Kinder der Bounty (eBook)

Kinderabenteuerroman
eBook Download: EPUB
2024 | 2. Auflage
225 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7598-1539-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kinder der Bounty -  Werner Dr. Lippmann
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1904 besucht eine Schulklasse die südenglische Hafenstadt Littletown, um das neue Museumsschiff Bounty zu besichtigen. Auf zauberhafte Weise erfahren sie, dass Codo, ein Killerkomet, sich in 99 Tagen auf die Erde stürzen und sie vernichten will. Nur der Blaue Kristall besitzt die magische Kraft, ihn aufzuhalten. Er befindet sich auf einer Südseeinsel. Kurzerhand kapern die Kinder die Bounty und segeln in die Südsee, um den Kristall zu suchen. Bis sie ihn finden, erleben sie spannende und aufregende Abenteuer. Auf der Rückreise verlieren sie Zeit durch eine Flaute, müssen mit Kannibalen um Trinkwasser kämpfen und eine Meuterei überstehen. Aber noch ist die Erde nicht gerettet. Ein tödlicher Sturm bei Kap Hoorn muss auch noch überlebt werden.

Werner Lippmann, Musiker, Komponist und Produzent lebt in Mecklenburg-Vorpommern.

Werner Lippmann, Musiker, Komponist, Produzent, schrieb mit Heinz Oskar Preibsch das Kindermusical "Kinder der Bounty", das am Friedrichstadtpalast Berlin mehrfach erfolgreich aufgeführt wurde. Daraus entstand der gleichnamige Kinderabendteuerroman. Werner Lippmann lebt in Mecklenburg-Vorpommern.

Littletown


 

Wir wuchsen in Littletown auf und der Hafen war der Mittelpunkt des kleinen Städtchens. Es roch nach Meer, Teer und Fisch. Manchmal duftete es auch nach Tabak, Kaffee und unbekannten Gewürzen. Wenn die Kräne die Ladung aus den Bäuchen der Überseeschiffe bissen und die Pferde fuhrwerke und Eisenbahnwaggons mit all den Handelswaren beluden.

Wir sahen die Schiffe einlaufen und wir sahen sie auslaufen.

Mit weißen Tüchern winkten Frauen ihren Männern zu, bevor der Dampfer oder das Segelschiff die lange Reise antrat. Die Männer standen an der Reling. Sie wirkten oft, als würde ihnen der Abschied von ihren Frauen und Kindern kaum etwas ausmachen. Abschied und langes Fortbleiben gehörten zum Alltag der Seeleute. Es war ihr Beruf.

Der Hafen war unser Hafen.

Willy und ich trieben uns so oft es ging dort herum und schauten dem emsigen Treiben zu. Was für eine wundervolle Welt. Es war völlig klar, dass wir irgendwann ebenfalls die Meere befahren würden.

Besonders angetan hatten es uns die bärtigen Seemänner mit ihren derben, zupackenden Händen. Wenn sie mit leicht schwankendem Schritt von Bord kamen, ihre Seesäcke über den Schultern, vom Kautabak braunen Speichel ausspuckten und meist nach Schnaps rochen, ging etwas Übermütiges von ihnen aus. Sie waren laut und albern. Versammelten sich in kleinen Gruppen am Kai und berieten, wo sie ihre Ankunft in der Heimat gebührend feiern sollten. Meist zogen sie laut singend und unternehmungslustig in die nächste Hafenkneipe. Dann waren die Pubs und Tavernen zum Bersten voll. Als hätten es die Matrosen eilig, ihre schwer verdiente Heuer in Rum und Bier umzusetzen.

Zuvor aber galt es, ein Problem zu lösen. Die Wirte lehnten es ab, die schweren Leinensäcke, in denen sich die Habseligkeiten der Seeleute befanden, in ihren Kneipen zu lagern. Sie brauchten einfach zu viel Platz und standen immer im Wege. Also zogen die Männer erst einmal zum nächsten Seemansheim, um ihr Gepäck loszuwerden. Kamen sie zurück, waren die besten Plätze in den Gaststuben besetzt. Das machte sie sehr verdrossen und führte zu manch handfester Rauferei.

Als es wieder einmal besonders hoch her ging, hatte Willy eine Idee. Warum nicht eine Transportfirma gründen? Wenn wir für den Transport der Seesäcke sorgen würden, kämen die Seeleute schneller an die begehrten Kneipenplätze. Geld konnten wir brauchen, denn Willy und ich waren eigentlich immer pleite.

