Offene Geheimnisse (eBook)

Spiegel-Bestseller
Über die Leichtigkeit, Bilanzen zu lesen und im Geschäftsbericht Überraschungen zu finden | Jahresabschlüsse analysieren und Geschäftsmodelle verstehen
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
174 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3161-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Offene Geheimnisse -  Nikolaj Schmolcke
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Nach dieser Lektüre werden Sie sich fragen, warum Ihnen das vorher keiner gesagt hat Bilanzen bilden alles ab, was in einem Unternehmen passiert. Wenn die Geschäftsleitung dieses Bild aufpolieren möchte, dann wird genau dieser Eingriff zwangsläufig ebenfalls abgebildet. Und doch wird diese offen zugängliche Informationsquelle weitgehend unterschätzt oder ignoriert. Geschäftsberichte sind eine Fundgrube von Wahrheit, Lüge, Hoffnung und Enttäuschung. Jenseits der Zahlen können bereits die Art der Präsentation, die Dauer der Entstehung, die Formulierungen der Prüfer oder die Plausibilität von Fakten, den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens erzählen. Mit zehn einfachen Fragen versetzt Nikolaj Schmolcke den Leser in die Lage, die entscheidenden Stellen zu finden und zu verstehen, was in einem Unternehmen los ist - auch ohne BWL-Studium. »Wenn Sie die Grundrechenarten beherrschen, können Sie Bilanzen lesen.« Nikolaj Schmolcke

Nikolaj Schmolcke, geboren 1965, studierte Wirtschaftswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum und startete seine berufliche Laufbahn 1993 bei Price Waterhouse Coopers (damals Coopers & Lybrand). Danach war er von 1994 bis 2013 für die Lufthansa Group tätig, davon sechs Jahre als CFO auf den Philippinen und Malta. Nach fünf Jahren als Geschäftsführer einer mittelständischen Finanzholding leitete er von Juni 2018 bis Anfang 2020 als Director Finance das Rechnungswesen der Vapiano-Gruppe und wurde nach deren Insolvenz Vorsitzender des Aufsichtsrates. Er hat über 100 Jahresabschlüsse erstellt und trainiert Manager, Berater, Aufsichtsräte, Juristen u.a. in der Kunst, Bilanzen zu lesen.

Nikolaj Schmolcke, geboren 1965, studierte Wirtschaftswissenschaften und arbeitete dann für PWC. Im Anschluss war er für die Lufthansa Group und als Geschäftsführer einer mittelständischen Finanzholding tätig. Danach leitete er das Rechnungswesen der Vapiano-Gruppe und wurde nach deren Insolvenz Vorsitzender des Aufsichtsrates. Er hat mittlerweile über 100 Jahresabschlüsse erstellt und trainiert Manager, Aufsichtsräte, Betriebsräte und Juristen in der Kunst, Bilanzen zu lesen.

3 Ohne Zahlen geht es nicht, aber aller Anfang ist leicht


Im Herzen des Jahresabschlusses befinden sich die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung. Es hilft nichts, tiefer gehende Aussagen lassen sich aus einem Jahresabschluss nur bei Betrachtung der Zahlen gewinnen. Leider schrecken viele Menschen davor zurück, die Rechenwerke einer Würdigung zu unterziehen. Sie zählen verschiedene Gründe auf: Man verstehe nichts von Zahlen, man könne es nicht beurteilen, es sei sowieso alles gelogen und so weiter.

Eine Veröffentlichung der Hans-Böckler-Stiftung publiziert ein prominentes Zitat:

