Die Ringwälle (eBook)
136 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7543-9335-2 (ISBN)
A. Allgemeiner Teil.
I. Geschichtlicher Rückblick auf die Ringwallforschung
Lange schon beschäftigt sich die Wissenschaft mit der Erforschung der menschlichen Siedlungen, namentlich auch mit den Siedlungen der prähistorischen Zeit. Die Gräberforschung, die schon einige Jahrhunderte blüht, zeitigte reiche Ergebnisse, die in ein geordnetes System gebracht werden konnten. An einer Siedlungsstätte aber, ging man bis vor einigen Jahrzehnten achtlos vorüber, dem Ringwall. Eigentlich ist es verwunderlich, daß er so wenig Beachtung gefunden hat; denn Gelegenheit genug bot sich, ihn zu erforschen. Häufig findet er sich vergesellschaftet mit Urnenfeldern, oder in Verbindung mit Pfahlbauten. Man sollte glauben, die große Zahl der Ringwälle, ihr teilweise gehäuftes Auftreten in einzelnen Bezirken (so in der Oberlausitz) hätte schon früh zu einer systematischen Erforschung geführt. Dem ist aber nicht so. Der erste, der sich eingehend mit ihnen beschäftigte, war der Hauptmann Oskar Schuster in seinem Buche: Die alten Heideschanzen Deutschlands. Dresden 1869. Ihm waren etwa 350 Wälle in Deutschland bekannt. Zu einer beträchtlich größeren Zahl kam dann für das östliche Deutschland allein Dr. Robert Behla. Sein Werk betitelt sich: Die vorgeschichtlichen Rundwälle im östlichen Deutschland. Berlin 1888. Für dieses Gebiet, das die preußischen Provinzen östlich der Elbe, die beiden Mecklenburg, die Provinz Sachsen und den Freistaat Sachsen umfaßt, stellte er durch seine Nachforschungen 1049 Wälle zusammen. In der Provinz Posen sammelte in den siebziger und in den ersten achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts der Gymnasialdirektor Dr. W. Schwartz, „Materialien zur prähistorischen Kartographie der Provinz Posen“ und veröffentlichte sie in den Programmen des Friedrich Wilhelm-Gymnasiums zu Posen in den Jahren 1875, 1880 und 1881. In diesen Materialien sind die Ringwälle besonders vertreten. Ihre Kenntnis beruht teils auf eigener Untersuchung, teils auf Hoffmann, Verzeichnis sämtlicher Ortschaften des Regierungsbezirks Bromberg, 1860, teils stützt sie sich auf die Generalstabskarten, soweit sie bis dahin erschienen waren.
Allgemeine Veröffentlichungen und Zusammenstellungen von Ringwällen für das ganze Deutschland sind nach dem Erscheinen des Behlaschen Buches nicht mehr erfolgt. Wohl aber ist von dem Jahre 1888 ab ein reges Interesse an der Ringwallforschung wahrnehmbar. Die einzelnen Jahrgänge der „Zeitschrift für Ethnologie“, des „Mannus“, der „Prähistorischen Zeitschrift“ und die „Mannus Bibliothek“ legen ein beredetes Zeugnis dafür ab. In allen Provinzen begann nun eifrige Arbeit, die sich teilweise zu zusammenhängenden Veröffentlichungen verdichtete. In der Provinz Posen ruhte die systematische Ringwallforschung mit dem Weggange von Dr, W. Schwartz. Einzelforschungen unternahm auf Grund der Schwartzschen Materialien Professor Dr. Rudolf Virchow, der auch den Kreisarzt Dr. Robert Koch, den nachmals so berühmten Forscher, zu Untersuchungen veranlaßte. Deren Ergebnisse werden an anderer Stelle noch Erwähnung finden. Andere Einzeluntersuchungen aus der Provinz sind dann noch in den späteren Jahrgängen der Zeitschrift für Ethnologie veröffentlicht; sie erfolgen vielfach auf Veranlassung des Königlichen Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Durch das Kultusministerium angeregt, erließ dieses auch eine Zirkular-Verfügung vom 15. August 1888, wonach die Königlichen Regierungen und Oberförstereien angewiesen wurden, auf die Erhaltung der Rundwälle, soweit sie sich auf Domänen und forstfiskalischem Grund und Boden befinden, Bedacht zu nehmen und von weiteren Auffindungen von Rundwällen Mitteilung zu machen.
II. Form und Material
Schuster hat die Ringwälle nach ihrer Form in drei Gruppen geteilt. Er unterscheidet runde, halbmondförmige und kegelförmige Wälle. Die erste Gruppe umschließt alle Wälle von kreisrunder, ovaler, oder mehr, oder minder viereckiger Gestalt. Letztere haben durchweg abgestumpfte Ecken2. Die halbmondförmigen Wälle sind meistens in ihrer Gestalt anhängig von ihrem Standorte. Sie finden sich nämlich da, wo der Ausbau eines vollen Ringwalles nicht nötig war, weil die eine Seite entweder an einen Abhang stößt, oder von einem Steilufer begrenzt wird. Die Wälle der dritten Gruppe endlich, sind abgestumpfte Kegel, die äußerlich oftmals von einem Ringwall der ersten Gruppe kaum zu unterscheiden sind; erst wenn man ihre Krone besteigt, sieht man, daß ihnen der Kessel, der vom Wall umschlossen wird, fehlt. Dieser Kessel zeigt bei den meisten Ringwällen die Eigentümlichkeit, daß seine Basis höher liegt, als die Sohle der ganzen Anlage; oft ist der Abstand zwischen beiden recht beträchtlich3.
