A Whisper of Stars (eBook)
480 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99772-0 (ISBN)
Tami Fischer ist doppelte Waage und wurde 1996 in Hessen geboren. Sie lebt für romantische und fantastische Literatur und hat seit ihrer Kindheit eine Schwäche für den Sternenhimmel. Ihr Bestseller 'Burning Bridges' erlangte Gold beim Lovelybooks Leserpreis 2019 in der Kategorie 'Deutschsprachiges Debüt'. Sie ist gelernte Buchhändlerin, hat eine Leidenschaft für Videospiele und bloggt auf Instagram @tamifischer über ihren kreativen Alltag.
Die deutsche Bloggerin und Buchhändlerin Tami Fischer erlangte bereits vor ihrer Karriere als Schriftstellerin große Bekanntheit. Auf YouTube und Instagram berichtet sie seit Langem über verschiedene Themen wie Bücher, Lifestyle oder ihre liebsten Kerzen für den Herbst und das ganze Jahr. Ihr Debüt "Burning Bridges" erschien im Oktober 2019.
2. Kapitel
»Verdammt«, zischte ich, als Finn zu mir an den Rand der Klippe gerobbt kam. »Wir sind schon wieder zu spät dran!«
»Pscht!«, machte er und warf mir durch das Farngestrüpp einen warnenden Blick zu. »Wenn dich ein Springer hört, war’s das für uns.«
»Ist doch egal«, flüsterte ich und kroch näher an den Klippenrand. Der Gesteinsboden war scharfkantig und grub sich in meine Handballen, was mich wieder fluchen ließ – diesmal leiser. Die Luft war kühl und die rote Morgensonne erklomm gemächlich den Horizont. Eine salzige Brise wehte über Hawaikis Küste und rauschte in den Farnpalmen.
Tief unter uns in der Geisterbucht hing ein gigantisches hölzernes Schiff zwischen zwei Felsen, die aus dem leuchtend blauen Wasser ragten. Das Schiff hatte große, weiße Segel und wirkte einsatzbereit. Kein Wasser auf Deck zu sehen und die Fässer, die gerade nach und nach von Springern weggeschafft wurden, standen gerade und ordentlich an Bord. Das Schiff sah nicht so aus, als wäre es durch einen Sturm gefahren oder als gehörte es hierher, genau wie die anderen drei in der Bucht. Sie alle wirkten fehl am Platz.
Egal wie viel Mühe Finn und ich uns gaben, egal wie lange wir die Geisterbucht beobachteten, es waren stets neue Schiffe dort unten, wann immer wir zurückkehrten. Nie sahen wir den Wechsel.
Finn brummte leise. »So egal kann es dir gar nicht sein. Du bist es doch, die unbedingt zu denen da unten gehören will.«
»Tu nicht so, als würdest du das nicht auch wollen«, flüsterte ich und warf Finn einen finsteren Blick zu. Die Springer waren eng mit unserem Glauben verbunden, traditions- und pflichtbewusst, was ihnen jede Menge Ansehen einbrachte. Aber überwiegend waren es fanatische, hochmütige, arrogante Mistkerle, die zu viel Rum tranken und glaubten, ihnen gehörte die Insel. Besonders die jüngeren Springer waren Idioten. Es war schwer, etwas zu lieben und regelrecht davon besessen zu sein, wenn jeder ein großkotziger Arsch war, der offiziell damit in Berührung kommen durfte. Bis auf meinen Vater verachteten wir sie so ziemlich alle, denn nur die Springer nahmen es sich heraus, Kinder der Ältestenfamilien zu schikanieren. Alle anderen ersparten, vor allem Finn, die körperlichen Qualen. Ich war nur eine Frau, deshalb schlugen sie mich nicht. Vermutlich bekam Finn deshalb oftmals so viel ab – weil er zwei Portionen Schläge einstecken musste. Es waren die Springer, die Finn verprügelten, uns in den Nacken spuckten oder uns öffentlich verspotteten. Ein Teil von ihnen zu werden, würde uns zwar endlich Freiheit schenken, etwas, was wir ansonsten nie erhalten würden, jedoch bedeutete es auch, dass wir vermutlich ein Leben lang mit ihrer Quälerei auskommen mussten.
