Fünfzehn Tage sind für immer (eBook)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
288 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-2386-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fünfzehn Tage sind für immer -  Vitor Martins
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Own-Voice-Autor Vitor Martins schreibt authentisch und einfühlsam über Body Positivity, LGBTQIA+ Themen, Mobbing, Familie, Freundschaft & Liebe

Der 17-jährige Felipe ist nicht mollig oder hat schwere Knochen. Nein, er ist da ganz realistisch: Felipe ist dick. Deswegen braucht er auch niemanden, der ihn daran erinnert - was seine Mitschüler trotzdem nicht davon abhält. Zum Glück sind bald Ferien! Endlich Ruhe und Zeit für Felipes Lieblingsbeschäftigungen: Serien schauen und ganz viel lesen. Aber dann kommt alles ganz anders, denn seine Mutter eröffnet ihm, dass Nachbarsjunge Caio die nächsten fünfzehn Tage bei ihnen wohnen wird. Felipe ist verzweifelt, denn a) ist er total in Caio verliebt seit ... na ja ... immer; und b) ist Felipes Liste an Unsicherheiten unendlich lang. Wie soll er da bloß die Ferien mit seinem Schwarm überleben?


Ein lockerleicht erzählter Young-Adult-Roman mit tiefgründigen Themen und Setting Brasilien



Vitor Martins lebt in São Paulo, Brasilien, und arbeitet als Autor, Übersetzer und Illustrator. Sein Ziel ist es, in seinen Büchern die Geschichten von Menschen zu erzählen, die sich selbst noch nie in einem Buch repräsentiert gesehen haben. Vitor ist davon überzeugt, dass Young-Adult-Bücher damit einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leisten können. Auf seinem Instagram-Kanal (@vitormrtns) spricht er über Bücher, Pop-Kultur und Illustrations-Themen. 15 TAGE SIND FÜR IMMER ist sein Debüt bei ONE.

Vitor Martins lebt in São Paulo, Brasilien, und arbeitet als Autor, Übersetzer und Illustrator. Sein Ziel ist es, in seinen Büchern die Geschichten von Menschen zu erzählen, die sich selbst noch nie in einem Buch repräsentiert gesehen haben. Vitor ist davon überzeugt, dass Young-Adult-Bücher damit einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leisten können. Auf seinem Instagram-Kanal (@vitormrtns) spricht er über Bücher, Pop-Kultur und Illustrations-Themen. 15 TAGE SIND FÜR IMMER ist sein Debüt bei ONE.

Vorher


Ich bin fett.

Ich bin nicht »mollig« oder »rundlich«, und ich habe auch keine »schweren Knochen«. Ich bin massig, ich nehme viel Platz ein, und auf der Straße werde ich komisch angeguckt. Natürlich gibt es Leute auf der Welt, die viel größere Probleme haben als ich hier in Brasilien – aber ich habe in der Schule schon genug Schwierigkeiten, um mich auch noch um andere zu sorgen. Die letzten zweieinhalb Jahre in der Oberstufe waren meine persönliche Hölle.

Manchmal kommt es mir so vor, als gäbe es unendlich viele gemeine Spitznamen für dicke Leute. Damit will ich nicht sagen, dass sie alle besonders kreativ seien, aber die endlose Liste von Beleidigungen, die meine Mitschülerinnen und Mitschüler sich ausdenken, beeindruckt mich immer wieder. Es wäre so viel unkomplizierter, wenn sie mich einfach Felipe nennen würden.

Seit zu Beginn des Schuljahres im Erdkundeunterricht ein Stuhl unter mir zusammengebrochen ist, singen die Leute immer »Wrecking Ball«, wenn sie im Flur an mir vorbeikommen. Zwei Wochen später ist einem anderen Jungen in meiner Klasse dasselbe passiert, aber ihm singt niemand wegen eines kaputten Stuhls Miley Cyrus vor. Ihr könnt es euch vielleicht denken: Er ist dünn.

Ich bin schon immer fett gewesen, und nach siebzehn Jahren in meinem Körper bin ich Experte darin, dumme Kommentare zu ignorieren. Was nicht unbedingt heißt, dass ich mich daran gewöhnt habe. Es ist schwer, sich daran zu gewöhnen, täglich mit einer Abrissbirne verglichen zu werden. Ich habe mich nur daran gewöhnt, so zu tun, als meinten sie jemand anderen.

