Sommer ist meine Lieblingsfarbe (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
464 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-30939-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sommer ist meine Lieblingsfarbe -  Claudia Schaumann
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Was passiert, wenn du alles hast, was du immer wolltest? Und trotzdem nicht glücklich bist?
Ava ist 43 und hat alles, wovon sie immer geträumt hat: einen tollen Mann, drei bezaubernde Kinder, drei Hühner und ein wunderschönes Haus in Hamburg Vierlanden, gleich hinter dem Deich. Dennoch fragt sie sich in letzter Zeit immer öfter, ob das schon alles war und ob sie wirklich glücklich ist. Oder ist sie irgendwo falsch abgebogen? Als sie völlig unerwartet eine Nachricht von ihrem Ex-Freund Pinto erhält, wirbelt das ihren Alltag ganz schön durcheinander. Ava entdeckt das Kribbeln im Bauch und ihre Leidenschaft für Farbe und alte Möbel wieder. Und verliebt sich noch einmal ganz neu. In sich selbst - und in ihren Traummann ...

Das humorvoll-turbulente Romandebüt der SPIEGEL-Bestsellerautorin und erfolgreichen Bloggerin und Instagrammerin (»wasfuermich«).

»Ein sehnsuchtsvoll-schöner Roman über ungerade Lebens- und Liebeswege - frisch vom Deich direkt ins Herz!« Karla Paul

»Die Gefühlsachterbahn einer Frau, die vermeintlich alles im Leben hat und trotzdem mehr will - ich habe so mit Ava mitgefiebert!« Alexa von Heyden

Claudia Schaumann, geboren 1977, arbeitete nach ihrem Volontariat als Redakteurin bei großen Tageszeitungen und Magazinen. In ihrer zweiten Elternzeit gründete sie den Blog »Was für mich«, der inzwischen zu den größten deutschen Blogmagazinen gehört. Sie hat vier Kinder, betreibt neben dem Blog einen sehr erfolgreichen Instagram-Kanal und schreibt Bücher für Kinder und Erwachsene.

Kapitel 1


Ava

Alles begann mit einer WhatsApp-Nachricht. Abends, müde, auf der Couch. Ich war sogar zu kaputt gewesen, um mir ein Glas von meinem Lieblings-Sauvignon-Blanc zu holen. Die Nachricht kam von einer unbekannten Nummer, ich wollte sie erst gar nicht öffnen. Wollte gar nicht wissen, wer da schon wieder etwas von mir wollte. Dass er es war, konnte ich ja nicht ahnen. Bis dahin war es ein stinknormaler Montag gewesen.

Drei Stunden zuvor hatte ich Len zum Tischdecken verdonnert. Im goldgelben Abendlicht stand mein Sohn mit blankem Oberkörper vor der Küchenvitrine und balancierte einen Stapel blau-weiße Royal-Copenhagen-Teller wie seinen Fußball auf der flachen Hand.

»Isst Papa mit?«, wollte er wissen.

Ich schnappte nach Luft.

Bevor ich etwas sagen konnte, beantwortete er seine Frage seufzend selbst. »Natürlich nicht.«

Klirrend ließ Len einen der Teller wieder in der weißen Vitrine verschwinden. Ich stand an der Spüle, stopfte tropfnasse Salatblätter in die Schleuder und zog unnötig heftig am Band, damit sie sich drehte. Ich war so müde. Überall Krümel. Kratzer auf der Eichenarbeitsplatte. Dreckige Kindersocken auf dem Boden. Mein Geduldsfaden war kurz davor zu reißen – genau wie der Seilzug der Salatschleuder.

Es rumste. Erschrocken schaute ich auf und sah, dass Len die übrigen Teller wie Frisbeescheiben auf die hellgraue Leinentischdecke warf. Dann riss er die Besteckschublade mit so viel Schwung auf, dass ich fürchtete, er würde sie gleich in der Hand halten. Oder der Schrank könnte ihn erschlagen. Mein Mittlerer bestand neuerdings nur noch aus Muskeln. Der sportlichste meiner Söhne war neun Jahre alt, gerade zwei Stunden beim Training gewesen und hatte noch immer Energie ohne Ende. Ich war 43, hatte den ganzen Tag gefühlt gar nichts gemacht, schon gar keinen Sport, und war todmüde.

Seit einer Ewigkeit wollte ich endlich mal wieder laufen gehen. Vielleicht würde ich mich anschließend besser fühlen. Aber der Alltag war auch ohne Joggen schon anstrengend genug.

Len wollte Fußballstar werden, da war er sich absolut sicher. Ständig erzählte er mir, was er sich mit seinen verdienten Millionen alles kaufen würde. Und er liebte es, sein Leben wie ein Sportreporter zu kommentieren. Manchmal auch meins.

