Ich, Merlin, und die furchtlosen Ritter (eBook)

Geschichte witzig und originell erzählt ab 10
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2020 | 1. Auflage
240 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-43711-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ich, Merlin, und die furchtlosen Ritter -  Frank Schwieger
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Merlin, Artus & Co. berichten live von ihren sagenhaften Abenteuern Wie war das Mittelalter wirklich? War es so abenteuerlich und bunt, wie wir es uns vorstellen? Der weise Merlin gibt Antworten auf Fragen, die wir uns schon immer gestellt haben: Wie hat es ausgerechnet der junge Artus geschafft, das berühmte Schwert Excalibur aus dem Stein zu ziehen? Warum badet der mutige Siegfried in Drachenblut? Wie lief ein Ritterturnier ab? Wie kam Prinzessin Isolde dazu, einen Schluck des Zaubertranks zu trinken?

Frank Schwieger taucht am liebsten in ferne Vergangenheiten ab, wenn er Kinderbücher schreibt. Er studierte Latein und Geschichte und unterrichtet an einem Gymnasium in Schleswig-Holstein.

Frank Schwieger taucht am liebsten in ferne Vergangenheiten ab, wenn er Kinderbücher schreibt. Er studierte Latein und Geschichte und unterrichtet an einem Gymnasium in Schleswig-Holstein.

Dies ist meine Geschichte:


Die Menschen erzählen viel über mich: Merlin, so sagen sie, ist ein mächtiger Zauberer, der dich ruckzuck in eine runzlige Kröte verwandeln kann. Oder in eine haarige Spinne. Nein, erwidern andere, er ist einer von den weisen Druiden aus der Zeit der alten Römer, der sich auf allerlei Heilkünste versteht. Stimmt nicht, halten wieder andere dagegen. Merlin ist ein großer Hexenmeister, vielleicht sogar der Teufel persönlich, der dich geradewegs in die Hölle jagt, wenn du dich nicht von ihm fernhältst. So ein Unsinn, rufen dann andere. Merlin ist ein Herr des Feenvolks. Er stammt von der Nebelinsel Avalon und wandelt schon seit vielen Jahrhunderten auf dieser Welt, um den Menschen zu helfen, wo er nur kann.

Wer ich wirklich bin? Tut mir leid, das kann ich dir nicht verraten, das musst du selbst herausfinden, solltest du mich einmal treffen. Du lachst? Das solltest du besser nicht tun! Denn eines kann ich dir verraten: Ich bin alt. So alt, wie du es dir nicht vorstellen kannst. Ich bin der, der war, der ist und der sein wird. Und der dafür gesorgt hat, dass du dieses Buch in den Händen hältst. Ja, das ist wahrlich kein Zufall, wie du vielleicht gedacht hast. Aber mehr kann ich dir wirklich nicht verraten. Doch genug von mir.

Ich will dir von Britannien erzählen und von seinem König. Uther Pendragon waren sein Name. Er war ein machtsüchtiger, rücksichtsloser Mann, der seine Herrschaft gnadenlos ausübte. Die Ritter und die Edelleute, auch die Bauern und die kleinen Händler und Handwerker waren ihm völlig egal. Das Einzige, was Uther Pendragon interessierte, waren seine Macht und sein Reichtum und wie er beides vergrößern und vermehren konnte. Er hatte so ziemlich alles, was ein König sich wünschen kann: eine große Burg, eine prall gefüllte Schatzkammer, fruchtbare Felder, die fleißige Bauern für ihn bestellten. Aber eines hatte er nicht: eine Frau. Und somit auch keinen Sohn, keinen Nachfolger, der seinen Thron einst übernehmen könnte. Das ärgerte König Uther gewaltig. Bisher war es ihm nicht gelungen, ein hübsches Edelfräulein oder eine bezaubernde Prinzessin an seinen Hof zu locken. Die Väter all der vornehmen heiratsfähigen jungen Damen weigerten sich nämlich beharrlich, ihre Töchter diesem König Gnadenlos zu übergeben. Ich konnte sie gut verstehen.

Ich war damals häufig in König Uthers Nähe und versuchte stets, das Schlimmste zu verhindern. Was mir auch meistens gelang. Wahrscheinlich hätte Uther erheblich mehr Kriege geführt, weitaus mehr Bauern ausgeplündert oder ermordet, wenn ich ihn nicht auf andere Gedanken gebracht hätte. Irgendwann fasste ich den Entschluss, der nächste König Britanniens müsse ein besserer Mann sein als Uther Pendragon. Doch dafür musste ich sicherstellen, dass dieser auf keinen Fall an Uthers Hof erzogen werden würde, denn sonst würde er nämlich ein genauso schlimmer König werden wie Uther. Lange hatte ich keine Idee, wie ich das anstellen sollte, doch als sich König Uther wieder einmal in eine junge Dame verliebte, hatte ich endlich einen Plan.

