Integrative Psychotherapeutische Diagnostik (IPD) (eBook)

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2019 | 1. Auflage
384 Seiten
UTB GmbH (Verlag)
978-3-8463-5088-1 (ISBN)

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Integrative Psychotherapeutische Diagnostik (IPD) -  Peter Osten
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Das allumfassende Lehrbuch zur Integrativen Psychotherapeutischen Diagnostik (IPD). Integrationsbewegungen in der Psychotherapie legen seit langem eine Überschreitung schulenspezifischen Denkens nahe. Das Buch zur integrativen Psychotherapeutischen Diagnostik führt tiefenpsychologische, stresstheoretische, behavioristische und systemische Denkströmungen in einen Ansatz zur Diagnostik zusammen. Es enthält alle notwendigen diagnostischen Instrumente - Erstinterview, Anamnese, Befunderhebung, Klassifikation und Behandlungsplanung - und zeigt Methoden auf, mit deren Hilfe die Genese von Dysfunktionalität präzise erfasst werden kann.

Peter Osten, geboren 1958, ist seit 1995 Lehr-/Kontrolltherapeut und Supervisor für das Verfahren 'Integrative Therapie' in Deutschland (EAG/FPI), in der Schweiz (SEAG) und in Österreich (Donau Universität Krems). Er arbeitet in freier psychotherapeutischer Praxis in München seit 1992 und war 13 Jahre lang in der Psychiatrischen Klinik der Ludwig-Maximilian-Universität in München tätig. Seit Beginn der 1990er Jahre arbeitet er für die Integrative Therapie an Modellen und Konzepten der Integrativen Anamnese und Diagnostik.

I Einführung: Das Integrationsparadigma 13
1 Integrationsbewegungen in der Psychotherapie13
2 Was bedeutet „Integration“? 14
3 Integrative Psychotherapeutische Diagnostik 16
II Hintergründe der Integrativen Diagnostik 19
1 Wissenschaftstheoretische Vorbemerkung 19
2 Humanwissenschaftlicher Hintergrund 23
Körper und Leib 26
Eingedenken der Natur im Subjekt 29
Ursprung des Subjekts 32
Leibliche Präsenz, Daseinserfüllung 34
Geschlechtlichkeit36
Lust, Begehren, Sexualität 42
Reproduktivität und Elternschaft 45
Beginn des Lebens 48
Bedürfnisse, Präsenz und Resonanz 49
Der Andere, die Liebe 51
Konflikt und Ambiguität 54
Souveränität 57
Bildung und Förderung 58
Arbeit, Geld, Besitz 60
Macht, Gewalt, Autorität 64
Kreativität, Vision, Utopie 67
Freiheit und Verantwortung 73
Altruismus und Engagement 78
Glück und Innerlichkeit 80
Orientierung am Guten, das Ignorante, das Böse 83
Scham und Schuldgefühle 88
Vertrauen, Hingabe, Dankbarkeit92
Das Schöne96
Freundschaft 100
Das Imaginäre, die Mystik, das Heilige 103 | Zufall, Fügung, Kontingenz, Humor 109
Der Tod, die Zeit, das Verweilen113
3 Klinischer Hintergrund147
Der Gesundheits- und Krankheitsbegriff im integrativen Denken 148
Salutogenese und Resilienz 150
Gesundheitspsychologie im Quer- und Längsschnitt 151
Protektive Faktoren und Prozesse 152
Gesundheitsverhalten, Selbstfürsorge und Lebensqualität 156
Tugenden und Stärken 158
Ansatzpunkte der Evolutionären Psychologie 159
Ressourcenelaboration und primäre Persönlichkeitsorganisation166
Paradigmen der Persönlichkeitspsychologie182
Integrationen187
Geschlecht als Persönlichkeitsvariable189
III Ätiologische Modelle und ihre Integration195
1 Multiple Entfremdung: Das anthropologische Krankheitsmodell195
2 Balanceakte: Ergebnisse der Longitudinalforschungen199
3 Ätiologische Standardtheorien202
Bedürfnis nach Sicherheit: Bindungstheorie 203
Innere Wirklichkeiten: Tiefenpsychologie 210
Realitätsverarbeitung: Lerntheorie und Behaviorismus 214
Überforderung: Stressforschung und Psychosomatik 216
Megastress: Traumaforschung 220
Social Worlds: Sozialökologische Theorien 226
Wachstum und Selbstverwirklichung: Gibt es die Humanistische Psychologie? 229
4 Transgenerationale Dynamik234
5 Komplexität reduzieren: Die „Sechs ätiologischen Ebenen“244
6 Narrative in der Lebensspanne: Longitudinale Akkumulation257
IV Methodischer Aufbau263
1 Die Initialphase in der Psychotherapie 264
2 Die fünf Module der Integrativen Psychotherapeutischen Diagnostik267
3 Die psychotherapeutische Beziehung268
Merkmale der therapeutischen Beziehung im integrativen Denken 268
Resonanz, Übertragung und Gegenübertragung 271
Modi der Arbeit mit Übertragungsphänomenen 273
Affiliation und Reaktanz als sozialpsychologische Phänomene 273
Erkennen und Differenzieren von Widerstand und Reaktanz 274
Abwehrmechanismen 275
4 Biografische Anamnese, entwicklungspsychologische Tiefenexploration276
5 Mediengestützte Diagnostik278
6 Initiale und prozessuale Diagnostik 282
V Praxis der Integrativen Psychotherapeutischen Diagnostik 284
1 Das Erstinterview 284
2 Die psychosoziale Anamnese 286
3 Befunderhebung und Klassifikation 287
Achse I: Klinisches Bild 292
Achse II: Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörungen 293
Achse III: Körperliche Störungen und Behinderungen 293
Achse IV: Psychosoziale Probleme und Belastungsfaktoren 293
Achse V: Allgemeines Niveau der sozialen Anpassung 294
Komorbidität von Sucht- und Abhängigkeitsstörungen294
3.4 Psychodynamische Diagnostik nach OPD 295
4 Praxis der ätiologischen Diagnostik297
5 Persönlichkeit, Ressourcen, Potentiale, Resilienz 305
6 Die Behandlungsplanung 310
VI Die Integrative Psychotherapeutische Diagnose 313
1 Struktureller Aufbau 313
2 Exemplarische Durchführung 314

