Pony (eBook)

Wenn die Reise deines Lebens lockt, mach dich auf den Weg

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
304 Seiten
Carl Hanser Verlag München
978-3-446-28240-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Pony -  R.J. Palacio
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In ihrem neuen Roman beweist 'Wunder'-Autorin R.J. Palacio ihr einmaliges Erzähltalent - mitreißend, bewegend, atmosphärisch!
Silas ist ein besonderer Junge: Er überlebte einen Blitzeinschlag, und sein bester Freund Mittenwool ist für andere unsichtbar. Ihr behütetes Leben auf einer abgeschiedenen Farm endet, als eines Nachts drei Fremde auftauchen und Silas' Vater zwingen, mitzukommen. Als am nächsten Morgen ein Pony vor der Tür auftaucht, kann das nur ein Zeichen sein: Silas muss seinen Pa zurückholen! Mit Mittenwool an seiner Seite begibt er sich auf eine abenteuerliche Reise. Dabei bekommt er es nicht nur mit realen Gefahren zu tun, sondern muss sich auch den Geistern der Vergangenheit stellen.

R.J. Palacio, 1963 in New York geboren, war 20 Jahre lang Grafikdesignerin, bevor ihr mit ihrem Debüt der Durchbruch als Schriftstellerin gelang: Wunder erschien 2013 bei Hanser, wurde in mehr als 50 Sprachen übersetzt, erfolgreich verfilmt und 2014 von der Jugendjury mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Es folgten Jeder Tag ein Wunder (2015), Wunder - Julian, Christopher und Charlotte erzählen sowie das Bilderbuch Wir sind alle ein Wunder (beide 2017). Zuletzt erschienen 2023 Roman, Graphic Novel und Verfilmung von White Bird - Wie ein Vogel. 2024 folgt ihr Kinderbuch Pony. R.J. Palacio lebt in New York.

2


Es war Mittenwool, der mich in jener Nacht aus tiefem Schlaf weckte.

»Silas, schnell, wach auf. Es kommen Reiter in unsere Richtung«, sagte er.

Ich müsste lügen, würde ich behaupten, ich wäre wegen seiner drängenden Worte sofort auf die Füße gesprungen. Ich tat nichts dergleichen. Ich murmelte bloß vor mich hin und drehte mich im Bett wieder um. Daraufhin stupste er mich fest in die Seite, was für ihn keine leichte Aufgabe war. Geistern fällt es ziemlich schwer, Dinge in der materiellen Welt zu bewegen.

»Lass mich schlafen«, erwiderte ich missmutig.

Doch schon im nächsten Augenblick hörte ich, dass Argos unten wie angestochen aufheulte und Pa sein Gewehr entsicherte. Ich schaute aus dem winzigen Fenster neben meinem Bett, aber die Nacht war pechschwarz, und ich konnte nichts erkennen.

»Sie sind zu dritt.« Auch Mittenwool spähte mit zusammengekniffenen Augen über meine Schulter aus dem Fenster.

»Pa?«, rief ich und sprang vom Speicherboden herunter, auf dem mein Bett stand. Pa war voll bekleidet, hatte bereits seine Stiefel an und schaute aus dem vorderen Fenster.

»Halt den Kopf unten, Silas«, sagte er angespannt.

»Soll ich eine Lampe anmachen?«

»Nein. Hast du sie von deinem Fenster aus gesehen? Wie viele sind es?«, fragte er.

»Ich selbst hab sie nicht gesehen, aber Mittenwool sagt, es sind drei.«

»Mit gezogenen Waffen«, fügte Mittenwool hinzu.

»Sie haben die Waffen gezogen«, sagte ich. »Was wollen die, Pa?«

Pa antwortete nicht. Inzwischen hörten wir, dass das Galoppieren auf uns zukam. Pa stieß die Eingangstür einen Spaltbreit auf und hielt das Gewehr schussbereit. Er warf sich seinen Mantel über und drehte sich zu mir um.

»Du kommst nicht raus, Silas. Ganz gleich, was passiert«, sagte er mit strenger Stimme. »Wenn es Ärger gibt, läufst du rüber zum Haus von Havelock. Hinten raus und über die Felder. Hörst du?«

»Du gehst doch da nicht raus, oder?«

»Kümmere dich um Argos«, sagte er. »Lass ihn nicht aus dem Haus.«

Ich legte Argos sein Halsband um. »Du gehst doch da nicht raus, oder?«, fragte ich erneut. Ängstlich.

