Das Schlupfloch (eBook)

Thriller

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
528 Seiten
btb (Verlag)
978-3-641-26365-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Schlupfloch -  Mike Nicol
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»Nicol ist eine Klasse für sich.« (Deutschlandradio Kultur) - Neues aus der Kapstadt-Serie
Angela Amalfi, die in Johannesburg eine große Firma für Straßenbau leitet, trauert um ihren Mann Rick. Er wurde am Strand von Kapstadt ermordet aufgefunden. Weil auf die Polizei ihrer Meinung nach kein Verlass ist, engagiert sie Fish Pescado - der schillernde Ermittler soll die Wahrheit herausfinden. Doch der Preis, den er dafür bezahlen muss, ist ziemlich hoch.

Mike Nicol lebt als Autor, Journalist und Herausgeber in Kapstadt, wo er geboren wurde, und betreibt eine eigene Schreibschule. Er ist der preisgekrönte Autor international gefeierter Kriminalromane. Die Rechte an seiner erfolgreichen Rache-Trilogie wurde von einer deutschen Filmfirma gekauft.

1


Samstag, 27. August 2016. Da ist dieser Typ in Kapstadt auf einem Craft-Beer-Festival. Gönnt sich ein verlängertes Wochenende. Ist von Joburg hierhergekommen, um sich einmal ganz und gar echtem Ale zu widmen. Hellem Ale, bernsteinfarbenem, mildem, bitterem, der Starkbier-Variante. Sagenhafte Richtungen, sagenhafte Geschmäcker. Eine Begegnung unter wahren Connaisseurs. In seinen Worten: Er amüsiert sich ganz köstlich. Eine komplette Auszeit von seinem sonst so hektisch durchgetakteten Leben.

Tag zwei. Der heutige Samstag. Ein herrlicher, strahlender Sonnenaufgang. Er ist früh auf den Beinen, um einen Spaziergang am Strand zu machen.

Nur eine milde Brise auf dem Meer lässt die Luft ein wenig salzig schmecken. In der Bucht ein paar Nebelbänke. Das Licht auf dem Muizenberg goldener Bernstein. Die Farbe eines India Pale Ale.

Er parkt sein Auto vor dem Tiger’s Milk und lässt seine Schuhe im Kofferraum. Geht barfuß durch den kühlen Sand. Das Lied in seinem Herzen ist durch und durch klischeehaft. Andererseits ist es so ein Cat-Stevens-Morgen.

Einige frühe Surfer weiter draußen. Die Wellen sind sanft, es herrscht Ebbe. Über ihm zanken sich Möwen. Wasserläufer rennen im Zickzack auf dem Sand dahin. Austernfischer stoßen schrille Schreie aus.

Er schlendert über den feuchten Sand, weg vom Berg. Vor ihm scheint der Strand endlos zu sein und in den Dunstschleiern zu verschwinden. Manchmal sieht er in der Ferne zwei weitere Spaziergänger.

Die Sorte Morgen, die einen begreifen lässt, dass Kapstadt ein Paradies ist. Und an dem man sich fragt, warum man immer noch in einem Vorort von Joburg wohnt. So angenehm Saxonwold sein mag. Man könnte hier leben und so etwas jedes Wochenende machen.

Er watet durch den Vlei-Ausläufer. Ein steter Fluss ins Meer. Elritzen tummeln sich im flachen Wasser. Der Nebel am Strand wird dichter, um sich dann wieder aufzulösen. Zwischen dem Weiß blinken Inseln aus Licht. Es fühlt sich an wie der erste Morgen. Je. In der Ferne scheint das Paar manchmal näher, manchmal weiter weg zu sein. Ihre Spuren im Sand.

O Mann, es ist unglaublich schön. Relativiert alles. Lässt die eigenen Probleme klar werden.

Er ruft seine Frau an. Weckt sie damit auf.

»Es ist halb sieben, Rick«, erklärt sie, hörbar gähnend.

