Alea Aquarius 9 Teil 2. Der Gesang der Wale (eBook)
288 Seiten
Verlag Friedrich Oetinger
978-3-96052-343-7 (ISBN)
Tanya Stewner, zunächst Übersetzerin und Lektorin, widmet sich inzwischen ganz dem Schreiben. Ihre Kinderbuchserien, v.a. Alea Aquarius, sind sowohl in Deutschland als auch international erfolgreich.
Tanya Stewner, zunächst Übersetzerin und Lektorin, widmet sich inzwischen ganz dem Schreiben. Ihre Kinderbuchserien, v.a. Alea Aquarius, sind sowohl in Deutschland als auch international erfolgreich.
Die Wucht der Situation traf Alea völlig unvorbereitet. Sie taumelte und musste sich am Mikrofonständer festhalten. 70000 Augenpaare schienen sich auf sie zu richten, obwohl sie bei diesem Song nicht die Hauptstimme sang – das tat Ben. Doch auch ihr Kapitän und Tess, Lennox und Sammy starrten Alea mit schockgeweiteten Augen an. Was sollten sie tun?
Hastig signalisierte Alea den anderen Bandmitgliedern und Siska, die am Rand der gewaltigen Bühne stand, dass sie kurz warten sollten. Wenn eine telepathische Verbindung zu Thea bestand, musste Alea diese unbedingt nutzen, um mehr zu erfahren. Vor ihrem inneren Auge beschwor sie das Gesicht ihrer Zwillingsschwester herauf – die klargrünen Wandereraugen, das dunkle, kinnlange Haar mit den knallig pinkfarbenen Strähnen und den unvergleichlichen No-bullshit-Blick. Sie stellte sich vor, dass sie einander direkt gegenüberständen, und als sie das Bild ganz klar vor Augen hatte, sagte sie in Gedanken: »Ich bin hier.«
Alea hörte Thea nach Luft schnappen, als hätte sie nicht mit einer Antwort gerechnet. »Oh«, brachte ihre Zwillingsschwester verblüfft hervor, und ihre Stimme – die Alea außerhalb der Geistverbindung noch nie gehört hatte – klang für Alea genau wie ihre eigene. »Bist du hier irgendwo in der Nähe?«, fragte Thea.
»Ich stehe gerade auf einer riesigen Bühne.« Aleas Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Sosehr sie sich freute, endlich wieder mit ihrer Schwester sprechen zu können, so entsetzt war sie auch. Denn Thea musste in Doktor Orions Helikopter sitzen – und der befand sich offenbar gerade im Anflug auf das Stadion von Rom. »Wir haben einen Auftritt bei dem großen Klimakonzert«, fügte Alea mit hämmerndem Herzen hinzu.
»Ihr seid bei dieser Megashow dabei? Und ihr tretet jetzt gerade live auf?«
»Ja.«
»Dann störe ich dich doch!«
»Das ist egal! Wo bist du? In Orions Hubschrauber?«
»Woher weißt du das?«
»Siska hört einen Helikopter, der sich nähert.«
»Das Darkonermädchen?«
»Genau.«
»Es stimmt. Ich sitze mit Orion, Jinx, Zeirus und unserem Piloten im Heli.«
»Oh Mann.« Grelle Angst schoss Aleas Rückgrat empor, und sie vergaß beinahe zu atmen.
Ben, Tess, Sammy und Lennox spielten tapfer Bens Song »Kämpf weiter« – »Don’t give up« –, wirkten jedoch hochgradig alarmiert.
»Wie lange braucht ihr noch, bis ihr hier seid?«, fragte Alea und schluckte gegen das aufkommende Gefühl der Panik an.
»Bis wir bei euch sind?« Diese Frage schien Thea zu verwundern. »Wieso denkst du, dass wir zum Stadion fliegen?«
Alea stutzte und glaubte, ihr Herz würde einen Schlag lang aussetzen. »Tut ihr das denn nicht?« War der Doktor gar nicht auf dem Weg hierher? »Ich … ich dachte, Orion hätte erfahren, dass wir beim Klimakonzert auftreten, und hätte sich sofort auf den Weg zu uns gemacht«, brachte sie verdutzt hervor. »Ich dachte, er kommt her, um uns nach dem Auftritt zu überfallen!«
Thea schien kurz darüber nachzudenken. »Soweit ich es einschätzen kann, hat er keinen Schimmer, wo ihr gerade seid.«
Aleas Beine gaben vor Erleichterung unter ihr nach, und ihre Hand krampfte sich um den Mikrofonständer.
