Hat irgendjemand Oscar gesehen? (eBook)

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2024 | 1. Auflage
320 Seiten
Carl Hanser Verlag München
978-3-446-28025-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hat irgendjemand Oscar gesehen? -  Leslie Connor
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Familie, Abenteuer und eine ganz besondere Freundschaft - nach 'Die ganze Wahrheit (wie Mason Buttle sie erzählt)' eine neues Feelgood-Buch von Leslie Connor
Aurora mag Edelsteine - und Oscar, ihren besten Freund. Oscar mag Vögel - und Aurora, auch wenn er ihr das nicht sagen kann. Denn Oscar spricht nicht, jedenfalls nicht mit Worten. Im Gegensatz zu Aurora, die kein Blatt vor den Mund nimmt. Doch eines Tages verschwindet Oscar spurlos. Nicht nur Aurora begibt sich sofort auf die Suche nach ihm: Vom Betreuungslehrer bis zur Flohmarktverkäuferin, von der patenten Softball-Trainerin bis zum grummeligen Farmer - alle stehen zusammen und machen sich auf, den Jungen wohlbehalten wiederzufinden. Am Ende kann Oscar mit vereinten Kräften aufgespürt werden - und als Leser:in wünscht man sich, auch an einem Ort wie diesem zu leben und eine Familie und Freund:innen wie Aurora und Oscar zu haben!

Leslie Connor, geboren 1959 in Cleveland, Ohio, hat bereits einige, mit vielen Preisen ausgezeichnete Bücher für Kinder geschrieben. Bei Hanser erschien 2021 das von der Kritik hoch gelobte Kinderbuch Die ganze Wahrheit (wie Mason Buttle sie erzählt), das mit dem ALA Schneider Family Book Award ausgezeichnet wurde und außerdem Finalist des National Book Award 2018 war. 2024 folgt ihr Kinderbuch Hat irgendjemand Oscar gesehen?. Connor lebt mit ihrer Familie und drei Hunden in den Wäldern von Connecticut.

Aurora


Unsere erste Begegnung mit Jewell Laramie und mein Versuch, Softball zu spielen


Mom und Pop sind ebenso überrascht wie ich, dass Oscar in der einen sechsten Klasse sitzen wird und ich in der anderen. Pop hat sogar in der Schule angerufen, um sicherzustellen, dass diese Zuteilung wirklich stimmt. (Sie stimmt.) Alle versichern mir, dass es wunderbar funktionieren wird. Oscar und ich werden immer noch denselben Bus nehmen. Wir werden einander in der Mittagspause sehen und auf dem Pausenhof.

Mom sagt Sachen wie: »Vergiss nicht, Aurora, es gab eine Zeit, bevor Oscar hier gewohnt hat, und das hast du auch überlebt.«

Ich sage Sachen wie: »Klar! Das war vor drei Jahren! Ich bin das nicht mehr gewöhnt! Und was ist mit Oscar? Können wir uns darauf einigen, dass es hier um etwas mehr geht als bloß um zwei Freunde, die getrennt werden? Geht das?«

Ich erinnere mich an den Sommer, bevor Oscar und Gracia hierherkamen. Das war das Jahr, in dem ich Softball ausprobiert hatte, und das auch nur, weil die Trainerin zu uns nach Hause kam, um mich anzuwerben. Und weil es die Chance war, irgendwas gemeinsam mit anderen Kindern zu machen. Dass ich einen echt guten Wurfarm hatte, war mir auch schon bewusst. Das liegt daran, dass ich so verrückt nach Steinen bin.

Ich habe keine besonders große Sammlung. Noch nicht. Ich bin nämlich wählerisch. Ich suche nach Turmalinen. Bestimmte Gegenden in Maine eignen sich super, um nach Edelsteinen zu suchen. Ich würde einen ganzen Monat lang auf meine geliebten Essiggurken verzichten, um drüben in Oxford oder Androscoggin Mineralien auszugraben. Da sind nämlich die alten Mica-Minen, und in denen gibt es richtig coole Pegmatite. Das sind Adern von Vulkangestein, und darin kann man das richtig gute Zeug aufstöbern. Beryll, Topas und Turmalin.

