Frau Bartsch reist sich zusammen (eBook)
256 Seiten
Berlin Verlag
978-3-8270-8062-2 (ISBN)
Stephanie Bartsch, geboren 1970, hat vor ihrem Sozialpädagogikstudium als Tischlerin, Jugendherbergsmutter und Literaturreferentin gearbeitet. Nach einer Familienpause machte sie sich 2006 im Anschluss an ihr Studium in Enschede (NL) als Coach für pädagogisches Personal selbstständig. Mittlerweile hat sie noch weitere zertifizierte Ausbildungen und Studiengänge in den Bereichen Mediation, Schulentwicklung in der Deutschen Akademie für pädagogische Führungskräfte, hypnosystemisches Coaching und erfahrungsorientiertes Lernen absolviert und wird sowohl als Keynote-Speakerin, für Fortbildungen, als auch für Seminare und Einzelcoaching im gesamten Bundesgebiet gebucht.
Stephanie Bartsch, Jg. 1970, hat vor ihrem Sozialpädagogikstudium als Tischlerin, Jugendherbergsmutter und Literaturreferentin gearbeitet. Nach einer Familienpause machte sich 2006 nach dem Studium in Enschede (NL) als Coach für pädagogisches Personal selbstständig. Mittlerweile hat sie noch zertifizierte Ausbildungen und Studiengänge in den Bereichen Mediation, Schulentwicklung in der Deutschen Akademie für pädagogische Führungskräfte, hpnosystemisches Coaching und erfahrungsorientiertes Lernen absolviert und wird sowohl als Keynote-Speaker, für Fortbildungen, als auch für Seminare und Einzelcoaching im gesamten Bundesgebiet gebucht.
Frau Bartsch erinnert sich
»Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Ihr Mann heute Morgen bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist.«
Die Polizei kam zu dritt. Dachte ich. In Wirklichkeit war einer der Männer ein Seelsorger. Seine Uniform sah ähnlich aus wie die der Polizisten.
Nachdem ich den schlimmsten Satz meines Lebens gehört hatte und schrie, weinte der Seelsorger auf der Bank neben mir im Wohnzimmer. Im Schreien dachte ich: Das wird wohl als unprofessionell angesehen, aber deine Reaktion ist die einzig angemessene. Kurz darauf entließ er die Polizisten: »Sie können ruhig gehen, Sie haben ja sicher auch noch was Besseres zu tun.«
What?! Als die Polizisten gegangen waren, drohte ich zu hyperventilieren, hatte aber dennoch den Eindruck, alles unter Kontrolle zu haben, und das stimmte auch irgendwie. Ich habe mich in den Sessel gesetzt und mit einer Klopftechnik begonnen, die ich auch bei meinen Coaching-Klienten anwende. Vorher habe ich den Seelsorger beruhigt, ich müsse mich mal eben »regulieren« und das könne jetzt vielleicht etwas seltsam anmuten.
Der Seelsorger erlaubte mir, in meinem Wohnzimmer sitzend, alles zu tun, was mir jetzt guttäte. Danke.
Also klopfte ich die 16 Akupunkturpunkte, summte, zählte rückwärts und bewegte meine Augen in abgelegene Ecken. Es half! Ich konnte ruhiger atmen. Ich war stolz, dass mir in diesem Moment das Klopfen eingefallen war.
Danach musste mein geplantes Seminar am Nachmittag abgesagt werden, was der Seelsorger für mich erledigte, weil ich nicht tippen konnte.
Als Nächstes rief ich bei meinen Eltern an und sagte meinem Vater, sie müssten sofort kommen, Ralf sei tot.