»Ava Altmann, 43 Jahre, befindet sich in der heißen Endphase dieses Abendbrotmatches«, rief er aufgeregt. Die honigfarbenen Sommersprossen auf seiner Stupsnase leuchteten in der Abendsonne. »Gerade steckt sie in einem gefährlichen Zweikampf mit einer Tomate. Wer wird als Gewinner aus diesem Duell hervorgehen …?«

Ich schaute ihn träge seufzend an. Len imitierte perfekt den aufgedrehten Tonfall eines Reporters. Obwohl es in meinem Kopf dröhnte, musste ich lachen. Sein Grinsen mit den hübschen Grübchen war einfach ansteckend.

Ich ging zum Kühlschrank und holte noch ein paar weitere Tomaten aus dem Gemüsefach. Weil es heute Mittag nur für Fertigmilchreis gereicht hatte, sollte es wenigstens zum Abendessen ein bisschen was Gesundes geben. Aber kaum schnitt ich in die erste Tomate, spritzte sie ihr Innenleben an die Wand.

»Ein fieses Foul von Ava Altmann«, kommentierte mein Sohn. »Ihre Gegnerin liegt verletzt am Boden. Wird Altmann dafür vom Platz fliegen? Zumindest eine rote Tomatenkarte sollte ihr sicher sein.« Er lachte laut über seinen Witz.

»Du fliegst gleich – und zwar hier raus!«, drohte ich.

Dann schnappte ich mir seufzend ein Stück Küchenrolle und wischte die Flecken von den altweißen Metrofliesen. Jan würde durchdrehen, wenn er wüsste, dass die Fugen seiner liebevoll ausgewählten Kacheln rote Flecken hatten.

Ach, Jan. Durch das lichtgraue Sprossenfenster schaute ich über den Vorgarten und die grüne Wiese zu dem kleinen, rot geklinkerten Häuschen mit den bodentiefen Fenstern hinüber. Jan hatte seit zehn Jahren sein eigenes Architekturbüro im sanierten Schafstall, vorne auf dem Hof, direkt an der schmalen Deichstraße. Damit hatte er sich einen lang gehegten Traum erfüllt. Die großen Fenster ließen viel Licht herein, die alten Balken machten es gemütlich, und die modernen, glänzenden Büromöbel bildeten einen gelungenen Kontrast zum Landhausstil.

Jans Meisterstück aber war unser Haus. Es stand auf einer ehemaligen Streuobstwiese hinter dem ausgebauten Stall und sah mit seinen weißen Fachwerkbalken im Rotklinkergiebel, den Sprossenfenstern, den beiden Gauben und der weißen Holzveranda aus wie aus der Jahrhundertwende – dabei hatte Jan es eigens für uns entworfen. Ich liebte dieses Haus – von den grün-grauen Zementfliesen aus Marokko im Flur bis hin zu den weißen Holzschnörkeln am Dach. Aus unserem Schlafzimmerfenster in einer der Gauben konnte ich über den Deich und die weiten Wiesen bis hinüber zur Elbe sehen, die sich hier in Vierlanden, im äußersten Zipfel Hamburgs, gemächlich durch die Landschaft schlängelte. Im Frühling und Sommer hörten wir abends im Bett die Deichschafe mähen, und es roch nach Wiese. Jeder, der unser Haus zum ersten Mal sah, seufzte, weil es so schön war. Nur ich seufzte in letzter Zeit immer öfter, weil unsere Jungs es so heruntergerockt hatten.

Auch das Fenster vor mir war fettfingergetupft. Ich spürte eine drängende Unruhe im Bauch, alle Fenster mal wieder gründlich zu putzen, obwohl ich Fensterputzen hasste. Wann hatte ich angefangen, unser schönes Haus bloß noch als To-do-Liste zu sehen?

Jan und ich hatten oft darüber gesprochen, dass das Haus eines Architekten immer auch sein Werbeplakat war. Ich starrte hinüber zu seinem Büro, und es kam mir vor, als könnte ich auf magische Weise durch Wände gucken. Hinter rotem Klinker, mattweiß verputzten Wänden und einem deckenhohen Aktenstapel in Popelbeige saß ganz sicher mein Mann und grübelte über einem Bauplan.

»So praktisch!«, hatte er anfangs geschwärmt, als er sich sein Büro bei uns auf dem Hof einrichtete. »Ich bin immer in deiner Nähe!«

In Wahrheit schien mir gerade nichts weiter weg als der ehemalige Schafstall dort drüben.

