Blutstunde (eBook)

Spiegel-Bestseller
Thriller
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
464 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-29569-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Blutstunde -  Thomas Enger,  Jørn Lier Horst
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Ein Polizist, der nicht mehr ermitteln darf, ist kein guter Polizist, sondern ein wütender! Band 5 der SPIEGEL-Bestseller-Reihe aus Norwegen.
Zwei Monate sind vergangen, seit Alexander Blix vom Vorwurf des vorsätzlichen Mordes freigesprochen wurde. Doch sein Leben liegt in Trümmern: Er kann nie wieder als Polizist arbeiten und fühlt sich, als würde ihn jemand auf Schritt und Tritt verfolgen. Dann wendet sich Blix' dementer Vater an ihn, weil dieser glaubt, jemand versuche, ihn zu vergiften. Aber Blix, der keinen Kontakt zu seinem Vater haben will, weigert sich, die Ermittlung aufzunehmen, zumal die Polizei Oslo ihn immer noch für einen Mörder hält. Zum Glück steht Emma Ramm fest an seiner Seite - und zusammen schließen die beiden einen Cold Case, der nicht nur Blix' Familie betrifft, sondern die dunkelsten Seiten eines Verbrechers hervorbringt.

Alle Fälle der norwegischen Platz-1-Bestseller-Serie:
Blutzahl
Blutnebel
Bluttat
Blutnacht
Blutstunde

Thomas Enger, Jahrgang 1973, studierte Publizistik, Sport und Geschichte und arbeitete in einer Online-Redaktion. Nebenbei war er an verschiedenen Musical-Produktionen beteiligt. Sein Thrillerdebüt »Sterblich« war im deutschsprachigen Raum wie auch international ein sensationeller Erfolg, gefolgt von vier weiteren Fällen des Ermittlers Henning Juul. Aktuell schreibt er zusammen mit Bestsellerautor Jørn Lier Horst an einer neuen Thrillerreihe, deren Auftakt »Blutzahl« ist. Er lebt zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern in Oslo.

2


Elf Minuten später blieb Blix vor einem Haus stehen. Leirfallsgate 11. Ein Elektroroller lehnte an der Hauswand.

Es regnete leicht.

Zögernd richtete Blix seinen Zeigefinger auf die Klingelschilder an der Tür, trat aber gleich wieder einen Schritt zurück.

Du musst das nicht tun, sagte er zu sich selbst. Noch kannst du einfach weggehen. Doch dann presste er den Finger auf Krissander Dokkens hellgrünen Klingelknopf. Eine Sekunde später summte der Türöffner.

Am Ende des Flurs im zweiten Stock war eine Tür einen Spaltbreit geöffnet. Vorsichtig schob Blix sie auf. Krissander Dokken stand im Flur und streckte ihm mit einem etwas distanzierten Lächeln die Hand entgegen. Mit der anderen umklammerte er den Stock, auf den er sich stützte.

»Kommen Sie rein.«

Blix zog die Schuhe aus und hängte seine nasse Jacke an die Garderobe. Ohne ein weiteres Wort führte Dokken ihn in einen Raum, in dem zwei Stühle an einem runden Tisch standen. Eine gut gefüllte Wasserkaraffe und zwei Gläser standen bereit. Aus einer viereckigen Box ragten dünne weiße Papiertaschentücher.

Blix setzte sich auf den hinteren Stuhl und schlug die Beine übereinander. Der tiefe Atemzug verursachte einen stechenden Schmerz in der Brust. Vergeblich versuchte er, sich zu entspannen.

Krissander Dokken setzte sich auf seinen üblichen Stuhl, lehnte den Stock neben sich und platzierte einen Notizblock auf seinem Schoß. An der Wand hinter ihm hing der bekannte Druck eines van Goghs. Neben dem weiß gestrichenen Bücherregal stand ein Terrakottatopf mit einer leuchtend grünen Glückskastanie.

»Also«, sagte Dokken und rückte seine kleine, runde Brille zurecht. »Wie geht es Ihnen? Wie waren die letzten Tage?«

Dokken sprach langsam mit heller, spröder Stimme. Blix wusste nicht, was er antworten sollte. Er könnte sagen, dass er noch immer das Gefühl hatte, jeden Morgen von einer unsichtbaren Kraft aufs Laken gedrückt zu werden. Dass kein einziger Tag und nicht eine Minute verstrich, in der er nicht an Iselin und ihren Mörder dachte. Und an das, was danach geschehen war. Die Zeit im Gefängnis. Die Zeit nach seiner Entlassung.

Stattdessen sagte er: »Gut.« Er schluckte. »Ich denke, es geht mir … ganz gut.«

»Was heißt das?«

Dokken sah ihn eindringlich an.