Diese junge Dame war die schöne Igraine. Dummerweise war Igraine verheiratet – mit Gorlois, dem Herzog von Cornwall. Aber das war König Uther vollkommen egal. Er hatte sie auf einem Fest kennengelernt, das er an seinem Hof veranstaltet hatte, und sich auf den ersten Blick bis über beide Ohren in die schöne Frau verliebt. Auf dem Fest flirtete er mit Igraine, was das Zeug hielt. Er wollte ihr sogar einen goldenen Becher schenken. Als Herzog Gorlois das mitbekam, zog er seine Frau wütend aus dem Festsaal und reiste noch in der Nacht zurück nach Cornwall. So eine Unverschämtheit konnte er sich nicht gefallen lassen, nicht einmal von seinem König. Auch Igraine war dieser verliebte König Uther reichlich unangenehm. Und sie war froh, als ihr Mann zusammen mit ihr das Fest wutschnaubend verließ.

Doch Uther ließ nicht locker, er wollte Igraine unbedingt haben. Und dass er mir vertraute, musste ich ausnutzen. Zum Wohle Britanniens.

An diesem Tag ging König Uther unruhig in seinem Thronsaal auf und ab. Ich saß auf einem Schemel vor einem Fenster. Uther blieb mit hochrotem Kopf vor mir stehen.

»Merlin, du musst mir helfen«, rief er. »Ich muss Igraine haben. Sie oder keine.«

»Und darum hast du einen Krieg angezettelt, nicht wahr?«, fragte ich. »Du hast deine Ritter nach Cornwall geschickt, auf dass sie Igraines Mann, Herzog Gorlois, töten. Seit Wochen sterben deine Männer und die Männer des Herzogs. Und das nur wegen deiner Gelüste, König Uther.«

»Papperlapapp!« Der König wischte meine Kritik mit einer Handbewegung beiseite. »Sie kämpfen für ihren König. Schließlich geht es um die Zukunft Britanniens.«

»So kann man das auch sehen«, sagte ich und stand auf. »Aber ich habe eine Idee, wie wir das Ganze abkürzen und viele Leben retten können.«

»Raus mit der Sprache, Merlin!«

»Ich werde dir die Gestalt des Herzogs verleihen. So verwandelt, kannst du gefahrlos durch das Tor seiner Burg Tintagel ziehen. Dort hält sich die schöne Igraine auf. Niemand wird Verdacht schöpfen, wenn du in den Burghof reitest. Auch Igraine nicht. Den Rest musst du dann selbst erledigen.«

»Das würdest du tun?« König Uther rieb sich voller Vorfreude die Hände. Ich konnte meinen Widerwillen nur mit Mühe verbergen.

»Ja, das würde ich«, sagte ich. »Doch ich verlange einen Preis für meinen Dienst. Du gibst mir das Kind, das Igraine dir schenken wird.«

»Moment mal!«, wandte Uther ein. »Dieses Kind soll mein Nachfolger werden. Seit wann interessierst du dich für Babys, weiser Merlin?«

Oh, ich hätte dieses Großmaul am liebsten in einen dicken Ochsenfrosch verwandelt. Doch ich musste mich beherrschen, schließlich ging es um Britanniens Zukunft.

»Diesem Kind ist eine große Zukunft bestimmt«, erklärte ich. »Ich möchte es im Auge behalten, wenn es heranwächst. Auf der Königsburg drohen ihm zu viele Gefahren.«

»Also gut«, stimmte Uther zu und runzelte die Stirn. »Die Sache ist abgemacht. Ich verbringe eine Nacht mit der schönen Igraine. Dafür kannst du ihr erstes Kind haben. Die folgenden Kinder werden dann aber an meinem Hof erzogen.«

Ich nickte. Der König war auf meinen Trick hereingefallen.

