Die Lehren der Geschichte (eBook)

5000 Jahre Menschheitsgeschichte auf gerade einmal 150 Seiten, verfasst von zwei der größten Vordenker unserer Zeit

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
144 Seiten
FinanzBuch Verlag
978-3-96092-680-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Lehren der Geschichte -  Will Durant
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Mit Die Lehren der Geschichte haben die Historiker und Pulitzer-Preisträger Will und Ariel Durant eine kompakte und meisterhafte Bestandsaufnahme der Kultur und Zivilisation der Menschheit geschaffen. In ihrem anschaulichen Kompendium der Philosophie und des sozialen Fortschritts, Teil ihres elfbändigen Werks The Story of Civilization mit mehr als zwei Millionen verkauften Exemplaren, reisen die Autoren durch 5000 Jahre Menschheitsgeschichte. Großen Ideen, Genies und Errungenschaften stellen sie die dunklen Seiten der Geschichte gegenüber und machen damit die Bedeutung für unsere Gegenwart deutlich.

Will Durant (1885-1981), verbrachte mehr als 50 Jahre damit, sein elfbändiges Werk »The Story of Civilization« zu verfassen, wobei ihn seine Frau als Co.-Autorin unterstützte. Für den 10. Band wurden die Autoren 1968 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Zudem erhielten sie 1977 die Presidential Medal of Freedom (Freiheitsmedaille des Präsidenten), eine der höchsten zivilen Auszeichnungen der USA.

Will Durant (1885–1981), verbrachte mehr als 50 Jahre damit, sein elfbändiges Werk »The Story of Civilization« zu verfassen, wobei ihn seine Frau als Co.-Autorin unterstützte. Für den 10. Band wurden die Autoren 1968 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Zudem erhielten sie 1977 die Presidential Medal of Freedom (Freiheitsmedaille des Präsidenten), eine der höchsten zivilen Auszeichnungen der USA.

III. BIOLOGIE UND GESCHICHTE


Die Geschichte ist ein Fragment der Biologie: Das Leben des Menschen ist ein Teil der wechselhaften Lebewesen zu Land und zu Wasser. Manchmal, wenn wir an einem Sommertag allein in den Wäldern umherwandern, hören oder sehen wir die Bewegungen von hundert Arten fliegender, springender, kriechender, krabbelnder, wühlender Organismen. Die aufgeschreckten Tiere huschen bei unserem Kommen davon, die Vögel stieben auseinander, die Fische zerstreuen sich im Bach. Plötzlich wird uns bewusst, zu welch gefährlicher Minderheit wir auf diesem unparteiischen Planeten gehören, und für einen Moment haben wir das gleiche Gefühl, das auch diese verschiedenartigen Bewohner offenkundig haben, nämlich dass wir vorüberziehende Eindringlinge in deren natürlichem Lebensraum sind. Dann fallen all die Chroniken und Errungenschaften des Menschen demütig an den ihnen angemessenen Platz innerhalb der Zeitgeschichte und des polymorphen Lebens. Unser gesamter wirtschaftlicher Wettbewerb, unser Kampf um Partner, unser Hunger und unsere Liebe und unsere Trauer und unser Krieg ähneln dem Suchen, der Verpaarung, dem Streben und dem Leiden, die sich unter diesen umgestürzten Bäumen oder Blättern oder in den Gewässern oder auf den Ästen verstecken.

Daher sind die Gesetze der Biologie die Grundlehren der Geschichte. Wir sind den Prozessen und Prüfungen der Evolution unterworfen, dem Existenzkampf und dem Gesetz des Überlebens des Stärkeren, um zu überleben. Wenn es so scheint, als könnten manche von uns diesen Kämpfen und Prüfungen entgehen, liegt das daran, dass unsere Gruppe uns schützt – aber die Gruppe selbst muss sich den Prüfungen des Überlebens stellen.

