Der Klemensroman (eBook)
338 Seiten
Vandenhoeck & Ruprecht Unipress (Verlag)
978-3-647-99701-8 (ISBN)
Dr. theol. Jürgen Wehnert ist apl. Professor für Biblische Theologie am Seminar für Evangelische Theologie und Religionspädagogik der TU Braunschweig.
Dr. theol. Jürgen Wehnert ist apl. Professor für Biblische Theologie am Seminar für Evangelische Theologie und Religionspädagogik der TU Braunschweig.
1,1. Klemens an Jakobus, den Herrn und Bischof der Bischöfe, den Leiter der heiligen Gemeinde der Hebräer zu Jerusalem und der überall nach Gottes Vorsehung wohl gegründeten Gemeinden, samt den Ältesten und Diakonen und allen übrigen Brüdern7. Friede sei mit euch allezeit!
Einleitender Bericht
1,2. Du sollst wissen, mein Herr, dass Simon, der wegen seines wahren Glaubens und des höchst zuverlässigen Fundaments seiner Lehre dazu bestimmt worden ist, Grundstein der Kirche zu sein, und der eben deshalb von Jesus selbst, durch dessen untrüglichen Mund, in Petrus umbenannt wurde (Mt 16,18), 1,3. der Erstling unseres Herrn, der erste der Apostel, dem als erstem der Vater den Sohn offenbarte, den Christus mit gutem Grund seligpries (Mt 16,16–17), der Berufene, Auserwählte, Tischgenosse und Weggefährte, der gute und bewährte Jünger, der als fähigster von allen beauftragt wurde, den finstersten Teil des Westens dieser Welt zu erleuchten, und es erfolgreich vollbringen konnte – 1,4. doch wie weit dehne ich meine Rede aus, der ich das Leid nicht mitteilen will, von dem ich notgedrungen, wenn auch widerwillig, auf jeden Fall sprechen muss! 1,5. Eben dieser hat wegen seiner unermesslichen Liebe zu den Menschen angesichts des gegenwärtigen Bösen den künftigen guten König klar und öffentlich der ganzen Welt verkündet, ist bis hierher nach Rom gelangt und hat, während er durch die von Gott gewollte Lehre Menschen rettete, infolge von Gewalt den Lauf seines irdischen Lebens beendet.
Die Einsetzung des Klemens zum Bischof von Rom durch Petrus
2,1. In jenen Tagen aber, in denen er sterben sollte, ergriff er während einer Versammlung der Brüder plötzlich meine Hand, stand auf und sagte vor der Gemeinde: „Hört mir zu, ihr Brüder und Mitknechte! 2,2. Wie ich vom Herrn und Lehrer Jesus Christus, der mich ausgesandt hat, belehrt worden bin (vgl. Joh 21,19), sind die Tage meines Todes nahe. Daher bestimme ich euch diesen Klemens zum Bischof. Ihm vertraue ich meine Kathedra8 der Unterweisung an, 2,3. ihm, der von Anfang bis Ende mein Weggefährte und folglich Hörer aller meiner Reden war. Um es kurz zu sagen: Er hat alle meine Anfechtungen geteilt und sich im Glauben als standhaft erwiesen. Ihn habe ich mehr als alle anderen als gottesfürchtig, menschenfreundlich, rein, gebildet, tugendhaft, gut, gerecht und geduldig kennengelernt, und er weiß die Undankbarkeit einiger Taufanwärter tapfer zu ertragen. 