Carlsen Klartext: Extremismus (eBook)

Preisgekröntes Sachbuch für Jugendliche: Wie Extremismus entsteht und in welchen Formen er auftritt - die komplexen Zusammenhänge einfach vermittelt
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2018 | 1. Auflage
176 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-92821-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Carlsen Klartext: Extremismus -  Anja Reumschüssel
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*** Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis als bestes Sachbuch *** Extremistische Anschauungen gibt es in vielen Bereichen: in Politik- und Religionsfragen, aber auch zu gesellschaftlichen Themen. Doch wann sprechen wir tatsächlich von Extremismus und wann von »extremen Ansichten«? Wie entsteht Extremismus und welche Arten gibt es? Können wir Extremismus bewerten - gibt es »positiven« Extremismus? Anja Reumschüssel gibt klare Antworten und stellt die Geschichte des Extremismus - in Deutschland und im Ausland - kompakt dar. Übersichtlich gegliedert, demonstriert ihr Buch die verschiedenen extremistischen Ausrichtungen und zeigt Maßnahmen auf, extremistischen Handlungen entgegenzuwirken. Die hochgelobten Bücher der Carlsen-Klartext-Reihe bringen aktuelle Themen aus Gesellschaft und Politikauf den Punkt - kritisch, klug und kenntnisreich. Dadurch empfehlen sich die Bände als Unterrichtsmaterial ebenso wie als Begleitlektüre.  Zudem in der Carlsen Klartext-Reihe erschienen: »Feminismus« »Populismus« »Fake News« »Klima- und Umweltschutz« »Schule und dann? Berufsfindung« '(...) dank klarer Sprache, klug gewählter und sorgfältig recherchierter Beispiele (...), bringt ihr Text ausgesprochen komplexe Zusammenhänge auf den Punkt.' (Amnesty International)

Anja Reumschüssel, geboren 1983, arbeitet als Autorin und Reporterin in Deutschland und weltweit. Sie hat Publizistik, Soziologie und Theologie studiert, die renommierte Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg absolviert und längere Zeit in Israel gelebt und recherchiert. Als freie Journalistin schreibt und produziert sie Videos, unter anderem für den STERN, GEO Wissen, ze.tt und Spiegel Online. Für ihr Jugendsachbuch über 'Extremismus' wurde sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Nach weiteren ebenfalls hochgelobten Sachbüchern für Jugendliche erscheint mit 'Über den Dächern von Jerusalem' ihr erster Roman.

Anja Reumschüssel, geboren 1983, arbeitet als Autorin und Reporterin in Hamburg und weltweit. Sie hat Publizistik, Soziologie und Theologie studiert und war an der renommierten Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg. Als freie Journalistin schreibt und produziert sie Videos, unter anderem für den STERN, GEO Wissen, ze.tt und Spiegel Online. Nach dem hochgelobten und mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichneten Buch über "Extremismus" ist "Klima- und Umweltschutz" bereits ihr zweites Buch in der Klartext-Reihe.

KAPITEL DREI


Eine kurze Geschichte des modernen Extremismus


Widerstand gegen Staatsformen, in denen alle Bürger bei politischen Entscheidungen mitreden dürfen, gab es schon immer. Die Wurzeln der modernen Demokratie liegen in der Antike, also im alten Griechenland und im römischen Imperium. Damals debattierten Philosophen und Gelehrte – etwa Aristoteles und Platon – über die gerechtesten Herrschaftsformen, und die Demokratie war nur eine davon. Sie waren sich noch nicht einig darüber, ob eine Mitbestimmung aller Bürger (zu denen damals allerdings weder Frauen noch Sklaven zählten) wirklich die beste Herrschaftsform sei. Kritiker der Demokratie betonten, dass eine Autokratie, also die Herrschaft einer einzelnen Person oder einer kleinen Gruppe, gerade in Kriegszeiten praktischer sei, wenn schnelle Entscheidungen getroffen werden müssten. Die Antike war eine Zeit politischer Experimente, vieler Umbrüche und ständiger Wechsel zwischen Herrschaftsformen.

Den Extremismus, wie wir ihn heute verstehen (s. S. 19, Kaptiel zwei – Was ist Extremismus), gibt es frühestens seit dem 18. Jahrhundert, als in Europa und den USA die ersten modernen Demokratien entstanden. 1689 unterzeichnete Wilhelm III. in England die Bill of Rights, die dem Parlament wichtige Rechte zusicherte und zum ersten Mal Bürgerrechte formulierte. Genau einhundert Jahre später verkündeten die französischen Revolutionäre in Paris die Menschenrechte. In den USA erklärten sich die europäischen Siedler 1776 für unabhängig und entwarfen in den darauf folgenden Jahren mehrere Verfassungen für einzelne US-Staaten.1 Und auch wenn es die damaligen Politiker und Revolutionäre in Europa und den USA zunächst nicht schafften, funktionierende Demokratien zu errichten – der Weg hin zu den ersten demokratischen Verfassungsstaaten mit allgemein gültigen Menschenrechten in der westlichen Welt war betreten.

