrrad auf, das sonst gefallen wäre. Es war schwer. Aber es fühlte sich wunderbar an, es festzuhalten für Maitresse Tui.

»Fito«, sagte er und seufzte. »Lass Maitresse Tui los.«

»Aber! Aber! Aber!«, rief Fito und hopste jetzt vor ihnen auf und ab. »Es ist … es ist alles passiert! Feno ist auf die Fahne geklettert und sagt, es wird was kommen, aus der Ferne. Und sie weigert sich, runterzuklettern. Und die Dorfchefs sitzen hinten bei den Bäumen und haben ein Geheimnis, und Tianay hängt kopfüber am Schul-Mangobaum. Und die Ziege hat schon den ganzen Morgen Schluckauf, das bedeutet, dass etwas im Gange ist.«

»Mora, mora, Fito. Laaangsam«, sagte Don. »Und hör auf, zu hüpfen.«

Fito war anstrengend. Er war immer überall, mit seiner Ziege, und er war – leider – Dons kleiner Bruder. »Die Ziege hat Schluckauf? Und wieso ist Tianay in der Schule? Der ist sowieso seltsam, das wissen alle. Und der ist viel zu alt für die Schule, der ist mindestens siebzehn!«

»Ist er nicht, er hängt nur an der Mango, der Verrückte«, sagte Fito ungeduldig. »Er sagt, er hört den Regen.«

Maitresse Tui schloss die Augen. »Den Regen«, sagte sie leise. »Ich wünschte, ich könnte den Regen hören. Es ist das dritte Jahr, dass er ausbleibt. Aber die Ziege hat recht. Und Fenomeine auch. Es fühlt sich so an, als ob etwas kommt. Als ob sich etwas verändert. Bald. Ich weiß nicht, ob es etwas Gutes oder etwas Gefährliches ist. Vielleicht beides. Es kommt darauf an, was wir daraus machen.« Dann öffnete sie die Augen. »Und du sollst nicht sagen, dass Tianay verrückt ist.«

»Aber er ist anders«, sagte Fito. »Also, als wir. Sagt Nenibe.«

Maitresse Tui nahm Don das Fahrrad ab und schob es weiter.

»Wir sollten Fenomeine von der Fahne holen. Ziege? Kommst du mit?«

»Hicks«, sagte die Ziege.

 

Maitresse Tui stellte das rote Blumen-Rad im Schatten der Mango ab, damit die Reifen in der Sonne nicht platzten. Die Mango war wunderbar, sie breitete ihre Zweige mit den tiefgrünen Blättern über die Schule, als wollte sie sie beschützen.

Nur eine Mango, das wusste Don, reicht mit ihren Wurzeln so weit, dass sie auch jetzt noch Wasser fand.

Und an einem dicken Ast daneben hing also Tianay, kopfüber, die Arme vor der Brust verschränkt, die Augen geschlossen.

»Avy ny orana«, murmelte er. »Der Regen kommt.«

Dann machte er plötzlich die Augen auf und sah Don an. Er hatte komische Augen, braun mit kleinen goldenen Tupfen. Hübsch. Er war überhaupt ein hübscher junger Mann, wie auf einem gemalten Bild. Aber alle im Dorf sagten, dass die Geister in seinem Kopf wohnten.

Die anderen Kinder standen mit etwas Abstand da, ängstlich, und starrten ihn an.

Maitresse Tui jedoch zog ihre hellblauen Plastikslipper aus, stieg auf den Sattel des roten Fahrades, streckte sich und zog sich auf den untersten Ast der Mango. Dann hängte sie sich neben Tianay.

Kopfüber. Genau wie er.

Und verschränkte ebenfalls die Arme.

Der Rock des weißen Kleides hätte nach unten hängen müssen, sodass man ihre Unterwäsche sah, doch er tat es nicht. Vielleicht hatte Maitresse Tui mit der Erdanziehungskraft eine Abmachung. Don traute ihr alles zu.

