Viele Träume führen ans Ziel (eBook)

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2022 | 1. Auflage
384 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-1841-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Viele Träume führen ans Ziel -  Gloria Trutnau
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Ein Serien-Dreh in München - und die Suche nach sich selbst

'Viele Träume führen ans Ziel' steht auf der Shortlist des DELIA-Literaturpreises 2023!

Die 18-jährige Leni hat ihr Abi in der Tasche - aber was nun? Alle anderen scheinen ihr Leben total im Griff zu haben. Nur sie nicht. Als sie überraschend ein Praktikum bei den Bavaria Filmstudios in München ergattert, kann sie ihr Glück kaum fassen. Doch gleich am ersten Set-Tag gerät Leni mit einem anderen Praktikanten aneinander. Unerwartet bekommt sie Hilfe von Jonas, dem Hauptdarsteller der Serie, der sie jedoch gleichzeitig um einen Gefallen bittet. Was die beiden dabei allerdings nicht einkalkuliert haben, sind ihre Gefühle füreinander ...

Gloria Trutnau schreibt einfühlsam, authentisch und lebensnah über Themen wie Selbstzweifel, Selbstfindung, Liebe, Freundschaft und Familie.

Die Autorin auf Instagram und TikTok: @gloriatrutnau



Gloria Trutnau, geb. 1992 in München, gewann mit ihrem Debüt, der Dystopie LEFT TO FATE - DIE AUSGESETZTEN, 2018 den Schreibwettbewerb von Tolino und Impress. Nach einer rechtlich geprägten Ausbildung arbeitet sie nun im Personal-Recruiting. Inspiration für neue Geschichten holt sie sich im Alltag und auf vielen Reisen. Ihre Leidenschaft gilt neben dem Schreiben auch dem Film, der Astronomie und ganz viel Kuchen. Sie lebt in München.

Gloria Trutnau, geb. 1992 in München, gewann mit ihrem Debüt, der Dystopie LEFT TO FATE - DIE AUSGESETZTEN, 2018 den Schreibwettbewerb von Tolino und Impress. Nach einer rechtlich geprägten Ausbildung arbeitet sie nun im Personal-Recruiting. Inspiration für neue Geschichten holt sie sich im Alltag und auf vielen Reisen. Ihre Leidenschaft gilt neben dem Schreiben auch dem Film, der Astronomie und ganz viel Kuchen. Sie lebt in München.


2
Jonas


Ein Hamsterrad, nur ohne Hamster
   

»Alles auf Anfang!«, ruft der Regieassistent durch den Raum.

Innerlich verdrehe ich die Augen. Noch ein Take? Ich setze eine neutrale Miene auf, als die Regisseurin auf mich zukommt.

»Ich brauche mehr Gefühl, Jonas«, weist sie mich ohne Umschweife an. »Du hast gerade erfahren, dass Saliah für dich alles stehen und liegen gelassen hat. Zeig das auch!«

Ich nicke und versuche mir ihre Kritik zu Herzen zu nehmen, doch je angestrengter ich mich in die Leiden und Freuden meiner Figur hineinzuversetzen versuche, desto mehr stelle ich die gesamte Szene in Frage.

»Na komm, einer geht noch.« Saliah grinst kokett. Sie wiederum scheint sich über die Ansage der Regisseurin zu freuen.

Ich seufze und bringe mich wieder in Position. Saliahs warmer Atem streicht über meinen Hals.

»Ruhe, bitte!«, ruft der Aufnahmeleiter, und am Set ersterben die letzten Gespräche.

»Ton ab!«, höre ich die Stimme des Regieassistenten.

»Läuft!«, bestätigt der Tonmann.

»Kamera ab!«

»Läuft!«, bestätigt wiederum der Kameramann.

Ich räuspere mich ein letztes Mal und sehe zu Saliah hinunter, versuche so viel Liebe und Verständnis über meinen Gesichtsausdruck zu transportieren wie nur irgend möglich. Mehr ist jetzt aber wirklich nicht drin.

»Drei-Sieben, die Vierte!« Der Kameraassistent schlägt die Klappe.

Die Regisseurin gibt uns das Zeichen. »Und bitte!«

Saliah spricht ihre Zeilen. »Richard und ich ... wir sind nicht mehr zusammen«, stammelt sie. »Ich habe mit ihm Schluss gemacht.«

»Aber letzte Woche meintest du noch ...«, fange ich an, doch sie unterbricht mich.

