Disziplin - die Macht der Selbstkontrolle (eBook)
320 Seiten
FinanzBuch Verlag
978-3-96092-982-6 (ISBN)
Ryan Holiday ist einer der weltweit führenden Denker und Autoren über antike Philosophie und ihre Anwendung im täglichen Leben. Er ist ein gefragter Redner, Stratege und Autor vieler Bestseller, darunter Dein Hindernis ist Dein Weg, Dein Ego ist dein Feind, Der tägliche Stoiker und der New York Times-Bestseller In der Stille liegt Dein Weg. Seine Bücher wurden in über 30 Sprachen übersetzt und von über zwei Millionen Menschen weltweit gelesen. Er lebt mit seiner Familie bei Austin, Texas. N/A
Ryan Holiday ist einer der weltweit führenden Denker und Autoren über antike Philosophie und ihre Anwendung im täglichen Leben. Er ist ein gefragter Redner, Stratege und Autor vieler Bestseller, darunter Dein Hindernis ist Dein Weg, Dein Ego ist dein Feind, Der tägliche Stoiker und der New York Times-Bestseller In der Stille liegt Dein Weg. Seine Bücher wurden in über 30 Sprachen übersetzt und von über zwei Millionen Menschen weltweit gelesen. Er lebt mit seiner Familie bei Austin, Texas. N/A
Einleitung
»Möchtest du ein großes Reich besitzen? Dann herrsche über dich selbst.«
Publilius Syrus
Wir leben in Zeiten des Überflusses und der Freiheit, die selbst für die uns unmittelbar vorangegangenen Generationen noch unvorstellbar gewesen wären. Ein ganz gewöhnlicher Bürger in einem modernen Land verfügt über solchen Luxus und derartige Möglichkeiten, auf die sogar die mächtigsten Könige früher keinen Zugriff hatten. Im Winter haben wir es warm, im Sommer kühl, und wir sind viel öfter übersättigt als hungrig. Wir können fahren, wohin wir wollen. Tun, was wir wollen. Glauben, was wir wollen. Mit einem Fingerschnippen können wir Vergnügungen und Zeitvertreib herbeizaubern.
Ist es Ihnen langweilig dort, wo Sie sind? Dann verreisen Sie.
Sie hassen Ihren Job? Wechseln Sie ihn.
Sie begehren etwas? Gönnen Sie es sich.
Sie haben eine bestimmte Meinung? Äußern Sie sie.
Sie möchten etwas haben? Kaufen Sie es sich.
Sie träumen von etwas? Verfolgen Sie Ihren Traum.
Fast alles, was Sie wollen, wann auch immer Sie es wollen, wie Sie es gerne haben möchten, bekommen Sie. Das gilt als unser Menschenrecht, so wie es sein sollte. Jedoch … Was haben wir angesichts dessen vorzuweisen? Sicherlich kein allgemeines Wohlbefinden. Jeder von uns wird gestärkt, von allen Fesseln befreit, vom Schicksal über alle Maßen gesegnet … Warum sind wir dann so verdammt unglücklich?
Weil wir Freiheit mit Freizügigkeit verwechseln. Freiheit ist aber gemäß Eisenhowers berühmtem Ausspruch nur die »Gelegenheit zur Selbstdisziplinierung«. Wenn wir uns nicht treiben lassen wollen, verletzlich, durcheinander, zusammenhanglos existieren möchten, dann müssen wir die Verantwortung für uns übernehmen. Die moderne Technik, der Zugang zu allen möglichen Dingen, der Erfolg, die Macht, die Privilegien – das alles ist nur ein Segen, wenn es von der zweiten der Kardinaltugenden begleitet wird: der Selbstbeherrschung.
Temperantia
Moderatio
Enkrateia
Sophrosyne
Majjhimāpatipadā
Zhongyong
Wasat
Von Aristoteles bis Heraklit, vom Heiligen Thomas von Aquin bis zu den Stoikern, von der Ilias bis zur Bibel, im Buddhismus, im Konfuzianismus, im Islam – die Alten hatten viele Ausdrücke und viele Symbole für das, was auf ein zeitloses Gesetz des Universums hinausläuft: Wir müssen uns selbst in Zaum halten, sonst riskieren wir den Ruin. Oder die Unausgeglichenheit. Oder eine Funktionsstörung. Oder eine Abhängigkeit.