I Einführung: Das Integrationsparadigma


In diesem Kapitel wird in das zugrunde liegende Denken der Integrativen Psychotherapeutischen Diagnostik (IPD) eingeführt. Die Geschichte der Integrationsbewegungen in der Psychotherapie wird kurz erläutert, anschließend wird der Integrationsbegriff für das vorliegende Buch definiert. Eine erste Annäherung an die spezifische Form der hier vorgestellten psychotherapeutischen Diagnostik beschließt die Einführung.

1 Integrationsbewegungen in der Psychotherapie


In diesem Buch geht es um Formen psychotherapeutischer Diagnostik im Rahmen der Bewegung der „psychotherapy Integration“1, wie sie in Amerika in den 1960er Jahren eingesetzt hatte, im deutschsprachigen Raum durch Hilarion G. Petzold und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter inauguriert wurde (Petzold, 1993; Steffan & Petzold, 2001), später durch die Gruppe um Klaus Grawe2 aufgegriffen und weiter beforscht wurde. Beiträge kamen auch von Rainer Bastine (1989) und Dieter Wyss (1982). In der Schweiz haben seit den frühen 1990er Jahren Andreas Blaser und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (1992) Integrationsansätze entwickelt. In Österreich ist es Josef Egger (2014), der mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fundierte Integrationsmodelle erarbeitet hat. Bedeutend in diesem Zusammenhang wurden später Fragen der dritten Welle in der Psychotherapie, insbesondere, ob es für die Vielfalt existierender humanwissenschaftlicher Ansätze ein transversales – das heißt quer und schräg durch viele Wissensbereiche verlaufendes – Fundament gebe, in dem ähnliche theoretische Diskurse zusammenfließen könnten, ohne dass wertvolle Pluralität zerstört würde (Petzold, Sieper & Orth, 2002; Sieper, 2006).