Im 19. Jahrhundert entstanden in den arabischen Ländern die ersten anti-westlichen Strömungen. Sie richteten sich gegen die Kolonialpolitik der Europäer, vor allem der Franzosen und Briten, die weite Teile der arabischen Welt besetzt hielten. Um ihre Macht zu festigen, führten die Besatzer ihr eigenes Rechts- und Gesellschaftssystem ein. Das islamische Recht wurde für ungültig erklärt. Viele Muslime fühlten sich dadurch gedemütigt. Islamische Gelehrte verkündeten, dass der Islam nicht mit den Werten und dem gesellschaftlichen und politischen System der Kolonialmächte vereinbar sei. Außerdem sahen sie die Ursache für den wirtschaftlichen und technischen Rückstand der muslimischen Länder darin, dass die Muslime nicht mehr dem »wahren Islam« anhingen. Denn – so glaubten sie – die westlichen Mächte konnten die muslimischen Länder nur unterwerfen, weil die Muslime ihrem Glauben untreu geworden waren und sich dem Westen angepasst hatten. Im Zuge dieser Debatten und Lehren entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die ersten islamistischen Gruppierungen. In Ägypten gründete sich die Gruppe der Salafisten, die heute auch in Deutschland bekannt ist und Werbung für eine sehr strenge Form des Islam macht.2 Sie fordern, dass Muslime ihren Glauben wieder so leben sollen, wie es zur Zeit des Propheten Mohammed üblich war.

Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Welt zum ersten Mal auf jüdische Extremisten aufmerksam. Sie kämpften in den Gebieten des heutigen Israel sowohl gegen die britischen Machthaber als auch gegen die arabischen Bewohner der Region. Ihr Ziel war es, die Briten, die seit 1922 das Mandat über Palästina hatten, aus der Gegend zu vertreiben und einen jüdischen Staat zu errichten. Um dieses Ziel zu erreichen, verübten sie Attentate und töteten auch Zivilisten.

Zeitgleich – und auch nach der Gründung des Staates Israel 1949 – kämpften palästinensische Extremisten gegen einen jüdischen Staat, verübten Anschläge und organisierten weltweite Proteste. Bald wurden in der Region auch Selbstmordattentäter aktiv. Das sind Extremisten, die ihre Ziele damit durchzusetzen versuchen, dass sie möglichst viele Menschen auf einmal töten und dabei auch ihren eigenen Tod in Kauf nehmen. Das erste extremistische Selbstmordattentat der modernen Geschichte verübten drei Japaner am 30. Mai 1972 in einem israelischen Flughafen. Sie erschossen 23 Menschen. Alle drei Täter waren zum Selbstmord bereit, zwei wurden erschossen, der dritte konnte festgenommen werden.3

Extremisten bleiben nicht immer kleine Randgruppen, auch wenn sie zunächst so anfangen. Das ist eindrücklich an der Geschichte der Weimarer Republik, der ersten deutschen Demokratie, zu erkennen.

Rechtsextremismus in der deutschen Geschichte

In der Weimarer Republik gab es am äußersten linken Rand die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), während sich gleichzeitig rechts außen die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) formierte. Beide akzeptierten die Weimarer Republik nicht und kämpften für eine andere Gesellschaftsordnung.

Die rechtsextremistische NSDAP propagierte Antisemitismus, Nationalismus und Rassismus. 1932 erhielt sie die Mehrheit der Stimmen, ein Jahr später wurde Adolf Hitler neuer Reichskanzler und verbot noch im gleichen Jahr die Neubildung anderer Parteien. Deutschland wurde damit zu einem Ein-Parteien-Staat, die Demokratie im Land war abgeschafft.4 Die Nationalsozialisten führten über zwölf Jahre ein Terrorregime, das nicht nur den Zweiten Weltkrieg mit seinen 60 bis 70 Millionen Toten zu verantworten hatte, sondern auch den Mord an über sechs Millionen Juden, 500000 Sinti und Roma, 200000 psychisch und körperlich Kranken, zahlreichen Homosexuellen, politischen Gegnern und anderen Menschen, die nicht ins Weltbild der nationalsozialistischen Ideologie passten. Gleich nach Kriegsende 1945 wurde die NSDAP verboten, ihre Nachfolgerorganisation, die Sozialistische Reichspartei (SRP), dann 1952.

