Märchen rund um die Welt (eBook)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99152-127-3 (ISBN)
Zu den Verbrechensbüchern: Er wollte Bekannte davon überzeugen, dass es früher im allgemeinen weniger Verbrechen als es heutzutage gab. Dazu musste er in alten Zeitungen in der Vergangenheit recherchieren. Und das Ergebnis war für ihn sehr enttäuschend. Die Größe, Anzahl und Schwere der Verbrechen war damals um keinen Deut besser als in der Gegenwart. Zu den Märchenbüchern: Bei einem Massagetermin kam das Gespräch auf die Entstehung der Bücher über alte Verbrechen. Die Masseurin meinte warum wird immer über negatives wie Verbrechen und nie über positives wie Märchen geschrieben. Daher wurde nachgeforscht und alles (oder fast alles) über alte Märchen in den Büchern "Märchen rund um die Welt Teil 1 und Teil 2" aus historichen österreichischen Zeitungsberichten zusammengetragen.
Aegidus
Eine Legende.
Zu Athen in Griechenland lebte im siebenten Jahrhundert eine hochadelige, mit Gütern reich gesegnete Familie. Sie stand an der Spitze der vornehmen Gesellschaft des Landes und genoß hohe Vorrechte und lebte im Vollgenusse der irdischen Freuden. Sie war zum Christenthum übergetreten, denn das Gebot: „liebe deinen Nebenmenschen wie du dich selbst liebest!“ gefiel ihr gar sehr. Sie fühlte sich durch die neue lehre doch nicht so außerordentlich verpflichtet; die Familie Aegid hatte nicht gar viele Nebenmenschen, sie stand ja zuhöchst in der Gesellschaft und die Bewohner des Landes wären ihr nicht bei-, sondern untergeordnet; das waren also keine Nebenmenschen. Und den Untergeordneten gebietet das Christenthum: Ehre deine Obrigkeit und sei ihr gehorsaml — So waren die Satzungen der großen lehre dem Hause Aegid wie aus der Seele gesprochen.
Diese Familie hatte einen einzigen Sohn— einen Knaben von großen Geistesgaben und wunderbarer Schönheit. Schon in seiner frühesten Jugend wurde er im Christenthum erzogen. Und der junge Aegidius vertiefte sich so sehr in diese lehre, daß er, was Keinem seines Stammes noch gelungen, ihr auf den Kern kam. Der Stifter war offenbar ein Freund des Volkes gewesen— „Ihr Alle seid Brüder und Kinder Eines Vaters, der im Himmel istl“—
Als Aegidius siebzehn Jahre alt war, hub er an, diesen Satz zu verstehen, denn zu der Zeit hatte er gefunden, wie eng und einförmig der Kreis war, in dem er sich auf der „Höhe und Spitze der Gesellschaft“ bewegen konnte. Wohl stand den Bedürfnissen seines Körpers bisher eine unendliche Auswahl von Mitteln und Gütern zu Gebote, wohl fehlte Nichts, was zur Bildung und Pflege seines Geistes nöthig wär: auch war für Belustigungen vornehmer Art, als: Reiten, Jagen, Ringen n. s. w., hinreichend gesorgt. Allein plötzlich wachte des Jünglings Herz auf und hatte einen Wunsch, einen sehr angelegentlichen, heißen Wunsch— und in Sachen dieses Gegenstandes war die Wahl in Aegidius' Kreisen gar armselig klein.“
Es war nicht zu leugnen, daß es in den wenigen hohen Adelshäusern schöne Jungfrauen gab; aber unten bei den Soldaten, bei den Gewerbetreibenden, bei den Landleuten, Hirten und Fischern gab es, wenn nicht noch schönere, so doch gewiß der Schönen mehr— das war auch nicht zu leugnen. So stieg Aegidius mit seinen großen gluthvollen Augen, mit seinen langen, braunen locken und in seiner ganzen herrlichen Jugendgestalt denn herab zu den Töchtern des Landes, die nach des Meisters Lehre mit ihm den Einen Vater im Himmel hatten. Und er liebte sie und bethörte sie durch seine wunderholde Erscheinung, und als ihn sein Vater darüber eines Tages streng zur Rede stellte, entgegnete Aegidius, er suche den Willen Gottes zu erfüllen.
Darob ergrimmte der alte Patrizier, schlug die Pforte dem Jünglinge vor der Nase zu und sagte: „Ich habe keinen Sohn mehr.“ Aegidius aber versetzte laut: „Ich habe einen Vater, der im Himmel istl“
Und von nun an trieb er sich im Lande herum, hütete mit den Hirten und fischte mit den Fischern und hielt Gemeinschaft mit diesen Menschen in allen Dingen. Als aber eine Zeit kam, da sein leib abgezehrt war und ihm die Kleider von den Gliedern fielen, da erinnerte er sich an die Geschichte von dem Verlorenen Sohne, und er kehrte reumüthig zurück zu der Pforte seines Vaterhauses.
Doch da wurde kein Kalb geschlachtet, denn sein Vater war schon todt. Dagegen harrten große Reichthümer auf den Wiederkehrenden. Der Worte des Lehrers gedenkend, nahm Aegidius diese Reichthümer und vertheilte sie an die Bettler des Landes; und als er nichts mehr hatte, ging er demüthig zu den Betheilten und bettelte um ein Stück Brot.