Natürlich leidet nicht jeder unter vom Überfluss verursachten Problemen, aber jeder profitiert von Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung. Das Leben ist nicht gerecht. Nicht jede Existenz wird gleichermaßen beschenkt. Und die Folge dieser Ungerechtigkeit ist, dass diejenigen von uns, die aus einer benachteiligten Position ins Leben starten, noch mehr Disziplin aufbringen müssen, um eine Chance zu haben. Sie müssen härter arbeiten, sie haben weniger Spielraum für Fehler. Aber sogar all jene Menschen, die weniger Freiheiten haben, müssen täglich unzählige Entscheidungen darüber treffen, welchem Verlangen sie nachgeben, welche Handlungen sie ergreifen, was sie von sich selbst akzeptieren oder verlangen.
So gesehen, sitzen wir alle im selben Boot: Sowohl die vom Schicksal Begünstigten als auch die weniger Begünstigten müssen lernen, mit ihren Gefühlen umzugehen, sich bestimmter Handlungen zu enthalten, wenn dies ratsam erscheint, und entscheiden, an welchen Normen sie sich orientieren wollen. Wir müssen uns selbst beherrschen, wenn wir nicht von anderen Personen oder Dingen beherrscht werden wollen.
Man könnte sagen, dass jeder von uns ein höheres und ein niederes Selbst hat, und dass diese beiden Identitäten in einem ständigen Kampf miteinander stehen. Es geht um das Können gegen das Sollen. Es geht darum, was wir uns erlauben können, und darum, was das Beste wäre. Es geht um die Seite, die sich konzentrieren kann, und die Seite, die sich leicht ablenken lässt. Die Seite, die sich bemüht und etwas erreicht, gegen die Seite, die sich erniedrigt und Kompromisse eingeht. Die Seite, die das Gleichgewicht sucht, gegen die Seite, die das Chaos und die Ausschweifung liebt.
In der Antike wurde dieser innere Kampf als Akrasia bezeichnet, aber in Wirklichkeit geht es wieder um Herkules am Scheideweg.
Wofür werden wir uns entscheiden? Welche Seite wird gewinnen? Wer werden Sie sein?
Die ultimative Form von Größe
Im ersten Buch dieser Reihe über die Kardinaltugenden wurde Mut definiert als die Bereitschaft, das eigene Leben aufs Spiel zu setzen – für eine Sache, für eine Person, für etwas, von dem Sie wissen, dass Sie es tun müssen.
Selbstdisziplin – die Tugend der Mäßigung – ist sogar noch wichtiger, denn es ist die Fähigkeit, sich dauerhaft einer derartigen Gefahr auszusetzen.
Die Fähigkeit …
… hart zu arbeiten
… nein zu sagen
… gute Gewohnheiten zu pflegen und sich Grenzen zu setzen
… zu trainieren und sich vorzubereiten
… Versuchungen und Provokationen zu ignorieren
… die eigenen Gefühle im Zaum zu halten
… qualvolle Schwierigkeiten zu ertragen.
Selbstdisziplin bedeutet, alles zu geben … und zu wissen, was man zurückhalten muss. Enthält diese Aussage einen Widerspruch? Nein, nur Ausgewogenheit. Manchen Dingen gehen wir nach, manchen widerstehen wir; dabei handeln wir stets maßvoll, durchdacht und vernünftig, ohne uns dabei aufreiben oder mitreißen zu lassen.
Mäßigung bedeutet nicht Entbehrung, sondern Selbstbeherrschung in körperlicher, intellektueller und seelischer Hinsicht – immer das Beste von sich selbst zu verlangen, auch wenn niemand hinschaut, auch wenn man mit weniger auskommen würde. Eine derartige Lebensweise erfordert Mut – nicht nur, weil sie schwer ist, sondern weil man damit in der heutigen Zeit eine Ausnahme darstellt.
Disziplin ermöglicht deshalb Vorhersagen über die Zukunft und bestimmt diese. Durch Disziplin erhöht sich für Sie die Wahrscheinlichkeit, erfolgreich zu sein; aber unabhängig von dem, was passiert, egal, ob es ein Erfolg oder ein Fehlschlag wird, können Sie sich großartig fühlen. Umgekehrt gilt, dass ein Mangel an Disziplin Sie in Gefahr bringt und Ihre Persönlichkeit negativ prägt.
Kehren wir zurück zu Eisenhower und seiner Überzeugung, dass Freiheit die Gelegenheit zur Selbstdisziplinierung eröffnet. Hat er dies nicht durch sein eigenes Leben bewiesen? Er musste sich zunächst etwa 30 Jahre lang auf nicht sehr glamourösen Militärposten abrackern, bevor er sich den Rang eines Generals verdient hatte. Und er musste zunächst von den Vereinigten Staaten aus ohne direkte Mitwirkung verfolgen, wie seine Kollegen auf dem Schlachtfeld Medaillen und Ruhm erwarben. Als er 1944 zum Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg ernannt wurde, befehligte er plötzlich eine Armee von etwa drei Millionen Mann, welche nur die Spitze einer Kriegsanstrengung darstellten, an der letztlich mehr als 50 Millionen Menschen beteiligt waren. Mit dieser Verantwortung, als militärischer Kommandant eines Bündnisses von Nationen mit insgesamt mehr als 700 Millionen Einwohnern, entdeckte er, dass er dadurch keineswegs von allen Regeln befreit war, sondern dass er ganz im Gegenteil nunmehr strenger als je zuvor zu sich selbst sein musste. Er gelangte zu der Einsicht, dass man Menschen am besten nicht durch Zwang oder Befehle führt, sondern durch Überzeugungskraft, durch Kompromisse, durch Geduld, durch Zügelung des eigenen Temperaments und vor allem durch das eigene Vorbild.
Am Ende des Krieges stand er als der größte aller Sieger da, denn er hatte einen Kampf von einem Umfang gewonnen, mit dem noch nie zuvor ein militärischer Kommandant konfrontiert gewesen war (und hoffentlich auch nie mehr sein wird). Zum Präsidenten gewählt, mit der Verfügungsgewalt über ein neu geschaffenes Arsenal an Atomwaffen, war er buchstäblich der mächtigste Mensch auf Erden. Es gab nahezu keine Person und keinen Sachverhalt, die seine Entscheidungen konditionieren konnten, nichts, was ihn aufhalten konnte, niemanden, der nicht bewundernd zu ihm aufblickte oder in Furcht vor ihm zurückwich. Doch während seiner Präsidentschaft gab es keine neuen Kriege, keinen Einsatz der schrecklichen Atomwaffen, keine Eskalation von Konflikten, und er verließ sein Amt mit hellsichtigen Warnungen über die Mechanismen, die zum Krieg führen, über die Gefahren des sogenannten militärisch-industriellen Komplexes. Der auffälligste Gebrauch von militärischer Gewalt in Eisenhowers Amtszeit war die Entsendung der 101st Airborne Division, um eine Gruppe schwarzer Kinder zu schützen, die zum ersten Mal eine bis dahin weißen Kindern vorbehaltene Schule besuchten.
Und in welche Skandale war er verwickelt? Bereicherte er sich an öffentlichen Geldern? Brach er seine Versprechen? Nichts von alledem. Seine Größe, wie jede wahre Größe, beruhte nicht auf Aggressivität oder Egozentrik, auch nicht auf seiner Zielstrebigkeit oder der Höhe seines Reichtums, sondern auf Bescheidenheit und Zurückhaltung – auf seiner Selbstbeherrschung, die ihn würdig machte, über andere zu herrschen. Vergleichen Sie ihn mit den Eroberern seiner Epoche: Hitler. Mussolini. Stalin. Oder mit anderen militärischen Zeitgenossen: MacArthur. Patton. Montgomery. Oder mit Führungspersönlichkeiten aus der Vergangenheit: Alexander dem Großen. Xerxes. Napoleon. Was am Ende Bestand hat, was wir wirklich bewundern, ist nicht der Ehrgeiz, sondern die Selbstkontrolle. Die Selbsterkenntnis. Die Ausgewogenheit.
In seiner Jugend hatte Eisenhowers Mutter ihm einen...
Erscheint lt. Verlag | 16.10.2022 |
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Reihe/Serie | Die vier stoischen Tugenden |
Übersetzer | Thomas Stauder |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
Schlagworte | Agora • Antike • Bedacht • Charaktereigenschaft • Einklang • Enthaltsamkeit • Fokus • Gelassenheit • Geschichte • Gleichgewicht • Griechenland • Kaiser • Mitte • Philosophie • Respekt • Rom • Stoiker • Verzicht • Vorhersagen • Weisheit |
ISBN-10 | 3-96092-982-X / 396092982X |
ISBN-13 | 978-3-96092-982-6 / 9783960929826 |
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