Lennox’ Kopf schnellte zu ihr herum, und ihr dharrkon bat sie inständig mit den Augen, ihm zu sagen, was los war. Auch Sammy, Ben und Tess warfen Alea ängstlich-fragende Blicke zu. Sie spielten zwar weiter, aber ihnen war anzumerken, wie nervös sie waren.
Da nahm Alea aus den Augenwinkeln eine ungewöhnliche Regung vor dem vorderen Bühnenrand wahr. Gleich dort, wo die vier Meerkinder standen – Evelin, Zuzana, Nexon und Isla –, die überraschend zum Konzert gekommen waren, kletterte jemand über die Absperrung und durchquerte den schmalen Graben vor der Bühne, in dem die Ordner postiert waren. Doch keiner der Security-Leute schenkte dem Ganzen Beachtung, niemand wandte auch nur den Kopf!
Im nächsten Moment erkannte Alea, dass es Nexon war, der mit flinken Bewegungen auf die Bühne kletterte! Der Oblivion war von niemandem aufgehalten worden, weil keiner der Ordner ihn bemerkt hatte. Oblivionen waren für Landgänger nun einmal unsichtbar, wenn sie nicht bemerkt werden wollten. Auch die Zuschauer konnten Nexon nicht sehen, und selbst Sammy, Tess und Ben hatten keine Ahnung, dass der Meerjunge gerade auf die Bühne stürmte. Lediglich Lennox entglitten vor Staunen alle Gesichtszüge, denn da er selbst ein Oblivion war, bewirkte Nexons Tarneffekt bei ihm rein gar nichts – genau wie bei anderen Meermenschen.
Mit besorgter Miene marschierte Nexon geradewegs auf Alea zu. »Was ist los?«, wollte er wissen. »Seid ihr in Gefahr?«
Angestrengt schaute Alea an ihm vorbei, denn ihn direkt anzublicken hätte bedeutet, auf seine Anwesenheit hinzuweisen. Sie wollte aber natürlich auf keinen Fall, dass Nexon bemerkt wurde. Isla, Zuzana und Evelin, die unverändert in der ersten Publikumsreihe standen, starrten entgeistert zu ihnen hoch. Allem Anschein nach hatten auch sie nicht erwartet, dass der Oblivion beim kleinsten Anzeichen eines Problems auf die Bühne springen würde.
Alea hob leicht die Hand, um auch Nexon zu bedeuten, zu warten.
Von der Bühnenseite hörte sie Siska herüberrufen: »Ey, Sturkopf!« Ohne Zweifel war Nexon gemeint. Die Darkonerin und der Oblivion kannten sich gut, denn sie waren gemeinsam in Rach Turana gewesen. »Was machst du denn?«
Nexon legte den Kopf schief, als wäre das doch offensichtlich. Er wollte helfen. Alea hatte allerdings die Hoffnung, dass Hilfe gar nicht vonnöten war.
Schnell richtete sie sich im Geiste wieder an ihre Schwester. »Orion ist nicht auf dem Weg zu uns?«
»Nein«, bestätigte Thea. »Ich glaube, wir fliegen nur zufällig in eurer Nähe vorbei.«
»Das ist …«, begann Alea und konnte den Satz nicht beenden, denn ihr fiel gerade der gigantischste Stein aller Zeiten vom Herzen.
»Wenn Orion von eurem Auftritt wüsste, hätte ich das bestimmt mitgekriegt. Wir waren den ganzen Nachmittag über zusammen.«
»Er war nicht am Handy? Niemand hat ihn vor Kurzem angerufen oder ihm eine Nachricht geschickt?«
»Nein, er diskutiert die ganze Zeit mit Jinx.«
»Ja? Okay. Worüber denn?«
»Über die Magischen. Darüber, wie wir es hinkriegen können, ein für alle Mal von ihrem Radar zu verschwinden.«
Alea wischte sich über die schweißnasse Stirn und gebärdete Lennox und den anderen kurz eine Entwarnung. Mit einer Drehung der Handgelenke brachte sie die Spitzen der Zeigefinger zusammen, um »Keine« zu sagen, und bildete dann mit Daumen und Zeigefinger jeweils einen Kreis für »Gefahr« – Keine Gefahr. Es waren bloß zwei kleine Zeichen, doch Alea fragte sich trotzdem, ob jemand im Publikum Gebärden verstand.