Prüfungen gemeinsamer Wirkfaktoren im Bereich der Psychotherapie3 schienen erste Orientierungen zu geben, blieben mit ihren Bemühungen aber noch an der performativen Oberfläche psychotherapeutischer Interventionen orientiert, ohne dass Heterogenität und Passung einzelner Hintergrundtheorien vergleichend gesichtet und gewichtet wurden. Outcome- und Evidenzforschungen zeigten im Vergleich diverser Verfahren bei unterschiedlichen Interventionsstilen und -techniken moderate Effekte (Wyl et al., 2016). Bei aller Heterogenität schienen Hintergrundtheorien mit ihrer jeweiligen Praxeologie also nicht den Unterschied auszumachen (Wampold, Imel & Flückiger, 2018).

Deutlichere Schwankungen zeigten sich dann in den persönlichen Kompetenzen und Performanzen von Therapeuten (Castonguay & Hill, 2017). Von den Hintergrundtheorien unabhängige Variablen wie Präsenz und Zentriertheit, Qualität des Bindungsangebots, menschliche Ansprechbarkeit, Empathie und Responsivität, Humor und Lebenserfahrenheit (,Weisheit‘), Kreativität und kulturelle Faktoren scheinen Therapieerfolge stärker zu befördern. Das ist im Grunde vielversprechend, aber die Bezeichnung persönlich verlagert in einen noch undefinierten Bereich, was durchaus aneignungsfähig wäre (Norcross, 2001). Wie können diese Qualitäten vermittelt und angeeignet werden?

Mit diesem Hintergrund stellt der vorliegende Ansatz einen Versuch dar, derlei wirksame Haltungen aus humanwissenschaftlicher Sicht zu beleuchten, Möglichkeiten zu sondieren, Menschenbilder anzureichern, Weltanschauungen zu erweitern, Hintergrundtheorien verschiedener Verfahren unter philosophischem Dach zu einem integrativen Ansatz zu verbinden. Die Integrative Therapie versteht sich dabei nicht als grundlagenwissenschaftlicher Ansatz, sondern als forschungsgegründete Form konnektivierender, schulenübergreifender und an der longitudinalen Entwicklungspsychobiologie ausgerichteter Humantherapie, die in ihrer Entwicklung prinzipiell als nicht abgeschlossen gilt, sondern im Fluss der Forschung neue Erkenntnisse aufnehmen sowie zum Teil überholte auch korrigieren kann (Petzold, 2011; Leitner, 2010).

Sie ist interdisziplinäre Anwenderin natur- und humanwissenschaftlicher Ansätze – darunter fallen insbesondere auch kultur- und gesellschaftswissenschaftliche Theorien –, die unterschiedliche Diskurse, die im Wissenschaftsbetrieb selbst mitunter wenige Berührungspunkte haben, in transversale Passungen zu bringen versucht. Dies soll nicht andeuten, dass im vorliegenden Buch empirische, psychotherapeutische und diagnostische Modelle wissenschaftlich miteinander verglichen werden. Vielmehr sollen Ergebnisse vergleichender Prüfungen und Entwicklungen4, wie sie im Paradigma integrativen Denkens seit über 60 Jahren vorgenommen wurden, in ihrer Anwendung auf ein Praxisfeld dargestellt werden – eben auf die „Integrative Psychotherapeutische Diagnostik“ (IPD).5

2 Was bedeutet „Integration“?


Was ist mit dem Begriff „Integration“ gemeint und wie wird er in dieser Arbeit definiert? Bei Sichtung unterschiedlicher klinischer Ansätze, etwa dem psychodynamischen, den lern- und stresstheoretischen oder den systemischen, wird gleich evident, dass hier jeweils unterschiedliche Vorstellungen vom Aufbau der Person und ihren Funktionsweisen zugrunde liegen, die dann natürlich in ein differenzielles Verständnis der Ätiologie von Störungen und somit auch in unterschiedliche Behandlungsansätze führen. Obwohl durch vergleichende Untersuchungen, etwa ätiologischer Theorien, zweifellos Schnittmengen ausgemacht werden können, geht es in der Auffassung integrativen Denkens nicht um eine eklektische Zusammenstellung von Überschneidungsbereichen.