Mit Feuereifer begannen wir, die Idee umzusetzen. Das erste und entscheidende Problem war: Wir besaßen keinen Transportkarren. Woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Auch da wusste Willy Rat. Sein Vater war der Hafenmeister von Littletown. Herr über ein Gelände an den Kais, auf dem es alles gab, was fürs Beladen und Entladen benötigt wurde. Remisen mit unzähligen Transportkarren, Stallungen für die Pferde, Kräne, Lagerhallen und Werkstätten für anfallende Reparaturen. Willy meinte, da würden wir „finden“, was wir brauchten.

Wir trafen uns nachts. Willy hatte den Schlüssel für das Gelände von seinem Vater „geborgt.“

Es regnete Strippen. Dicke, schwere Tropfen prasselte nur so auf uns herab. Willy öffnete das große Tor zur Hafenanlage. Wir schlichen uns an der hell erleuchteten Bude vorbei, in der die zwei Nachtwächter bei Rum und Würfelspiel saßen. Von ihnen ging keine Gefahr aus. Sie würden sich hüten, bei diesem Wetter ihre warme und trockene Hütte grundlos zu verlassen.

Irgendwann erreichten wir die Pferdeställe. Gleich daneben lag der Fuhrpark. Unter einem endlos langen Vordach standen Kutschen, Transportwagen für Pferdegespanne und eine Unzahl von Karren. Willy zog eine Plane von einer der etwas kleineren Handkarren.

„Die vielleicht?“, fragte er leise.

„Sieht ziemlich groß aus. Wenn die beladen ist, kriegen wir sie keine zehn Meter bewegt!“, gab ich zu bedenken.

„Nicht unser Problem, wir vermieten sie ja nur.“

„Ja, aber bis dahin müssen wir sie erst mal bewegen.“

Kaum hatten wir dieses Monstrum auf der Rampe, war der Wagen nicht mehr zu halten. Willy sprang beiseite und rief: „Lass los, Freddy!“

Jetzt fuhr die Karre tatsächlich von selbst. Unaufhaltsam rasselte das Ding die Rampe hinab, wurde auch auf dem Kopfsteinpflaster des Hofes immer schneller und rammte am Ende mehrere Ölfässer.

War unser Unternehmen gescheitert? Jeden Moment würden die Nachtwächter herbeieilen!

Wir versteckten uns zwischen irgendwelchen Kistenstapeln und lauschten. Mein Herz raste. Ich hörte Willy stoßweise atmen.

Hundegebell, Schritte, vielleicht fünfzig Meter von uns entfernt. Zwischen das Gebell rief ein älterer Mann:

„Jemand da?!.... Hallo, ist da jemand?! Platz, Rufus!“

Eine zweite Stimme war zu hören. „Was ist, James, ich warte! Oder soll ich ohne dich weiterspielen?“

„Hier stimmt was nicht!“

„Verdammt noch mal, James, wer will bei diesem Dreckswetter schon einen verdammten Gaul mit einer Kutsche klauen. Entweder wir würfeln jetzt weiter oder wir geben Großalarm!“

Der ältere Wächter rief: „Rufus! Hier her ... braver Hund!“

Hätte der Nachtwächter seine Lampe auch nur drei Meter weiter in die Dunkelheit getragen, wäre er der Entdecker eines Diebstahls geworden. Das tat er nicht. Im Gegenteil. Er  machte sich mit seinem Hund wieder auf den Rückweg. Wir hörten eine Eisentür ins Schloss fallen und warteten noch ein paar Minuten. Alles blieb ruhig.

Puuh, das war gerade noch einmal gut gegangen.

Nun zog Willy vorn an der Deichsel, ich schob von hinten an der Ladeklappe. Die eisenbeschlagenen Räder der Karre rasselten übers Pflaster und machten einen Höllenlärm. Aber wir waren ziemlich sicher, dass der prasselnde Regen das Geräusch dämpfte und wir unentdeckt vom Gelände kommen würden.

Durch Seitengassen gelangten wir auf den verwilderten Hinterhof eines unbewohnten Hauses. Wir deckten die Plane über unsere Karre und tarnten sie mit Brettern, Laub und Schrott. Erschöpft verabredeten wir uns für den nächsten Morgen.