»Was gibt’s heute?« Leo war so plötzlich hinter mir aufgetaucht, dass ich zusammenzuckte. Und bevor ich etwas sagen konnte, verdrehte mein Ältester die Augen und maulte. »Bloß Salat? Mann, Mama, ich hab so Hunger!«

Er hatte sich den ganzen Nachmittag in seinem Zimmer verschanzt. Eine Vier in Mathe plus eine Musikarbeit am nächsten Tag ergaben schlechte Laune. Ich konnte es ihm nicht verübeln.

Mein Blick wanderte über seine Hand, die ein paar Tomatenstücke mopste, über seine schmalen Arme und Schultern bis zu seinem Gesicht. Wo mein Sohn bis vor Kurzem zarte Pausbäckchen gehabt hatte, sprossen neuerdings ein paar Pickel. In seinem weißen Poloshirt hing der leicht säuerliche Geruch von Schweiß. Mein Großer wurde groß.

Ich schob ihn sanft zur Seite und rettete die übrigen Tomatenstücke in eine kleine Schale.

»Linus!«, rief ich. »Das darfst du zum Tisch tragen.«

Im Gegensatz zu seinen beiden großen Brüdern half mir mein Jüngster noch richtig gern. Jetzt aber kam er auf nackten Füßen schluchzend angerannt und krallte sich an meinem Bein fest. Soweit ich seinem Schimpfen entnehmen konnte, wollte er im Flur mit Len kicken und durfte nicht. Ich hörte den Lederball auf die Fliesen platschen und überlegte, was wohl gleich kaputtgehen würde. Irgendwas ging immer zu Bruch. Heute war ich allerdings selbst zu kaputt, um etwas gegen die Ballerei zu sagen. Leo kickte nun auch mit, immerhin spielten sie nicht im Wohnzimmer.

Ich strich Linus über die weichen Haare und sagte: »Lass die Großen. Stell mal schnell die Tomaten auf den Tisch, dann spiele ich Fußball mit dir.«

Diese Vorstellung schien noch schlimmer zu sein als die Tatsache, dass Leo und Len ihn nicht dabeihaben wollten. Linus fing augenblicklich an zu kreischen, als hätte ich gedroht, seine Paw-Patrol-Plastikhunde ins Tierheim zu bringen. Ich beugte mich zu ihm runter, um ihm die Tomatenschüssel wieder aus der Hand zu nehmen, bevor ein Unglück passierte.

Zu spät.

Es rumste. Der Ball knallte gegen den Küchenschrank, prallte ab und erwischte meinen Arm. Platsch machten die Tomaten und landeten in einem stückigen See auf den Holzdielen. Leo und Len grinsten mich vom Flur aus an.

»Ähhhhh … Tschuldigung, Mama, war echt keine Absicht!«, rief Len.

Ich schielte auf die Uhrzeit am Backofen. Noch etwas über eine Stunde bis zur Couch. Wenn ich mich beeilte. Ich wedelte mit der Küchenpapierrolle, und meine beiden Großen maulten. Sie wussten genau, dass sie die Sauerei selbst wegwischen mussten.

Ausgerechnet jetzt klingelte mein Handy. Ich schielte kurz drauf. Mein Vater. Auch das noch. Da konnte ich jetzt nicht drangehen. Den musste ich später zurückrufen.

»Söne Sweinerei!« Linus tapste begeistert im Tomatenmatsch hin und her.

Seine Brüder stritten sich um die Küchenrolle. Ich atmete tief durch und riss beiden ein Stück Papier ab. Dann hob ich Linus hoch und trug ihn ins Bad, um ihm die Füße zu waschen.

»Ich will gleich nichts mehr sehen, klar!«, rief ich beim Rausgehen.

Als ich wiederkam, war der Matsch noch da, bloß sorgfältig verteilt. Zwei zerknüllte, rosa angelaufene Küchenpapierstücke lagen daneben. Die meisten der kleinen Tomatenkerne steckten in den Dielenritzen – neben ein paar Sesamkörnern, Staub und Bastelglitzer. Die Ritzen erinnerten sich besser als ich, was meine Kinder und ich den ganzen Tag lang so trieben.

Von den großen Jungs war nichts mehr zu sehen. Und, noch ungewöhnlicher, auch nichts zu...

Erscheint lt. Verlag 20.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2024 • Anne Hertz • eBooks • Einfaches Leben • Exfreund • Frauenromane • humorvoll • Kerstin Gier • Liebesromane • lustig • lustige • Meike Werkmeister • Neuerscheinung • Romane für Frauen • Simplify • Sommerbuch • Unterhaltsam
ISBN-10 3-641-30939-5 / 3641309395
ISBN-13 978-3-641-30939-8 / 9783641309398
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