Das Milliardenspiel (eBook)

Spiegel-Bestseller
Wie man eine Bank ausraubt - und den Rest der Welt gleich mit - Der Insiderbericht aus der Londoner City
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2024 | 1. Auflage
400 Seiten
Ariston (Verlag)
978-3-641-31031-8 (ISBN)

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Das Milliardenspiel -  Gary Stevenson
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Der Mann, der die Banken das Fürchten lehrt
Gary Stevenson ist ein Mathe-Genie und erhält ein Stipendium für die London School of Economics, an der er das Trading Game gewinnt. Der Preis: ein Praktikum bei der Citi Bank, die das Talent des Studenten erkennt und ausnutzt. Stevenson wird zum erfolgreichsten Trader, den die Bank je hatte. Er macht für sie Milliarden und wird selbst Millionär. Gleichzeitig verarmen Familie und Freunde. Er erkennt: Die Banken treiben den Untergang der Weltwirtschaft bewusst voran. Er selbst ist verantwortlich für den sozialen Abstieg anderer Menschen. Gary will aussteigen, aber die Bank lässt ihn nicht. Er wehrt sich und erlebt die Hölle auf Erden...
Ein packender Insiderbericht aus der Schaltzentrale der globalen sozialen Ungleichheit.
  • Ein Ex-Trader packt aus: So zerstören Banken mutwillig den Wohlstand der Welt.
  • Ein fesselnder Insider-Bericht aus der Schaltzentrale der weltweiten sozialen Ungerechtigkeit
  • Seine Vision: ein Wirtschaftssystem, das für alle da ist
  • Für Leser*innen von The Big Short, Flashboys und Der Wolf der Wall Street


Gary Stevenson wuchs auf in Ilford, einem von Armut geprägten Stadtteil im Osten Londons. Sein Elternhaus lag zwischen einer Fabrikruine und einem Wertstoffhof. Nicht gerade der ideale Ausgangspunkt für eine steile Karriere im Bankensektor. Doch Stevenson hat einen unglaublich klugen Kopf für alles, was mit Mathematik zu tun hat. Und so erhielt er ein Stipendium für die prestigeträchtige London School of Economics. Bei einem Wettbewerb der Citi Group gewinnt er ein Praktikum auf dem Handelsparkett, was ihn schließlich zum erfolgreichsten Trader werden lässt, den die Bank je gesehen hat. Innerhalb weniger Jahre wird er Millionär doch sein Gewissen regt sich: Seine Bank, ja er selbst, ist dafür verantwortlich, dass viele andere Menschen in Armut abrutschen. Er steigt aus und bekämpft das globale Finanzsystem - gegen alle Widrigkeiten, die dieses ihm in den Weg stellt.

2

Mein Weg auf den Trading Floor begann an der London School of Economics, der LSE.

Die London School of Economics hat nichts von Oxford oder Cambridge. Sie hat keinen großen grünen Campus. Die Universitätsgebäude verstecken sich, als Ansammlung unscheinbarer Büros getarnt, in einer Seitengasse des Londoner West Ends.

Trotz dieser eher unscheinbaren Umgebung schickt die Weltelite ihre Kinder mit erstaunlichem Enthusiasmus an diese Hochschule. Kein russischer Oligarch, so schien es, kein pakistanischer Luftwaffenkommandeur, kein Mitglied des chinesischen Politbüros wollte sich die Gelegenheit entgehen lassen, einen ehrgeizigen Sohn, eine Tochter, einen Neffen oder eine Nichte in diesem unscheinbaren Winkel Londons ein paar Jahre lang Simultangleichungen studieren zu lassen, bevor sie wieder nach Hause flogen, um die Führung ihres Landes zu übernehmen – womöglich nach einem mehrjährigen Abstecher bei Deloitte oder Goldman Sachs.

Als ich 2005 an die Universität kam, um dort Mathematik und Wirtschaftswissenschaften zu studieren, war ich alles andere als ein typischer LSE-Student. Drei Jahre zuvor hatte man mich von der Highschool geworfen, weil ich Cannabis verkauft hatte, im Wert von genau drei Pfund. Davor hatte ich versucht, ein Grime-Kollektiv auf die Beine zu stellen; ich hatte mir dazu eigens ein Hoodie maßschneidern lassen mit »MC Gaz« auf der Brust und »Cadaverous Crew« auf dem Rücken, beides in stilisierten Riesenlettern. Zu meiner ersten Vorlesung erschien ich in Ecko-Jogginghose und blau-weißem Ecko-Hoodie. Auf der Brust von Letzterem prangte ein großes marineblaues Nashorn. Bevor ich dort ankam, hatte ich nicht wirklich etwas über die Uni gewusst. Aber von einem Schulkameraden hatte ich erfahren, dass ein LSE-Abschluss ein Ticket zu einem fetten Job in der City war, und das hatte mir gereicht.

