Taschenatlas Pathophysiologie (eBook)

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2019 | 6. Auflage
440 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-242915-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Taschenatlas Pathophysiologie -  Stefan Silbernagl,  Florian Lang
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Pathophysiologie verstehen ist der erste Schritt in Richtung Klinik. Mit dem Taschenatlas Pathophysiologie schaffst du das mit links! Erfahre alles über die wichtigsten pathophysiologischen Mechanismen der Krankheitsentstehung. Fast 200 anschauliche Farbtafeln und verständliche Texte machen es dir leicht: - Kombiniere Text und Bild: Jede Doppelseite gibt dir einen vollständigen Überblick über das behandelte Thema. - Finde dich schnell zurecht: Die Inhalte sind konsequent gegliedert, und ein Farbleitsystem mit Daumenregister sorgt für gute Orientierung. Wo es nötig ist, werden die physiologischen Grundlagen für ein besseres Verständnis noch einmal erklärt. - Stell den Bezug zur Klinik her: Lerne schon jetzt kennen, womit du es später in der Klinik zu tun hast. Plus: Ausführliche Informationen zur Malaria sowie zu Energiestoffwechsel, Essstörungen und Adipositas. Jederzeit zugreifen: Die Inhalte dieses Buches kannst du dir online freischalten und sie dann mit allen gängigen Smartphones, Tablets und PCs nutzen.

1 Grundlagen


S. Silbernagl und F. Lang

1.1 Zellwachstum und Zellanpassung


In der Mitte des 19. Jahrhunderts hat Rudolf Virchow mit seiner These der Zellularpathologie Krankheiten erstmals als Störungen der physiologischen Lebensvorgänge der Zelle aufgefasst. Sie ist die kleinste Einheit des Lebendigen (Wilhelm Roux), d. h., die Zelle (und keine kleinere Einheit) ist in der Lage, die Grundfunktionen des Organismus, also Stoffwechsel, Bewegung, Wachstum, Vermehrung und Vererbung, zu erfüllen. Die drei letzteren Prozesse sind nur durch Zellteilung möglich, während auch nicht mehr teilbare Zellen stoffwechselaktiv und z. T. beweglich sind.

Mit Ausnahme der Keimzellen, bei deren Reifeteilung (Meiose) der Chromosomensatz halbiert wird, teilen sich die meisten Zellen nach vorheriger Verdoppelung des Chromosomensatzes: indirekte Kernteilung (Mitose) mit Zellteilung (Zytokinese). Dabei durchläuft jede mitosefähige Zelle einen Zell- oder Generationszyklus (A), in dem eine Mitose (Dauer ca. 0,5–2 h) von der nächsten immer durch eine Interphase (Dauer je nach Teilungsfrequenz 6–36 h) getrennt ist. Gesteuert wird der Zellzyklus v. a. durch bestimmte, zyklusphasenspezifische Proteine, die Cykline. Diese bilden einen Komplex mit einer während aller Phasen exprimierten Proteinkinase, genannt cdc2 oder p34cdc2. Nach vollendeter Zytokinese (= Ende der Telophase; A) treten Zellen, die sich kontinuierlich teilen (sog. labile Zellen, s. u.) in die G1-Phase (gap phase 1) ein, während der sie zu voller Größe heranwachsen, redifferenzieren und ihre gewebetypischen Aufgaben erfüllen (hohe RNA-, dann hohe Proteinsynthese). Daran schließt sich die etwa 8-stündige S-Phase an, während der der Chromosomensatz verdoppelt wird (hohe DNA-Synthese). Nach der anschließenden, 1–2 stündigen G2-Phase (hohe Protein- und RNA-Synthese; Energiespeicherung für die anschließende Mitose; Zentriolenteilung mit Aufbau des Spindelapparates) beginnt die nächste Mitose: An die Prophase (Entdifferenzierung der Zelle, z. B. Verlust von Mikrovilli und Golgi-Apparat; Chromosomenspiralisierung) schließen sich die Metaphase (Kernhülle verschwindet, Chromosomen in Äquatorialebene), Anaphase (Chromosomenteilung und -wanderung zu den Polen) und Telophase (Kernhüllenbildung) an, wobei die Zytokinese in der späten Anaphase mit der Einschnürung der Zellmembran beginnt. Danach beginnt eine neue G1-Phase.