Da lachten die Leute, nannten ihn einen Verschwender und Narren und unter Männern auch noch was Anderes. Nun erinnerte sich Aegidius an den Ausspruch des Propheten, daß Alles eitel sei. Der Verächtetsten Einer, verließ er das Land. Ein Schiffer nahm ihn auf; dem band er die schadhaften Taue und flickte die Segel. Viele Monate lang waren sie auf hohem Meere, und in den Stunden des Sturmes war Aegidius hochvergnügt und gedachte des Schiffleins Petri und murmelte: „Unser Herr und Meister schläft nicht; laßt es gehen wie es geht, Jesus wird uns schon beschützen.“
Und als der Kapitän in einer ungestümen Nacht sah, daß Aegidius still lächelte und seine Hände in den Schoß legte, da doch Alles aus vollen Kräften arbeiten sollte, um das Fahrzeug zu halten, so rief er: „Du Taugenichts, du Tagedieb „. Deß war Aegidius ganz zufrieden; auch der Herr und Meister mußte Schmach erdulden. Aber als des andern Tages das Schiff an einem Jnselstreifen vorüberglitt, da setzte der Capitän den Mann auf's Land und fuhr weiter.
Darüber war Aegidius nun allerdings ein wenig verblüfft, denn die Insel war nicht sehr verheißend, und im Evange-Lium fand er keine Stelle, die er auf diese seine neue Lage beziehen konnte. Indeß schritt er weiter und vertraute auf Gott. Und siehe, Gott wollte es daß die vermeintliche Insel nur eine Halbinsel war und mit dem Festlande zusammenhing; und Aegidius wanderte in das Festland hinein, fing unterwegs Frösche und Heuschrecken, wie der heilige Johannes in der Wüste gethan hatte, und kam endlich in eine tiefe, dichtbewachsene Wildniß.
Er fand eine Felsenhöhle und in dieser Felsenhöhle lebte er nun als heiliger Einsiedler. Eine Hirschkuh, dieser zahm zu machen verstand, war seine Gefährtin und Nährerin; und in der Ruhe des Waldes und durch die Milch der Hirschkuh hub der noch junge Mann wieder an zu gedeihen.
Um dieselbe Zeit trug es sich zu, daß die Fürstin dieses Festlandes, eine schöne junge Witwe, eine große Jagd abhalten ließ, um sich über den Verlust ihres unersetzlichen Gatten zu trösten. Sie trug ein schwarzes Kleid, ritt auf einem hohen Schimmel und schwang den Wurfspieß. Ihre, glänzend schwarzen Locken wehten um das blasse, wunderbar holde Antlitz; die weißen Zähnchen schimmerten zwischen dein Knospenpaare der Lippen; ihr Auge brannte vor Feuer und Begierde, denn sie verfolgte eine Hirschkuh.
Ihrer Begleitung war sie in solchem Eifer davongeritten und tiefer und tiefer kam sie in die Wildniß hinein, und das verfolgte Thier war nicht zu erreichen
Plötzlich aber, als Wild und Jäger einen Wald von Dickicht und Gestrüppe hinter sich hatten, verschwand die Hirschkuh in einer Felsenhöhle. Und als die Jägern davorhielt und ihr Auge in die Vertiefung senkte, da schrak sie doch zurück. Nicht die Hirschkuh allein, auch ein anderes Thier war da drin verborgen— vielleicht ein gefährlich' Thier; sie sah zwei große Augen sprühen in der Dunkelheit. Und endlich wurde ein verwilderte's Lockenhaar sichtbar, und eine hohe Mannesgestalt, nur spärlich bekleidet durch ein Bärenfell, trat langsam hervor.
Da wollte die junge Fürstin vom Pferde sinken vor Schreck. Noch zu rechter Zeit fing sie Aegidius auf in seinen Armen, daß diese schöne Gestalt den harten Boden nicht sollte berühren. „Wer seid Jhr, fremder Mann?“ vermochte die Fürstin endlich zu fragen. „Ich bin ein Knecht des Herrn, der in der Einsamkeit seinem Gotte und seinem Seelenheile lebt.“
Auf diesen Bescheid wurde das Weib ein wenig ruhiger. Jedoch Aegidius wendete den Schimmel, daß der Schweif an dem Felsen fächelte und der Kopf der Seite zugekehrt war, von wannen er gekommen. „Und Ihr wollt mir nicht erlauben, Mann Gottes, daß ich mich von dem scharfen Ritte und von dem großen Schrecken auf diesem Moose ein wenig erhole?“ so sagte nun die Fürstin. „Ei, ei,“ versetzte der Einsiedler, „ich habe von einem Eremiten gehört, dem ist der Teufel erschienen in Gestalt eines Weibes“
Da lachte die Fürstin und frug, ob er nicht einen frommen Spruch wisse, um sie zu beschwören. „Wohl, wohl!“ sagte Aegidius rasch; dann breitete er seine Hände aus und rief; „Wenn du etwa nicht ein menschlich Weib, sondern gar der leidige Böse selber bist, so beschwöre ich dich bei dem gekreuzigten Jesus, fahre hin“
Das Pferd stampfte einmal mit dem Vorderfuß, aber es fuhr mit seiner Last nicht hin.
„So seht Ihr,“ lachte die Reiterin, „daß ich ein menschlich Weib bin und den heiligen Namen wohl vermag zu ertragen. Wollt Ihr mir nun erlauben, daß ich den Rücken meines Thieres verlasse und ein wenig auf Euerm Moose raste?“
Da reichte ihr Aegidius die Hände und hub sie vom Pferde und führte sie zur Rasenbank und brachte Früchte, und Milch und verschwand plötzlich in der Höhle und kämmte mit den Fingern seinen langen vollen Bart zurecht. Dann kam er wieder und setzte sich zu seiner Gastin auf die Rasenbank und freute sich innig, wieder einmal ein menschliches Wesen in seiner Nähe zu haben.
Die Fürstin war eine fromme Frau und küsste das Crucifix, welches...
Erscheint lt. Verlag | 21.3.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch |
ISBN-10 | 3-99152-127-X / 399152127X |
ISBN-13 | 978-3-99152-127-3 / 9783991521273 |
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