Die erste biologische Lektion der Geschichte lautet also: Leben ist Wettbewerb. Dieser Wettbewerb verläuft friedlich, wenn Nahrung im Überfluss vorhanden ist, und gewalttätig, wenn es mehr Münder zu stopfen gibt, als Nahrung existiert. Tiere fressen einander ohne Skrupel; zivilisierte Menschen zerfleischen sich gegenseitig in einem ordentlichen Gerichtsverfahren. Natürlich gibt es auch Zusammenarbeit, die mit der sozialen Entwicklung zunimmt, sie ist aber hauptsächlich ein Werkzeug und eine Form des Wettbewerbs. Wir arbeiten innerhalb unserer Gruppe – unserer Familie, Gemeinschaft, unserem Club, unserer Kirche, unserer Partei, unserer Ethnie oder unserer Nation – zusammen, um unsere Gruppe in ihrem Wettbewerb mit anderen Gruppen zu stärken. Konkurrierende Gruppen haben die gleichen Eigenschaften wie konkurrierende Individuen: Besitzgier, Kampfeslust, Parteinahme, Stolz. Unsere Staaten – die wir selbst in multiplizierter Form sind – sind genau wie wir. Sie zeigen unsere Natur wie durch ein Vergrößerungsglas und handeln wie wir – im Guten wie im Schlechten –, nur eben in gigantischem Ausmaße. Wir sind gewinnsüchtig, gierig und kampflustig, weil unser Blut sich an die Jahrtausende erinnert, in denen unsere Vorfahren jagen, kämpfen und töten mussten, um zu überleben, und in denen sie bis an die Grenze ihrer Magenkapazität essen mussten, aus Angst, dass sie so bald nicht wieder ein solches Festmahl bekommen würden. Krieg ist die Art und Weise, wie Nationen essen. Er fördert die Zusammenarbeit, weil er die ultimative Form des Wettbewerbs ist. Bis unsere Staaten Mitglieder einer großen und effektiv schützenden Gruppe werden, verhalten sie sich weiterhin wie Einzelpersonen und Familien auf der Jagd.

Die zweite biologische Lektion der Geschichte lautet, dass Leben Auslese bedeutet. Im Wettstreit um Nahrung, Partner oder Macht sind einige Organismen erfolgreich und andere erfolglos. Im Überlebenskampf sind einige Individuen besser als andere gerüstet, um die zahlreichen Prüfungen zu überstehen. Da die Natur (an dieser Stelle sind damit die absolute Realität und deren Prozesse gemeint) die amerikanische Unabhängigkeitserklärung oder die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte nicht sehr sorgfältig gelesen hat, werden wir alle unfrei und ungleich geboren: Wir sind unserem physischen und psychischen Erbgut sowie den Sitten und Gebräuchen unserer Gruppe unterworfen, wir besitzen ein unterschiedliches Maß an Gesundheit und Stärke, geistiger Kapazität und charakterlichen Eigenschaften. Die Natur liebt die Verschiedenartigkeit als notwendige Voraussetzung für Selektion und Evolution. Eineiige Zwillinge unterscheiden sich auf hundertfache Weise, und keine zwei Erbsen sind gleich.

Ungleichheit ist nicht nur natürlich und angeboren, sie wächst mit der Komplexität der Zivilisation. Erblich bedingte Ungleichheiten führen zu sozialen und künstlich zugeschriebenen Ungleichheiten. Jede Erfindung oder Entdeckung geht auf ein außergewöhnliches Individuum zurück und macht den Starken stärker, den Schwachen relativ schwächer als zuvor. Die wirtschaftliche Entwicklung führt zu Spezialisierung und damit zu unterschiedlichen Fähigkeiten und sorgt so dafür, dass einzelne Personen für ihre Gruppe unterschiedlich wertvoll sind. Wenn wir unsere Mitmenschen ganz genau kennen würden, könnten wir dreißig Prozent von ihnen auswählen, deren kombinierte Fähigkeiten denen aller anderen entsprechen würden. Das Leben und die Geschichte tun genau das, mit einer überwältigenden Ungerechtigkeit, die an Calvins Gott erinnert.[4]