Rund um unser Haus hebe ich andauernd Steine auf und prüfe sie. Meistens ist es bloß Granit, aber davon habe ich inzwischen genug gesammelt. Die schleudere ich dann von mir, so weit ich kann, damit ich sie nicht noch mal finde. Warum soll einen ein Stein gleich zwei Mal enttäuschen? Pop meint, der Mangel an Turmalinen in unserem Teil von Maine (Fakt) könnte gut dazu führen, dass ich es irgendwann bis in die erste Baseball-Liga schaffe (Scherz). Er glaubt, mein Arm wird jedes Mal stärker, wenn ich wieder kein gutes Exemplar finde. Was dauernd der Fall ist. Meistens suche ich mir konkrete Ziele aus. Hauptsächlich Felsbrocken, damit ich keinen Baum verletze — oder sonst irgendwas Lebendiges. Unterhandwurf, Oberhandwurf, ganz egal: Ich ziele ziemlich gut, und ich kann einem Stein so viel Schwung geben, dass er richtig davonzischt.

Unsere Stadt hat ein Softball-Team, und Coach Jewell Laramie möchte, dass jedes Mädchen in der Stadt mitspielt. Deshalb war sie auch bei uns. Sie dachte, wir wären neu hier, denn unser Holzhaus war gerade erst fertig gebaut worden. Die Tür stand offen, weil die frische Farbe noch so gestunken hat und weil Mom und Pop an dem Tag die Küchenschränke eingebaut hatten. Jewell hat Hallo gesagt. Und dann ist sie direkt reingelaufen und hat einen in Plastik eingepackten Haufen mit gefrorenem Zeug auf unseren Küchentisch geknallt.

»Hallo, Nachbarn! Ich bin Jewell Laramie.« Sie tippte mit dem Finger an ihre Kappe, unter der jede Menge blassblonde Haare festgehalten wurden.

»Ich bin Aurora, Aurora Pauline Petrequin«, sagte ich.

»Ah! Genau das Mädchen, zu dem ich wollte«, erwiderte Jewell.

Das war sogar eine noch größere Überraschung, als sie in unser neues Haus marschieren zu sehen. Ich wartete, während Mom und Pop sich vorstellten — Rene und Ed —, und wiederholte dann unseren Nachnamen noch zwei Mal laut und deutlich.

»Hab euch was zum Abendessen mitgebracht, Leute!« Jewell deutete auf den Haufen in der Plastiktüte. »Tenderloin vom Reh«, fügte sie hinzu.

»Oh, das essen wir nicht«, sagte ich. »Rehe sind Säugetiere. Wir essen keine Säugetiere.«

Jewell schaute Mom und Pop an. »Oh. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, was?« Sie deutete mit dem Kopf in meine Richtung.

»Nein, das stimmt«, sagte Mom, und Pop nickte.

»Wenn es Ihnen ein Trost ist — das Tier hat nicht gelitten. Ich habe es in der Jagdsaison geschossen. Mit einem sauberen doppelten Lungenschuss. Anders schieße ich gar nicht.«

Sauberer doppelter Lungenschuss.

Wie kann das Tier da nicht gelitten haben? Ich betrachtete das Paket auf unserem Tisch und fragte mich, ob ich darauf hinweisen sollte, dass es tot war.

»Wir wissen die Geste sehr zu schätzen«, sagte Pop.

»Ist gar kein Problem«, erwiderte Jewell, »und ich hoffe, ich bin Ihnen nicht zu nahegetreten.«

»Nein, sind Sie nicht, und wir wollen auch nicht undankbar erscheinen«, sagte Pop.

»Aber wir essen das trotzdem nicht«, wiederholte ich. »Oh. Das klingt undankbar, oder?«

»Ein bisschen«, sagte Mom.

Ich schaute Jewell an. »Aus mir platzt alles immer so raus«, erklärte ich ihr.

»An Ehrlichkeit ist nichts verkehrt. Gefällt mir«, sagte Jewell. »Dann verratet mir mal: Was esst ihr denn so?«

»Unsere Devise lautet: Federn, Kiemen und alles, was in der Natur wächst«, erklärte ihr Pop. »Lokale Milchprodukte und hin und wieder Meeresfrüchte.«

»Jut, jut …« (Manche Leute in Maine sagen Jut anstelle von Ja.) Jewell Laramie nickte, als würde sie aufmerksam zuhören. Deshalb hörte auch ich ihr aufmerksam zu, als sie begann, uns von ihrem Mädchen-Softball-Team zu erzählen. Sie flehte mich geradezu an, bei ihr mitzuspielen.

