Nemesis - Verräterisches Herz (eBook)

(Autor)

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2018
448 Seiten
cbt (Verlag)
978-3-641-19723-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nemesis - Verräterisches Herz - Anna Banks
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Kann sie ihr Herz zum Schweigen bringen?
Sepora ist es gelungen, einen Waffenstillstand zwischen ihrem Vater und ihrer großen Liebe Tarik auszuhandeln, doch der Preis dafür ist hoch. Ihr Vater hat Prinz Tarik ihre Hand angeboten und Tarik hat angenommen, ohne Sepora zu fragen. Täglich lässt sie Tarik spüren, wie sehr sie ihn deshalb verachtet. Doch als Verräter von unerwarteter Seite auftauchen, müssen Tarik und Sepora lernen, zusammenzuarbeiten. Bald stehen beide Königreiche, ihre Beziehung und sogar ihr Leben auf dem Spiel.

Anna Banks ist die international erfolgreiche Autorin der New-York-Times-Bestsellerreihe Blue Secrets. Sie schreibt romantische Fantasy für Jugendliche und junge Erwachsene. Anna Banks lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Crestview, Florida.

1

Sepora

Sethos’ Schwertspitze saust mir haarscharf an der Nase vorbei. Ich pralle zurück und schleudere ihm mit dem Fuß eine Ladung Sand ins Gesicht, weil er es gewagt hat, mir so nahe zu kommen. Es ist schließlich nur ein Übungskampf, und wenn er mich damit auf die Probe stellen will, werde ich es ihm mit gleicher Münze heimzahlen. Er gleitet geschmeidig nach links und weicht dabei nicht nur dem Sand, sondern auch der aufgewirbelten Staubwolke aus.

Ich koche vor Wut und bin gleichzeitig wie berauscht.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand noch schneller ist als Sethos, Tariks jüngerer Bruder, der gerade sechzehn geworden ist. Ich habe zwar nicht viele der Meistermajai trainieren sehen, da die starken Krieger der Armee des Königs ihre dienstfreie Zeit im Lyzeum verbringen, aber von den Begabten, die ich vom Balkon zum Übungshof aus beobachtet habe, kann keiner mit Sethos’ Tempo mithalten. Nicht einmal sein Schatten kann es. Ob sein Vater, der Kriegerkönig Knosi, wohl genauso flink auf den Füßen war?

Sethos lacht. »Bei einem geringeren Krieger könnten deine Tricks funktionieren, Prinzessin, aber ich fürchte, wenn du mit mir gleichziehen willst, wirst du dir mehr Mühe geben müssen.«

Wir wissen beide, dass ich nie so gut sein werde wie er, ganz gleich, wie viel wir trainieren. Und wir wissen beide, dass diese Übungen nicht nur dazu dienen, mich das Kämpfen zu lehren. Unser gemeinsames Training verschafft uns eine Pause von der Illusion, die wir früher Leben genannt haben. Es gab einmal eine Zeit, als es uns beiden freistand, eigene Entscheidungen zu treffen, zu heiraten, wen wir wollten – zumindest bildeten wir uns ein, entscheiden zu können –, und die Palastmauern zu verlassen.

Jetzt fühlt sich Freiheit an wie die festgerostete Angel einer unbenutzten Tür.

Das Verhältnis zwischen Sethos und Tarik ist inzwischen angespannt. Ihre unbefangenen Scherze sind spitzen Bemerkungen und Unaufrichtigkeit gewichen. Wo sie früher gleicher Meinung waren, vertritt Sethos jetzt das Gegenteil von dem, was Tarik sagt, ganz gleich, worum es geht. Manchmal ist es kaum mitanzusehen, wie die Beziehung der beiden Brüder, die einst so eng war, immer schwieriger wird.

Ich schüttele den Kopf und lasse das Schwert sinken. In der drückenden Hitze Theorias Atem zu holen, scheint fast genauso unmöglich, wie Sethos mit dem Schwert zu streifen. Ich wünsche mir so sehr, ihm eine Schramme oder wenigstens einen Kratzer zuzufügen, nur um ihm diesen selbstgefälligen Ausdruck vom Gesicht zu wischen. Aber das schaffen selbst andere Majai nicht, und daher weiß ich, dass er nur mit mir spielt, wenn ich ihm näher komme. »Glaub mir, wenn ich sage, dass ich mein Bestes gebe«, versichere ich.

