Carlsen Klartext: Demokratie (eBook)

Demokratie geht uns alle an - doch wie funktioniert diese Staatsform überhaupt und wie kann man sie schützen? Ein anregendes Sachbuch für Jugendliche, klar, verständlich und auf Augenhöhe.

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
240 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-93874-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Carlsen Klartext: Demokratie -  Jan Ludwig
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Deutschland ist eine Demokratie. Doch was heißt das eigentlich für jede*n Einzelne*n von uns? In diesem Buch werden Themen wie Teilhabe am politischen Geschehen und Meinungsfreiheit ebenso erörtert wie freie Wahlen und die Funktion eines Parlaments. Dabei geht es auch immer um einen Blick in Vergangenheit und Zukunft: Wie wurde die deutsche Demokratie das, was sie heute ist? Wie sahen die Ideen bedeutender Demokrat*innen aus und was haben sie bewirkt? Und ist die Demokratie gerade tatsächlich in Gefahr? Das Buch zeigt Möglichkeiten auf, wie es jungen Menschen gelingen kann, sie zu schützen. Carlsen Klartext - Komplexe und aktuelle Zusammenhänge, verständlich erklärt.

Jan Ludwig, geboren 1983, studierte Philosophie und Geschichte in Dresden und Paris. Nach dem Besuch der Henri-Nannen-Schule lebte er anderthalb Jahre als freier Korrespondent in Israel. Heute arbeitet er als Recherchetrainer im Faktencheck-Team der dpa und schreibt als freier Journalist Bücher. In der Reihe Carlsen Klartext sind von ihm die beiden Titel »Populismus« und »Demokratie« erschienen.

Jan Ludwig, geboren 1983, studierte Philosophie und Geschichte in Dresden und Paris. Nach dem Besuch der Henri-Nannen-Schule lebte er anderthalb Jahre als freier Korrespondent in Israel. Heute arbeitet er als Recherchetrainer im Faktencheck-Team der dpa und schreibt als freier Journalist Bücher. In der Reihe Carlsen Klartext sind von ihm die beiden Titel »Populismus« und »Demokratie« erschienen.

KAPITEL 1


Woran man Demokratien erkennt


Was bedeutet das eigentlich: Demokratie? Im Alltag haben wir eine ziemlich gute Vorstellung davon, was wir demokratisch finden und was nicht. »Demokratie ist, wenn alle mitbestimmen dürfen« – diesen Satz hört man oft, auch von Kindern.5

So definiert, ist Demokratie also einfach ein anderes Wort für Mitbestimmung. Diese Art von Demokratie begegnet uns an vielen Orten im Alltag. Zum Beispiel in der Schule, wenn die Klassensprecher gewählt werden. In der Stadt, wenn die Hauptstraße wegen einer Demo gesperrt ist. Oder im Verein, wenn ein neuer Vorstand gesucht wird. Immer will eine Gruppe von Menschen – Schülerinnen und Schüler, Demonstranten, Vereinsmitglieder – mitentscheiden, was getan wird und was nicht.

Auch beim Sport gibt es demokratische Mitbestimmung. Spielergewerkschaften setzen sich im Fußball oder Handball dafür ein, dass alle fair behandelt werden, auch in den unteren Ligen. Und selbst in der Wirtschaft gibt es demokratische Strukturen. In großen Unternehmen passen gewählte Betriebsräte auf, dass niemand ausgebeutet wird. In einer funktionierenden Demokratie gibt es diese Mitbestimmung auch in der Politik, auf allen politischen Ebenen: vom Gemeinderat bis zum Bundestag.

Das Gegenstück zur Demokratie ist die Diktatur. In dieser Regierungsform gibt es kaum oder gar keine echte Mitbestimmung. Entschieden wird von oben herab. Widerspruch wird unterdrückt, oft sogar gewaltsam. Ein anderes Wort für Diktatur ist »Autokratie«, was wörtlich »Selbstherrschaft« bedeutet. Diktatoren üben ihre Macht unbeschränkt aus, denn anders als in einer Demokratie regiert das Volk nicht oder nur sehr begrenzt mit.6 Manchmal werden Diktaturen auch als »autoritäre Systeme« bezeichnet. Damit wird betont, dass ein Machthaber die demokratische Konkurrenz einschränkt oder nicht zulässt.7

Zwischen einer perfekten Demokratie und einer voll ausgeprägten Diktatur gibt es natürlich Abstufungen. Und die kann man tatsächlich messen. Die Rechercheabteilung EIU der britischen Mediengruppe »The Economist Group«, das Institut V-Dem im schwedischen Göteborg und andere bewerten anhand verschiedener Merkmale, wie demokratisch die Länder der Welt sind.8 Dabei prüfen sie zum Beispiel:

  Gibt es ein frei gewähltes Parlament?