»Tja«, sagte Blix zögernd. »Ich weiß auch nicht so recht.«

»Was bedeutet gut gehen für Sie?«

Es dauerte ein paar Sekunden, bis Blix antwortete.

»Das ist eine gute Frage«, sagte er. »Wahrscheinlich weiß ich das gar nicht mehr richtig.«

Dokken nickte langsam.

»Was, glauben Sie, muss geschehen, damit es Ihnen besser geht?«

Blix dachte nach. Lange.

»Ich weiß es nicht«, sagte er. »Ich habe wirklich keine Ahnung.«

»Haben Sie es noch mal mit Meditation versucht?«

Blix schüttelte den Kopf.

»Ich … bin noch nicht dazu gekommen.«

Stille.

»Was haben Sie in den letzten Wochen gemacht?«

»Nicht viel, eigentlich. Ich … habe ein bisschen gelesen. Zeitungen, Bücher. Und ich … binde Fliegen.«

»Sie meinen … zum Fliegenfischen?«

»Ja, ein früheres Hobby von mir, das ich wieder aufleben lasse.«

»Gut. Das freut mich zu hören. Gehen Sie oft fischen?«

»Nicht mehr. Früher schon. Aber das ist lange her.«

»Vielleicht sollten Sie Ihre neuen Fliegen mal ausprobieren?«

Blix zuckte mit den Schultern.

»Vielleicht.«

Dokken wartete kurz, bis er seine nächste Frage stellte.

»Essen Sie genug?«

»Ja, ich denke schon.«

»Auch … etwas Gesundes?«

Blix dachte nach.

»Bestimmt nicht so oft, wie ich sollte.«

»Du bist, was du isst, das wissen Sie, oder?«

Dokken versuchte sich an einem Lächeln. Blix antwortete nicht.

»Wie sieht es mit Ihrem Schlaf aus?«

»Ich werde ziemlich oft wach. Aber das war immer so, auch als ich noch gearbeitet habe.«

Dokken befeuchtete seine Lippen.

»Machen Sie morgens noch immer Ihre Touren?«

»Meistens ja.«

»Die gleiche Route?«

»Ja, da gibt es kaum Veränderungen. Ich bin ein Gewohnheitsmensch. Aber da bin ich ja wohl nicht der Einzige.«

Dokken legte die Finger zu einem Dreieck zusammen.

»Fühlen Sie sich noch immer überwacht? Oder anders ausgedrückt, glauben Sie noch immer, dass Ihnen jemand folgt?«

Blix hatte vergessen, dass er Dokken beim letzten Mal davon erzählt hatte.

»Nein«, antwortete er und spürte, wie eine Flamme in seinem Gesicht aufloderte. »Viele Leute wissen, wer ich bin«, fügte er hinzu. »Nach … nach allem, was passiert ist. Es gibt immer mal wieder jemanden, der mich erkennt, wenn ich auf der Straße oder beim Einkaufen bin.«

»Der Preis des Ruhms«, sagte Dokken mit einem dünnen Lächeln. »Ich bin froh, nicht prominent zu sein.«

Blix sagte nichts.

»Bekommen Sie noch immer so viel Post?«

Blix zögerte.

»Vielleicht ein bisschen weniger.«

»Und was für Briefe sind das?«

»Ich weiß es nicht, so genau sehe ich mir sie nicht an.«

»Warum nicht?«

Blix dachte nach. Eigentlich hatte er keine gute Antwort auf diese Frage.

»Haben Sie mit jemandem Kontakt?«, fragte Dokken.

»Mit Emma«, sagte Blix. »Emma Ramm. Ab und zu.«

»Und Ihre alten Kollegen schicken Ihnen nicht manchmal Nachrichten oder laden Sie auf ein Bier ein?«

Blix schüttelte den Kopf.

»Melden Sie sich bei jemandem?«

»Nein. Höchstens bei Merete, meiner Ex-Frau. Aber nicht sehr oft.«

Dokken starrte einen Moment wie tief in Gedanken versunken vor sich hin.

»Was ist mit Ihren Eltern?«

Blix hob überrascht den Kopf.

»Was soll mit denen sein?«

»Leben sie noch?«

»Wie meinen Sie das? Ob sie noch leben?«

»Hm?«

»Mein Vater … er lebt«, sagte Blix seufzend. »Meine Mutter ist schon vor vielen Jahren gestorben.«

»Wie alt waren Sie da?«

Blix schob sich im Stuhl etwas hoch und kratzte sich mit einem ungewöhnlich scharfen Fingernagel an der Wange.

»Sechzehn.«

»Haben Sie Kontakt zu Ihrem Vater?«

Blix legte die Hand auf den Schenkel und drückte die Muskulatur unter dem Stoff etwas zusammen.