»Alle Jahrgangsstufen sind willkommen, und bei den unter Achtjährigen geht es erst einmal hauptsächlich darum, das Spiel in Ruhe kennenzulernen und viel Spaß zu haben«, sagte sie. »Überleg’s dir, Aurora. Ich wette, in dir steckt eine Top-Sportlerin.«

Sie hob ihr eingefrorenes Rehfleisch auf, klemmte es sich unter den Arm und tätschelte es. »Eins solltet ihr wissen, Leute … Jäger gehören zum Leben in Maine dazu.«

»Haben wir zur Kenntnis genommen«, sagte Pop. »Wir sind auch nicht neu in Maine.«

»Ja, ich bin schon mein ganzes Leben hier«, sagte ich.

»Und ich mein halbes Leben«, fügte Pop hinzu.

»Bei mir ist es immerhin schon ein Drittel«, sagte Mom. »Wir sind noch nicht mal neu hier in der Stadt. Nur in dieser Ecke.«

»Ja, wir sind aus unserem Haus an der Bucht ausgezogen und vermieten es jetzt an Leute von außerhalb«, sagte ich. (Wenn man von außerhalb ist, bedeutet das, dass man nicht in Maine lebt. Dann ist man Tourist.) »Und vielleicht haben Sie das kleine Haus gleich hier rechts nebenan gesehen?« Ich zeigte in die Richtung. »Das werden wir auch vermieten.«

»Alles klar«, sagte Jewell und streckte ihren Daumen in die Höhe. Ich sah, dass der Nagel lila angelaufen war. Als ob sie mit dem Hammer draufgehauen oder ihn in einem Schraubstock eingeklemmt hätte, wahrscheinlich schon vor Monaten. So ein lilafarbener Daumen hat irgendwas an sich. Jemanden, der so einen Daumen hat, mag ich sofort. Auf jeden Fall genug, um es mal mit Softball auszuprobieren.

Aber mal ganz unter uns: Softball, das ist eine sehr spezielle Variante von Baseball und hat furchtbar viele Regeln, und man steht stundenlang auf dem Spielfeld rum, und nichts passiert. Uff. Und wenn dann doch tatsächlich irgendwann mal jemand einen Ball in meine Richtung warf und ich übers Feld stürmte, um ihn aufzuhalten, konnte es gut passieren, dass Darleen Dombroski anfing zu heulen, weil ich ihr den Weg abgeschnitten hatte. Oder ihr auf den Fuß getreten war. Oder ihr versehentlich eine Schramme zugefügt hatte. Da spielte es dann keine Rolle mehr, dass ich einen perfekten Wurf zur ersten Base zustande gebracht und den Hitter rausgeworfen hatte!

An dem Abend brachte Darleen ihre Mutter dazu, meine Mutter anzurufen. (Darleens Mutter ruft meine Mutter in regelmäßigen Abständen an — schon seit wir zusammen in den...

Erscheint lt. Verlag 19.2.2024
Übersetzer André Mumot
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Anybody Here Seen Frenchie?
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Asperger • Asperger-Syndrom • Autismus • Behinderung • besondere Freundschaft • Bruder • divers • Diversität • Edelsteine • Familie • Freunde • Freundschaft • Freundschaftsgeschichte • Geistige Behinderung • Gemeinschaft • Geschwister • High School • Hirsch • Hobby • Kameraden • Kinderbuch • Kinderliteratur • Kinderroman • Klasse • Mason Buttle • Natur • Naturschutz • Neurodivergenz • Neurodivers • Schule • Schüler • Schwester • Sprache • Sprechen • Steinbruch • Stumm • Suche • Tiere • Umwelt • Verschwinden • verschwunden • Vogel • Wald • Wildtiere • Zusammenhalt
ISBN-10 3-446-28025-1 / 3446280251
ISBN-13 978-3-446-28025-0 / 9783446280250
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