2,4. Deshalb übergebe ich ihm die Vollmacht zu binden und zu lösen, damit alles, was er auf Erden bestimmt, im Himmel beschlossen sein wird (vgl. Mt 16,19; 18,18). Denn er soll binden, was gebunden werden muss, und er soll lösen, was gelöst werden muss, weil er die Richtschnur der Kirche kennt. 2,5. Auf ihn hört also, denn ihr wisst, dass wer denjenigen kränkt, der den Vorsitz über die Wahrheit hat, gegen Christus sündigt und den Vater des Alls erzürnt (vgl. Lk 10,16); deshalb wird er nicht am Leben bleiben. 2,6. Und folglich muss der, der den Vorsitz hat, die Stellung eines Arztes einnehmen; er darf nicht die Leidenschaft eines unvernünftigen Tieres haben.“ 3,1. Nachdem er dies gesagt hatte, fiel ich vor ihm nieder und lehnte unter Bitten die Ehre und Vollmacht der Kathedra ab. 3,2. Der aber antwortete: „Darum bitte mich nicht! Denn es ist von mir bestimmt worden, dass es geschieht, und dies umso mehr, wenn du ablehnst. Denn eine solche Kathedra braucht keinen kecken Lehrstuhljäger, sondern jemanden, der in seiner Lebensweise fromm und in seiner Rede gebildet ist. 3,3. Zeige mir aber einen Besseren, der länger als du mit mir gereist ist und auf meine Worte gehört und die Verwaltung der Gemeinde gründlich gelernt hat, dann werde ich dich nicht zwingen, recht zu handeln, wenn du nicht willst! 3,4. Doch wirst du mir jetzt keinen Besseren als dich zeigen können. Du bist nämlich durch mich der unübertreffliche Erstling der Heiden, die gerettet werden. 3,5. Bedenke jedoch auch dies andere: Falls du aus Angst vor der Gefahr der Sünde die Verwaltung der Gemeinde nicht auf dich nehmen willst, sollst du genau wissen, dass du umso mehr sündigst, wenn du den Gottesfürchtigen wie Seereisenden, die in Gefahr geraten, nicht helfen willst, obwohl du es kannst, weil du nur auf deinen Vorteil siehst und nicht auf das gemeinsame Wohl aller. 3,6. Dass du aber diese Gefahr jedenfalls auf dich nehmen musst, weil ich nicht aufhöre, dich zum Wohl aller darum zu bitten, verstehst du gewiss. 3,7. Je schneller du mir nun beistimmen wirst, desto eher wirst du mich von meiner Sorge befreien.
4,1. Ich weiß aber auch selbst, lieber Klemens, dass ich dir Trauer und Unmut sowie Gefahren und Schmähungen seitens der unwissenden Menge bereite. Du wirst sie tapfer ertragen können, wenn du auf den großen Lohn der Geduld blickst, der dir von Gott gegeben wird. 4,2. Doch bedenke gerechterweise auch dies mit mir: Wann bedarf Christus deiner Unterstützung? Jetzt, wo der Böse einen Krieg gegen dessen Braut angefangen hat, oder in der künftigen Zeit, wenn Christus nach seinem Sieg als König herrscht und keiner Hilfe mehr bedarf? Ist nicht auch für jemanden mit wenig Verstand klar, dass es jetzt ist? 4,3. Spute dich deshalb mit aller Entschiedenheit, in der Zeit der gegenwärtigen Not den guten König zu unterstützen, in dessen Natur es liegt, nach dem Sieg großen Lohn auszuteilen. 4,4. Werde deshalb mit Freude Bischof – umso eher, als du die Verwaltung der Gemeinde von mir gelernt hast – zur Rettung der Brüder, die bei uns Zuflucht suchen!