Nun schaltete sich mein Seelsorger wieder ein, bevor ich noch mehr falsch machen konnte. Er wollte, dass ich erst einmal überlegte, wie meine Kinder reagieren würden. Daraufhin wurde eine Seelsorgerin zu meinem Sohn Béla geschickt, um ihn zu holen. Leider war die Schnittstellenkommunikation dabei nur semi-optimal, und so wurde meinem Sohn zunächst vermeldet, sein Vater sei tot. Die Seelsorgerin berichtigte sich dann jedoch und gab den Wohnort des gestorbenen Mannes an. So erfuhr mein Sohn, dass sein Stiefvater ums Leben gekommen war. Ralfs leibliche Tochter wurde in Hamburg von sehr einfühlsamen Polizisten besucht und informiert.
Meine Tochter Lotta rief mich an, um sich wegen Weihnachten zu erkundigen. Sie wohnt in Amsterdam und wollte einen Zug buchen. Ich aber dachte, sie wäre schon durch meinen Sohn informiert und riefe deswegen an. Zum Glück war ihre Mitbewohnerin zu Hause, und ihr Freund kam schnell, denn sie reagierte ebenfalls sehr heftig.
Am Abend waren dann alle bei mir versammelt, und wir blieben in dieser Konstellation acht Tage zusammen.
Ich war froh, dass Corona es untersagte, mich zu besuchen. Ich wollte niemanden weiter sehen und sprechen. Nach einigen Tagen habe ich einen Hilferuf in meinen WhatsApp-Status geschrieben, dass wir uns nicht gut versorgen könnten und es eine große Hilfe sei, uns zu bekochen. Daraufhin bekamen wir leckerstes Essen von allen Seiten, alle waren froh, etwas tun zu können. Und wir waren so dankbar für alles. So viele Menschen haben so unendlich viele gute Dinge für mich, für uns getan!
Es war eine Zeit der Gemeinschaft und Verbundenheit. Wir haben unglaublich viel gelacht – etwas, was uns selbst merkwürdig vorkam, weil wir, abgesehen von meinem Sohn, noch nie in einer akuten Trauer gesteckt hatten. Eine derartige Achterbahnfahrt der Gefühle hatte keiner von uns vorher erlebt. Man kann nicht ununterbrochen nur an den Tod denken. Zudem ereigneten sich die abstrusesten Dinge, über die wir wirklich nur lachen konnten.
Es war alles auf eine Weise schön und gut, und unsere innere Welt wartete, dass Ralf endlich nach Hause käme …
Dennoch merkte ich nach ein paar Wochen, dass ich so schnell nicht wieder würde arbeiten können. Ich hatte mich für eine Ausbildung »Kollegiale Führung« angemeldet, die ich absagte. Ich konnte mich einfach nicht konzentrieren, und nichts interessierte mich.
Langsam wurde mir klar, dass ich einen Schlag erhalten hatte, von dem ich mich so schnell nicht wieder erholen würde. Je näher der 1. März rückte, an dem ich meine neue Arbeit antreten wollte, desto dringlicher wurde eine Entscheidung, auf wann ich den Start des neuen Jobs verschieben sollte. Ich schätzte, dass ich im Juni wieder würde arbeiten können, doch erschien es mir angenehmer, die Auszeit auch über den Sommer auszudehnen. So setzte ich willkürlich den 1. September als Start fest.
Auszeit bis September. Es war Mitte Januar, und mein Leben, wie ich es mit Ralf geführt hatte, war zerstört. Ich ging davon aus, dass ich für den Rest meines Lebens Single bleiben würde.
Schon länger hatte ich von einem Campingmobil geträumt, mit dem man unabhängig war und frei in der Natur stehen konnte. Ralf träumte den Traum aus Liebe zu mir ein bisschen mit, aber mir war immer klar gewesen, dass das nicht seine Art war, Urlaub zu machen. Er liebte luxuriöse Hotels und das Stadtleben, ohne Fliegen, Mücken und Spinnen. Nur die Vorstellung davon, eine Toilettenkassette entleeren zu müssen, führte bei ihm schon zu Schüttelekel. Wir waren uns immer einig gewesen, dass so ein hässliches weißes Wohnmobil mit Holzimitat-beklebten Innenschränken keine Option für uns war.