Er schnalzt mit der Zunge. Ich hasse dieses spöttische, herablassende Geräusch. »Du weißt, dass das nicht stimmt. Du weißt, dass du …«

»Sprich es nicht aus«, zische ich und hebe das Schwert. Ich bin es leid, jedesmal das gleiche Gespräch zu führen. Er will mich unbedingt schmieden sehen, will mir zeigen, wie ich meine Fähigkeit nutzen kann, um mich zu schützen. Wenn ich schnell genug Spektorium herstellen könnte, könnte ich damit meinen Gegner verbrühen, erklärt er mir, und vermutlich hat er recht. Aber selbst wenn ich schmieden wollte, könnte ich es nicht. Nicht hier im Freien. Ich weiß es und Sethos weiß es auch.

Unsere beiden unergründlichen Könige, Tarik und mein Vater, haben beschlossen, dass meine Schmiedefähigkeit vor den Königreichen geheim gehalten werden soll. Dass meine Macht als einzige Schmiedin von Spektorium mich gefährdet. Und dass mein Wohlergehen von äußerster Wichtigkeit ist.

Natürlich. Tarik macht mein Wohlergehen aus Pflichtgefühl zu seinem Anliegen. Aber Vater? Seine Absichten scheinen mir das genaue Gegenteil zu sein. Er wird mit jedem Tag ungeduldiger, was mein »Wohlergehen« betrifft, und droht damit, mich im Kerker in Ketten zu legen (der Palast in Anyar, dem Herzen von Theoria, hat gar keinen Kerker), bis ich für ihn Spektorium schmiede. Wenn wir unter vier Augen sind, steigert er sich in Wutanfälle hinein und verlangt von mir zu schmieden, und wenn wir in Gesellschaft des Falkenkönigs sind, legt er Tarik das Gleiche immer wieder auf diplomatische Weise nahe. Aber aus irgendeinem Grund ist Tarik nicht bereit – zumindest noch nicht –, mich dazu zu zwingen. Der Falkenkönig denkt wahrscheinlich, dass ich von selbst einwilligen werde, dass ich nachgeben und ihn irgendwann mit dem Spektorium versorgen werde, das zur Bekämpfung der Seuche gebraucht wird.

Er irrt sich.

Ich werde keins der fünf Königreiche mehr mit Spektorium versorgen. Weder Theoria zur Bekämpfung der Seuche oder als Druckmittel für Tarik, noch Serubel für seine Wirtschaft oder Vaters Ambitionen. Das Eiskönigreich Hemut wird ohne das Element zurechtkommen müssen, genau wie Wachuk und Pelusia, die in der Vergangenheit zum Glück kein Interesse daran gezeigt haben. Das Zeitalter des Spektoriums ist vorbei.

Ich lasse mich nicht länger als Schachfigur in einem Machtspiel missbrauchen. Und ich lasse nicht länger zu, dass andere darüber entscheiden, was gut für mich ist und was nicht.

Was leider auch Sethos einschließen muss. Woher soll ich wissen, ob Sethos nicht insgeheim mit Tarik taktiert und plant, ihm das frische Spektorium zu bringen, das ich während unserer Trainingsstunden schmiede? Sethos ist zwar im Moment einer meiner Lieblingsmenschen, aber er wäre auch intrigant und schlau genug, um einen solchen Verrat durchzuziehen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum er mir ständig damit in den Ohren liegt, dass ich schmieden soll – Tarik hat ihn dazu angestiftet. Obwohl das eigentlich unwahrscheinlich ist. Sethos spricht kaum noch mit Tarik, und obwohl ich kein Lingot bin wie Tarik und nicht die Fähigkeit besitze, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden, bin ich auch kein Idiot. Es ist nicht zu übersehen, dass Sethos seinen älteren Bruder für einen Tyrannen hält. Dass Tarik ihm befohlen hat, sich mit Prinzessin Tulle aus Hemut zu vermählen, ist dem jüngeren Bruder ein unwiderlegbarer Beweis für diese Anschuldigung. Nein, Sethos versucht nicht, mich zu hintergehen. Nicht für Tarik.

Um die Wahrheit zu sagen, unser gemeinsames Training ist die einzige Zeit, in der Sethos noch der Alte ist. Nach der Stunde, nachdem wir uns völlig verausgabt haben und zu unserem Los im Leben zurückgekehrt sind, geschieht etwas mit ihm. Wenn er zum Abendessen im Palast erscheint – eine weitere Forderung Tariks –, ist er mürrisch und schweigsam und ohne jeden Charme.