Bei größeren Anlagen findet sich zuweilen innerhalb des Kessels ein Kegelstumpf, der über den Wall entweder gar nicht, oder nur wenig emporragt. Es ist dies sozusagen eine Verbindung zwischen der Napfform und der Kegelform. Die Kegelförmigen Wälle sind fast stets mit einem Graben umgeben; bei manchen findet sich in der Gegenwart allerdings kaum noch eine Anlage davon. Der Graben tritt bei den vollen und halbmondförmigen Ringen weniger häufig auf4.
Die ovalen Ringwälle sind nicht auf Ostdeutschland (Lissauer weist sie für Westpreußen, Haas für Rügen, Schumann für Pommern nach) beschränkt, sondern treten auch in SW-Deutschland auf. So haben die neolithischen Ringwälle im Elsaß auch ovale Form5.
Das Hauptmerkmal aller Formen ist die künstliche Aufschüttung. Das Material dazu stammt in den meisten Fällen aus der nächsten Umgebung. Es kommt Ackererde, Moorerde, oder auch Sand zur Verwendung. Zuweilen ist in geschickter Weise ein gegen ein Tal vorspringender Hügel mit in die ganze Wallanlage hineinbezogen worden6. Auch finden sich kegelförmige Wälle, die aus einer natürlichen Anhöhe herausgeschnitten sind7. Bei Anlagen im sumpfigen Gelände kommen Pfahlroste als Unterlage des Walles vor. So fand Dr. W. Schwartz bei dem Wall von Groß-Topola, Kreis Adelnau, ein packwerkartiges Fundament aus behauenen Eschen- und Eichenstämmen. Kohn und Mehlis8 sagen, nach Dr. Szulce, von der Schanze (Grodzisko) bei Giecz, Kr. Schroda, aus, daß die Wälle auf einem Roste von Bohlen, der auf eichenen, in den Sumpf gerammten Pfählen ruht, aufgeschüttet sind. Nach Virchow ist die Stadt Priment im Kreise Bomst vollständig auf einer künstlichen Aufschüttung im Moore gelegen. Die ersten Anlagen wurde auf einer Pfahlunterlage begonnen, wie zahlreiche noch stehende und herausgenommene Pfähle beweisen. Dasselbe behauptet Schwartz von einem Teil der Stadt Adelnau im gleichnamigen Kreise.
Prof. Deecke9 ist der Meinung, daß die jetzigen Städte Pommerns alle entweder auf alten slawischen Burgwällen gegründet, oder doch an solchen Stellen gelegen seien, die sich auch zur Anlage eines solchen Burgwalles geeignet hätten. Prof. Dr. Walther-Stettin10 hat sich schon 1889 im ähnlichen Sinne geäußert.
In unserer Provinz sind alle drei Arten der Ringwälle zu finden. Wenn Schuster meint, daß die halbmondförmigen Wälle sich häufiger fänden, als die runden, so trifft das für die Provinz Posen nicht zu. Letztere sind in größerer Zahl vorhanden.
Auch C. Schuchhardt11 behauptet: „Wirkliche Ring- und Rundwälle sind kaum die Hälfte der alten Anlagen.“ Die Posener Wälle beweisen, daß ein Urteil in solcher Allgemeinheit nicht ausgesprochen werden sollte, ohne das Gesamtmaterial zu kennen.
H. Hofmeister, „Die Wehranlagen Nordalbingiens“ führt auch nur Vollringe auf. Der einzige dort bekannte halbmondförmige Ring ist auf dem Stülper Huk gelegen. Von diesem ist aber auch, wie bei dem Ringwall von Fordon an der Weichsel, die eine Hälfte wahrscheinlich vom Wasser verschlungen worden. Am zahlreichsten sind die kegelförmigen Aufschüttungen. Sie treten nicht nur alleinstehend auf, sondern häufig finden sie sich in unmittelbarer Nähe der Ringwälle, oder doch nicht in so großer Entfernung, als daß sie nicht noch vom Ringwall aus gesehen werden könnten12.
Die selbe Wahrnehmung hat C. Schuchhardt gemacht13. Er spricht die kegelförmigen Wälle darum als „Warthügel“, oder „Warten“ an, indem er sich der Meinung von Schuster anschließt, daß sie für Wachtposten und Feuersignale benutzt wurden. Doch führt Schuster für diese Kegel den Namen „Spitzwall“ ein, eine neutrale Bezeichnung, die von hier ab auch in dieser Abhandlung für derartige Aufschüttungen gebraucht werden wird. Sie allgemein als „Warten“ zu bezeichnen, verbietet sich, weil bei den isoliert liegenden Spitzwällen eine solche Bezeichnung durchaus unzutreffend wäre. Schuster...
Erscheint lt. Verlag | 6.10.2021 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Regional- / Ländergeschichte |
ISBN-10 | 3-7543-9335-9 / 3754393359 |
ISBN-13 | 978-3-7543-9335-2 / 9783754393352 |
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