  Kann die Justiz frei von staatlichem Druck Urteile fällen?

  Können Medien frei arbeiten?

  Ist das Internet frei nutzbar, oder gibt es eine weitreichende staatliche Zensur?

  Gibt es wirksame Gesetze gegen Korruption?

  Wie hoch sind die Chancen der politischen Konkurrenten, bei der nächsten Wahl Stimmen zu gewinnen oder sogar an die Macht zu kommen?

In Einzelheiten unterscheiden sich diese Ranglisten. Aber die Tendenz ist klar. An der Spitze der Rankings stehen Demokratien wie Norwegen und die Schweiz, am unteren Ende Länder wie Nordkorea, China und Afghanistan. Deutschland landet in den Top 20.

In Demokratien leben Menschen im Durchschnitt länger9, sie sind glücklicher10 und wohlhabender.11 Demokratien führen auch fast nie Krieg gegeneinander. Und doch leben weniger als die Hälfte der Menschen auf der Welt in einer Demokratie.12 Umso wichtiger ist es, den Wert der demokratischen Errungenschaften zu schätzen und die Demokratie zu schützen.

Stell dir vor, du wachst morgens an deinem 18. Geburtstag auf. Woran denkst du als Erstes? Vermutlich an Geschenke, klar. Vom Staat bekämst du auch etwas, nämlich das Recht zu wählen – jedenfalls in fast allen Demokratien der Welt. Aber nicht in China. Dort würdest du nie deine Stimme für den Präsidenten abgeben können, denn es gibt keine landesweiten, freien Wahlen.13 Sicher würdest du dich auch auf Glückwünsche freuen, bei Instagram, WhatsApp oder Facebook. In China könntest du da lange warten: Dort sind alle drei Dienste von der staatlichen Zensurbehörde gesperrt.14

Stell dir nun vor, du müsstest am Tag nach deinem Geburtstag eine Prüfung schreiben, du wärst aber nicht gut vorbereitet, denn die Party ging lang. Schnell noch mal bei Wikipedia nachlesen? Keine Chance. Die Website ist in China gesperrt.15 Aber wenigstens ein Chatbot mit künstlicher Intelligenz wird doch helfen, oder? In China könntest du es mit ERNIE probieren, so heißt das chinesische Gegenstück zu ChatGPT.16

Aber wehe, du bereitest dich auf ein Referat in Geschichte vor und fragst den KI-Chatbot danach, was am 4. Juni 1989 in Peking geschah. »Wechsle das Thema und fang noch mal neu an«, würde dir das Programm antworten. Der Grund: Die chinesische Armee schoss damals auf Demonstranten, Hunderte oder vielleicht sogar Tausende Menschen wurden getötet. Genau weiß man es nicht, weil das Thema in China tabu ist. So tabu, dass selbst Chatbots zensiert programmiert werden. Diktaturen sperren Menschen ein – und die Wirklichkeit aus.

Zum Glück war all das für dich nur ein Albtraum, denn wenn du dieses Buch gerade liest, lebst du wahrscheinlich in einer Demokratie. Für 18-jährige Chinesinnen und Chinesen ist all das leider Alltag.17

Demokratie vs. Diktatur – Vertrauen gegen Angst


Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen einer Demokratie und einer Diktatur ist die friedliche Übertragung der Macht. Die Erlaubnis, uns zu regieren, verleihen wir in einer Demokratie immer nur auf Zeit. Den Bundestag wählen wir alle vier Jahre, eine Bürgermeisterwahl findet alle fünf bis zehn Jahre statt. In demokratischen Wahlen gibt es immer Verlierer und Gewinner. Die Unterlegenen müssen ihre Macht abgeben, leben aber sonst danach ein normales Leben. Sie können darauf vertrauen, dass ihnen der Staat und ihre politischen Konkurrenten nichts antun.