Wie nicht weiter überraschend, passte ich da nicht wirklich rein. Die russischen Oligarchen gingen nicht auf ein Brathähnchen in den Halal-Imbiss; die Singapurer konnten meinen Akzent nicht verstehen. Um zu sparen, wohnte ich bei meinen Eltern in Ilford, zehn Meilen östlich der LSE. Ich hatte gerade meine erste richtige Freundin kennengelernt, die wie ich aus Ilford war, und so verbrachte ich mein erstes Jahr größtenteils mit ihr – und der einen oder anderen Flasche – auf einer Parkbank. Und abends, wenn meine Mutter von der Arbeit nach Hause kam, schmuggelte ich sie aus meinem Schlafzimmerfenster und über die Bahngleise. An der Uni ließ ich mich gerade mal zu Vorlesungen und Seminaren sehen.

Trotzdem war ich fest entschlossen, einen guten Abschluss zu machen. Meine Familie hatte keine Connections, und ich kannte niemanden in der City. Ich war weder groß, noch sah ich gut aus, trug weder feinen Zwirn, noch hatte ich aalglatte Networking-Skills. Die eindrucksvollsten außerschulischen Pluspunkte meiner Vita waren eine ausgesprochen uninspirierte Karriere als Grime-MC mit Revolverschnauze und zwei Jahre Kissenaufschütteln in Becktons DFS-Sofastore. Aber Mathe lag mir schon immer, also gab es meiner Ansicht nach für mich nur einen Weg in die City: all die arabischen Milliardäre und chinesischen Industriellen mit einem erstklassigen Abschluss aus dem Feld zu schlagen und dann zu beten, dass Goldman Sachs Notiz von mir nahm.

Mein Plan dazu war relativ einfach: in jeder Vorlesung und in jedem Seminar ganz vorn zu sitzen und dafür zu sorgen, dass ich alles verstand, was Dozenten und Seminarleiter sagten.

Meine Strategie erwies sich als recht effektiv, und ich beendete das erste Studienjahr mit einer durchaus passablen Eins. Wenn ich ganz ehrlich bin, tat ich mich ziemlich leicht. Ich ging mit dem Gefühl in die Sommerferien, dass mein Plan tatsächlich aufgehen könnte.

Doch als ich mein zweites Jahr an der LSE anging, musste ich zwei merkliche Veränderungen konstatieren.

Erstens war plötzlich – so präzedenz- wie grundlos – jeder Student des gesamten Jahrgangs zu einem immens beflissenen Junior-Banker mutiert. Was nicht heißen soll, dass jeder einen Job in den schimmernden Wolkenkratzern von Canary Wharf oder der City ergattert hatte, aber unerwarteterweise – zumindest für mich – tat man so. Plötzlich gingen alle mittwochs und freitags zu den Events der Finance Society und montags auch noch zu den Networking-Events der Investment Society. Mit einem Mal wurden die Sätze meiner Kommilitonen zu Buchstabensuppe – ABS, IBD, CDS, CDO, M&A –, und sie unterhielten sich über »Sales and Trading« und »Sekuritisierung«. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund kreuzten plötzlich eine ganze Reihe von ihnen in Business-Dreiteilern auf. Allenthalben wurden Gerüchte laut, so einige von uns – selbstverständlich das Kontingent hochgewachsener, breitschultriger und sorgfältig frisierter Anzugträger unklarer Nationalität, aber eindeutig betuchter Herkunft – hätten bereits illustre Praktika bei Goldman Sachs, der Deutschen Bank, JPMorgan oder Lehman Brothers in der Tasche. Von einigen hieß es gar, sie hätten bereits einen Vollzeitjob.

Alle begannen sich für Praktika zu bewerben. Nicht nur für ein oder zwei, sondern für fünfzehn oder zwanzig, manchmal mehr. Theoretische Fragen für Vorstellungsgespräche machten die Runde – angeblich hatte man sie einem mythischen Studenten aus den Fachbereichen Statistik oder Internationale Beziehungen gestellt. Bald galt es als erwiesen, dass man beim Vorstellungsgespräch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gefragt würde, wie viele kahlköpfige Männer es in Virginia gibt. Ein Student bekam angeblich fünf Sekunden für die Antwort auf 49 mal 49. Alle notierten sich eifrig 2.401. Kein Problem. Spontan bildeten sich an unvorhersehbaren Stellen auf dem Campus unerklärlich lange Schlangen. Normalerweise konnten die meisten nicht so recht sagen, wofür sie eigentlich anstanden. Aber womöglich wartete am Ende der Schlange ja ein Praktikumsplatz. Vielleicht ergab sich auch eine Gelegenheit zum Networking. Um die Computer in der Bibliothek bildeten sich große Trauben mit Taschenrechnern bewaffneter Studenten. Sie versuchten sich, Zahlen und Buchstaben bellend, an Morgan Stanleys Online-Tests.