Er hielt nicht inne, um mir eine Antwort zu geben, sondern öffnete die Tür und trat auf die Veranda, das Gewehr auf die sich nähernden Reiter gerichtet. Er war ein mutiger Mann, mein Pa.

Ich zog Argos dicht an mich, kroch mit ihm zum vorderen Fenster hinüber und spähte hinaus. Ich sah, wie die Männer näher kamen. Drei Reiter, genau wie Mittenwool gesagt hatte. Hinter einem von ihnen trabte noch ein viertes Pferd, ein riesiges schwarzes Ross, und daneben das Pony mit knochenweißem Gesicht.

Die Reiter wurden langsamer, als sie das Haus beinahe erreicht hatten und Pas Gewehr zur Kenntnis nahmen. Der Anführer der drei, ein Mann in gelbem Staubmantel auf einem gefleckten Pferd, hob friedfertig die Arme und brachte sein Ross vollständig zum Stehen.

»Immer mit der Ruhe!«, sagte er zu Pa, gerade einmal zehn Meter von der Veranda entfernt. »Sie können Ihre Waffe runternehmen, Mister. Ich komme in Frieden.«

»Dann nehmen Sie Ihre zuerst runter«, rief Pa, das Gewehr immer noch gegen die Schulter gedrückt.

»Meine?« Der Mann schaute theatralisch auf seine leeren Hände, dann nach links und rechts, und tat so, als würde er erst jetzt bemerken, dass seine Begleiter ihre Waffen gezogen hatten. »Nehmt sie runter, Jungs! Ihr macht einen schlechten Eindruck.« Er wandte sich wieder an Pa. »Tut mir leid. Die beiden sind ganz harmlos. Reine Gewohnheit.«

»Wer sind Sie?«, fragte Pa.

»Sind Sie Mac Boat?«

Pa schüttelte den Kopf. »Wer sind Sie? Kommen hier mitten in der Nacht angaloppiert.«

Der Mann im gelben Staubmantel schien sich vor Pas Gewehr nicht im Mindesten zu fürchten. Ich konnte ihn im Dunkeln nicht besonders gut erkennen, aber ich hatte den Eindruck, als wäre er kleiner als Pa (der allerdings auch einer der größten Männer in Boneville war). Und jünger. Er trug eine Melone auf dem Kopf wie ein Gentleman, aber, soweit ich das sehen konnte, war er keiner. Er sah aus wie ein Schläger. Mit spitzem Bart.

»Na, na, jetzt regen Sie sich mal nicht auf«, sagte er unbekümmert. »Meine Jungs und ich wollten eigentlich erst bei Sonnenaufgang hier eintreffen, aber wir sind schneller vorangekommen als gedacht. Ich bin Rufe Jones, und das hier sind Seb und Eben Morton. Versuchen Sie gar nicht erst, die beiden auseinanderzuhalten, das ist unmöglich.« Erst jetzt fiel mir auf, dass die beiden grobschlächtigen Männer exakte Abziehbilder voneinander waren und identische Melonen mit breiten Hutbändern trugen, die ihnen tief in den kreisrunden Mondgesichtern hingen. »Wir bringen Ihnen ein interessantes Angebot von unserem Boss, Roscoe Ollerenshaw. Von dem haben Sie doch sicher schon gehört, oder?«

Pa reagierte nicht darauf.

»Nun, Mr. Ollerenshaw weiß jedenfalls, wer Sie sind, Mac Boat«, fuhr Rufe Jones fort.

»Wer ist Mac Boat?«, flüsterte Mittenwool mir zu.

»Ich kenne keinen Mac Boat«, sagte Pa hinter seinem Gewehr. »Ich bin Martin Bird.«

»Selbstverständlich«, erwiderte Rufe Jones rasch und nickte. »Martin Bird, der Fotograf. Mr. Ollerenshaw ist mit Ihrer Arbeit sehr vertraut! Deswegen sind wir hier, verstehen Sie? Er hat einen geschäftlichen Vorschlag, den er gern mit Ihnen besprechen würde. Wir haben einen langen Weg hinter uns gebracht, um uns mit Ihnen zu unterhalten. Können wir vielleicht kurz reinkommen? Wir sind die ganze Nacht geritten. Mir steckt die Kälte in allen Knochen.« Er hob den Kragen seines Mantels, um dies zu unterstreichen.