Er ist nicht mehr Sethos.

Ich weiß, dass es seine unmittelbar bevorstehende Heirat mit Tulle ist, die ihm den gewohnten Charme raubt und gründlich die Laune verdirbt. Ich kann ihm keinen Vorwurf daraus machen, denn auch mir steht eine Ehe ohne Liebe bevor, und bei der Aussicht darauf vergeht mir der Appetit. Aber Sethos’ Situation ist insofern einzigartig, als er seine Verlobte verachtet, während ich mir vorgenommen habe, einfach distanziert zu bleiben. Die Liebe, die Tarik und ich einmal füreinander empfunden haben, ist zu einem Zerrbild aus gutem Benehmen und Diplomatie geraten.

Sethos sind gute Manieren und Diplomatie nie leichtgefallen.

»Warum verabscheust du Prinzessin Tulle so?« Ich bereue die Frage sofort, sie ist mir gedankenlos rausgerutscht. Ich kann zusehen, wie er sich vor mir verschließt. Damit ist die Trainingsstunde wohl vorbei, ich sehe es in seinen Augen. Enttäuschung macht mein Schwert noch schwerer.

Er bedenkt mich mit einem seltsamen Grinsen, als er antwortet: »Keine Sorge, Prinzessin. Tulle empfindet auch keine Liebe für mich. Du kannst dich glücklich schätzen, aus Liebe heiraten zu dürfen.«

Schlagartig wird mir warm im Gesicht, ein Erröten, das ich nicht verbergen kann. Ich sollte nicht so auf Tarik reagieren, nicht nach dem, was er getan hat. Es gab eine Zeit, da hätte ich ihn aus Liebe geheiratet, doch unsere Zeit der Liebe ist vorbei. Genau wie meine Bereitschaft, ihn zu heiraten.

Doch Sethos grinst mich boshaft an. »Du und mein Bruder, ihr glaubt wohl, ich bin blind? Ist dir klar, dass ihr euch allein beim Abendessen nicht weniger als ein Dutzend Mal verstohlene Blicke zugeworfen habt?«

Ich hebe das Kinn. Ich hatte mich bemüht, Tarik nicht anzusehen, seine Anwesenheit überhaupt nicht zu beachten. Anscheinend ohne Erfolg. »Ich versuche lediglich, höflich zu sein. Vielleicht könntest du einen Teil deines ausgefüllten Tages darauf verwenden, über gute Manieren nachzudenken.« Die Andeutung, dass Sethos viel zu tun hat, ist gemein. Er ist mit der Sicherheit des Palastes betraut worden, doch er sagt, der Laden läuft von allein. Seine einzige Ablenkung besteht darin, eine Gruppe von Wachen zusammenzutrommeln, einen Eindringling zu spielen, den sie dann aufspüren sollen und herausfinden, wie er hereingekommen ist und was er wollte. Am Ende läuft es darauf hinaus, dass er maßlos verärgert ist; sein Ego lässt es nicht zu, dass er sich festnehmen lässt, also müssen die Wachen sich mit einer weiteren Übung abfinden, bei der sie versagen und die Schimpfkanonade eines Majaimeisters über sich ergehen lassen müssen. Es tut keinem der Beteiligten gut.

»Höflich?«, sagt Sethos. »Eure Form der ›Höflichkeit‹ ist makellos, Prinzessin. Die meines Bruders zufälligerweise auch.«

Ich schiebe das Schwert in die Scheide, die ich auf theorianische Art über den Rücken gegürtet trage. »Wenn du so geübt darin bist, die Gefühle anderer zu beurteilen, wie kommt es dann, dass du es nicht geschafft hast, Tulles Zuneigung zu gewinnen?«

Sethos...

Erscheint lt. Verlag 16.7.2018
Reihe/Serie Die Nemesis-Reihe
Die Nemesis-Reihe
Übersetzer Michaela Link
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Nemesis #2 - Ally
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte ab 14 • Blue secrets • eBooks • Fantasy • Gabe • Intrigen • Jugendbuch • Jugendbücher • Königreiche • Liebe • New York Times Bestsellerautorin • Romantasy • starke Heldin • Young Adult
ISBN-10 3-641-19723-6 / 3641197236
ISBN-13 978-3-641-19723-0 / 9783641197230
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