Die Natur lächelt über die einträchtige Koexistenz von Freiheit und Gleichheit in unseren Utopien. Denn Freiheit und Gleichheit sind eingeschworene und ewige Feinde. Siegt der eine, stirbt der andere. Lässt man Menschen frei, so werden sich deren natürliche Ungleichheiten vervielfachen, wie in England und Amerika im 19. Jahrhundert unter Laissez-faire-Maßgabe. Um eine Zunahme der Ungleichheit einzudämmen, muss die Freiheit geopfert werden, wie in Russland nach 1917. Doch selbst wenn sie eingedämmt wird, wächst die Ungleichheit. Nur derjenige, der in seinen wirtschaftlichen Fähigkeiten unter dem Durchschnitt liegt, wünscht sich Gleichheit, wer sich dagegen seiner Überlegenheit bewusst ist, wünscht sich Freiheit – und letztendlich bekommen die mit überlegenen Fähigkeiten ihren Willen. Utopien der Gleichheit sind schon aus biologischen Gründen dem Untergang geweiht. Worauf ein freundlich gesonnener Philosoph bestenfalls hoffen kann, ist eine annähernde Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und bei den Bildungschancen. Eine Gesellschaft, in der alle potenziellen Fähigkeiten sich entwickeln und ausgeübt werden können, hat im Wettbewerb der Gruppen einen Überlebensvorteil. Dieser Wettbewerb wird umso schärfer, je weniger Entfernungen eine Rolle spielen, was die Auseinandersetzungen zwischen den Staaten intensiviert.

Die dritte biologische Lehre der Geschichte lautet, dass sich das Leben fortpflanzen muss. Die Natur hat keine Verwendung für Organismen, Variationen oder Gruppen, die sich nicht reichlich fortpflanzen können. Sie hegt eine Leidenschaft für Quantität als Voraussetzung für die Auslese von Qualität; sie mag große Würfe und genießt den Kampf, durch den wenige Überlebende ausgewählt werden. Zweifellos blickt sie anerkennend auf das Wettrennen Tausender Spermien, die eine Eizelle befruchten wollen. Sie interessiert sich mehr für die Spezies als für das Individuum und unterscheidet kaum zwischen Zivilisation und Barbarei. Es ist ihr egal, dass eine hohe Geburtenrate gewöhnlich mit einer niederen kulturellen Zivilisation einherging und eine niedrige Geburtenrate mit einer höheren Kultur. Sie (damit ist hier die Natur als der Prozess von Geburt, Variation, Konkurrenz, Selektion und Überleben gemeint) sorgt dafür, dass eine Nation mit einer niedrigen Geburtenrate periodisch von einer virileren und fruchtbareren Gruppe gezüchtigt wird. Zu Caesars Zeiten überlebte Gallien gegen die Germanen durch die Hilfe römischer Legionen und in unserer Zeit durch die Hilfe britischer und amerikanischer Heere. Als Rom fiel, stürmten die Franken von Deutschland herbei und machten Gallien zu Frankreich; sollten nun England und Amerika fallen, könnte Frankreich, dessen Bevölkerungszahl während des 19. Jahrhunderts nahezu unverändert blieb, erneut überrannt werden.

Wenn es zu viele Menschen für das vorhandene Nahrungsangebot gibt, hat die Natur drei Mittel, um das Gleichgewicht wiederherzustellen: Hungersnot, Pest und Krieg. In einem berühmten Essay Das Bevölkerungsgesetz (Originaltitel: Essay on Population; 1798) erklärte Thomas Malthus, dass ohne diese periodischen Kontrollen die Geburtenrate die Sterberate so weit übersteigen würde, dass die Vermehrung der hungrigen Mäuler jede Steigerung der Nahrungsmittelproduktion zunichtemachen würde. Obwohl er ein Geistlicher und ein Mann des guten Willens war, wies Malthus darauf hin, dass die Auszahlung von Hilfsfonds oder die Verteilung von Hilfsgütern an die Armen diese dazu ermutige, früh zu heiraten und sich unbekümmert fortzupflanzen, was das Problem noch verschlimmere. In einer...

Erscheint lt. Verlag 13.9.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeines / Lexika
Schlagworte Biologie • Buch • Charakter • FBV • Fortschritt • Frieden • Geschichte • Geschichte der Menschheit • Gesellschaft • Gesellschaftliche Entwicklung • Historie • Historische Persönlichkeiten • Krieg • Kultur • Meinschheitsgeschichte • Menschheit • Moral • Philosophie • Preisträger • Pulitzerpreis • Regierung • Religion • Sozialismus • Vordenker • Wachstum • Wirtschaft • Zivilisation
ISBN-10 3-96092-680-4 / 3960926804
ISBN-13 978-3-96092-680-1 / 9783960926801
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