Theologie und Philosophie im Spätmittelalter

Die Anfänge der via moderna und ihr Bedeutung für die Entwicklung der Moraltheologie ( 1380-1450)

(Autor)

Buch
375 Seiten
2018
Aschendorff (Verlag)
978-3-402-11928-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Theologie und Philosophie im Spätmittelalter - Sigrid Müller
48,00 inkl. MwSt
Die Geschichte der Moraltheologie beschreibt das Spätmittelalter oft als dunkle Periode zwischen dem Höhepunkt der mittelalterlichen Ethik bei Thomas von Aquin und den Neuaufbrüchen der Spanischen Spätscholastik. Es erscheint als Zeit eines unfruchtbaren Streits, den die Anhänger des "alten Weges" (via antiqua) in der Nachfolge des Thomas von Aquin mit Vertretern des "neuen Weges" (via moderna) ausfochten, die diese Richtung ablehnten. Diese Auseinandersetzung hatte großen Einfluss auf die philosophische Lehre an den Universitäten im deutschsprachigen Raum. Kam ihr aber auch eine theologische Dimension zu? Welche Konsequenzen hatte die Ausbildung der beiden Lager für das Selbstverständnis der Moraltheologie?Die Studie zeigt, dass theologische Streitigkeiten über das Verhältnis von Theologie und Philosophie sogar entscheidend zur Entstehung des Wegestreits beitrugen. Die via moderna hob die Eigenständigkeit der Theologie gegenüber der Philosophie hervor. Ihre Sorge vor der Fehldeutung theologischer Begriffe führte zu einer Kontrollhaltung gegenüber philosophischen Argumentationen in der Theologie. Dies wurde bis in die Debatten im Prozess gegen Jan Hus beim Konstanzer Konzil hinein spürbar.Zu solchen Extremen kam es in der Moraltheologie nicht. Dazu trug der klug ausbalancierte philosophische Kommentar zur Ethik von Johannes Buridan bei, auf den auch die Theologen der via moderna rekurrierten. So kam es, dass sich offenbarungspositivistische Positionen nicht etablierten. Vielmehr rückte die spirituelle Dimension des Handelns in den Mittelpunkt.

Sigrid Müller, Univ.-Prof. Dr., Institut für Moraltheologie; Institut für Ethik und Recht in der Medizin, Universität Wien.

1.EINFÜHRUNG: DER SCHULSTREIT ZWISCHEN
VIA ANTIQUA UND VIA MODERNA ALS HINTERGRUND FÜR DIE ERFORSCHUNG DER MORALTHEOLOGIE
DES FÜNFZEHNTEN JAHRHUNDERTS
1.1Der historische Ansatzpunkt: Forschungsfragen bezüglich der Entstehung
des Schulstreits und dem Verständnis der via moderna
1.2Der systematische Ansatzpunkt: Die Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie als Rahmenbedingung für die Entwicklung
moraltheologischer Ansätze
1.3Aufbau und Methode der Arbeit
2.GRUNDFAKTOREN DER ENTSTEHUNG DER VIA MODERNA:
„AUGUSTINISCHE“ THEOLOGIE UND NOMINALISTISCHE PHILOSOPHIE AM BEISPIEL PIERRE D’AILLYS († 1420)
2.1Theologisch-hermeneutische Grundprinzipien bei Pierre d’Ailly:
der Traktat gegen Montesono
2.1.1Der Traktat Pierre d’Aillys gegen Montesono und sein historischer
Kontext
2.1.2Die Lehre von der Erlösung: Kritik am Realunterschied und der Streit
um die Thomasinterpretation
2.1.3Der naturphilosophische Begriff der Notwendigkeit als Streitpunkt
2.1.4Die Empfängnis Mariens mit Erbsünde als Anlass für die Diskussion
über die Methoden der Bibeldeutung
2.1.5Die Allmacht Gottes als Beispiel für Aillys theologische Hermeneutik .
2.2Sprachphilosophische Grundprinzipien bei Pierre d’Ailly im Kontext
der Entwicklungen des vierzehnten Jahrhunderts
2.2.1Sprachphilosophische Ansatzpunkte in der Polemik Pierre d’Aillys
2.2.2Die Pariser Diskussionen als Kontext
2.2.3Pierre d’Ailly und die Pariser Diskussion
2.2.4Klare Trennung zwischen theologischer und philosophischer Sprache .

2.3Der Streit um das Verhältnis von Theologie und Philosophie als
Ausgangspunkt des Schulstreites
2.3.1Von übertriebenem Einsatz der Logik zu extremer Logikkritik?
Ein Wandel in der Beurteilung der „nominalistischen Theologie“
2.3.2Die Kritik der natürlichen Vernunft durch die „Offenbarungstheologie“
2.3.3Vernunftkritik als Herausforderung der thomistischen Reaktion
2.3.4Die Fortwirkung der hermeneutischen Prinzipien Pierre d’Aillys
2.3.5Konsequenzen für die Betrachtung des Schulstreits
3.„KOMPETENZÜBERSCHREITUNG IM NAMEN DER THEOLOGIE“: DIE KRITIK DES JOHANNES CAPREOLUS O. P. (1380–1444)
AN DEN THEOLOGISCHEN METHODEN DER MODERNI
3.1Die Auseinandersetzung mit den moderni bei Capreolus
3.1.1Die Defensiones im Kontext der philosophischen „Schulen“
3.1.2Das sachliche Hauptanliegen des Johannes Capreolus
3.2Die inhaltliche Diskussion mit den moderni: Gregor von Rimini
als zentraler Gesprächspartner
3.2.1Theologie als Wissenschaft
3.2.2Erkenntnistheorie
3.2.3Transzendentalien und Prädikamente
3.2.4Kontingenz
3.2.5Verdienst und moralische Entscheidung
3.2.6Physik
3.2.7Einzelne weitere Streitpunkte
3.3Der zweite Gesprächspartner: Adam Wodeham
3.4Der dritte Gesprächspartner: Wilhelm von Ockham
3.5Die Polemik gegen die moderni in den Defensiones
3.5.1Polemik gegen die Methode der moderni
3.5.2Der Streit um die Interpretation der Autoritäten
3.5.3Polemik gegen die moderni mit Bezug auf die göttliche Allmacht
3.5.4Der philosophische Hintergrund der PolemikErgebnisse, Rückfragen und Weiterführung
3.6Theologie und Philosophie im Spätmittelalter – eine erste Zusammen-
fassung und systematische Zwischenbilanz