Letztes Jahr habe ich heimlich so eine Teenie-Zeitschrift mit Boyband-Postern gekauft. Ich mag Boybands zwar (mehr, als ich je zugeben würde), aber überzeugt hatte mich die Aufschrift auf dem Cover: »Sei du selbst! So fühlst du dich endlich wohl in deinem Körper!«

In dem Artikel ging es darum, dass man als mehrgewichtiger Teenager sein Gewicht irgendwie kompensieren muss, wenn man cool sein und Freunde haben will. Wenn man zum Beispiel total witzig oder superstylish ist, fällt angeblich niemandem auf, dass man dick ist.

Ich habe darüber nachgedacht, wie ich mein Gewicht wettmache. Mir ist nichts eingefallen.

Also, ich persönlich finde mich schon ziemlich lustig. Im Internet lieben mich die Leute. (Schon 543 Follower bei Twitter!) Aber im echten Leben komme ich als totaler Loser rüber. Ich bin auf den ersten Blick schon unten durch. Und mein Style? Haha. Der besteht aus Turnschuhen, Jeans und einem einigermaßen sauberen grauen T-Shirt. Coole Klamotten gibt es nicht in Größe XXL.

Den Rest der Zeitschrift habe ich kurz überflogen, das »Welcher Promi ist dein BFF?«-Quiz gemacht (Taylor Swift) und sie dann weggeworfen. Ich wollte nicht daran erinnert werden, dass ich nichts zu bieten habe.

Aber ab heute wird alles anders. Heute ist der letzte Schultag vor den Winterferien – der Tag, auf den ich mich schon seit Beginn des Schuljahres freue. Die Winterferien sind zweiundzwanzig Tage lang. Zweiundzwanzig glorreiche Tage, frei von Witzen auf meine Kosten, Spitznamen und gehässigen Blicken.

Ich stehe früh auf, um auf alle Fälle rechtzeitig zur Schule zu kommen. Als ich die Küche betrete, ist meine Mutter schon wach und pinselt an einer Leinwand herum. Vor drei Jahren hat sie ihren Job als Steuerberaterin an den Nagel gehängt, um Künstlerin zu werden. Und es ist auch drei Jahre her, seit unsere Küche das letzte Mal normal aussah. Jetzt stapeln sich auf jeder Oberfläche Leinwände, Farbdosen und halbfertige Tonfiguren.

»Guten Morgen, mein Engel«, sagt sie mit einem Lächeln, das so früh am Morgen unmöglich sein sollte.

Meine Mãe sieht umwerfend aus. Im Ernst. Sie hat große, ausdrucksvolle Augen, ihr dickes Haar ist immer hochgesteckt – und sie ist schlank. Was bedeutet, dass mein Pai, der abgehauen ist, als er herausfand, dass Mãe schwanger war, mir seine Fettgene vererbt hat. Danke, Vater.

»Guten Morgen. Du hast Farbe am Kinn. Aber du siehst trotzdem schön aus«, begrüße ich sie eilig, während ich mir ein Käsesandwich schnappe und mich nach meinem Schlüssel umsehe.

»Felipe, ich weiß nicht, ob ich es dir schon gesagt habe, aber heute Nachmittag ...«

»Sorry, keine Zeit, bin schon zu spät dran! Bis später, hab dich lieb, tschüss!«, antworte ich und ziehe rasch die Wohnungstür hinter mir zu.

Eigentlich bin ich nie zu spät, aber meine Angst redet mir ein, dass ich die Schule schneller hinter mich bringe, wenn ich früher da bin. Was leider überhaupt keinen Sinn ergibt.

Ich drücke dreimal mehr auf den Fahrstuhlknopf, als nötig gewesen wäre, während ich mir den Rest meines Sandwiches in den Mund stopfe. Dann öffnet sich die Tür – und da steht er. Caio, mein Nachbar aus Apartment 57. Schnell schlucke ich den Bissen runter, wische mir kurz mit der Hand über das Kinn, um potenzielle Krümel zu entfernen, und betrete den Fahrstuhl.

Mein gehauchtes »Guten Morgen« ist so leise, dass ich es selbst kaum höre. Caio antwortet nicht. Er hat Kopfhörer in den Ohren und die Nase in einem Buch. Unweigerlich frage ich mich, ob er wirklich beim Lesen Musik hört oder ob er die Kopfhörer nur als Attrappe benutzt, damit ihn niemand stört. Falls Letzteres zutrifft, würde ich es Caio aus Apartment 57 nicht verübeln. Das mache ich nämlich auch immer.

Der Fahrstuhl braucht ungefähr vierzig Sekunden bis ins Erdgeschoss, aber es fühlt sich an, als vergingen vierzig Jahre, bis sich die Tür wieder öffnet. Ich stehe wie versteinert da, während Caio hinaustritt, als habe er überhaupt nicht bemerkt, dass ich da bin. Bevor ich das Gebäude verlasse, bleibe ich noch drei Minuten im Flur stehen.

***

Der letzte Schultag zieht sich. Zum Glück muss ich nur noch einen Geschichtsaufsatz abgeben und eine Philosophieklausur schreiben. Ich bin als Erster mit der Arbeit fertig und beeile mich, aus dem Klassenzimmer zu kommen.

»Schon fertig, Pudding?«, sagt irgendwer, als ich mich hinter meinem Tisch hervorquetsche.

Professora Dora, die Lehrerin, nimmt meine Klausur entgegen, schaut mir tief in die Augen und sagt: »Ich wünsche dir schöne Ferien, Felipe.« Ihr Blick ist mitfühlend, als wollte sie eigentlich sagen: »Ich weiß, dass die Beleidigungen an dir nagen, aber lass den Kopf nicht hängen. Du bist stark. Und es ist absolut nichts verkehrt damit, dick zu sein. Mir ist bewusst, dass es unangebracht ist, das zu sagen, weil ich sechsundfünfzig Jahre alt und deine Lehrerin bin, aber du kannst dich echt sehen lassen.«

Vielleicht bin ich aber auch doch nicht so gut darin, mitfühlende Blicke zu interpretieren, und sie wollte mir wirklich nur schöne Ferien wünschen.

Als ich den Flur betrete, verabschiedet sich gerade eine Gruppe von Mädchen voneinander – und glaubt es oder nicht: Sie weinen dabei. Als hätten sie vergessen, dass die Winterferien nur zweiundzwanzig Tage lang sind. Oder dass wir in einer Kleinstadt wohnen, in der man nur den Kopf aus dem Fenster strecken muss, um die halbe Schule die Straße entlangspazieren zu sehen. Oder dass es das Internet gibt.

Wenn mein Leben ein Musical wäre, würde ich ein Lied über Freiheit singen, während ich durch das Schultor gehe, und hinter mir würden sich Menschenmengen versammeln, die zu einer einstudierten Choreografie tanzen. Aber mein Leben ist kein Musical, und als ich das Schulgelände verlasse, ruft mir jemand »Puddiiiiing!« hinterher. Ich senke den Blick und laufe weiter.

***

Mein Wohnkomplex ist nicht weit von der Schule entfernt, nur eine Viertelstunde zu Fuß. Ich laufe immer zur Schule und zurück, damit ich eine Antwort parat habe, wenn mein Arzt mich nach meinen sportlichen Aktivitäten fragt.

Das einzige Problem dabei ist der Schweiß. Auf meiner Liste von Dingen, die ich hasse, steht Schweiß direkt unter meinen Selbstwertproblemen und meinen bezaubernden Mitschülern.

Als ich zu Hause ankomme, sind die Schweißrinnsale in meinem Gesicht bereits zu Sturzbächen angewachsen. Meine Mutter ist genau da, wo ich sie zurückgelassen habe, nur hat sie viel mehr Farbflecken auf ihrer Kleidung, und ihr Bild ist fast fertig. Heute hat sie blaue Kreise gemalt (sie hat schon seit ein paar Monaten eine Blauphase), die aus einem bestimmten Winkel aussehen wie zwei sich küssende Delfine. Glaube ich zumindest.

Abgesehen vom üblichen Chaos stehen Töpfe auf dem Herd, und es riecht nach Mittagessen. Nach richtigem Mittagessen, nicht nur nach den übrig gebliebenen Yakisoba, die wir uns gestern Abend bestellt haben. Ich bin ganz aufgeregt bei dem Gedanken, die Ferien mit einer richtigen Mahlzeit zu beginnen.

»Hallo Jungs. Wie war die Schule?«, fragt Mãe, ohne von ihrem Bild aufzublicken.

»Mãe, das letzte Mal, als ich nachgeschaut habe, hattest du nur einen Sohn.«

»Oh, ich dachte, ihr wärt zusammen gekommen. Du und Caio, aus Apartment 57.« Sie dreht sich um und küsst mich auf die Stirn.

Ich bin verwirrt, aber meiner Mutter...

Erscheint lt. Verlag 27.5.2022
Übersetzer Svantje Volkens
Sprache deutsch
Original-Titel Here the whole time
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte 15 Tage sind für immer • Bill Konigsberg • Bücher ab 14 Jahren • Bully • CAIO • Dick • Felipe • Fett • forced proximity • Friends to Lovers • Geek • George Lester • Junge Erwachsene • lgbtqia+ • Liebeskummer • Male/Male • Mental Health • Nerd • opposites attract • Own Voice • Psychotherapie • Queer • Simon James Green • Sommer • Übergewicht • YA • Young Adult
ISBN-10 3-7517-2386-2 / 3751723862
ISBN-13 978-3-7517-2386-2 / 9783751723862
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