Der Begriff „Integration“ wird hier in ein Verständnis gerückt, das strenge Prüfungen unterschiedlicher Theorien und Praktiken hin auf ihre Kompatibilität untereinander vorsieht, sowohl auf der Ebene empirischer Ansätze als auch auf der klinischer Interventionen. Eine Besonderheit des Verfahrens, das hier zugrunde liegt, besteht darin, dass seine klinischen Theorien auch auf ihre Vereinbarkeit mit einem von mehreren Seiten her humanwissenschaftlich abgestützten Menschenbild hin überprüft werden. Dies stellt ein Programm dar, das gegen die Tendenz der Hochleistungsgesellschaft arbeitet, den Menschen bloß noch als Kategorie des Biologischen oder Psychologischen anzusehen (Steinfath, 2001). Will man etwas vom einzelnen Menschen verstehen, wird man versuchen, etwas mehr von der Vielfalt des Menschseins an sich zu verstehen. Auch wenn diese Frage als unabschließbar gilt, wird sie hier erörtert werden. Zu den Disziplinen, die aus diätetischen Gründen hier mehr oder minder essayistisch ausgeführt werden, gehören die philosophische Anthropologie – insbesondere mit der Leibphilosophie und der Philosophie des Geistes –, die Sozial- und Kulturphilosophie, die Phänomenologie sowie Bewusstseins- und Erkenntnistheorien.

Die Integrative Therapie spricht in diesem Zusammenhang von „Integratoren“, die in einem gestuften Modell von Theorien mit unterschiedlicher Reichweite geordnet werden: small scale theories, middle scale theories und large scale theories. Unter small scale theories werden hier konkrete, anwendungsbezogene Methoden, Techniken und Medien verstanden, wie sie in Verfahren der Psychotherapie im Behandlungsverlauf, immer wieder kurz- und mittelfristig orientiert am Prozessverlauf, zur Anwendung kommen (Praxeologie). Diese Interventionen beziehen ihre Begründung aus middle scale theories (klinische Theorie), deren Reichweite theorie- und forschungsgegründet größer ist als jene der Interventionslehren. Das sind etwa die empirische Entwicklungs- und Sozialisationstheorie, Enkulturations- und Ökologisationstheorien, die Persönlichkeitspsychologie, die Gesundheits- und Krankheitslehre, speziell die der psychotherapeutischen Diagnostik. Praxeologische Interventionen müssen Kompatibilität mit diesen Wissensständen ausweisen können.

Trotz der größeren Reichweite von middle scale theories treten im Verlauf empirischer Bewegungen im Feld oder im Zusammenhang mit größeren Paradigmenwechseln in der Forschung theoretische und praxeologische Akzentverschiebungen auf, wie etwa zuletzt mit dem neurowissenschaftlichen Paradigma. Die Einbettung klinischer Theorien erfolgt entsprechend wiederum durch large scale theories, deren Reichweite groß und deren Veränderungsgeschwindigkeit vergleichsweise kleiner ist. Hier befinden wir uns im Bereich philosophischer Metatheorien. Nur unter einer solchen umfassenden Betrachtung ist es möglich, den Menschen, das menschliche Leben in seinen ökologischen Zusammenhängen vor der Eindimensionalität, dem Solipsismus (als ob völlig isoliert nur das Subjekt, das eigene Ich existierte), vor der Zumutung kurzatmiger klinischer und sozialer Diagnosen zu bewahren (Henrich, 2016).

Das entsprechende dreistufige Modell wird in der Integrativen Therapie tree of science genannt (Petzold, 2003a). Einen Überblick soll die folgende Zusammenstellung geben....

Erscheint lt. Verlag 15.7.2019
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte analytische Psychotherapie • Ätiologische Diagnostik • Behandlungsplanung • behavioristisch • Beratung • Coaching • Denkströmungen • Diagnostik • Gesprächstherapie • Instrumente • Integrative Therapie • IPD • Kunsttherapie • Lehrbuch • Psychologie • Psychologie studieren • Psychologiestudium • psychotherapeutische Diagnostik • Psychotherapie • stresstheoretisch • Studium: Lehre • systemisch • Systemische Therapie • tiefenpsychologisch • Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie • Traumatisierung • UTB • Verhaltenstherapie
ISBN-10 3-8463-5088-5 / 3846350885
ISBN-13 978-3-8463-5088-1 / 9783846350881
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