Seahorse - Die Insel der Wasserpferde (eBook)

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2023 | 1. Auflage
SchneiderBuch (Verlag)
978-3-505-15051-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Seahorse - Die Insel der Wasserpferde - Karin Müller
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Eine Liebe, die zum Scheitern verurteilt ist? Oder doch alle Grenzen überwindet?

Shona und Cuan haben sich gefunden und Shona weiß, dass sie in ein Wasserpferd, einen Gestaltwandler, verliebt ist. Doch hat ihre Liebe eine Zukunft? Sowohl in Shonas Familie als auch auf der Seite der Wasserpferde scheinen alle eine große Gefahr in dieser Verbindung zu sehen. Was ist dran an dem Gerücht, dass die Wasserpferde für den Tod von Shonas Mutter verantwortlich sind? Shona weiß nicht mehr, wem sie wirklich trauen kann. Aber sie spürt, dass sie bald eine Entscheidung treffen muss. Eine Entscheidung für oder gegen ihre Gefühle.

Romantische Mystery von Pferdeexpertin und Erfolgsautorin Karin Müller



Karin Müller ist mit 'Nordlicht' bei Schneiderbuch ein großer Bestseller gelungen. Darüber hinaus schreibt sie Tierratgeber, Kinder- und Jugendbücher. Sie wurde in Kitzingen am Main geboren, studierte an der Leuphana Universität Lüneburg und arbeitete viele Jahre als Radio- und Zeitungsredakteurin im Kulturressort. Heute lebt sie auf dem Land bei Hannover. Die besten Ideen hat sie am Gartenteich, auf Reisen oder wenn sie einem Pferd beim Grasen zuhört.

Kapitel 1

Eilean Choraidh, Loch Eriboll, Sutherlandshire,
Nordschottland

Der weiße Hengst spähte mit aufgesperrten Nüstern durch den sich auflösenden Nebel. Seine Muskeln zitterten vor Anstrengung, als sein Vorderhuf endlich Boden fand, er wieder stehen konnte. Seine Rippen hoben und senkten sich unter der Last des bewusstlosen Mädchens. Sie hatten es geschafft, das rettende Ufer der Insel erreicht. Jetzt musste Shona raus aus dem Wasser, so schnell wie möglich.

In ihrer Panik hatte sie ihn beinahe ertränkt. Ihr Gezappel, ihre Schreie hatten ihm Angst gemacht. Mehr als die Schüsse. Aber dann hatte sie irgendwann aufgehört zu strampeln, und das war noch beängstigender gewesen.

Seahorse schnaubte verhalten und inhalierte die salzhaltige Luft.

Die letzten verbliebenen Nebelschwaden zogen sich zurück, auf den See hinaus, wie verlässliche Begleiter, die nicht mehr gebraucht wurden. Am unteren Ende der Insel, hinter der halb verfallenen Mauer, grasten Schafe. Er konnte ihre strenge Witterung durch den Wind schmecken.

Im feinen Pudersand lagen ein paar Seehunde und genossen die ersten Sonnenstrahlen. Sonst war da niemand. Auch im See selbst schien alles friedlich. Kaum Wellengang. Der Meeresarm des Loch Eriboll war beinahe zu ruhig. Es wirkte sicher – so als ob nichts geschehen wäre.

Weit draußen nahm er ein paar Minkwale wahr. Fischerboote konnte er keine mehr sehen, nirgends die Anwesenheit eines Menschen wahrnehmen, auch nicht am jenseitigen Ufer. Sie waren alle fort.

Doch der Schrecken saß tief, auch wenn sie beide unverletzt geblieben waren. Dieses Mal.

Ganz langsam, Huftritt für Huftritt, ließ der Schimmel den Schutz des letzten ihn umgebenden Nebelfleckens hinter sich und wagte sich bis zum Wassersaum der kleinen Insel, die die Einheimischen Eilean Choraidh oder Horse Island nannten. Seine Hufe sanken tief in den nassen Ufersand ein. Das Schwappen des Wassers und das Knirschen des Untergrundes klangen unnatürlich laut. Er lauschte wieder und sah sich um.

Es gab keine Bäume auf dem hügeligen Eiland, nur ein paar Mauerreste und die Ruinen eines Gehöfts. Der Rest bestand aus Heide, Gras und Felsen. Seit den Dreißigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts galt die Pferdeinsel als unbewohnt. Und das war gut so.