Mein Plan ging auf. Mit allerlei Zauberei (ich kann dir natürlich nicht verraten, wie genau ich das anstellte) verlieh ich König Uther noch in der Nacht die Gestalt des Herzogs. Am nächsten Tag brach er mit einigen Rittern auf zur Burg Tintagel. Igraine merkte zunächst nichts von dem Betrug. Sie ließ ihren vermeintlichen Ehemann in die Burg und in ihr Schlafgemach und empfing in derselben Nacht ein Kind. Am nächsten Morgen war König Uther schon vor Sonnenaufgang wieder verschwunden. Doch als Igraine dann gemeldet wurde, dass ihr Mann schon vor zwei Tagen auf dem Schlachtfeld gefallen war, tödlich verwundet durch einen verirrten Pfeil, da ahnte sie, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein konnte. Sie war verzweifelt und verwirrt und todtraurig über den Verlust ihres Mannes.

Kurz darauf zog König Uther siegreich in die Burg Tintagel ein. Ich ritt an seiner Seite. Igraines Augen waren rot und geschwollen vom vielen Weinen, als sie ihn durch das Tor kommen sah. Notgedrungen musste sie ihn empfangen. Als Uther ihr erzählte, dass er es gewesen war, der in jener Nacht ihr Schlafzimmer betreten hatte, schäumte Igraine vor Wut – vor allem als Uther dann auch noch die Frechheit besaß, um ihre Hand anzuhalten, und ihr versprach, sich gut um sie zu kümmern. Auch mir warf sie einen bitterbösen Blick zu, denn Uther prahlte damit, wie der große Zauberer Merlin ihm geholfen und sein Aussehen in das von Herzog Gorlois verwandelt hatte.

Fast ein ganzes Jahr lang weigerte sich Igraine, den Antrag des Königs anzunehmen. Ich besuchte sie mehrmals und musste all meine Überzeugungskraft (und den ein oder anderen Zaubertrick) aufwenden, um sie zu einem Ja zu bewegen. Zum Glück konnte ich sie auch davon überzeugen, mir das Kind zu überlassen, das in ihrem Bauch heranwuchs. Ich versprach, ihr Sohn würde ein weiser und angesehener König werden – der beste König, den Britannien je haben würde. Und sie stimmte mir zu, dass er dafür auf keinen Fall an Uthers Hof aufgezogen werden dürfe. Als sie den Jungen auf die Welt gebracht hatte, übergab sie ihn mir noch am selben Tag. Die Tränen standen ihr in den Augen, als sie mir das in ein warmes Tuch gewickelte Baby in die Arme legte.

»Er soll Artus heißen«, flüsterte sie mit schwacher Stimme. »Pass gut auf ihn auf, Merlin!«

»Das werde ich tun, Igraine«, sagte ich voller Bewunderung für diese tapfere Frau.

Ich nahm das Baby und brachte es nach Wales.

Dort lebten der ehrenwerte Ritter Sir Ector und seine Frau Enid. Diese hatte ein knappes Jahr zuvor einem Jungen das Leben geschenkt, der auf den Namen Kay getauft worden war. Ich kannte Ector und Enid und schätzte sie sehr. Sie waren ehrliche und anständige Menschen. Ich bat sie, den kleinen Artus wie ihren eigenen Sohn aufzuziehen.

»Doch erzählt ihm auf keinen Fall, dass er ein Pflegekind ist!«, schärfte ich ihnen beim Abschied ein. »Wenn die Zeit reif ist, wird alles offenbart werden. Ihr tut ein gutes Werk für Britannien, wenn ihr Artus zu einem edlen Menschen erzieht.«

Sir Ector und Lady Enid wunderten sich sehr über meine Worte. Aber sie kannten mich und wussten, dass man besser keine Fragen stellte, wenn der weise Merlin so geheimnisvoll daherredete.

Fünfzehn Jahre später war Uther Pendragon tot. Irgendjemand...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2020
Reihe/Serie Geschichte(n) im Freundschaftsbuch-Serie
Geschichte(n) im Freundschaftsbuch-Serie
Illustrationen Ramona Wultschner
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Abenteuer • Abenteuergeschichte • Artus • Artussage • Beowulf • Camelot • Drachen • Erzählendes Sachbuch • Europäische Sagen • Excalibur • Freundschaftsbuch • Geschichte für Kinder • Jeanne d' Arc • kinder beschäftigung • Kinderbuch • Kinderbuch Geschichte • kurzer Roman für Kinder • LESEMUFFEL • Merlin • Mittelalter • Nibelungen • Ritter • Ritterturnier • Robin Hood • Sachbuch für Kinder ab 10 Jahren • Siegfried • spannendes Buch für Kinder • Till Eulenspiegel • Tristan und Isolde • Wenigleser • Zaubertrank
ISBN-10 3-423-43711-1 / 3423437111
ISBN-13 978-3-423-43711-0 / 9783423437110
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