Flusskind 3: Millilu und das Blubbern von Mut (eBook)

Naturverbundenes Mädchenbuch ab 8
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
176 Seiten
Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
978-3-522-65577-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Flusskind 3: Millilu und das Blubbern von Mut -  Sabine Bohlmann
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Für alle Fans von 'Ein Mädchen namens Willow' Gut, dass Millilu auf ihrer Reise über die Flüsse Henry trifft. Denn der braucht ganz dringend Hilfe, um mutiger zu werden. Vielleicht ist Angst ja auch gar nicht so schlimm, wenn man sie kennt und damit umgehen kann? Und Millilu weiß: Als Erstes sollte man sein Krafttier finden, das steht einem in brenzligen Situationen zur Seite. Bis sie dieses finden, muss Henry einige Mutproben bestehen und zeigen, was in ihm steckt. In dieser Serie bisher erschienen: Flusskind - Millilu und der Gesang der Fische (Bd. 1) Flusskind - Millilu und der Duft der Farben (Bd. 2)

Geboren wurde Sabine Bohlmann in München, der schönsten Stadt der Welt. Als Kind wollte sie immer Prinzessin werden. Stattdessen wurde sie (nachdem sie keinen Prinzen finden konnte und der Realität ins Auge blicken musste) Schauspielerin, Synchronsprecherin und Autorin und durfte so zumindest ab und zu mal eine Prinzessin spielen, sprechen oder über eine schreiben. Geschichten fliegen ihr zu wie Schmetterlinge. Überall und zu allen Tages- und Nachtzeiten (dann eher wie Nachtfalter). Sabine Bohlmann kann sich nirgendwo verstecken, die Geschichten finden sie überall. Und sie ist sehr glücklich, endlich alles aus ihrem Kopf rausschreiben zu dürfen. Auf ein blitzeblankes, weißes - äh - Computerdokument. Und das Erste, was sie tut, wenn ein neues Buch in der Post liegt: Sie steckt ihre Nase ganz tief hinein und genießt diesen wunderbaren Buchduft.

Kapitel 1


Als Henry auf der Brücke ankam, die über den Fluss Lawell führte, fiel es ihm ein: Der Vortrag in Biologie über die Flussfische!

Dienstag. Heute.

Er hatte es glatt vergessen. Schnell zog er den Schulranzen von seinen Schultern und nahm einen Schreibblock und einen Stift heraus. Er ließ sich auf den Boden fallen und überlegte. Wie sollte er beginnen?

»Die Flussfische schwimmen meist in Flüssen«, setzte er an. »So ein Quatsch, die Flussfische würden wohl kaum Flussfische heißen, wenn sie im See schwimmen würden. Und was sollten Fische sonst anderes machen als schwimmen?« Wieder überlegte er fieberhaft. In einer halben Stunde würde die Schule beginnen. Biologie war in der dritten Stunde. Konnte er es wagen und die ersten zwei Stunden schwänzen? Dann könnte er sich noch schnell in die Bibliothek der Schule schleichen und alles über Fische, die im Fluss schwimmen, abschreiben. Doch die Chancen standen schlecht.

Erstens war Henry nicht besonders gut im Lügen. Genau genommen konnte er überhaupt nicht lügen, ohne dabei rot zu werden, Schweißausbrüche zu bekommen oder zu stottern. Zweitens war Schwänzen verboten und Henry tat nie irgendetwas, das verboten war. Und drittens … drittens waren erstens und zweitens schon Grund genug, um diesen Plan zu verwerfen.

Der Junge atmete tief durch und begann zu schreiben. Henry war klein für sein Alter. Zierlich, zu zierlich für einen Jungen. Seine Haare waren blond und gelockt. Zu blond und gelockt für einen Jungen. Als er einmal auf einem Jahrmarkt vor einem Spaßspiegel stand, der seine Figur so dermaßen verzerrte, dass er plötzlich aussah, als wäre er groß und kräftig, hatte er sich dabei ertappt, wie er dachte: So würde ich aussehen, wenn ich ein Junge wäre. Aber sogleich hatte er den Gedanken beiseitegeschoben, denn schließlich war er ein Junge.

»Fische leben im Wasser«, schrieb er. »Sie können nicht atmen, weil sie ja unter Wasser leben. Und unter Wasser kann niemand atmen. Sie haben keine Beine, denn die brauchen sie im Wasser nicht, weil sie ja immer schwimmen und niemals gehen. Fische sind …« Plötzlich sah Henry von seinem Block auf und erschrak. Fünf Beinpaare hatten sich um ihn versammelt.

»Sieh mal einer an, wen haben wir denn da?«, fragte eine ihm wohlvertraute Stimme.

Er blickte nach oben, obwohl dies nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Denn Henry wusste bereits, was sich am anderen Ende der Beine befand: fünf grinsende Gesichter. Torben und seine Freunde Wilson, Leon, Marcel und Lennert. Alle hatten die Arme verschränkt und sahen auf Henry hinunter, der schnell seine Schulsachen im Ranzen verschwinden ließ und sich aufrichtete.

»Das ist doch der Waschlappen, die Memme, der Jammerlappen!«

Torben war ein starker, groß gewachsener Junge mit roten Haaren und Sommersprossen. Er war der Anführer der fünfköpfigen Jungsbande. Sie machte Henry das Leben schwer, seit er denken konnte.

Torben lachte und seine Freunde fielen in sein Lachen mit ein.

Henry wurde es heiß. Er trat einige Schritte zurück, spürte aber sogleich die Mauer der Brücke im Rücken.

»Du bist ein bisschen früh dran heute, oder?«, fragte Torben und strich sich eine rote Haarsträhne aus dem Gesicht.

»Nicht früh genug!«, fügte Wilson hinzu, der wusste, warum Henry jeden Tag früher als nötig zur Schule aufbrach.

»Und da traf Rotkäppchen den bösen Wolf!«

Die Jungs brachen in schallendes Gelächter aus.

»Oh, hatht du etwa Angtht vor unth?«, fragte Marcel.

Er hatte einen gewaltigen Sprachfehler, den die anderen wohl nicht bemerkten.

»Ich glaube, er zittert sogar!«, stellte Lennert fest, der der Kleinste und Jüngste der Bande war.

Als die fünf nun einen weiteren Schritt näher traten, stieg Henry schnell auf die Mauer der Brücke. Vielleicht konnte er auf ihr bis zum Ende balancieren, dann auf den Weg springen und davonlaufen. Denn laufen konnte er wirklich. Doch nun stand er da oben auf der gemauerten Brüstung und hatte Angst, seine Beine würden das Gewicht seines Körpers nicht länger tragen, so sehr zitterte er.

»Willst du vielleicht baden gehen, Kleiner?«, fragte Torben. »Falls du es nicht weißt, dies hier ist eine sehr gefährliche Stelle für ein Vollbad. Die Strudel unter der Brücke sind gewaltig und die Brücke ist so breit, dass man erst einmal fünfzehn Meter im Dunkeln schwimmt. Also nichts für Weicheier.« Wieder lachten die Jungs.

»Passt auf, dass ihr nicht zu laut lacht, sonst wird Herr Hasenfuß noch von der Brücke gepustet«, rief Wilson, holte tief Luft und tat so, als könne er Henry umpusten.

Auch Torben, Leon, Marcel und Lennert fingen an zu pusten und Henry begann tatsächlich bedenklich zu schwanken. Ob es nun die Puste der fünf Jungs war oder vielleicht ein echter Windstoß, konnte später niemand mehr genau sagen.

Tatsache war, dass Henry sein Gleichgewicht verlor, schwankte, immer heftiger mit den Armen ruderte, bis er schließlich rückwärts in die Tiefe stürzte.

Die Jungs waren so verblüfft, dass sie erst eine Weile wie versteinert stehen blieben und auf das Platschen des Wassers warteten. Aber es kam nicht.

»Nichthhh!«, flüsterte Marcel.

»Kein Geräusch!«, fügte Leon hinzu.

»Kein Platschen!«, sagte Lennert und wischte sich mit dem Ärmel seines Pullovers den Rotz von der Nase. Die Jungen sahen sich ratlos an. Dann lehnten sie sich über die Brüstung der Mauer und blickten zum Fluss hinunter. Doch weit und breit war nichts zu sehen.

Um Henry herum war es stockdunkel. Er wusste, dass er sich unter der Brücke befand, und er wusste, dass er nicht wie erwartet ins Wasser gefallen war.

