Wie liebst du denn? (eBook)

Spiegel-Bestseller
Unsere Beziehungsreise mit Streit, Angst, Alltag und ganz viel Verbundenheit

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
192 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-31742-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wie liebst du denn? - Johanna Sophie
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Alles über die Liebe - vom TikTok-Star Johanna Sophie
Auf Social Media geben viele Menschen Einblicke in ihre Beziehung: Scheinbar dauerhaft glückliche Paare, die nie streiten, ihre Unsicherheiten aufeinander projizieren oder von Ängsten umgetrieben werden. Stattdessen stets harmonisches Zusammenleben, keine Missverständnisse und 24/7 Schmetterlinge im Bauch. Nicht so Johanna - Sie ist seit acht Jahren mit ihrem Freund Sebastian zusammen und gibt auf Social Media Ratschläge, wie eine gesunde Partnerschaft aussieht.

Sie spricht offen über Beziehungszoff, ihre Selbstzweifel, übers gemeinsame Erwachsenwerden und darüber, wie das WIR nicht an der individuellen Weiterentwicklung jedes Einzelnen zerbricht. Nun legt sie einen erzählenden, fundierten Ratgeber für ihre junge Zielgruppe vor. In verschiedenen Kapiteln widmet sie sich Themen wie gesundem Streitverhalten, Eifersucht, Verlustängsten, Abhängigkeit oder dem Umgang mit Freiräumen. Dabei zieht sie Kommunikationsmodelle, Beziehungstypen und psychologische Studien heran und untermauert so ihren eigenen Erfahrungen. Johanna schreibt auf berührende Art und Weise, zeigt sich und ihre Partnerschaft verletzlich und damit gleichzeitig stark und lädt ihre Leser*innen ein, auch die eigene Beziehung zu reflektieren, um gemeinsam zu wachsen.

Johanna Sophie wurde 1997 in der Nähe von Stuttgart geboren. Sie und ihr Freund Sebastian sind ein Paar, seitdem sie 16 sind und würden damit das Klischee einer Jugendliebe erfüllen - wenn Johanna nicht am Herzen läge, mit Klischees aufzuräumen. Auf Social Media teilt sie neben den schönen Momenten auch die Herausforderungen einer Paarbeziehung. Wenn sie nicht gerade ein eigenes Buch schreibt, liest sie selbst gerne, töpfert, macht Yoga oder geht auf Reisen. Johanna hat einen Studienabschluss in Umweltnaturwissenschaften.

Margeriten sind meine liebsten Blumen

Der erste Streit

Jeder kennt sie, die rosarote Brille. Und gerade wenn man mit 16 oder 17 Jahren zusammenkommt, ist sie sehr rosa und besonders rot. Es muss noch 2015 gewesen sein, als die Brille uns zum ersten Mal von der Nase gerutscht ist. Wann blühen Margeriten denn? Na ja, egal, dazu später mehr. Wir waren bei Sebastian zu Hause oder besser gesagt im Haus seiner Eltern, in seinem Kinderzimmer.

Der Rückzugsort befand sich im Keller und hatte einen eigenen Zugang, sozusagen eine zweite Haustür. In unserem Alter fast schon so cool, dass man allein aus diesem Grund mit jemandem zusammenbleiben würde.

»Ich hatte schon immer das Gefühl, das ist der Grund, warum du es so lange mit mir aushältst.« – Sebastian

Natürlich nur ein Scherz, aber ein Plus war es trotzdem. Vor allem, weil man sich nachts reinschleichen konnte, ohne dass die Eltern es bemerkten. Falls ihr das hier zum ersten Mal hört, Sebastians Eltern – Entschuldigung! Und danke für die unwissentliche Gastfreundschaft.

Am besagten Tag der heruntergerutschten Brille lagen wir also auf Sebastians Bett. Es war wieder mit seiner anscheinend liebsten Bettwäsche bezogen. Die, auf der Giraffen und Elefanten vor einem Sonnenuntergang umherlaufen. Nicht meine erste Wahl, aber besser als die mit roten und grünen Linien. Meistens lagen wir in diesem Zimmer auf dem Bett, haben uns stundenlang nur angeschaut, den einen oder anderen Kuss ausgetauscht oder auf meinen Wunsch hin einen Horrorfilm angeschaut. Nicht weil ich die Filme, sondern weil ich Sebastian so toll fand und ihm mithilfe des Gruselfaktors näherkommen konnte: »Oh mein Gott, ich hab ja solche Angst!« Vielleicht kennt das der eine oder die andere?