»Letzte Woche! Da wusste ich ja auch noch nicht, dass du mich liebst!« Saliah sieht mich mit großen verzweifelten Augen an. Wenn die Kamera und der Scheinwerfer nicht auf uns gerichtet und ungefähr ein Dutzend Crew-Mitglieder um uns versammelt wären, würde ich ihr die Gefühle glatt abnehmen. Schauspielern kann sie wirklich.

Ich nehme ihren Kopf in meine Hände, sehe ihr noch einmal tief in die Augen, und dann küsse ich sie. Schon das vierte Mal an diesem Tag, und egal wie oft ich die Szene noch spiele, ich kann mich einfach nicht für diese Entwicklung zwischen ihrer und meiner Rolle erwärmen.

Ich habe mit den Drehbuchautoren gesprochen, wollte sie davon überzeugen, mehr Ernsthaftigkeit und Authentizität in die Serie miteinfließen zu lassen, echte Probleme zu behandeln, mit denen sich die Zuschauenden identifizieren können – aber sie haben abgelehnt. So etwas wolle doch niemand sehen, meinten sie. Warum etwas verändern, das erfolgreich ist?

»Danke, aus!«

Saliah und ich lösen uns voneinander, und ich sehe zur Regisseurin hinüber. Sie nickt zufrieden. Erleichtert atme ich auf, denn damit war das die letzte Aufnahme für heute.

»Und, was hast du noch so vor?«, will Saliah wissen, als um uns herum die Crew-Mitglieder den Weichstrahler abbauen und die Kamera vorsichtig in einer gepolsterten Kiste verstauen.

»Nichts«, entgegne ich. Wir verlassen das Set und machen uns zusammen auf den Weg in die Maske, um uns umzuziehen.

»Das kann ich mir kaum vorstellen.« Sie zwinkert mir zu. »Ein paar von uns gehen noch was trinken, kommst du mit?«

Normalerweise bin ich gern dabei, wenn sich das Team nach einem langen Drehtag verabredet, doch zum einen bin ich heute nicht in Stimmung, und zum anderen habe ich so das leise Gefühl, ich könnte Saliah falsche Signale senden, wenn ich ihr jetzt zusage.

Schon bevor sich unsere Rollen dank der engagierten Drehbuchautoren angenähert haben, hat sie nicht lockergelassen und wollte mich ständig überreden, mit ihr auszugehen. Zugegeben, ich bin nicht ganz unschuldig an dieser Situation, denn nach einer durchzechten Nacht sind wir vor zwei Monaten zusammen im Bett gelandet. Das sieht mir eigentlich nicht ähnlich, und umso weniger möchte ich weiter dazu beitragen, dass sie sich Hoffnungen macht.

»Nein, ich hau mich gleich aufs Ohr«, lehne ich entschieden ab.

»Ach, komm schon«, versucht sie mich zu überreden. »Wir gehen alle.« Doch ihr Blick sagt mir, dass sie mit alle nur sich selbst meint.

Eigentlich müsste ich mit ihr reden, ihr erklären, dass sich unsere Nacht nicht wiederholen, sondern für immer ein One-Night-Stand bleiben wird. Das wäre fair – aber damit würde ich für eine Konfrontation sorgen, die sich durch die nächsten Wochen ziehen und das Arbeiten vor der Kamera umso schwerer machen würde. Also lasse ich es bleiben, auch wenn mein Gefühl etwas anderes sagt.

Ich schüttle den Kopf. »Heute nicht, beim nächsten Mal dann wieder.«

»Ich nehm dich beim Wort«, sagt sie leicht schmollend, als wir vor dem Wohnwagen ankommen, in dem sich die Maske befindet.

»Jonas?«, höre ich da eine Stimme hinter mir.

Erleichtert, dem Gespräch zu entkommen, drehe ich mich um. Ich verabschiede mich mit einem halbherzigen Winken von Saliah, während mir die Aufnahmeleiterin Jillian mit schnellen Schritten entgegenkommt.

»Du hast dein Handy vergessen.« Jill reicht mir mein Mobiltelefon, das ich ihr während des Drehs anvertraut hatte.

Ich runzle die Stirn. »Wolltest du es mir nicht vorhin einfach in meinen Wohnwagen legen?«

Sie lächelt ertappt und streicht sich ihre weinrot gefärbten Haarsträhnen aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst haben. »Ich möchte noch kurz mit dir reden.«

Jetzt bin ich neugierig. »Klar, schieß los.«

»Irgendwie hab ich das Gefühl, dass du zurzeit nicht so ganz bei der Sache bist«, fängt sie an. »Gibt's irgendwas, über das du reden möchtest?«

Ich zögere kurz. »Nein, passt alles«, sage ich dann.