»Wenn Sie über ein Geschäft sprechen wollen, kommen Sie tagsüber in mein Studio wie jeder zivilisierte Mensch«, sagte Pa.

»Na, warum schlagen Sie mir gegenüber denn einen derartigen Ton an?« Rufe Jones tat, als wäre er völlig verblüfft. »Die Art von Geschäft bespricht man eben besser mit einer gewissen Privatsphäre, das ist alles. Wir wollen Ihnen nichts Böses, weder Ihnen noch Silas, Ihrem Jungen. Das ist er doch, oder? Der da am Fenster kauert?«

Ich geb’s zu — ich musste schlucken und zog den Kopf sofort vom Fenster weg. Mittenwool, der hinter mir war, gab mir mit einem Stoß zu verstehen, dass ich mich noch tiefer zusammenkauern sollte.

»Ich gebe Ihnen fünf Sekunden, um mein Grundstück zu verlassen!« Ich konnte an Pas Stimme erkennen, dass er seine Warnung ernst meinte.

Rufe Jones schien den drohenden Ton in Pas Worten jedoch nicht bemerkt zu haben, denn er lachte bloß. »Na, na, nun seien Sie mal nicht so gereizt. Ich bin doch bloß der Bote!«, erwiderte er gelassen. »Mr. Ollerenshaw hat uns aufgetragen, Sie zu holen, und genau das tun wir. Wie gesagt, er will Ihnen nichts Böses. Genau genommen will er Ihnen helfen. Er hat mir gesagt, ich solle Ihnen ausrichten, dass bei der Sache viel Geld für Sie rausspringen kann. Ein kleines Vermögen, lauteten seine exakten Worte. Dafür müssen Sie nur einige wenige Unannehmlichkeiten auf sich nehmen. Bloß eine Woche Arbeit, und Sie sind ein reicher Mann. Wir haben sogar Pferde für Sie mitgebracht. Ein schönes großes für Sie und ein bezauberndes kleines für Ihren Jungen. Mr. Ollerenshaw ist so eine Art Pferdesammler, Sie sollten sich also geehrt fühlen, dass er Sie seine feinen Rösser reiten lässt.«

»Ich bin nicht interessiert. Sie haben jetzt noch drei Sekunden, um zu verschwinden«, antwortete Pa. »Zwei …«

»Na schön, na schön!«, sagte Rufe Jones und wedelte beschwichtigend mit den Händen in der Luft. »Wir ziehen ab. Seien Sie unbesorgt. Na los, Leute.«

Er riss an den Zügeln seines Pferdes und schwenkte es herum, ebenso wie die Brüder, die die beiden reiterlosen Pferde hinter sich herzogen. Sie begannen, ganz langsam in die Nacht und vom Haus wegzutraben. Aber nach wenigen Metern hielt Rufe Jones doch noch einmal an. Er streckte die Arme...

Erscheint lt. Verlag 29.1.2024
Übersetzer André Mumot
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Pony
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte 19. Jahrhundert • Abenteuer • Abenteuergeschichte • Abenteuerroman • Amerika • Amerikanische Geschichte • aufregend • Bestseller • Cohen Brüder • Coming of Age • Cowboy • Der Mörder weinte • Familie • Familiengeschichte • Fotografie • Fotos • Freunde • Freundschaftsgeschichte • Geister • Geistergeschichte • Geldfälschung • Geschichte der Fotografie • Geschichte der USA • Gespenster • Helen Mirren • Historische Geschichte • Illustrationen • Illustriertes Kinderbuch • Julia Roberts • Kinderbuch • Liebe • Liebesgeschichte • New York Times • Owen Wilson • Pferde • Reise • Reiten • Resilienz • spannend • Tarantino • the hateful 8 • the hateful eight • The power of the dog • True Grit • Übersinnlich • Vater • Western • white bird • Wilder Westen • Wild-West-Abenteuer • winn-dixie • Wunder • Wunder Film
ISBN-10 3-446-28240-8 / 3446282408
ISBN-13 978-3-446-28240-7 / 9783446282407
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