Die Pflichten des Bischofs
5,1. Doch will ich dich auch kurz – vor allen und um aller willen – an die Aufgaben der Verwaltung erinnern. 5,2. Du musst untadelig leben (vgl. 1. Tim 3,2) und dich mit höchstem Ernst von allen Pflichten des irdischen Lebens frei machen – weder ein Bürge werden noch ein Anwalt noch in irgendeine andere weltliche Angelegenheit verwickelt sein. 5,3. Denn nicht zum Richter und Schlichter von Geld- oder Geschäftsangelegenheiten des jetzigen irdischen Lebens will dich Christus einsetzen (vgl. Lk 12,14), sodass du, von den gegenwärtigen Sorgen der Menschen gefangengenommen, keine Zeit hättest, durch das Wort der Wahrheit die besseren Menschen von den schlechteren zu scheiden. 5,4. Dafür sollen vielmehr die Schüler gegenseitig sorgen und dich nicht von den Reden abhalten, die Rettung bringen können. 5,5. Denn wie es für dich frevlerisch ist, wenn du die irdischen Sorgen auf dich nimmst und zu tun unterlässt, was dir befohlen wurde, so ist es für alle Laien Sünde, wenn sie einander nicht auch in den irdischen Angelegenheiten beistehen. 5,6. Und wenn sie alle nicht begreifen, dass du bei dem, wozu du verpflichtet bist, ohne irdische Sorgen sein musst, sollen sie es von den Diakonen lernen, damit du dich allein um die Gemeinde kümmern kannst, einerseits, um sie gut zu verwalten, andererseits, um ihr die Worte der Wahrheit darzulegen. 6,1. Denn wenn du mit irdischen Sorgen deine Zeit zubringst, wirst du dich selbst und deine Zuhörer täuschen. Wenn du nämlich das Nützliche aus Zeitmangel nicht fördern kannst, wirst auch du bestraft werden, weil du das Nützliche nicht gelehrt hast; jene aber werden aufgrund von Unwissenheit umkommen, weil sie es nicht gelernt haben. 6,2. Nimm dir deshalb Zeit für sie und führe den Vorsitz, um ihnen rechtzeitig die Worte darzulegen, die sie retten können! 6,3. Und sie sollen auf dich hören im Bewusstsein, dass was immer der Botschafter der Wahrheit auf Erden bindet, auch im Himmel gebunden ist, und was immer er löst, gelöst ist. Du aber sollst binden, was gebunden werden muss, und lösen, was gelöst werden muss (vgl. Mt 16,19; 18,18). 6,4. Dies also und dergleichen ist das, was dich als Vorsteher betrifft.
Die Pflichten der Ältesten
7,1. Was aber die Ältesten angeht, soll Folgendes gelten: Vor allem sollen sie die jungen Leute früh zur Ehe verbinden und so den Fallstricken der jugendlichen Begierde zuvorkommen. 7,2. Doch auch die schon Bejahrten sollen sie hinsichtlich der Ehe nicht vernachläs sigen. Denn auch manchen Alten wohnt eine starke Begierde inne. 7,3. Damit nun die Unzucht keinen Nährboden bei euch finde und nicht diese Seuche unter euch werfe, schützt euch davor und forscht nach, damit nicht das Feuer des Ehebruchs unbemerkt unter euch entbrenne. 7,4. Der Ehebruch ist nämlich ein großes Unglück – so groß, dass er hinsichtlich der Strafe an zweiter Stelle steht, während die erste Stelle jenen zugewiesen wird, die im Irrtum leben, auch wenn sie tugendhaft sind. 7,5. Deshalb sollt ihr als Älteste der Gemeinde die Braut Christi gründlich zur Tugendhaftigkeit9 ausbilden – mit Braut aber meine ich die Gesamtheit der Gemeinde. 7,6. Wenn sie nämlich vom königlichen Bräutigam tugendhaft angetroffen wird, wird ihr höchste Ehre widerfahren, und ihr werdet als Hochzeitsgäste in den Genuss großer Freude kommen (vgl. Mt 25,1–13). 7,7. Wenn sie aber als Sünderin ertappt wird, wird sie ausgestoßen sein, und ihr werdet Strafe erleiden, falls die Sünde infolge eurer Nachlässigkeit geschehen ist. 8,1. Sorgt daher vor allem für Tugendhaftigkeit, denn die Unzucht gilt nach dem Urteil Gottes als scheußlich! 8,2. Die Unzucht aber hat viele...
Erscheint lt. Verlag | 16.9.2015 |
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Reihe/Serie | Kleine Bibliothek der antiken jüdischen und christlichen Literatur |
Übersetzer | Jürgen Wehnert |
Verlagsort | Göttingen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Religion / Theologie ► Christentum |
Schlagworte | Apokryphen • Apostel • Frühchristentum • Roman |
ISBN-10 | 3-647-99701-3 / 3647997013 |
ISBN-13 | 978-3-647-99701-8 / 9783647997018 |
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