Mein Wunsch zu entfliehen war größer. Ich sehnte mich so sehr nach all dieser Selbstbestimmung und Macht, dass es mir jede Qual wert wäre. Es gab nichts, wovon ich mehr träumte, als Hawaiki endlich verlassen zu können, um den Rest der Welt zu entdecken. Bis auf Finn gab es niemanden, der diesen Traum teilte. Die Aussicht, ein Teammitglied meines Vaters zu werden, der einen Springertrupp leitete, sah ohnehin nicht rosig aus. Springerinnen gab es zudem nicht. Das hatte man mir schon mehr als einmal deutlich zu verstehen gegeben. Und dennoch wollte ich diesen Traum nicht aufgeben.
»Mit einer Sache hast du recht«, murmelte Finn. »Ich kann nicht fassen, dass wir wieder den richtigen Moment verpasst haben, den Wechsel der Wracks mitzuerleben. Wie kann das sein?«
»Vielleicht sollten wir ein für alle Mal aufgeben. Du weißt doch, was Nana und Toka immer sagen: Die Sterne und die Geister unserer Ahnen …«
»… gaben uns ein Wunder«, beendete Finn den Satz mit einem ironischen Lächeln. »Und Wunder hinterfragt man nicht. Man soll dankbar für sie sein und Demut zeigen.«
»Öffne dein Herz und deine Seele für die Mächte, die unser Land gesegnet haben!«, ahmte ich Nanas Stimme leise nach, ehe wir lachten.
Ein herzhaftes Gähnen entwich mir. »Jede Wette, dass die Trottel da unten wieder die besten Dinge übersehen. Was, wenn wieder Dutzende Karten und Bücher an Bord sind?«
»Liv, du weißt, dass wir daran nichts –«
»Aber es ist unfair!«, zischte ich aufgebracht. »Wenn ich eine von ihnen wäre, würde ich alle Bücher einsammeln und eine Bilothek anlegen.«
»Bibliothek«, korrigierte mich Finn. »Ich glaube, man nennt es Bibliothek. Und was willst du dann machen? Niemand außer uns wird die Bücher lesen.«
»Wir werden es schon schaffen, andere zu überzeugen.«
Er hob eine Augenbraue. »Wir konnten nicht einmal deine Schwester überreden. Sie glaubt, wir sind verflucht.«
Ein Lachen entfuhr mir und ich verdrehte die Augen. »Du kennst sie doch. Jasmine ist zu fromm. Wir könnten Hana überreden.«
»Hana ist noch viel demütiger als Jasmine.«
»Aber Hana liebt dich und würde dir zuliebe sogar zuhören.«
Er legte die Stirn in Falten. »Es ist schwer genug, dass ich aussehe, wie ich aussehe. Wenn sie herausfindet, dass ich nicht an die alten Überlieferungen glaube, Bücher lese – und überhaupt lesen und schreiben kann, so wie eine Frau – und auch noch Springer werden möchte, wird sie nie wieder ein Wort mit mir reden. Das wäre zu viel, selbst für sie.«
»Das glaubst du?«, fragte ich und runzelte die Stirn. Eigentlich mochte ich Hana. Jeder mochte Hana. Sie war freundlich, hatte ein großes Herz und sah ganz nebenbei auch noch fabelhaft aus. Vermutlich gab es niemanden, der sie nicht mochte. Sie und Finn waren schon immer das perfekte Paar gewesen. Ein wenig langweilig, aber perfekt.
»Nein, Liv, das glaube ich nicht, das weiß ich. Ich kenne Hana. Ich weiß, wie sie denkt und wovon sie überzeugt ist.«
Ich stieß ein frustriertes Stöhnen aus und begann, rückwärts zu krabbeln. »Irgendwann wirst du ihr die Wahrheit sagen müssen, Finn. Und wenn sie dich wirklich liebt, wird sie es verstehen.«
Wir befreiten uns aus dem Gestrüpp und klopften den Dreck von unseren Händen und Knien. Mein Knöchel pulsierte noch immer, aber der Schmerz war erträglicher geworden.