Nexon wartete noch immer direkt vor ihr auf eine Antwort, augenscheinlich bereit, bei jeglicher Notsituation sofort einzugreifen – und offensichtlich nicht der Gebärdensprache mächtig. Rasch machte Alea eine allgemein verständliche Geste, um auch ihn wissen zu lassen, dass alles in Ordnung war.
Ein schneller Blick zu Siska verriet Alea, dass auch die Darkonerin begriffen hatte. »Komm da weg, Blödmann!«, schrie Siska gegen die Lautstärke der Musik an.
Der Oblivion nickte in Aleas Richtung und stapfte zu Siska hinüber. Die boxte ihm zur Begrüßung derb gegen die Schulter, Nexon boxte zurück, dann umarmten sich die beiden. Dem Gesicht der Darkonerin war anzusehen, wie angespannt sie gewesen war, aber die Besorgnis schien nun von ihr abzufallen. Alea schloss daraus, dass wahrscheinlich auch Orions Hubschrauber leiser wurde.
Die Band konzentrierte sich wieder voll auf ihre Musik, und Ben sang mit seiner schönen tiefen Stimme den zweiten Refrain seines Liedes. Jetzt animierte er das Publikum auch wieder. Die Menschen im Auditorium gingen sogleich darauf ein, schwangen die Arme über ihren Köpfen und sangen sogar teilweise mit, obwohl sie den Refrain erst einmal zuvor gehört hatten. Die Atmosphäre war prickelnd schön, doch Alea lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf das telepathische Gespräch mit ihrer Schwester.
Thea sagte gerade: »Heute Mittag sind wir Hals über Kopf geflohen.«
»Vor wem?«
»Vor den Magischen. Sie haben uns wieder aufgespürt.«
»Was?« Alea schüttelte den Kopf. Anscheinend hatten die Magischen die Alpha Cru erneut nicht wie verabredet darüber informiert, dass sie den Gretzerkönig gefunden hatten, sondern direkt gehandelt. Dabei hatte Alea dringend darum gebeten, dass sie das der Cru überließen, denn Orion und seine Leute schreckten bekanntermaßen nicht davor zurück, ihr Anti-Magikum einzusetzen. Dieser Gefahr hatte Alea das Suchkommando keinesfalls aussetzen wollen, offenbar hatten die Magischen die Sache jedoch ein weiteres Mal selbst in die Hand genommen.
»Wir waren in einem Hochhaus mitten in einer Stadt«, fuhr Thea fort. »Ich glaube, in einem verlassenen Hotel.«
Das ergab für Alea Sinn, denn in der Goldumhangsvision hatte sie Thea und Jinx in einem Hotelzimmer gesehen.
»Orion hat wohl nicht damit gerechnet, dass die Magischen uns da finden könnten, aber das haben sie«, erzählte Thea. »Die Darkoner waren zu der Zeit alle beim Kampftraining, und Orion, Jinx und ich haben uns allein in der obersten Etage aufgehalten. Ich war gerade im Bad, als plötzlich scharenweise Kras aus dem Klo geschossen kamen und zu meinen Ex-Dads in die Lounge geflitzt sind. Ich bin hinterhergelaufen und hab gesehen, wie durch die Fenster Kobolde reinkletterten. Wie eine wilde Horde sind sie auf Orion und...
Erscheint lt. Verlag | 7.6.2024 |
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Reihe/Serie | Alea Aquarius | Alea Aquarius |
Illustrationen | Claudia Carls |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | ab 10 • Abenteuer • Adoption • Alpha Cru • Fabelwesen • Familie • Fantasy • Freundschaft • Gehörlosigkeit • Geschenk für Kinder • Homosexualität • Kinderbuch • Klimawandel • Liebe • Mädchen • Magie • Meeresschutz • Meermädchen • Ozean • spannend • starke weibliche Protagonistin • Umweltschutz • Zwillingsschwester |
ISBN-10 | 3-96052-343-2 / 3960523432 |
ISBN-13 | 978-3-96052-343-7 / 9783960523437 |
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