Noch einmal blieb er stehen und witterte. Spielte lauschend mit den Ohren in alle Richtungen, über den See, aufs Festland. Nichts. Alles blieb ruhig. Sie hatten tatsächlich aufgegeben. Für den Moment zumindest.

Er widerstand dem Impuls, das Mädchen abzuwerfen und zu fliehen. Seine Instinkte kämpften darum, die Oberhand zu gewinnen. Sie sagten ihm, dass er die Nebel erneut rufen und mitten hineingaloppieren sollte. Dorthin zurückkehren, woher er stammte. Weit weg. Es war zu gefährlich auf dieser Seite, jetzt, da sie von seiner Existenz wussten – und deutlich gezeigt hatten, was sie mit ihm machen würden, wenn sie ihn kriegten.

Aber er würde Shona nicht im Stich lassen.

Er machte ihr keinen Vorwurf. Sie war ebenso schockiert gewesen wie er selbst, und doch hatte er geahnt, dass es eine Falle war. Irgendwo tief in sich drin.

Er hatte nur nicht wahrhaben wollen, dass es so kommen würde. Dass die Alten recht behalten hatten mit ihren Warnungen vor den Menschen. Von klein auf hatten sie ihm eingeschärft, dass sie Unglück brachten. Man kann ihnen nicht trauen, solange sie noch Grund unter den Füßen spüren. Er hasste diese Redensart. Nein. Nicht alle waren so. Und doch …

Wie sie ihn gejagt hatten! Drähte gespannt. Auf ihn geschossen! Ohne Rücksicht auf das Mädchen auf seinem Rücken … auf Shona.

Damit hatte er nicht gerechnet.

Er schnaubte noch einmal, diesmal voller Wut. Drehte sich zu dem Bündel auf seinem Rücken um und schnappte spielerisch nach dem nassen Stoff, nach einem herabhängenden Arm. Keine Reaktion. Mit seinem gesunden Bein patschte er ein paarmal ungestüm auf den feuchten Sand, hüpfte leicht mit der Hinterhand, um sie wachzurütteln. Sie rührte sich noch immer nicht. Das war nicht gut.

Sie brauchte den Jungen.

Schnell.

»Wir müssen vom Strand verschwinden. Meinst du, du schaffst das?«

Ich nicke abwesend. »Mir ist so kalt.«

Cuan sieht mich ernst an. Seine Worte dringen nur langsam zu mir durch, als wäre der Nebel, der die Insel umgibt, auch in meinem Kopf. Anscheinend hält er es für zu gefährlich, ein Feuer anzuzünden. Wir müssen also hoffen, dass die Sonne herauskommt, um uns zu wärmen.

Er hilft mir aufzustehen. Ich bin total wackelig auf den Beinen und schaffe es mit seiner Hilfe gerade mal ein paar Meter vom Strand herauf. Wir klettern über Kieselsteine und Felsen, bis wir hügeliges Grün erreichen. Ein paar Schafe starren uns neugierig an, aber ich bekomme alles nur halb mit. Meine Füße fordern meine ganze Aufmerksamkeit. Sie wollen mich noch nicht so richtig tragen. Mir ist schlecht von dem ganzen Salzwasser, das ich auf unserer Flucht geschluckt habe. Und parallel nimmt das Gedankenkarussell Fahrt auf. Ich bin beinahe ertrunken.

Mein Onkel Matthew hat auf uns geschossen.

Cuan ist Seahorse.

Seahorse ist ein Wasserpferd.

Der wunderschöne Kaltbluthengst – der Schimmel, den ich vor ein paar Wochen kennengelernt habe. Ich bin ihm direkt nach meiner Ankunft in den schottischen Highlands zum ersten Mal begegnet. Eigentlich sogar schon früher, bereits auf dem Weg zur Fitzgibbons Farm, auf der mein Onkel mit seinen Söhnen und seiner Schwester lebt. Kurz darauf habe ich Cuan zum ersten Mal getroffen.

Ich habe mich verliebt.

In beide.

Ohne zu ahnen, dass sie ein und derselbe sind.

Hier, an der windigen Nordspitze Schottlands, wohin mein Dad mich auf Rat des Schulpsychologen geschickt hat, weil mir die Großstadt nicht guttut – haha. Der Kontakt zu diesem Zweig meiner Familie sollte mir dabei helfen, zur Ruhe zu kommen. Und das hätte vielleicht sogar funktioniert. Aber heute haben sie auf ihn geschossen. Auf Seahorse.