Er stellt sie sich in ihrem verdunkelten Schlafzimmer vor. »Ganz kurz, Ange. Ich wollte nur sagen, du hättest mitkommen sollen. Dieser Ort ist wirklich magisch. Wir sollten hier was kaufen. Dich zu deinen Wurzeln zurückführen. Das würde uns guttun.«

»Schon so früh wach?«

»Ich laufe am Strand entlang. Da hat man Zeit zum Nachdenken.«

»Du wolltest mal abschalten.«

»Klar, klar. Tue ich ja auch.«

»Klingt aber nicht so. Wenn du das alles sagst, dann denkst du doch an Rej, oder?«

»Tue ich. Es funktioniert nicht, Ange. Das weißt du. Ich weiß es. Er weiß es. Er stört den Betrieb. Wir verlieren Kunden. Verlieren Projekte.«

»Wenn du wieder hier bist. Dann reden wir. Okay? Nicht jetzt. Ich schlafe noch halb. Und du bist irgendwo an einem Strand. Nicht jetzt. Das kann warten.«

»Ich meine es ernst. Der Typ stellt eine Bedrohung dar.«

»Der Typ ist mein Bruder.«

»Das ändert nichts. Wir sind am Bluten. Er könnte uns in den Abgrund reißen.« Auf einmal bemerkt er Gestalten, die aus den Dünen kommen. Etwa zweihundert Meter vor ihm.

»Ich höre, was du sagst, aber ich packe diese Unterhaltung gerade nicht. Wir sprechen ein andermal weiter. Am Sonntag, wenn du nach Hause kommst.«

Zwei Männer rennen. Es sind keine Läufer. Keine Jogger. Sie nähern sich dem Paar. Schleudern es zu Boden.

»He! Was zum Teufel!«

»Entschuldige, was hast du gesagt?«

»Muss aufhören.«

Er legt auf. Steckt sein Handy ein. Beginnt zu rennen. Zu rasen. Er ist fit. In seinem Büro gibt es ein voll ausgestattetes Fitnessstudio: mit Heimtrainern, Laufbändern, Rudergeräten, Hantelbänken. Er trainiert dort jeden Tag eine Stunde. Jeden Tag.

Aus dem Augenwinkel sieht er links einen weiteren Mann auftauchen, der langsam schärfer wird. Rick richtet den Blick auf den Überfall. Bemerkt gezückte Messer.

Die Männer brüllen: »Los, los, los. Djy, djy. Jou ma’s se poes. Djy naais

Die Frau weint.

Der Mann sagt: »Bitte. Bitte. Sie können alles nehmen, was wir haben.«

In seinem ausländischen, besonders englischen Englisch.

Rick ist fast dort. Dreißig Meter. Zwanzig Meter. Ruft: »Lasst sie in Ruhe, ihr Dreckskerle, verpisst euch!« Rast auf den kleineren Mann zu.

Aber er ist kein Straßenkämpfer. Im Grunde gar kein Kämpfer. Er weiß nichts von der Gewandtheit eines Messerstechers. Dem Schwung. Dem schnellen Satz, dem Zustoßen, dem Drehen, dem Herausziehen. Er spürt nicht mal, wie das Messer in ihn dringt. Der Kleine tänzelt auf den Zehenspitzen rückwärts.

»Und – du Volltrottel? Wer ist hier der Volltrottel?«

Rick hält inne. Das Messer ist einen Stich von seinem Bauch entfernt.

»Lasst sie. Lasst sie um Himmels willen in Ruhe.« Das Heranrennen lässt ihn keuchen, das Adrenalin in seinen Adern verlangsamt für ihn die ganze Szene. Dort ist die Frau, mit zerfetzten Kleidern. Ihr Mann liegt auf dem Bauch, das Gesicht seitlich im Sand. Der kleine Kerl vor ihm hat sich halb hingehockt, Messer gezückt. Der andere drückt mit seinem Fuß auf den Rücken des Liegenden. Er grinst ihn an. Zeigt auf ihn. Der dritte Mann erscheint rechts oben in seinem Augenwinkel. Verschwommen.

Dann spürt er den Schmerz in seinem Bauch. Schaut an sich hinab und sieht den Blutfleck, der sich auf seinem T-Shirt ausbreitet. In diesem Moment des Abgelenktseins stürzt sich der Messerstecher wieder auf ihn. Er schlägt um sich, will den erneuten Stich abwehren. Die Klinge schneidet in seine Hand, seinen Arm.

Jetzt steht er regungslos da. Blut auf seinem Bauch. Blut tropft von seinen Fingern.

Er hört, wie die Frau fleht, dass sie einfach die Handys und das Geld nehmen sollen. Er sieht, wie der Mann mit dem Messer vor ihm hin und her tänzelt. Der lachende Typ wirkt angespannt. Richtet den Blick auf jemanden, der sich nun nähert.

Der ruft etwas. Befiehlt den Räubern zu verschwinden.

Und das tun sie auch. Weichen zurück. Fliehen.