Inhalt
4.„THEOLOGISCHE PRAXIS“ ALS ZIEL DER THEOLOGIE BEI JEAN GERSON (1363–1429) – EIN MODELL UND SEINE KONSEQUENZEN
4.1Die Rolle der spekulativen Theologie bei Gerson
4.1.1Spekulative Theologie und Logik
4.1.2Der Ort der Logik in der Philosophie bei Gerson
4.1.3Der Ort der Logik in der Theologie
4.1.4Gerson und die Rolle der Logik in der Theologie
4.2Die Rolle der „praktisch-mystischen Theologie“ und das Ringen um
die Reichweite der Metaphysik
4.2.1Kontemplation als Ziel praktisch-mystischer Theologie im Frühwerk
4.2.2Die Philosophiekritik im Centilogium de conceptibus (1424)
4.2.3De modis significandi (1426) und weitere späte Schriften
4.2.4Pastorale Praxis und Moral im Theologieverständnis Gersons
4.3Gersons Theologiemodell und die Verurteilungen von Wyclif, Hus und
der Hussiten beim Konstanzer Konzil (1414–1418)
4.3.1Was wurde von Gerson verteidigt?
4.3.2Die Anwendung der Gersonschen Prinzipien
4.3.3Vom Reformtheologen zum „Nominalisten“: Gerson und die Rezeption
der Konstanzer Verurteilungen im Wegestreit
4.4Gerson und die „praktische Theologie“ der Wiener Theologen
4.4.1Berührungspunkte zwischen Gerson und den Wiener Theologen
4.4.2Gerson und das Theologiemodell in der via moderna
5.PHILOSOPHISCHE ETHIK UND MORALTHEOLOGISCHE REFLEXION: JOHANNES BURIDAN, MARSILIUS VON INGHEN
UND DIE WIENER ETHIKKOMMENTARE
5.1Buridans rein philosophischer Ethikentwurf als „Schulbuch“ an den Universitäten der via moderna
5.1.1Das Spezifikum der buridanischen Ethik: die Verschränkung von
Willens- und Vernunftstreben und die freie Selbstbestimmung
5.1.2Die Wissenschaftlichkeit der Ethik und die Theologie
5.1.3Die Ethik Buridans als Herausforderung für die moraltheologische Reflexion
5.2Spiritualität als theologische Dimension des Handelns: Marsilius von
Inghen
5.2.1Theologie als Wissenschaft (I S q. 2)
5.2.2Moralwissenschaft als praktische Wissenschaft (I S q. 3 a. 1–3)
5.2.3Die Theologie als spekulative Wissenschaft (I S. q. 3 a. 4–5)

5.3Jenseitsorientierung als Merkmal moraltheologischer Handlungsbeurteilung
in den Wiener Ethikkommentaren
5.3.1Charakteristika der Wiener Ethikkommentare
5.3.2Die Wiener Kommentare und das Curriculum der via moderna
5.3.3Der bedeutendste Typus: Kommentare mit den Quästionentiteln
Buridans
5.3.4Eine Vielfalt von Kommentartypen und Öffnung für Kommentare
der via antiqua ab der Jahrhundertmitte
5.3.5Zusammenfassung: Ethik und Theologie in Wien
5.3.6Überblick über die Wiener Ethikkommentare
6.EIN RÜCKBLICK IN SYSTEMATISCHER PERSPEKTIVE: MORALTHEOLOGISCHE ANSÄTZE IN DER ANFANGSZEIT DER VIA MODERNA ALS AUSDRUCK DER SUCHE NACH DEM
THEOLOGISCHEN DER ETHIK
6.1Zusammenfassung
6.2Systematische Ergebnisse
6.3Konsequenzen für die weitere Forschung
Ausblick: Gegenwärtige Herausforderungen aus der Perspektive
spätmittelalterlicher Entwicklungen
Literaturverzeichnis
Handschriftliche Quellen
Gedruckte Quellen
Sekundärliteratur
Namensregister

Erscheint lt. Verlag 24.10.2018
Reihe/Serie Studien der Moraltheologie. Neue Folge ; 7
Sprache deutsch
Maße 155 x 230 mm
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Philosophie des Mittelalters
Religion / Theologie Christentum Kirchengeschichte
Schlagworte Ethik • Geschichte • Konzil von Konstanz • Universität Paris • Universität Paris (Geschichte)
ISBN-10 3-402-11928-5 / 3402119285
ISBN-13 978-3-402-11928-0 / 9783402119280
Zustand Neuware
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