Anders in einer Diktatur: Eine friedliche Übertragung der Macht – gegen den Willen des Herrschers – ist in der Regel nicht möglich. Diktatoren herrschen oft so lange, bis sie ihre Macht an einen ausgesuchten Nachfolger übertragen, eines natürlichen Todes sterben – oder getötet werden. Der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi wurde 2011 von Aufständischen umgebracht. Der irakische Machthaber Saddam Hussein wurde nach dem Einmarsch der USA 2003 gestürzt, später von Irakern zum Tode verurteilt und gehängt. Während der rumänischen Revolution im Jahr 1989 wurde der diktatorisch regierende Nicolae Ceauşescu nach einem kurzen Schauprozess vor einem sogenannten Standgericht zusammen mit seiner Frau erschossen. Die Aufzählung könnte man fortsetzen. Die Diktatoren anderer Regime landeten oft im Gefängnis oder flohen aus ihrem Land, um sich anderswo zu verstecken.

Diktatoren leben gefährlich, schon während ihrer Amtszeit, aber auch danach. Ihr ganzes System beruht auf Angst. Diktatoren haben Angst vor einem Putsch des Militärs, sie haben Angst vor Konkurrenten aus den eigenen Reihen oder vor einem Aufstand des Volkes. Normale Bürgerinnen und Bürger fürchten sich wiederum vor dem Staat, der Polizei, den Gerichten, dem Geheimdienst. In Diktaturen werden Menschen willkürlich festgenommen und verurteilt, gefoltert oder sogar umgebracht. Und der Geheimdienst? Fürchtet sich oft vor sich selbst. Manchmal bespitzelt er sogar Mitglieder der eigenen Regierung, wie in der DDR geschehen.18

Eine Diktatur funktioniert dann am besten, wenn alle sich voreinander fürchten. Bis zum Irrsinn betrieben hat das Josef Stalin, der in der Sowjetunion von 1924 bis 1953 herrschte. Aus Angst ließ Stalin nicht nur politische Gegner, sondern auch einen Großteil seiner Generäle, eigene Parteikollegen und sogar seinen Arzt verhaften, foltern, ins Lager bringen oder erschießen. Seine Angst könnte ihm sogar das Leben gekostet haben. Denn als Stalin im März 1953 einen Schlaganfall erlitt, traute sich lange niemand, ihn zu wecken oder schnell einen Arzt zu rufen. Sein Umfeld fürchtete, Stalin könnte sich wegen falscher Behandlung an ihnen rächen.19 Die Angst der Diktatoren kann also tödlich sein.

Während eine Diktatur auf Angst gründet, beruht eine Demokratie ganz wesentlich auf Vertrauen: Vertrauen in den Staat, Vertrauen in die Regierung, Vertrauen in die Zivilgesellschaft, Vertrauen in Medien. Minderheiten in der Bevölkerung vertrauen darauf, dass sie von Gesetzen geschützt werden. Die Opposition weiß, dass sie bei den nächsten Wahlen wieder antreten kann und keine Verfolgung fürchten muss. Und der Staat vertraut auch seinen Bürgerinnen und Bürgern.

Das Vertrauen ist in einer Demokratie aber nicht grenzenlos. Auch ein gesundes Misstrauen gehört dazu. Die Aufteilung staatlicher Macht in eine Regierung, ein Parlament und ein Justizsystem ist zum Beispiel eine Form von permanentem Misstrauen. Machtübertragung? Ja, bitte! Aber bitte nicht zu viel Macht auf einmal. Und vor allem nicht auf Dauer. Falls sich zum Beispiel Politiker als korrupt herausstellen oder auch nur der Verdacht besteht, verlieren sie oft ihr Amt. Deshalb haben Politikerinnen und Politiker auch in einer Demokratie Angst, zumindest an einem Tag: Am Wahlabend fürchten sie, ihr Amt zu verlieren oder keinen Sitz mehr im...

Erscheint lt. Verlag 29.4.2024
Reihe/Serie Carlsen Klartext
Carlsen Klartext
Zusatzinfo mit zahlreichen Abbildungen und Grafiken
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte allgemeinwissen jugendliche • Deutschland Regierung Politisches System • Grundlagen Demokratie • Politik für Anfänger • Politik für Jugendliche • Politik leicht erklärt • Politische Bildung Jugendliche
ISBN-10 3-646-93874-9 / 3646938749
ISBN-13 978-3-646-93874-6 / 9783646938746
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