Aber schon in den 1960er-Jahren begannen sich Menschen mit rechtsextremistischer Einstellung in Deutschland neu zu organisieren.5 1964 wurde die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) gegründet und fand viele Anhänger, die mit der damaligen Politik der SPD nicht einverstanden waren. Es war ein politischer Umbruch – der Wechsel von einer CDU- zu einer SPD-geführten Regierung 1969, die den Rechten Aufwind gab. Wie schon in den Jahren nach 1929 die Weltwirtschaftskrise der NSDAP neue Wähler brachte, so gewann auch die NPD in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre während einer Wirtschaftskrise weitere Wählerstimmen und zog 1969 mit 4,3 Prozent beinahe in den Bundestag ein. Befeuert wurde die Neonazi-Bewegung dadurch, dass immer mehr Gastarbeiter, vor allem aus der Türkei und Italien, angeworben wurden, um in Deutschland dort auszuhelfen, wo Arbeitskräfte fehlten. In den 1970er-Jahren bildeten sich immer mehr gewalttätige neonazistische Kampfgruppen. Ein weiterer politischer Umbruch stärkte rechtsextremistische Gruppen in den 1980er-Jahren. Damals kündigten sich in Ostdeutschland und Osteuropa einschneidende Veränderungen an, Flüchtlinge aus osteuropäischen Ländern und der ehemaligen DDR kamen im Westen an, außerdem war die Arbeitslosigkeit sehr hoch, gleichzeitig wurden die Sozialausgaben gesenkt. Durch die Globalisierung verlor zudem der Nationalstaat an Bedeutung. Die mit diesen politischen und sozialen Veränderungen einhergehende Unsicherheit ließ rechtsextremistische Gruppen in den 1990er-Jahren noch einmal anwachsen. An den Wählerzahlen zeigte sich das allerdings nicht. Die NPD erreichte bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl im Dezember 1990 gerade einmal 0,3 Prozent.

Linksextremismus in der deutschen Geschichte

Die Ende 1918 gegründete KPD strebte eine kommunistische Gesellschaft an, ihr Vorsitzender Ernst Thälmann orientierte sich stark an der Politik der Sowjetunion. Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wurden Kommunisten verfolgt, verhaftet und ermordet, viele flohen ins Ausland, rund 20000 starben in Konzentrationslagern. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Partei wieder aufgebaut und zog 1949 in Westdeutschland in den Bundestag ein, allerdings mit nur 5,7 Prozent. 1956 wurde die KPD in Westdeutschland vom Bundesverfassungsgericht verboten, da die Ziele der Partei nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar waren.6 Als Nachfolgepartei wurde 1968 die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) gegründet, die bis heute vom Verfassungsschutz beobachtet und als linksextremistisch eingestuft wird. Ziel der DKP ist es, die politische Mehrheit zu erreichen, um in Deutschland ein sozialistisches System zu errichten. Bei der Bundestagswahl 2017 wurde die DKP von nur 11558 Wählern gewählt, das sind 0,025 Prozent aller gültigen Stimmen.

Zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren waren in Deutschland außerdem linksterroristische Gruppen aktiv, allen voran die Rote Armee Fraktion (RAF). Sie ermordete 34 Menschen, verübte zahlreiche Entführungen, Banküberfälle und Brandstiftungen. Opfer waren vor allem Politiker, Führungskräfte aus der Wirtschaft und deren Mitarbeiter sowie Staatsbedienstete und US-amerikanische Soldaten. Mehr als 200 Menschen wurden bei Anschlägen der RAF verletzt. Die RAF kritisierte, dass die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands nicht ausreichend aufgearbeitet werde, dass der Unterschied zwischen Arm und Reich zu groß und das politische System der BRD nicht demokratisch genug sei. Mit ihren Anschlägen wollten sie ursprünglich eine Revolution heraufbeschwören. Aber als die vier führenden Mitglieder der RAF inhaftiert wurden, war das vorrangige Ziel der neuen Mitglieder, die Anführer...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2018
Reihe/Serie Carlsen Klartext
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis • Berichterstattung • Carlsen Klartext • Demokratie • Deutscher Jugendliteraturpreis • DJLP • DJLP Gewinner • Extremisten • extremistisch • Faschismus • Gesellschaft • Gewinner des Deutschen Jugendliteraturpreises • Gleichberechtigung • Islamismus • islamistisch • Islamistischer Terror • Journalismus • Journalistin • Linksextremismus • Linksextremismus in Deutschland • Medien • Meinungsfreiheit • Nachrichten • Neonazis Buch • Öffentlichkeit • politik einfach erklärt • Politik für Jugendliche • Politik-Unterricht • Politikunterricht Demokratie • Politik verstehen • Propaganda • Radikalisierung Jugendliche • Rassismus Buch • Rechter Terror • Rechtsextremismus • Rechtsstaat • Religionsfreiheit • Religiöser Extremismus • Sachbuch • Sachbücher für Jugendliche • Sachthemen für Jugendliche • Scientology • Scientology Bücher • Terror • Terrorismus • Terroristen • Unterrichtsmaterial • Verfassungsschutz • Versammlungsfreiheit
ISBN-10 3-646-92821-2 / 3646928212
ISBN-13 978-3-646-92821-1 / 9783646928211
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