Finn grinste mich schief an. »Lass mich raten, du hast schon wieder eine von diesen seltsamen Liebesgeschichten gelesen.«
Ich spürte, wie sich Hitze auf meinen Wangen ausbreitete. »Also in erster Linie ging es in dem Buch um einen Mordfall. Die Liebesgeschichte war nebensächlich. Was tut das zur Sache?«
»Was du da liest, hat nichts mit Liebe zu tun, Olivia. Liebe hat mit Verantwortung und Rücksicht zu tun. Und es liegt in meiner Verantwortung, Hana zu beschützen. Deshalb werde ich ihr niemals etwas von unseren Hirngespinsten verraten.«
Ich zuckte zurück, als hätte er mir einen Schlag verpasst. »Hirngespinste?«, wiederholte ich leise. »Jetzt nennst du das auch schon so?«
Finn zuckte mit den Schultern und wich meinem Blick aus. »Wenn wir wirklich Springer werden wollen, dürfen wir nicht mehr über die Stränge schlagen.«
Ungläubig starrte ich meinen besten Freund an, dann verpasste ich ihm auch schon einen Klaps gegen den Arm. »Bei den Sternen, Finnley, du bist so ein Idiot! Gestern erst warst du in der Bucht und hast dort Dinge gestohlen – ich glaube dir kein verfluchtes Wort!«
Murrend fuhr er sich durch die hellblonden Haare. »Na schön, ja, das stimmt. Regeln befolgen liegt nicht in meiner Natur. Aber gute Absichten haben ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung, oder?«
Ich schnaubte leise. »Du solltest vielleicht dagegen ankämpfen, wenn wir wenigstens die Chance bekommen wollen, Springer zu werden.«
Plötzlich erklang schallendes Gelächter – doch es stammte weder von Finn noch von mir.
Wir fuhren vor Schreck zusammen und wirbelten herum. In den Büschen knackte es und mehrere Gestalten traten hervor.
»Oh nein«, murmelte ich und stöhnte auf. Der heutige Morgen wurde ja immer besser.
Drei Männer traten aus dem Dickicht, durch das es in Richtung Straße ging, und es waren Männer, auf die ich gerade getrost verzichten konnte: Nikau, José und Tangaroa.
Wie die meisten Springer trugen sie Kleidung, die sie vor den scharfkantigen Klippen schützte und dennoch beweglich hielt – auch wenn ich es ihnen nicht abkaufte. Sie wollten nur die Hafenarbeiter auf dem Schwarzmarkt in Los Angeles imitieren, zumindest hatte mir das mein Vater verraten – und er war schon öfter in Los Angeles gewesen.
Die drei Springer waren große, bärenhafte junge Männer. Ihre dunklen, gelockten Mähnen waren zu Haarknoten gebunden oder unter Strickmützen gesteckt. Sie trugen blaue Jeanshosen, ganz ohne Löcher, Nikau ein schwarzes Gewand aus Wolle – einen Pullover –, das sogar seinen Hals umschloss, und José und Tangaroa trugen karierte, dunkle Hemden, die an der Brust zugeknöpft waren. Ihre Gesichter waren von Dutzenden Taotus geschmückt: schwarze Linien und Muster, die in narbigen Erhebungen von Herkunft, Status und Familienrang erzählten. Die traditionellen Verzierungen begannen am rechten Ohr, verliefen über das Kinn und verschwanden unter ihrer Kleidung, wo sie ihre linke Schulter und den gesamten linken Arm umschlossen, wie es seit Anbeginn bei den Springern gehandhabt wurde.
Besonders Nikau war von den Linien bedeckt. Er war nicht nur Springer, sondern auch der Sohn unseres Chiefs und würde vermutlich bald seine eigene Springertruppe leiten, obwohl er gerade erst zwanzig Jahre alt war. Er war ziemlich hohl in der Birne, aber im Grunde harmlos. Sein gesamter Körper war übersät von den heiligen Zeichen, und er war mindestens ebenso arrogant wie gut aussehend. Nikau gehörte zu den Springern, die Finn und mich nie verletzt...
Erscheint lt. Verlag | 1.3.2021 |
---|---|
Reihe/Serie | A Whisper of Stars | A Whisper of Stars |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre | |
Schlagworte | auftakt • Band 1 • Bermuda Dreieck • Bermuda-Dreieck • Buch • Bücher • burning bridges • Contemporary Fantasy • Elemente • Fantasy • Feuer • Fletcher University • Hiding Hurricanes • Insel • Jènnye • Junge Erwachsene • LIV • Luft • Magie • Maori • Serie • sinking ships • Spiegel Bestseller Autorin • Sterne • Sternenstaub • Trilogie • Wasser • Wind • YA • Young Adult • Zone |
ISBN-10 | 3-492-99772-4 / 3492997724 |
ISBN-13 | 978-3-492-99772-0 / 9783492997720 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 3,8 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich