Der Logos und die Dialektik von Sein und Werden, Selbst und Persona (eBook)
188 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7557-4547-1 (ISBN)
Elias Johannes Benedikt, Dr. phil., geb. in Wien. Studium der Philosophie, Mathematik und theoretischen Physik an den Universitäten Wien und Stuttgart. Mehrere Jahre in Forschung und Lehre mit Schwerpunkten Applied Theory of Dynamic Systems, Bildungs- und Raumplanung. Heute Seminarleiter, Philosoph und Vermittler emotionaler Heilung.
1. Logos und Logoslehre
1. 1 Begriffsbestimmung: Der Logos als die schöpferische Kraft Gottes
Ursprung, Mitte und Ende alles Seienden und allen Lebens wie auch aller Erkenntnis ist der Logos. Wie es heißt: „Alle Dinge haben eine obere Wurzel.“ (Plato, Plotin, Eckhart, Sohar, Baal-Shem-Tov, Reb Nachman von Brazlav)
Im platonischen, biblischen und vedischen Sinne begreifen wir den Logos ganz ursprünglich sowohl als kosmische Intelligenz als auch als die geistige Schöpfungskraft Gottes. Insbesondere das platonisch inspirierte Johannes-Evangelium hat ihn als solche gefaßt. Er ist die Urkraft, die jedes Seiende hervorbringt und gestaltet.
Im Folgenden möchte ich die wesentlichen Eigenschaften und Aspekte des Logos einzeln aufzählen:
1. Zuallererst verstehen wir den Logos als die schöpferische Kraft Gottes, ganz im Sinne des Fiat Lux der Schrift, wie es dort heißt: „Bereshit bara Elohim (eth-ha-shamajim wa-eth-ha-aretz) ...Wajomar Elohim: (Jehi or wa-jehi or)‘.“ – „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde ... Gott sprach: Es werde Licht ..., und es ward Licht ...“ (Gen. 1. 1 & 3) bzw. im Johannes-Evangelium:
Εν αρχη ην λογος, και ο λογος ην προς τον ϑεον, και ϑεος ην ο λογος. αυτος ην εν αρχη προς τον ϑεον.
παντα δι αυτου εγενετο, και χωρις αυτου εγενετοουδε εν, ο γεγονεν.
εν αυτω ζωη ην, και η ζωη ην το ϕως των ανϑρωπων. και το ϕως εν τη σκοτια ϕαινει, και η σκοτια αυτο ου κατελαβεν. (Κατα Ιωαννην 1. 1 − 5)
zu Deutsch:
„Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Und alles, was gemacht (geschaffen) ist, ist durch das Wort gemacht (geschaffen). Und nichts, was gemacht (geschaffen) ist, ist ohne es gemacht (geschaffen). Und das Wort ist das Leben und das Leben ist das Licht des Menschen.“ (Joh. 1. 1 – 4)
Im Sanskrit wird der Logos als „Matrika-Shakti“ (mütterliche Urkraft) wie auch als „Vak“ oder „Paravak“ (Wort oder Urwort) bezeichnet.
Dementsprechend heißt es im Rig-Veda:
„Prajapatir vai idam-agre-asit
Tasya vak dvitya-asit
Vak vai Paramam Brahman.“
„Im Anfang war Gott (Prajapati – der Schöpfer);
Mit Ihm war das Wort.
Und das Wort war wahrhaftig das höchste Brahman.“
Murdo McDonald-Bayne faßte Geist und Gehalt dieser Verse in seinen Johannesburger Reden in moderne Sprache. Da heißt es:
„Gott ist Geist, nicht ein Geist, sondern Geist. Der Geist ist in sich selbst vollkommen; er hat die Macht, sich zu offenbaren, sich die Formen zu schaffen, derer er bedarf, um sich auszudrücken. [Denn Gottes Wesen ist Mitteilsamkeit. (Plato, Plotin, Eckhart)]
... Der Geist Gottes war, bevor die Welt gebildet wurde, und der Geist ist Fleisch geworden und wohnt auf der Erde, dennoch ist es derselbe Geist, der im Himmel wohnt.
„... Die vollkommene schöpferische Kraft – der Geist Gottes – wirkt schöpferisch in Ihrem eigenen Ewigen Sein, worin es keine Teilung gibt.“
„Geist ist Bewußtsein, und Bewußtsein wirkt ... vermittels seiner intelligenten Tätigkeit. Das Bewußtsein und die Intelligenz Gottes offenbart sich in allem, was lebt.“ (M. McDonald-Bayne: Göttliche Heilung, 3. 27; 7. 53 – 54)
Durch die Kraft des Wortes antizipiert der Logos die ihm innewohnenden Ideen und Eide in einer Innenschau als Gedanken und Intentionen und durch die Kraft des Wortes materialisiert er diese Ideen, Eide, Gedanken und Intentionen in fein- oder grobstoffliche Formen und Gestalten.
Der Grund des Wirkens des Logos und alles in ihm Liegenden liegt nicht außerhalb seiner, sondern allein in ihm selbst. Wie es heißt: „Im göttlichen Bereich wirkt alles ‚ohne Worumwillen’, weil alles eins ist und daher um seiner selbst willen wirkt.“ (Cusanus)
Das bedeutet, daß der Logos als der Ursprung und die Wurzel aller Dinge in Gott, als der Quellgrund aller Bewegung und allen Lebens, und als der Punkt ihrer Koinzidenz und ihrer Rückkehr in Ihn zu fassen ist. Er ist die erste, höchste und einzige Ursache aller Dinge und aller Bewegung.
Ganz in diesem Sinne heißt es auch bei Shankaracharya: „Dieses sichtbare Universum hat seine Wurzel in der gedanklichen Schöpfungskraft des Geistes.“ (Shankara: Viveka Chudamani, Vers 407);
Auch bei manchen der griechischen und christlichen Denker, Seher und Philosophen finden wir ähnliche Zeugnisse:
Schon Heraklit, der Vater der Logoslehre, sagte: „Alles entsteht gemäß dem Logos und wird von ihm geleitet.“ ... „Der Logos ist es, der Alles in Allem durchwaltet.“ Und bei Philo heißt es: „Τελειος λογος αρχη γενεσεως − der vollendete Logos ist das Urprinzip der Schöpfung.“
„Der Logos wird Arche (Anfang und Haupt; Hebräisch: Resh) genannt, weil er das Prinzip und der Herr (κυριος) aller Dinge ist, die durch ihn geschaffen wurden.“ (Theophilus) Dementsprechend schreibt Philo dem Logos zwei Vollmachten zu. Die eine nennt er die erschaffende Gewalt (δυναμις ποιητικη). Sie bezieht sich, wie ihr Name sagt, auf die Erschaffung der Welt. Die andere nennt er die königliche Gewalt (δυναμισ βασιλικη), „durch die der Demiurg das Erschaffene lenkt“.
Facit: „Der Logos ist nicht nur der Ursprung (αρχη, δημιουργος), sondern auch der bleibende Lenker des Alls (διοικων τα παντα).“ Seine Natur ist Sein und Wirken.
Ferner: Der Logos ist Same und Wurzel aller Welten, Wesen und Dinge: „Das erste [Prinzip] ist das Feuer, das gleichsam als Samen des Alls die Logoi enthält, die Ursachen von allem, was entstanden ist, was entsteht und was sein wird.“ (Eusebius) Die Stoa nannte diese Samen ‚λογοι σπερματικοι’. Philo sagte: „Der Same ist das Wort Gottes“ – „Ο σπορος εστιν ο λογος του ϑεου.“ Dieser Logos bildet den Kern und die Mitte eines jeden lebenden Wesens und geschaffenen Dinges.
Der geschaffene Kosmos ist Aufrollung des Logos in Raum und Zeit. Seine erste Manifestation ist die ψυχη (All-Seele) als Entfaltung der im Nous verborgenen Ideenfülle. Diese Ideenfülle ist selbst der Logos und das dem Nous innewohnende Leben. Seinsfülle ist Leben. In der Seele nimmt seine (des Logos und des Lebens) Entfaltung ihren Anfang und in der Emanation des Kosmos kommt sie zur Blüte und Vollendung. Der Logos ist ihr Same und der Kosmos die Frucht ihrer Entfaltung.
Aber auch im Menscheninnern wohnen heilige Funken oder Monaden (αποσπασμαι, Hebräisch: Jechidot), die Same, Kern und Wurzel seiner zur Entfaltung drängenden Seele sind. Ihr Aussprießen und ihre Entfaltung zu einem differenzierten Individuum, Charakter und Bewußtsein erfolgt zwar gesetzmäßig gemäß der inneren δυναμισ und ενεργεια (bzw. dem πνευμα) (Hebräisch: Ruach Ha-Kodesh) des Logos (Sanskrit: Kundalini Shakti), aber nicht zwangsläufig; sie wird nicht vom Kosmos selbst besorgt. Justinus der Märtyrer gebrauchte für diesen Geistfunken in der Seele den Ausdruck:...
Erscheint lt. Verlag | 21.12.2021 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Philosophie ► Metaphysik / Ontologie |
ISBN-10 | 3-7557-4547-X / 375574547X |
ISBN-13 | 978-3-7557-4547-1 / 9783755745471 |
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