Und da dachte er: Ich kann das auch. Natürlich kann ich das.

Die anderen sagten, er sei ein Feigling, weil er sich nicht gern mit irgendwem prügelte. Er saß lieber im Schatten und spielte auf der Flöte, die er selbst geschnitzt hatte. Dies war eine Gelegenheit, ihnen zu beweisen, dass er kein bisschen feige war. Er kletterte auf den Fahrradsattel, krallte sich mit bloßen Händen und Füßen im rauen Stamm der Mango fest und … war oben.

»Don ist neuerdings auch seltsam!«, rief jemand von unten.

»Ich hätte nicht gedacht, dass er sich das traut!«, sagte ein anderer.

Don hing jetzt. Kopfüber.

»Hallo, Don«, sagte Maitresse Tui. »Hörst du den Regen?«

Don lauschte. Er hörte sein Herz pochen. Er hörte seinen Magen knurren.

»Nein«, sagte er.

»Ich auch nicht«, sagte Maitresse Tui. »Tianay, bist du sicher?«

»Tropfen«, sagte Tianay. »Viele Tropfen. Pling. Plong. Pling.«

In diesem Moment merkte Don, wie er zu rutschen begann. Er versuchte, mit dem Oberkörper wieder hochzukommen, sich festzuhalten … spürte, wie er fiel. Schloss die Augen. Und landete in weichen Armen. Als er die Augen aufschlug, schwebte Maitresse Tuis Gesicht über ihm. Wie war sie so schnell auf den Boden gekommen?

»Das war ein bisschen gefährlich«, sagte sie und stellte ihn auf die Beine.

»Und jetzt kommt, wir müssen Fenomeine vom Fahnenmast holen, ehe sie auch noch fällt. Heute scheinen alle Kinder reif zu sein, denn sie hängen irgendwo und müssen geerntet werden.«

Fito schob seine kleine dreckige Hand in die von Don, und sie folgten Maitresse Tui zum Fahnenmast. Zusammen mit den anderen Kindern.

»Is gut, dass du nicht gefallen bist«, sagte Fito. »Du hättest dir was durchbrechen können.«

Don drückte Fitos Hand.

Unter dem Fahnenmast blieben sie alle stehen. Der Mast war hoch, höher als das Schuldach. Fenomeines gelber Rock flatterte mit der verblichenen rot-weiß-grünen Fahne um die Wette, flatterte wie eine Sonne, die jemand zum Trocknen aufgehängt hatte.

»Fenomeine?«, rief Don. »Warum bist du da oben?«

»Wegen der Aussicht!«, schrie Fenomeine.

Ihr Haar stand wild in alle Richtungen wie Windböen. Fenomeine war ein wildes Kind. Sie waren seit Ewigkeiten Freunde, sie und Don, aber sie war immer wagemutiger gewesen.

Eigentlich hätte sie zu Hause sitzen und Kaktusfrüchte säubern sollen, das wusste Don, und das wusste auch Fenomeine. Ihre Tante mochte es gar nicht, wenn sie zur Schule ging. Und sie mochte es sicher auch nicht, wenn sie auf den Fahnenmast kletterte.

»Da kommt was!«, schrie Feno. »Von hinter dem Horizont!«

»Was denn?«, rief Maitresse Tui. »Regen?«

»Nee!«, schrie Feno. »Besuch!«

»Was für Besuch?«, rief Fito.

»Ich weiß nicht genau! Zwei Leute. Ein Erwachsener und ein...

Erscheint lt. Verlag 6.9.2024
Illustrationen Sanna Wandtke
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte ab 10 • Abenteuer • Afrika • Dürre • Freundschaft • Klimawandel • lemur • Madagaskar • Magie • Spannung • starke Kinder • Zauber
ISBN-10 3-96052-395-5 / 3960523955
ISBN-13 978-3-96052-395-6 / 9783960523956
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