Zwei Tage arbeiteten wir hart. Bestrichen den Karren mit heißem Teer, bewarfen ihn mit Sand, Lehm und Stroh. Er musste alt aussehen, niemand durfte ihn wieder erkennen. Stolz betrachteten wir unser Werk und waren sicher: Diesen Karren würde niemand mit einem aus dem Hafen in Verbindung bringen. Jetzt musste sich nur noch zeigen, ob unser Plan auch aufging.

Er ging auf. Kaum machte ein Schiff am Kai fest, waren wir zur Stelle und boten den Karren für einige Pence an. Dankbar beluden die Matrosen das Gefährt mit ihren Seesäcken und Sonstigem und zogen ihn eilig zu zweit oder zu dritt davon. Der Rest sicherte die Plätze in der Taverne. Beim Seemannsheim nahmen wir den Wagen wieder in Empfang. Hielten uns dabei so gut es ging unauffällig im Hintergrund. Schließlich kannte man uns in der kleinen Stadt.

Nach zwei Wochen ging die Sache beinahe schief.

Wir zogen den Karren nach einer letzten Fuhre zurück zum Versteck, als uns Margaret auf der Straße begegnete. Sie war nicht nur eine Schülerin aus unserer Parallelklasse, sondern auch die Tochter des Schuldirektors und galt als die größte Petze. Wir murmelten etwas von blöden Hilfsarbeiten für Willys Vater und sie bedauerte uns sogar ein wenig. Wir waren aber nicht sicher, ob sie uns die Geschichte abnahm.

Ansonsten lief alles wie am Schnürchen. Die Pence und Shillings klimperten in unseren Taschen. So viel Geld hielten wir noch nie in den Händen. Da Willy und ich ausgemachte Fußballfans waren und jede freie Minute, wenn wir uns gerade nicht im Hafen herumtrieben, auf dem Fußballplatz verbrachten, erfüllte ich mir meinen Lebenstraum. Ich kaufte einen Fußball. Einen richtigen Fußball, handgenäht und aus echtem Leder. Er war mein ganzer Stolz und ich hütete ihn wie meinen  Augapfel. Ich nahm ihn sogar mit ins Bett, denn er roch so gut nach Lederfett. Bald besaßen Willy und ich Lederfußballschuhe, so, wie sie nur unsere geliebten Spieler vom FC Liverpool trugen.

Mit dem Geld ging natürlich ein anderes Problem einher: Niemand durfte bemerken, dass wir plötzlich „reich“ waren. Mit dem Fußball gab es keine Schwierigkeiten. Mein Vater interessierte sich nicht für Fußball, sondern nur für Kricket und Golf.

Die Schuhe allerdings versteckten wir beim Karren. Unseren Müttern hätten wir sie nicht verheimlichen können. Den neidischen Fußballkumpel verkauften wir das Ganze als Spende eines reichen Onkels.

Aber es kam, wie es kommen musste.

Eines Tages bemerkten wir zu spät, dass drei Matrosen betrunkener waren, als es ihnen gut tat. Sie zogen, hin und her schwankend, mit der sehr voll gepackten Karre in Richtung Seemannsheim. Wir folgten ihnen, immer hoffend, dass die Sache gut ginge. Ging sie aber nicht. An der  Kreuzung Edison/Dover Street verpassten sie die Kurve, kamen rechts ab und rammten ein parkendes Pferdefuhrwerk. Es krachte mächtig und das Pferd bockte noch viel mächtiger. Wir sahen, wie Gurkenfässer von der Ladefläche auf die Bordsteinkante droschen und in tausend Teile zersplitterten. Die Gurken zappelten wie junge Heringe über das Pflaster und verschwanden im nächsten Gulli. Der Kutscher verfluchte die Matrosen. Die Matrosen den Kutscher. Ein Wort gab das andere. Fäuste flogen.

Die Kreuzung war im Nu mit neugierigen Menschen verstopft. Mehrere Constabler verschafften sich mit Trillerpfeifen und ihren Schlagstöcken Autorität und Gehör. Einer der Leichtmatrosen riss sich mit blutiger Nase aus dem Griff des Kutschers.

„Die verdammte Karre war schadhaft!“, schrie er wütend.

„Wir haben sie angemietet! Von zwei verdammten Jungen. Sollen die für den Schaden aufkommen!!!“

Schon beim...

Erscheint lt. Verlag 16.5.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Gemeinsam sind wir stark • historischer Kinderroman • Kinderabenteuerroman • Kinder retten die Welt • Meuterei auf der bounty • Seefahrerromantik
ISBN-10 3-7598-1539-1 / 3759815391
ISBN-13 978-3-7598-1539-2 / 9783759815392
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