Ich wusste nicht, wie ich auf diesen totalen Umschwung in Sachen Einstellung, Ansatz und Prioritäten um mich herum reagieren sollte. Viele gingen nicht mehr in die Vorlesungen, um ihre Zeit und Energie voll und ganz den Künsten des Networkings und der Bewerbung sowie dem Erlernen des Finanzjargons und dessen Akronymen zu widmen. Meine bis dahin anscheinend so erfolgreiche Strategie, einfach zu den Vorlesungen und Seminaren zu erscheinen und den Lehrstoff zu absorbieren, schien mir zunehmend – und zunehmend schmerzlich – unzureichend und naiv.

Ratlos wandte ich mich an einen der wenigen guten Freunde, die ich in meinem ersten Studienjahr gewonnen hatte, einen großen, gut aussehenden jungen Slowenen namens Matic, der mit mir Mathematik studierte. Zwar hatte der in England aufgewachsene Matic sich nicht wie viele andere gleich für die volle Business-Montur entschieden, aber auch er kam jetzt merklich eleganter daher. Er war Mitglied der Finance Societies. Er benutzte Akronyme. Er schrieb Bewerbungen. Er ging zu Vorstellungsgesprächen. Er besuchte Events.

Ich fragte Matic, was wohl über den Sommer passiert sein mochte. Was konnte eine derart tiefgreifende Veränderung in der Studentenschaft ausgelöst haben?

»Was meinst du, Gary? Weißt du das nicht? Das zweite Jahr ist Praktikumsjahr!«

Also, das funktioniert so. Oder zumindest sage ich Ihnen jetzt, was Matic mir damals erklärte.

Jeder Student der LSE möchte bei Goldman Sachs unterkommen. Oder bei der Deutschen Bank. Oder Morgan Stanley. Oder JPMorgan. Oder UBS.

Nicht nur alle an der LSE, sondern auch alle am Imperial. Alle an der Warwick. Natürlich alle in Nottingham und Durham und Bath. Und auch die Studenten aus Manchester und Birmingham hätten dort gern einen Job, nur dass die keine Chance haben, es sei denn, sie kennen jemanden aus der Branche, klar. Die Leute in Oxford und Cambridge würden auch gern dort unterkommen, zumindest die, die nicht reich genug sind, um nicht arbeiten zu müssen.

Nur gibt es nicht genug Stellen für all die Leute. Nicht einmal annähernd. Und nicht nur das, es sind auch nicht alle Jobs gleichwertig. Der beste von allen ist »Sales and Trading«. Er bietet die besten Arbeitszeiten (gerade mal zwölf Stunden am Tag, und die Wochenenden sind frei, was ein weiteres Plus ist); außerdem verdient man hier sein Geld am schnellsten, falls man etwas taugt. Bekommt man nichts in Sales and Trading, heißt das, in IBD oder M&A oder dergleichen hundert Stunden die Woche ranzuklotzen bis zum Seelentod und darüber hinaus. Wenn du das nicht bringst, bedeutet das »Consulting«.

Ich hatte keinen blassen Schimmer, was »Consulting« war. So wie Matic das Wort aussprach, hätte er auch von einem Job als Klofrau sprechen können.

Ohne Praktikum einen Job zu bekommen, ist schlicht unmöglich, es sei denn, man hat Connections, und der einzige Zeitpunkt für ein Praktikum ist jetzt. Wer nach dem zweiten Jahr kein Praktikum gemacht hat, muss das nach dem dritten nachholen. Nach dem Praktikum bekommen fünfzig Prozent der Praktikanten ein Angebot für eine Vollzeitstelle, aber das dauert ein geschlagenes Jahr, das heißt, wer sein Praktikum nach dem dritten Jahr macht, steht...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2024
Übersetzer Bernhard Schmid
Sprache deutsch
Original-Titel The Trading Game
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Geld / Bank / Börse
Wirtschaft
Schlagworte 2024 • Armut • Banken • Börse • Devisenhandel • eBooks • Finanzen • forex trader • Investmentbanker • Millionär • Neuerscheinung • Prekariat • Sozialer Abstieg • Soziale Ungleichheit • Wall Street • Weltwirtschaft • Wirtschaft • Wirtschaftskriminalität • Wohlstand
ISBN-10 3-641-31031-8 / 3641310318
ISBN-13 978-3-641-31031-8 / 9783641310318
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