»Nicht wirklich.«

»Warum nicht?«

»Er ist … in einem Pflegeheim.«

»Ist das ein Grund, keinen Kontakt zu haben?«

Blix senkte den Blick und schob die Finger ineinander. Er blieb die Antwort schuldig.

»Warum ist er in einem Pflegeheim?«, fuhr Dokken fort. »Wenn ich das fragen darf?«

»Weil … er allein nicht mehr zurechtkommt.«

Dokken nickte langsam.

»Und wo ist dieses Heim?«

»Außerhalb von Gjøvik.«

»Kommen Sie von da?«

»Nicht ganz, ich bin aus Skreia.«

»Skreia«, wiederholte Dokken, als wäre der Ort als solcher wichtig.

»Wann haben Sie ihn zuletzt besucht?«

»Das … weiß ich nicht.«

»War das vor oder nach der Zeit im Gefängnis?«

»Davor«, antwortete Blix schnell.

»Und wann haben Sie zuletzt mit ihm gesprochen?«

»Das …«, Blix stockte, »ist eine Weile her.«

Blix sah die tiefe Falte zwischen den Augenbrauen des Psychologen.

»Vielleicht sollten Sie mal wieder hinfahren«, sagte er. »Allein um …«

»Nein«, erwiderte Blix.

Dokken betrachtete ihn eine ganze Weile.

»Warum nicht?«

»Weil ich keine Lust habe.«

Es wurde still am Tisch.

»Wie war die Beziehung zu Ihrer Mutter?«

Blix seufzte. »Gut«, antwortete er. »Lassen Sie uns über etwas anderes reden.«

Dokken musterte ihn, dann lehnte er sich zurück und schlug die Beine übereinander.

»Kommen wir noch mal auf das zurück, worüber wir zu Beginn der Stunde gesprochen haben«, sagte er. »Was brauchen Sie, damit es Ihnen besser geht? Im Grunde ist es ja das, wonach wir alle streben. Jeden Tag, das ganze Leben.«

Er trommelte mit den Fingern auf sein Notizbuch und schien seine nächsten Worte genau abzuwägen.

»Sie waren im Gefängnis, Alexander. Fast acht Monate. Dann wurden Sie freigesprochen. Sie sind jetzt seit mehr als zwei Monaten ein freier Mann.«

»Das kommt darauf an, wie man frei definiert«, wandte Blix ein. »Von dem, was geschehen ist oder was ich getan habe, werde ich nie ganz freikommen. Das wird niemals wieder verschwinden.«

»Ja, aber so ist es für alle Menschen«, sagte Dokken. »Wir tragen mit uns herum, was uns im Laufe unseres Lebens widerfahren ist, egal wie kurz oder lang es war. Es ist ein Teil von uns, wir können nicht zurückgehen und irgendetwas davon ändern. Beeinflussen können wir nur unsere Zukunft.«

»Dann muss ich das einfach nur hinter mir lassen? Ist es das, was Sie sagen wollen?«

»Ganz und gar nicht«, sagte Dokken, unbeeindruckt davon, dass Blix laut geworden war. »Was Sie erlebt haben, wird Sie für immer prägen. Wir versuchen hier nicht, ein Pflaster auf Ihre Wunden zu kleben, damit sie nicht mehr bluten. Eher im Gegenteil: Wir bohren darin und lassen das Blut so lange fließen wie nötig. Bis auf Weiteres ist unser Streben, Ihrem Körper und Geist irgendwie klarzumachen, dass es okay ist, das Blut fließen zu lassen, ohne zu viel darüber nachzudenken oder zu intensiv auf den...

Erscheint lt. Verlag 20.3.2024
Reihe/Serie Alexander Blix und Emma Ramm
Übersetzer Maike Dörries, Günther Frauenlob
Sprache deutsch
Original-Titel Offer (Alexander Blix 5)
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2024 • Alexander Blix • Bestseller aus Norwegen • eBooks • Emma Ramm • Ermittlerkrimi • Jorn Lier Horst • Krimi • Krimi Bestseller • Kriminalromane • Krimi Reihe • Krimis • Neuerscheinung • Norwegen • Norwegen Krimi • Oslo • Polizei • Polizei Krimi • Serienkiller • Skandinavien • Skandinavien Krimi • spannende Bücher • Spannung • Spannungsliteratur • spiegel bestseller • Thomas Enger • Thriller • Thriller Bestseller • thriller neuerscheinungen 2024 • Urlaubskrimi • Wisting
ISBN-10 3-641-29569-6 / 3641295696
ISBN-13 978-3-641-29569-1 / 9783641295691
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