»Bilanzpolitik bedeutet, legal die Unwahrheit zu sagen.«

Diese Aussage ist ein Schlag ins Gesicht aller lauteren Buchhalter und Buchhalterinnen, deren teils langjährige Ausbildung und gesetzliche Arbeitsgrundlagen darauf ausgerichtet sind, in den Büchern der Unternehmen die tatsächlichen Verhältnisse abzubilden. Die zitierte Aussage ist schon deswegen falsch, weil einschlägige Rechtssysteme bestimmte Vorgehensweisen und damit bestimmte Ausprägungen der Bilanzpolitik erzwingen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz dominiert der gesetzliche Zwang zur Vorsicht alle Überlegungen. Es entspricht deutschsprachigem Kulturgut und bedeutet, dass die Bewertung von Vermögen im Zweifel eher etwas zu niedrig, die Bewertung von Verbindlichkeiten im Zweifel eher etwas zu hoch ausfallen darf – aber nicht andersherum! Diese Vorgehensweise senkt den Gewinn, damit die Höhe möglicher Gewinnausschüttungen, lässt das Geld somit eher im Unternehmen und dient so dem Gläubigerschutz. In allen Ländern unseres Planeten gelten die Prinzipien der Wahrheit und Klarheit, aber die vorsichtige Bewertung steht nicht überall im Vordergrund. Unternehmen, deren Anteile an internationalen Börsen gehandelt werden, bilanzieren gemäß internationalen Vorschriften. Diese heißen »International Financial Reporting Standards«. Sie werden IFRS abgekürzt und entgegen korrekter englischer Aussprache in Deutschland normalerweise »Ifris« ausgesprochen (in der Schweiz blamiert man sich nicht damit, dort wird eine englischsprachige Abkürzung auch englischsprachig ausgesprochen). Im Vordergrund der IFRS steht nicht die vorsichtige Bewertung, sondern vielmehr die Vergleichbarkeit von Unternehmen für Investoren. Das führt zu ein paar entscheidenden Unterschieden zu deutschsprachigen Bilanzierungsregeln. Tendenziell lassen die Regelungen der IFRS etwas mehr Spielraum für optimistische Prognosen. Gleichzeitig fordern die IFRS deutlich mehr Transparenz. Abb. 22 listet die wesentlichen Prinzipien auf.

Wahrheit international

Deutschland

Handelsgesetzbuch, § 264:

»Der Jahresabschluß der Kapitalgesellschaft hat unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln.«

Handelsgesetzbuch, § 252

»es ist vorsichtig zu bewerten«

Österreich

Unternehmensgesetzbuch, § 222:

»Der Jahresabschluß hat ein möglichst getreues Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln.«

Unternehmensgesetzbuch, § 201:

»Der Grundsatz der Vorsicht ist einzuhalten«

Schweiz

Obligationenrecht, Art. 958

»Die Rechnungslegung soll die wirtschaftliche Lage des Unternehmens so darstellen, dass sich Dritte ein zuverlässiges Urteil bilden können.«

Obligationenrecht, Art. 958c:

»Sie [die Rechnungslegung] muss vorsichtig sein.«

International Financial Reporting Standards, IFRS

»Decision Making Purposes«

Abb. 22: Ziele der Bilanzierung im Vergleich

Optimistischere Berichterstattung wird somit begleitet von höherer Transparenz. Hier mit dem Ausdruck »Unwahrheit« zu hantieren, ignoriert die Natur der Vorschriften und ist vermutlich lediglich propagandistischer Ausdruck einer angesichts vieler Zahlen empfundenen Hilflosigkeit.

Zunächst bestehen die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung (abgekürzt: GuV) – egal nach welchen Rechtsvorschriften – tatsächlich unter anderem aus vielen Zahlen. Und wie sich eine Landkarte nur sinnvoll lesen lässt, wenn klar ist, wo die Himmelsrichtungen liegen und wie sich symbolische Darstellungen von Flüssen und Straßen unterscheiden, erschließen sich Bilanz und GuV, wenn die dahinter liegende Rechenmechanik bekannt ist.

In diesem Kapitel geht es um den fundamentalen Bilanzzusammenhang, den ich zunächst in größtmöglicher Einfachheit und unter strikter Vermeidung sperriger Fachsprache vorstelle. Auf diese Weise entstehen die gedanklichen Instrumente, mit denen sich Bilanzen so einfach lesen lassen wie die Zeitung am Morgen.

Keine Angst, die Bilanzmechanik beherrschen Sie mit den Grundrechenarten. Bilanzlesen ist wie Radfahren: Man verlernt es nicht.

Fangen wir an.

Weltsprache Bilanz seit über 500 Jahren


Der Bilanz und der GuV liegt ein Rechenschema zugrunde, das auf der ganzen Welt und theoretisch auch an jeder Stelle des Weltalls immer genau gleich funktioniert. Es ist einfach, genial, und eine bemerkenswerte Konsequenz dieses Schemas besteht darin, dass alle Buchhalterinnen und Buchhalter dieses Planeten die gleiche Sprache sprechen. In den folgenden Abschnitten lernen Sie diese Sprache.

