Im Gefühlsdschungel (eBook)
393 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-621-29012-8 (ISBN)
Dr. Harlich H. Stavemann, Dipl.-Psych., Lehrtherapeut/Supervisor für Kognitive Verhaltenstherapie, Leiter des Instituts für Integrative Verhaltenstherapie (IVT) in Hamburg.
2 Gefühle: Was man darüber wissen sollte
Im vorangegangenen Kapitel sahen wir, dass psychische Probleme immer auch emotionale Probleme sind und dass die meisten unter ihren negativen Gefühlskonsequenzen leiden. Im Weiteren geht es darum zu verstehen, weshalb wir unter bestimmten Gefühlen leiden und was wir ab sofort tun können, um damit aufzuhören, falls wir dieses Leid für unangemessen halten. Die Worte »Gefühl« oder »Emotion« verwenden wir in der Alltagssprache allerdings oft mit recht unterschiedlicher Bedeutung. Bevor wir genauer betrachten, was man gegen emotionale Probleme ausrichten kann, beleuchten wir deswegen zum besseren Verständnis zunächst diese Begriffe näher.
2.1 Was sind eigentlich Gefühle oder Emotionen?
Gefühlsdimensionen
Die seelischen Gefühle (oder Emotionen) des Menschen unterscheiden sich meist nicht oder nur unwesentlich von denen anderer höher entwickelter Säugetiere. Sie lassen sich auf wenige Bereiche begrenzen und beschreiben: Freude und Zuneigung als angenehme Empfindungen, Gleichgültigkeit als neutrale, Angst, Ärger, Scham, Trauer, Abneigung und Niedergeschlagenheit als unangenehme.
Der Gefühlsstern
Gefühlsintensität. Eine Vielzahl weiterer Begriffe zum Beschreiben von Gefühlszuständen sind entweder Mischformen aus diesen Emotionen (wie z. B. Eifersucht) oder sie dienen zum Ausdruck ihrer Stärke, der Gefühlsintensität. Unter Angst können wir so z. B. Bezeichnungen wie Besorgnis, Bammel, »Muffensausen«, Ängstlichkeit, »Schiss«, Angst und Panik einordnen, unter Ärger auch die Begriffe Genervtsein, Unzufriedenheit und Wut. Diese Bezeichnungen sind vom jeweiligen Sprachgebrauch geprägt und besitzen deshalb häufig eine sehr persönliche, von Person zu Person unterschiedliche Bedeutung. Der »Gefühlsstern« zeigt daher nur ein mögliches Einordnen dieser Begriffe in die unterschiedlichen Gefühlsbereiche. Da sich die Wortbedeutungen und Wortschöpfungen einer Sprache meist regional, schicht- oder altersabhängig unterscheiden, könnte die Reihenfolge auf den einzelnen Skalen auch anders aussehen. Neue Begriffe könnten hinzukommen, andere wegfallen.
Und jetzt Sie
Erstellen Sie Ihren eigenen »persönlichen« Gefühlsstern, indem Sie Ihre eigenen Begriffe für Emotionen in die neun Gefühlsbereiche einordnen.
»Gefühle« in der Alltagssprache. In der Alltagssprache benutzen wir häufig das Wort »Gefühl« für etwas, was nach der obigen Definition nicht wirklich als Emotion einzuordnen ist. Das können körperliche (physiologische) Begleiterscheinungen von Gefühlen sein (wie das »Gefühl«, in Ohnmacht zu fallen, zu ersticken, zu erröten) oder Gedanken (wie zum Beispiel das »Gefühl«, der lacht mich aus, der »verarscht« mich, dem kann man nicht trauen) oder auch Körpergefühle (wie Schmerz, Hunger, Durst, Wärme und Kälte).
Dass beispielsweise »Eifersucht« oder »Einsamkeit« selbst keine Gefühle sind, erkennt man daran, dass Menschen, die wir »eifersüchtig« nennen, sowohl wütend, ängstlich, traurig oder deprimiert reagieren können. Auch »Einsamkeit« kann man durchaus unterschiedlich empfinden, je nachdem, ob man denkt: »Wie furchtbar, ganz allein!« oder: »Endlich allein!«. Denken wir z. B. an den entspannt vor sich hin meditierenden Einsiedler, der plötzlich von einer Busladung Touristen »beglückt« und aus seiner Einsamkeit gerissen wird…
Um dies künftig besser auseinanderzuhalten, gibt die nachstehende Tabelle eine grobe Übersicht der einzelnen Bereiche.
Gefühle | Begleitsymptome von Gefühlen | Gedanken | Körpergefühle |
---|
Freude Zuneigung Gleichgültigkeit Hass Zufriedenheit Scham Besorgnis Enttäuschung Angst Niedergeschlagenheit Trauer Unzufriedenheit Panik Wut Liebe Ärger Ablehnung | Erröten Schwindelgefühl Ohrensausen Herzrasen Herzstiche Schwitzen Zittern Atembeschwerden Harndrang Übelkeit Kreislaufstörungen Erblassen Muskelspannung in Ohnmacht fallen | Unsicherheit Misstrauen ausgeliefert sein Freiheit Vertrauen Einsamkeit Sicherheit Verbundenheit Abhängigkeit verhöhnt werden verpflichtet sein Unglaubwürdigkeit gemocht werden ohnmächtig sein abgelehnt werden ausgelacht werden schuld sein | Hunger Körperschmerz Kopfschmerz Kälte Durst Druck Müdigkeit Wärme Verstopfung |
Das Erregungsniveau. Gefühle gehen mit mehr oder weniger großer körperlicher Aufregung, dem Erregungsniveau, einher. Hierbei gilt die Regel, dass wir Emotionen umso stärker empfinden, je höher diese Erregung ist. Ausnahme: Nur beim Gefühl der Niedergeschlagenheit nimmt das Erregungsniveau ab, je intensiver die Deprimiertheit wird.
In nachfolgender Abbildung bezeichnet der grau unterlegte Kreis in der Mitte des Gefühlssterns das Grunderregungsniveau und damit den Gefühlszustand, den wir erleben, wenn wir eine Situation als neutral ansehen. Was dann gerade geschieht, finden wir weder gut noch schlecht. Es ist uns egal. Nennen wir dieses Gefühl »Gleichgültigkeit«.
Je weiter die Gefühle nach außen auf den Strahlen angesiedelt sind, umso höher ist das sie begleitende Erregungsniveau. Mit wachsender Entfernung vom neutralen Gefühl ...
Erscheint lt. Verlag | 21.6.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften |
ISBN-10 | 3-621-29012-5 / 3621290125 |
ISBN-13 | 978-3-621-29012-8 / 9783621290128 |
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