»Wirklich?« Jill zieht ihre rechte Augenbraue hoch.

»Ja. Das heißt ... nein.« Ich winke ab, denn es hat ohnehin keinen Zweck, ihr etwas vorzumachen. Dazu kennt sie mich inzwischen zu gut. »Aber es ist immer das gleiche verdammte Thema. Ich will dich nicht langweilen, also ...« Ich lasse den Satz in der Luft hängen.

»Wir können uns gern noch mal zusammensetzen.« Im Gegensatz zu Saliah geht es Jill nicht um ein romantisches Date, sondern um unsere Freundschaft.

Ich lächle. »Ein andermal, okay?«

»Bist du sicher?«, fragt sie, und ihre grünen Augen beobachten mich skeptisch.

»Jap, bin ich«, versichere ich ihr. »Aber danke trotzdem.«

Ihre Hand fährt plötzlich hoch zum Headset, über das das Team während des Drehs in Kontakt bleibt. »Okay, mach ich«, sagt sie zu niemand Bestimmten und sieht dann wieder zu mir. »Ich muss los. Wir sehen uns morgen.«

Ich schaue Jill nach, wie sie eilig in die Richtung verschwindet, aus der sie gekommen ist.

Dann folge ich Saliah und springe die wenigen Stufen zur Maske empor, um die Tonnen an Puder, die mir während des Drehs verpasst wurden, wieder loszuwerden.

Als ich zwanzig Minuten später die Garderobe betrete und mich an einem Schauspielkollegen und dem Kostümbildner vorbeiquetsche, um zu meiner Kleiderstange zu gelangen, werfe ich zum ersten Mal einen Blick auf mein Handy. Drei Anrufe in Abwesenheit. Alle von meinem Vater. Ich weiß genau, weshalb er mit mir reden will, und stöhne genervt, während ich das Telefon auf einen Hocker lege und mir das feine Leinenhemd aufknöpfe. Keine Frage, wer heute Abend vor meiner Wohnungstür stehen wird, um mir den Feierabend zu versauen. Das werde ich mit einem Rückruf nicht ändern können.

Beim Umziehen überlege ich, wie ich bei meinem Vater das leidige Thema ansprechen soll, das jedes Mal in einem Streit endet. Ich habe es schon zigmal versucht, aber er ist ein alter Sturschädel, der ganz plötzlich taub wird, wenn ihm etwas nicht passt. Ich hasse es, wenn er mir nicht zuhört, und genauso hasse ich es, dass er damit ganz bewusst verhindert, dass ich endlich das mache, was ich wirklich will: mich weiterentwickeln und endlich wieder Spaß am Schauspielern haben.

Wie lange soll ich denn noch Teil dieser endlosen Streaming-Serie Reset sein, die Staffel für Staffel unglaubwürdiger wird? Nach drei Jahren war mein Charakter mittlerweile mit fast jeder weiblichen Rolle mindestens einmal zusammen, es gab Intrigen, Mordverwickelungen und in jeder Folge mindestens eine Superreichen-Party mit überteuerten schicken Kostümen und Skandalen. Die Geschichte ist schon längst auserzählt, jedenfalls meiner Meinung nach. Aber die will leider niemand hören. Vor allem nicht mein Vater.

Es ist nicht so, dass ich nicht dankbar bin. Als ich mit sechzehn die Hauptrolle ergattert habe, hatte ich nicht die geringste Ahnung, wie groß die Sache werden würde. Reset ist nicht nur in Deutschland bekannt, sondern feiert inzwischen auch international große Erfolge. Über Nacht bin ich durch diese Serie ein gefragter Schauspieler geworden, dem die Angebote fast nachgeschmissen...

Erscheint lt. Verlag 25.2.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Bavaria • Bücher ab 14 Jahren • Celebrities • DELIA-Literaturpreis 2023 • fake dating • fake relationship • Familie • Famous/Non-Famous • Filmset • Freundschaft • Friends to Lovers • Jonas • Junge Erwachsene • Kamera • Leni • München • Netflix • one bed • Praktikum • Reset • Scheinbeziehung • Seriendreh • Setrunner • Shortlist • Studium • YA • Young Adult
ISBN-10 3-7517-1841-9 / 3751718419
ISBN-13 978-3-7517-1841-7 / 9783751718417
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