An dem Tag lagen wir aber einfach nur nebeneinander, schauten an die Decke und hielten Händchen, seine Finger in meine verschränkt, meine Hand unter seiner – so mögen wir es immer noch am liebsten. Es war etwas still, als ich ansprach, dass ich nicht wusste, wie ich nach Hause kommen sollte. Der letzte Zug war schon gefahren und mein Fahrrad hatte ich auch nicht dabei.

Die Dörfer, in denen wir aufwuchsen, waren fünf Kilometer voneinander entfernt, und der »Zug«, er heißt bei uns »Tälesbahn«, fuhr jede Stunde von kleinem Dorf zu noch kleinerem Dorf. Meine letzte Möglichkeit, nach Hause zu kommen, war um 21:04 Uhr gewesen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass meine Aussage bei Sebastian Unwohlsein auslöste. Dachte er jetzt »Oh Mann, wieso hat sie nicht einfach den letzten Zug genommen?« oder fragte er sich »Wessen Problem ist das gerade?«? Wenn ich so darüber schreibe, kommt mir der Gedanke: Die rosarote Brille reflektiert nach außen und spiegelt nach innen. So viel, wie man beim Gegenüber übersieht, so viel und das Doppelte kommt an Unsicherheiten über sich selbst und das eigene Verhalten wieder zurück. Es hat also nicht nur Vorteile, frisch verliebt zu sein, aber dazu kommen wir sicherlich noch in anderen Kapiteln.

An diesem lauen Sommerabend auf dem Bett mit den Giraffen und Elefanten, es war noch leicht hell draußen, brannte mir nicht nur die Frage über das Nachhausekommen auf den Lippen. Wir hatten uns in der letzten Woche zum ersten Mal angezickt, wahrscheinlich über eine banale Sache, die jedoch dringend (!) noch mal beäugt werden musste, vor allem auf der Metaebene. Sebastians liebste Disziplin … Achtung, Ironie.

Aber davon wusste ich damals natürlich noch nichts.

Die zwei Themen kombiniert – nach Hause kommen und über unnötige Zickereien zicken – weckten in mir eine Erwartung, die ich aber nicht aussprach. Warum auch über die eigenen Bedürfnisse sprechen? Wieso sind Menschen oft so kompliziert, wenn die Lösung auf der Hand liegt? Es war die Erwartung, dass Sebastian mich von seinem in mein Dorf bringen sollte – zu Fuß.

Fünf Kilometer zu zweit zu mir und danach die gleiche Strecke allein wieder zurück. Ob ich meinen Vater nicht schon wieder anrufen und fragen wollte, ob er mich abholen könnte, oder ob ich einfach nur Zeit mit Sebastian verbringen wollte, weiß ich nicht mehr so genau. Aber so, wie ich mich kenne, beides.

Tatsächlich musste ich hier mein Gedächtnis noch mal von Sebastian auffrischen lassen, obwohl er sich meistens nicht mal daran erinnern kann, wo er seinen Schlüssel, seinen Geldbeutel und sein Handy schon wieder hingelegt hat.

Aber meine Erinnerung war wie folgt: Die letzte halbe Seite, all diese Gedanken zwischen meiner Aussage und Sebastians Antwort darauf, haben sich angefühlt wie zehn Minuten … In der Wirklichkeit waren jedoch nur 30 Sekunden vergangen, bis Sebastian seinen Kopf drehte und fragte: »Sollen wir zusammen nach Neuffen (besagtes Dorf, in dem ich aufgewachsen bin) laufen? Ich kann dich nach Hause bringen.«

Hatte er meine Gedanken gelesen? Sicherlich nicht, aber manchmal hat man dann eben doch die gleichen Ideen.

Und so haben wir es schließlich auch gemacht, durch seinen Garten, in dem die Sonnenblumen schon zu blühen angefangen hatten und uns in der Höhe fast überragten, am Friedhof und am Pferdehof vorbei, an dem ich nie vorbeigehen kann, ohne mindestens ein Pferd gestreichelt zu haben. Entlang an den Maisfeldern und dem kleinen Spielplatz, der mir als Kind viel größer vorgekommen war und bei dem wir anhielten, um zu rutschen. Und gerade als wir Hummel’s Mühle hinter uns gelassen hatten und über die Flussbrücke gelaufen waren, habe ich die Zickerei angesprochen.

Und anscheinend ist in dem Moment auch Sebastian die rosarote Brille von der Nase gerutscht, denn genau zwischen dem Ortsausgangsschild des Dorfes, das zwischen seinem und meinem Heimatort liegt, entstand unser erster Streit. Mit Augenrollen, lauter Stimme, ein paar kullernden Tränen … allem, was dazugehört eben.

Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht mehr genau, um was es ging, aber ich weiß noch ganz genau, wie unser erster Streit zu Ende ging – und zwar mit Margeriten.

Sie wuchsen überall am Rand des kleinen Feldweges, an dem wir entlangliefen, neben gelben Butterblumen und weißer Schafgarbe. Unbegreifliche Schönheit, nicht wahrnehmbar für zwei Streithälse, wie wir es in dieser lauen Sommernacht waren. Wir ignorierten die Blumen ganz unabsichtlich, zu vertieft waren wir in alles, was Sebastian ›immer‹ und ich ›nie‹, Sebastian ›nie‹ und ich sowieso ›immer‹ machte.

Alles gesagt und jede mögliche Art, sich zu streiten, ausgelebt, liefen wir ein paar Minuten still nebeneinander. Als ich in Gedanken versunken war, konnte ich den Geruch der Blüten und das Zirpen der Grillen nicht mehr ignorieren. Vielleicht war es diese Schönheit, die dazu führte, dass wir gleichzeitig die Köpfe wieder zueinander drehten. Wir fingen im selben Moment an zu reden. »Wieso …«, »Oh Mann …« – »Sag du zuerst«, schlug Sebastian mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen vor. Und so folgte auf unseren ersten richtigen Streit auch unsere erste richtige Versöhnung. Der erste Funken Beziehungsarbeit. Damals war uns noch nicht bewusst, wie viel Arbeit eine Beziehung sein kann und wie oft wir noch an unsere Grenzen kommen würden. Aber schon in dieser sanften Dämmerung haben wir gespürt, dass wir bereit dazu sind, die Arbeit zu leisten, die eine Beziehung braucht, und uns immer und immer und immer wieder zu versöhnen.

Die Versöhnung dauerte fast genauso lang wie der Streit selbst. Wir sprachen uns aus, teilten, was wir beim Streiten gefühlt hatten, und sagten, was wir beim nächsten Mal gern anders machen würden. Es war, als wäre ein Schalter umgelegt worden. Auch wenn wir ähnliche Dinge aussprachen – genau das, was vorher Wut, Missverständnis und Trotz ausgelöst hatte, endete nur zehn Minuten später, auf dem gleichen kleinen Feldweg, mit genau den gleichen Menschen, in Wohlwollen. Nicht die Themen, sondern das Ziel und der Gewinn hatten sich verändert. Jetzt stand im Fokus, eine gemeinsame Lösung zu finden, statt seine eigenen Argumente durchboxen zu wollen. Der Gewinn war, den Weg gemeinsam zu gehen, zueinander gewandt, Hand in Hand.

Nach einigen Minuten konnte auch ich wieder lächeln, woraufhin Sebastian den einen Meter Sicherheitsabstand oder »Streitabstand« verkürzte, um mir so nah zu kommen, dass er meine Hand nehmen, seine Finger mit meinen verschränken und meinen Handrücken küssen konnte. Dieses Gefühl, die Erleichterung – das Gegenteil von Herz in die Hose rutschen. Das Gefühl, dass das Herz wieder genau an der richtigen Stelle pocht, im gleichen Takt wie das des*der Partner*in.

Fünf Gehminuten von meinem Haus entfernt, über unseren ersten Streit fast schon wieder hinweg, stoppte Sebastian, pflückte zwei Margeriten und gab mir eine davon. »Schenken wir uns diese Margeriten und versprechen uns, dass wir alles gemeinsam schaffen können, auch sowas Schwieriges wie das gerade.«

Die zwei Blumen habe ich noch Monate danach in einem kleinen Weckglas aufgehoben, und was soll ich sagen – Margeriten sind meine liebsten Blumen.

»Zwar sind die Blumen lange vergangen, aber wir haben noch immer ein ausgedrucktes Foto davon, das uns an diesen Moment und das Versprechen, das wir uns gegeben haben, erinnert.« – Sebastian

Das war zwar unser erster, aber sicherlich nicht unser letzter Streit. Oft braucht es ein paar Monate, bis die ersten Macken ans Tageslicht kommen. Genau das bedeutet ja die rosarote Brille – man schaut gern über die Unstimmigkeiten hinweg, findet sie vielleicht sogar ganz süß, bis einem nach einer Weile auffällt, dass da vielleicht doch Konfliktpotenzial ist. Und das ist...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
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ISBN-10 3-641-31742-8 / 3641317428
ISBN-13 978-3-641-31742-3 / 9783641317423
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