Er hörte seinen Herzschlag, ein leises Klingeln und ein eigenartiges Geräusch. Es klang wie ein Hühnergackern. Aber Henry hatte noch nie von Flusshühnern gehört.

»Na so was!«

Eine Mädchenstimme riss Henry aus seinen Gedanken. Er konnte immer noch nichts sehen, aber die Stimme war nicht weit von ihm entfernt. Vielleicht einen halben Meter.

»Mit allem haben wir heute gerechnet: mit fliegenden Fischen, grünbäuchigen Gelbbauchunken, Bachflohkrebsen und vielleicht sogar mit einem kleinen Schwarm Zuckmücken. Aber niemals, nein niemals, haben wir heute mit einem fliegenden Jungen gerechnet. Machst du das öfter?«

Henry sah jetzt einen hellen Punkt. Dabei handelte es sich wohl um das Ende der Brücke. Da es heller wurde, erkannte er nun auch den Umriss eines Mädchens mit wilden Haaren, das sich vor ihn auf den Boden setzte. Nur auf den Boden von was?

»Ähm, wie bitte?«, fragte er verwirrt, denn er musste so vieles gleichzeitig denken, dass er sich nicht auf die Frage konzentriert hatte.

»Na, ob du oft uneingeladen auf Häusern landest?«, wiederholte das Mädchen.

»Ich? Äh, nein, eigentlich nicht, ich äh … ein Haus? Ich bin auf einem Haus gelandet?«, stotterte Henry verwirrt.

»Ich wollte gerade mein gemütliches Nachtlager aufräumen, die Kissen und meine Decke habe ich schon ins Haus gebracht. Als ich wiederkam, um die Matratze zu holen, bist du gelandet. Ein Glück für dich, dass es so weich war!« Das Mädchen lachte ein lustiges Lachen.

Henry gefiel ihr Lachen, es war irgendwie ansteckend.

Inzwischen waren Torben und die übrigen Jungs auf die andere Seite der Brücke gelaufen und suchten mit den Augen das Wasser nach einem Lebenszeichen von Henry ab. Ein wenig mulmig war es ihnen jetzt doch geworden, denn die Strömungen unter der Brücke waren gefürchtet und nicht zu unterschätzen. Umso erstaunter waren sie, als plötzlich ein riesiges Ungetüm unter der Brücke auftauchte. Ein Haus, das auf dem Wasser schwamm!

Es hatte viele unterschiedliche Fenster und eine Leiter, die auf das flache Dach führte. Auf dem Dach gab es viele Töpfe mit Pflanzen und eine Hängematte, die fröhlich im Wind hin- und herschaukelte. An der Spitze einer langen Stange, die in den Himmel ragte, und an der viele kleine Vogelhäuschen befestigt waren, befand sich ein Nest. Kleine Fahnen und Windspiele bewegten sich auf und ab und aus einem Schornstein qualmte hellgrauer Rauch. Vier Augenpaare starrten ihnen von unten entgegen: die weit aufgerissenen hellblauen Augen von Henry, die dunklen Knopfaugen einer braunen Henne, die misstrauischen Augen einer weißen Ziege und die kugelrunden flussgrünen Augen eines seltsamen Mädchens. Es hatte verfilzte Haare, die wild vom Kopf abstanden. In einige Strähnen waren Federn und Perlen eingeflochten. Sie war barfuß und stand nun breitbeinig und breit grinsend da.

»Noch mehr fliegende Jungs? Tut mir leid, ich glaube, ihr seid zu spät, da hättet ihr früher losfliegen müssen. Vielleicht ein anderes Mal!« Das Mädchen winkte den staunenden Kindern auf der Brücke fröhlich zu.

Dann wandte sie sich an Henry. »Ich bin...

Erscheint lt. Verlag 27.4.2024
Reihe/Serie Flusskind
Flusskind
Illustrationen Simona Ceccarelli
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Abenteuer • Achtsamkeit • Angst • außergewöhnlich • Bestseller • Familie • Fantasie • Freunde • Freundschaft • Glück • Glücklich • Hausboot • Hexe • Huhn • Integration • Kindheit • Krafttier • magisch • Mut • Natur • Schön • Suche • Tiere • Wald • Willow • Ziege
ISBN-10 3-522-65577-X / 352265577X
ISBN-13 978-3-522-65577-4 / 9783522655774
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