Aller Anfang ist leicht – eine einfache Rechnung


Stellen Sie sich vor, Sie haben 20 EUR in der Tasche und möchten nachher mit dem Taxi zu einem nahe gelegenen Ziel fahren. Sie beschäftigen sich jetzt mit der Frage, wie viel von den 20 EUR Sie vor der Fahrt beispielsweise für einen Kaffee oder ein belegtes Brötchen ausgeben können, um anschließend immer noch in der Lage zu sein, das Taxi zu bezahlen. Das hängt logischerweise von den Kosten der Taxifahrt ab. Nehmen wir also an, das Taxi kostet normalerweise 10 EUR, und zur Sicherheit, weil vielleicht die Ampeln nicht so grün sind wie gewünscht oder weil Sie noch ein Trinkgeld geben möchten, schätzen Sie die Kosten der Taxifahrt auf 12 EUR.

Zusammengefasst: Sie haben 20 EUR und fahren nachher mit dem Taxi für höchstens 12 EUR. Wie viel Geld können Sie vor der Fahrt gefahrlos ausgeben?

Das können Sie tatsächlich erfolgreich ausrechnen und haben damit allen Ernstes die erste Hürde gemeistert.

Folgendes haben Sie gerechnet:

Mit der Einführung rechnerischer Symbole schreibt es sich:

Abstrakt formuliert enthält die Rechnung drei Komponenten:

  • Vermögen
  • Schulden
  • und den verbleibenden Rest.

Das sieht abstrakt so aus:

Die Rechnung fällt leicht, weil wir alle in der Grundschule die Grundrechenarten gelernt und seither vielfach erfolgreich angewendet haben. Wir fühlen uns aus guten Gründen mit dieser Rechnung sicher. Aber nun erinnern Sie sich bitte erneut an die Grundschule: Zuerst haben wir das Addieren gelernt und danach das Subtrahieren. Vielen fiel das Subtrahieren ein klein wenig schwerer. Damals haben uns die Lehrerinnen eine Rechenhilfe beigebracht, um zu prüfen, ob die Subtraktion richtig war.

Die Probe


Die rechnerische Probe stellt sicher, dass die einfache Subtraktion richtig erfolgte. Die Probe funktioniert, indem sie die Rechnung umstellt.

Dies war die Rechnung:

Per Subtraktion wurde der Rest ausgerechnet. Mithilfe der Probe lässt sich prüfen, ob die Subtraktion erfolgreich richtig war.

Dies ist die Probe:

Das Vermögen muss genauso groß sein wie die Schulden zuzüglich des in der vorherigen Subtraktion ausgerechneten Restes. Wenn das stimmt, stimmt auch die Subtraktion.

Abstrakt und ohne Zahlen ausgedrückt, stellt sich der Vorgang so dar:

Die Rechnung:

Die Probe:

Von der Probe ist es nur noch ein kurzer Weg zur Bilanz.

Die Visualisierung einer einfachen Rechnung


Die Konstruktion einer Bilanz wurde erstmals 1426 in den Aufzeichnungen genuesischer Kaufleute nachgewiesen und 1494 (unter anderem zwei Jahre nachdem Kolumbus nach Amerika gesegelt war) von dem italienischen Mönch Luca Pacioli umfangreich beschrieben (deswegen trägt eine mächtige Software des Rechnungswesens den Namen LucaNet). Im Mittelalter haben die Menschen nicht die Schulbildung genossen, der wir uns heute erfreuen. Viele Menschen konnten nicht oder nur sehr mühsam die einfachsten Rechentransaktionen durchführen, sie konnten kaum lesen und schreiben und haben bei Rechenvorgängen häufig Fehler gemacht. Diese Handicaps störten die Kaufleute in Venedig, die daher darüber nachdachten, wie sie den Vorgang der Subtraktion und deren Probe so visualisieren konnten, dass beide immer fehlerfrei gelingen. Die Überlegungen mündeten in ein Schema, das sich mit den Grundrechenarten erschließt und die Komponenten Vermögen, Schulden und Rest gut verständlich aufbereitet, wie Abb. 23 zeigt.

Abb. 23: Visualisierung einer Subtraktion

Um die Probe zu machen, wird unter den jeweiligen Blöcken links und rechts die Summe ausgerechnet. Wenn die Summen links und rechts genau gleich groß sind, dann stimmt die Probe. Für das Beispiel mit dem Taxi stellt es Abb....

Erscheint lt. Verlag 1.2.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Wirtschaft
Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management
Schlagworte Bilanzanalyse • Budgetierung • Controlling • Gewinnerwartung • Jahresabschluss • Kreative Buchführung • Rechnungslegung • Rückstellungen • Spielräume • Unternehmensbewertung
ISBN-10 3-8437-3161-6 / 3843731616
ISBN-13 978-3-8437-3161-4 / 9783843731614
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