Diesen Zellzyklus durchlaufen Zellen mit kurzer Lebensdauer, sog. labile Zellen, kontinuierlich, um laufend zerstörte Zellen zu ersetzen und damit die Gesamtzellzahl konstant zu halten. Zu den Geweben mit labilen Zellen gehören Oberflächenepithelien wie die von Haut, Mundschleimhaut, Vagina und Zervix, die Epithelien von Speicheldrüsen, Magen-Darm-Trakt, Gallengängen, Uterus und unteren Harnwegen sowie die Zellen des Knochenmarks. Bei den meisten dieser Gewebe entstammen die neuen Zellen der Teilung wenig differenzierter ▶ Stammzellen. Dabei bleibt gewöhnlich eine Tochterzelle undifferenziert (Stammzelle), während die andere Tochterzelle sich zu einer nicht mehr teilbaren Zelle ausdifferenziert, z. B. Erythrozyt, Granulozyt (A). Eine solche differenzielle Zellteilung ist z. B. auch Kennzeichen der Spermatogenese.

Die Zellen mancher Organe und Gewebe proliferieren gewöhnlich nicht (s. u.). Solche stabilen oder ruhenden Zellen treten nach der Mitose in einen Ruhezustand ein, der G0-Phase genannt wird (A). Dazu gehören die Parenchymzellen von Leber, Nieren und Pankreas sowie die Bindewebs- und Mesenchymalzellen (Fibroblasten, Endothelzellen, Chondro- und Osteozyten, glatte Muskelzellen). Erst besondere Stimuli, etwa Organüberlastung nach Organschäden oder -verkleinerung (z. B. einseitige Nephrektomie oder Tubulusnekrose; Entfernung oder Untergang großer Leberanteile) bzw. Gewebeverletzungen (z. B. Hautwunden) lassen diese Zellen wieder in die G1-Phase eintreten (A, B). Während sich normalerweise z. B. weniger als 1 % der Leberzellen teilen, sind dies nach teilweiser Hepatektomie mehr als 10 %.

Dieser Regenerationsprozess wird durch die angiokrinen Signalstoffe β1-Integrin und vascular endothelial growth factor 3 (VEGFR3) aus dem Endothel gesteuert. Sie werden dann vermehrt ausgeschüttet, wenn die im erhaltenen Restgewebe erhöhte Blutperfusion die Gefäße ausdehnt (Mechanotransduktion). Bei diesem Signalweg in Endothelzellen wird also die durchblutungsabhängige Gefäßdehnung in Wachstum und Aufrechterhaltung der Gewebemasse umgesetzt (Lorenz L. et al. Nature 562, 128, 2018).

Der Übertritt von der G0- in die G1-Phase und, ganz allgemein, der Anstoß zur Zellproliferation, bedarf u. a. der Bindung von Wachstumsfaktoren (growth factors, GF) und wachstumsfördernden Hormonen an spezifische Rezeptoren, die meist auf der Zelloberfläche, für Steroide jedoch im Zytoplasma oder im Zellkern lokalisiert sind (C). Dabei werden die Wachstumsfaktor-Rezeptoren aktiviert (meist Tyrosinkinase-Aktivität; ▶ A10), was die Phosphorylierung einer Reihe von Proteinen zur Folge hat. Schließlich erreicht die Signalkette den Zellkern, die DNA-Synthese wird stimuliert, und die Zelle ▶ teilt sich. Neben gewebespezifischen Wachstumsfaktoren (z. B. HGF in der Leber) gibt es solche mit breiterem Wirkungsspektrum, nämlich EGF (epidermal GF), TGFα (transforming GF), PDGF (platelet-derived GF), FGFs (fibroblast GF) sowie bestimmte Zytokine wie Interleukin 1 und TNF (tumor necrosis factor). Zur Wachstumshemmung kommt es z. B. in einem Epithel, in dem durch Zellteilung eine Lücke geschlossen worden ist, dann, wenn benachbarte Zellen miteinander in Kontakt treten (Kontakthemmung). Auch das kompensatorische Wachstum der Leber (B) hört auf, wenn die ursprüngliche Organmasse wieder erreicht ist.