Sie wollten ihn töten. Weil sie ihn für ein Monster halten. Was für ein wahnsinniger … bescheuerter … kranker … Aberglaube.

»Du musst raus aus den nassen Sachen.«

Cuans Stimme klingt weit weg. Mechanisch ziehe ich die Schuhe und Strümpfe aus und lasse es geschehen, dass er mir die Jeans, mein Shirt und meinen Hoodie abstreift, sehe dabei zu, wie er meine Klamotten zum Trocknen über ein paar Heidesträucher breitet. Meinen Hoodie hat er sich um die Hüfte geschlungen und die Ärmel verknotet.

Ich zittere am ganzen Leib, meine Zähne klappern. Habe ich einen Schock? Jedenfalls stehe ich völlig neben mir – also – sitze, um genau zu sein. Wann habe ich mich denn hingesetzt? Und wieso trägt Cuan meinen nassen Kapuzenpulli wie einen Kilt? Es fällt mir schwer, einen Zusammenhang zu seiner Nacktheit herzustellen.

»Warte kurz, bin gleich wieder da.« Er streichelt mir über die Schulter. Sein Blick ist besorgt.

»M-hm.« Ich nicke abwesend, die Arme um meine nackten, blau gefrorenen Knie geschlungen, und wiege mich vor und zurück. Dabei lasse ich die vorwitzigen Schafe nicht aus den Augen, die abwechselnd mich und unsere übrigen Kleidungsstücke beäugen, als ob sie nur darauf warten, sich einen kleinen Baumwollsnack einzuverleiben.

Ist das alles real? Ist es wirklich passiert oder habe ich einen dieser Albträume, die einem so echt vorkommen, dass man noch Tage später einen kalten Schauder spürt, wenn man daran zurückdenkt? Ich kneife mich in den Arm und beobachte, wie die Abdrücke meiner Fingernägel langsam verschwinden und die Haut wieder ihre normale Farbe annimmt.

Ich habe keine Ahnung, wie lange ich brauchen werde, um begreifen zu können, dass mein Freund ein Wasserpferd ist. Eine mythologische Gestalt – ein Dämon, wie Tante Meghan überzeugt ist.

Aber er hat mich nicht gefressen. Er hat mich nicht ertränkt.

Er hat mich aus dem Wasser gezogen und gerettet.

Vor meinem eigenen Onkel.

Und meine Leber habe ich auch noch. Wieder und wieder kreisen diese Gedanken durch meinen Kopf. Onkel Matthew hat auf uns geschossen. Und ich bin schuld. Nein, Brodie ist schuld. Er hat uns verraten. Aber ich bin mehr schuld. Trotz allem.

Ich hätte ihm nicht vertrauen dürfen.

Ich hätte es ihm nicht erzählen dürfen. Und nicht auf Seahorse reiten. Damit fing es doch an.

Dann wäre das alles nicht passiert. Dann würde ich jetzt gemütlich auf der Fitzgibbons Farm sitzen und frühstücken, eine Partie Schach mit Meghan, meiner blinden Tante, spielen, ihr etwas vorlesen, Unkräuter aus dem Gemüsebeet zupfen oder irgendwas mit den Ponys unternehmen. Was man eben so macht in den Sommerferien, am nördlichsten Zipfel der Highlands, wenn man von der Schule geflogen ist und zum Nachdenken zur Verwandtschaft aufs Land geschickt wurde.

Stattdessen musste ich unbedingt angeben mit meinem wilden Clydesdale. Mit Seahorse, also eigentlich mit Cuan.

Der Junge, in den ich mich verknallt habe, ist kein umherstreifender Travellerjunge – und das würden mein Onkel und meine Tante schon schlimm genug finden –, sondern ein Wassergeist, ein Gestaltwandler,...

Erscheint lt. Verlag 24.1.2023
Reihe/Serie Seahorse
Seahorse
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Familie • Familiengeheimnis • Freundschaft • Geheimnis • Kelpie • Legende • Leserinnen ab 12 • Liebesgeschichte • Mädchen ab 12 • Mythos • Nordlicht • Nordstern • Pferdefantasy • Pferde-Fantasy • Pferderoman • Pferde-Roman • Pferde-Romantik • Pferdeschmöker • Romantik • Schottland • Wasserpferde
ISBN-10 3-505-15051-7 / 3505150517
ISBN-13 978-3-505-15051-7 / 9783505150517
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