In meiner neuen Lebenssituation kam ich nun zu dem Schluss, dass ein Campermobil genau das Richtige für mich war. So konnte ich meine vielen Freunde in anderen Städten besuchen und gleichzeitig unabhängig sein. Ich konnte in der Natur stehen und Ruhe genießen. Und Leute kennenlernen und dann die Tür wieder hinter mir zumachen.
Mein freundlicher Bankberater hatte mich kurz vor Weihnachten über meine finanzielle Situation informiert, die recht rosig schien. Ich hatte offenbar noch ein großzügiges Polster aus einer Lebensversicherung, nachdem die Schulden vom Haus abbezahlt waren. So stellte es sich jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt dar. Ralfs Kolleginnen und Kollegen beschenkten mich außerdem mit einer großzügigen finanziellen Unterstützung, und so wollte ich einen lang gehegten Traum wahr werden lassen: ein (fast) hölzernes Wohnmobil im Stil eines Zirkuswagens aus einer niederländischen Manufaktur zu kaufen.
Doch der Preis dafür, den ich seit dem Besuch einer Camping-Messe in Düsseldorf einige Jahre zuvor im Kopf spazieren trug, war bei Weitem nicht der realistische. In einem Telefonat mit dem Inhaber der Werkstatt stellte sich außerdem heraus, dass das Wohnmobil mindestens alle zwei Jahre abgeschliffen und neu lackiert werden musste. Als ich dann auch noch von der Wartezeit von über einem Jahr hörte, war der Traum endgültig zerplatzt.
Cool fand ich ansonsten auch die Vans mit Schiebetür. Muss man denn mit 50 Jahren noch cool wirken? Am liebsten ja.
Mit meiner Freundin schaute ich mir YouTube-Filme von seltsamen Campern an, die die Vor- und Nachteile solcher Vans schilderten. Wir lachten uns kringelig, und ich fragte mich, ob ich in Zukunft wirklich zu so einer Gruppe von Menschen dazugehören wollte. Wollte ich nicht.
Aber dennoch: Ich war sicher, dass ich, trotz aller Hässlichkeit, ein echtes Wohnmobil kaufen würde. Ich wollte eine richtig gemütliche Toilette und Dusche und eine große Sitzgruppe als »Wohnzimmer«. So zogen wir am nächsten Tag los und besuchten den Wohnmobilhandel in meiner Nachbarschaft. Auch das hatte ich von den YouTube-Filmen gelernt: Du hast ständig Malaisen mit so einem Teil, und dann ist es günstig, wenn du einen Händler in der Nähe hast.
Der gut gelaunte Verkäufer zeigte mir ein Wohnmobil von sechs Metern Länge. Es hatte ein Hub-Bett über der Sitzgruppe. Das war es! So eine Anordnung war genau die richtige: große Sitzgruppe und kein Bett, das Platz in Anspruch nimmt. Ein Bekannter hatte mir jedoch aus seiner Erfahrung zu einem sieben Meter langen Wagen geraten. Schließlich zeigte man mir dann ein Ausstellungsstück von Dethleffs, und das war perfekt! Und ist es in meinen Augen auch heute noch.
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, immer eine Nacht über alles zu schlafen, und das verkündete ich auch; aber dann bekam ich ein so tolles Angebot, dass ich sofort einschlug. So ist das mit Frau Bartsch und ihren Prinzipien.
...Erscheint lt. Verlag | 30.3.2023 |
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Zusatzinfo | Mit Fotos |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
Schlagworte | Achtsamkeit • Allein auf Reisen • Aussteigerin • Beachlife • Blogger • Dankbarkeit • Einsamkeit • Leben als Single • Lebenshunger • Neuer Partner • Niederlande • Nomadenleben • Norwegen • Reiseblog • Reisen • reisen in Zeiten von Corona • Spanien • tinder • Trauer • Trauerbewältigung • Trauma • Verlust • Witwe • Wohnmobil |
ISBN-10 | 3-8270-8062-2 / 3827080622 |
ISBN-13 | 978-3-8270-8062-2 / 9783827080622 |
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