Er hört, wie die Frau sagt: »Sie sind verletzt. Sie bluten.«

Den Schuss hört er nicht.

Ruhe in Frieden, Richard Khabane Thulo, genannt Rick.

Achtzehn Monate später ist der Mord noch immer ungelöst.

Die Akte liegt auf dem Boden eines Büros des Polizeireviers am Caledon Square. Steckt in einem hüfthohen Stapel, der sich in einer Ecke befindet. Silberfischchen durchwandern die Papiere.

2


Angela, seine Frau, heuerte sofort einen Privatdetektiv an. Einen Kerl namens Fish Pescado. Der Mann lebt vor Ort, kennt die Gegend und den Strand. Erklärte ihr, dass dieser Abschnitt für Überfälle bekannt sei. Ziemlich einsam. Räuber würden gemütlich in den Dünen warten und sich ihre Opfer gezielt aussuchen. Er fragte zuerst seine Polizeikontakte, kam aber nicht weiter. Der Tatort war verwirrend. Chaotisch. Der Sand zu trocken für Spuren. Außerdem wurden keine Aufnahmen gemacht, ehe die Flut alles wegwusch. Es gab nur kryptische Notizen in einigen Büchlein der diensthabenden Polizeibeamten. Protokolliert wurde es als Überfall mit Todesfolge. Keine Aussagen von den Touristen. Keine Kontaktdaten. Fish Pescado hatte von den ermittelnden Polizisten nichts anderes erwartet.

Er forschte nach und fand die Touristen. Oder zumindest entdeckte er, wo sie untergebracht gewesen waren. Hatten in einer Ferienwohnung in Muizenberg gewohnt, ihre verbleibenden zwei Wochen nach dem Überfall sofort abgebrochen und waren noch am selben Abend heimgeflogen.

»Echt eine Superwerbung«, hatte Fish Pescado zu seiner Herzensdame Vicki Kahn gemeint. Vicki Kahn, Agentin der State Security Agency. »Macht Kapstadt zu einem wirklich begehrenswerten Reiseziel. Wir sollten dringend etwas dagegen unternehmen.«

»Ach ja, und was, Machomann?«, hatte sie belustigt und mit funkelnden Augen gefragt.

»Uns wehren. Warum auch nicht?«

Dabei hatten sie es zu dem Zeitpunkt belassen. Das Leben war, na ja, eben hektisch.

Fish bekam die Kontaktdaten der Touristen heraus. Er skypte ausführlich mit ihnen, was aber letztlich keine neuen Erkenntnisse brachte.

»Mein Gott, ich hätte vergewaltigt werden können«, sagte die Frau. »Wenn dieser Mann nicht gekommen wäre.«

»Wir verdanken ihm unser Leben«, meinte der Ehemann. »Er ist ein Held.«

Beide gaben ihm unterschiedliche Personenbeschreibungen. Das einzige Gemeinsame: die braune Haut des Killers.

»Also braun gebrannt?«

»Nein, coloured, wie Sie das, glaube ich, nennen.«

All das wurde Witwe Angela mitgeteilt, als Fish in Johannesburg seinen ersten Bericht ablieferte. Führte bei ihr zu einem Zusammenbruch. Nachdem Fish ihr ein Glas Wasser gebracht hatte, fuhr er fort: »Ich nehme an, dass es so abgelaufen ist: Der Mörder taucht plötzlich aus dem Nichts auf. Er scheint nicht Teil des Überfalls gewesen zu sein. Laut dem Ehepaar kam er erst später dazu. Hat den beiden Typen zugerufen, sie sollen verschwinden. Dann …« Fish hält inne. Fährt fort: »Dann erschießt er Ihren Mann und verschwindet. Total seltsam. Das Ganze klingt völlig unlogisch.«

Keine sehr hilfreiche Bemerkung. Räumt er selbst ein.

Etwa so hilfreich...

Erscheint lt. Verlag 13.12.2021
Reihe/Serie Die Kapstadt-Serie
Übersetzer Meredith Barth
Sprache deutsch
Original-Titel Rabbit Hole
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Afrika • eBooks • Fish Pescado • Geheimdienst • Kapstadt • Korruption • Krimi • Kriminalroman • Kriminalromane • Krimis • Privatdetektiv • Südafrika • Thriller • Vicky Kahn
ISBN-10 3-641-26365-4 / 3641263654
ISBN-13 978-3-641-26365-2 / 9783641263652
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