Die Regeneration labiler und stabiler Zellen beinhaltet nicht zwingend, dass die ursprüngliche Gewebestruktur wiederhergestellt wird. Dazu ist nämlich die Intaktheit der extrazellulären Matrix notwendig, die als Leitsystem für Zellform, -wachstum, -migration und -differenzierung dient (C). Diese Matrix besteht aus fibrösen Strukturproteinen (Kollagene I, II und V; Elastin) und einer Zwischenzellmatrix adhäsiver Glykoproteine (u. a. Fibronectin und Laminin), die in ein Gel von Proteoglykanen und Glucosaminoglykanen eingebettet sind. Als Basalmembran liegt sie Epithel-, Endothel- und glatten Muskelzellen an (E). Integrine sind Zellmembranproteine, die die extrazelluläre Matrix mit dem intrazellulären Zytoskelett verbinden und Signale für Zellwachstum, -migration und -differenzierung ins Zellinnere weitergeben (C). Ist, wie bei schwereren Gewebeschäden, auch die Matrix weitgehend zerstört (z. B. ▶ tiefes Magenulkus oder große Hautwunden), wird das ursprüngliche Gewebe durch Narbengewebe ersetzt. Dazu proliferieren dann die ansonsten ruhenden Bindewebs- und Mesenchymalzellen (s. o.).

Wenn sog. permanente Zellen untergegangen sind, können sie kaum mehr ersetzt werden, da diese Zellen nicht teilungsfähig sind. Dazu gehören v. a. viele Nervenzellen des Erwachsenen; aber auch die Regenerationsfähigkeit seiner Herz- und Skelettmuskelzellen ist sehr begrenzt (z. B. ▶ Herzinfarkt).

Eine Anpassung (Adaptation) an geänderte physiologische oder an unphysiologische Anforderungen kann mit einer Erhöhung oder Verringerung der Zellzahl (Hyperplasie bzw. Aplasie; D, E) erreicht werden. Dies kann hormonal ausgelöst sein (z. B. Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale; Wachstum des Brustdrüsenepithels während der Schwangerschaft) oder der Kompensation dienen, wie etwa bei der Wundheilung oder nach Verminderung des Leberparenchyms (B). Wenn sich die Zellgröße ändert, spricht man von Hypertrophie bzw. Atrophie (E). Auch diese Adaptation kann hormonell oder durch erhöhte bzw. verminderte Beanspruchung ausgelöst werden. Während der Uterus in der Schwangerschaft sowohl hyperplasiert als auch hypertrophiert, können Skelett- und Herzmuskel ihre Kraft nur durch Hypertrophie steigern. So hypertrophiert die Skelettmuskulatur durch Training (Bodybuilding!) bzw. atrophiert bei Ruhigstellung (Gipsbein; Innervationsverlust). Eine Herzhypertrophie entwickelt sich bei Sportlern mit hohem Herzzeitvolumenbedarf (Radfahrer, Skilangläufer!) oder, pathologischerweise, z. B. bei ▶ Hypertoniepatienten. Atrophische Zellen sind nicht tot, sie können, mit Ausnahme der permanenten Zellen (Hirnatrophie!), wieder reaktiviert werden. Allerdings führen ähnliche...

Erscheint lt. Verlag 6.11.2019
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
Medizin / Pharmazie Studium
Naturwissenschaften Biologie
Schlagworte Klinische Medizin • Krankheitsentstehung • Medizinstudium • Physiologische Grundlagen • Vorklinik
ISBN-10 3-13-242915-5 / 3132429155
ISBN-13 978-3-13-242915-4 / 9783132429154
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