Geheimnisvolle Garrigue (eBook)

Spiegel-Bestseller
Ein Provence-Krimi mit Capitaine Roger Blanc
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
384 Seiten
DuMont Buchverlag
978-3-8321-8231-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Geheimnisvolle Garrigue -  Cay Rademacher
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Mysteriöse Vermisstenfälle in der weiten, wilden Garrigue - ein spannender Cold Case für Capitaine Roger Blanc und sein Team März 2020 in der Provence: Ausgerechnet während der pandemiebedingten Ausgangssperre verschwindet eine junge Frau an einem alten Kanal, der mitten durch einen Berg führt. Capitaine Roger Blanc und seine Kollegen finden bloß einen Hinweis: den linken Schuh des Opfers, der neben dem Wasser steht, als hätte ihn jemand mit Absicht dort platziert. Genauso war es schon vor 23 Jahren, als am selben Ort vier Frauen verschwanden, von denen ebenfalls nur die linken Schuhe zurückblieben. Diese Verbrechensserie wurde niemals aufgeklärt. Schlägt der Täter von einst jetzt wieder zu? Als nach wenigen Tagen ein zweites Opfer vermisst wird und wieder nur ein Schuh zurückbleibt, wird der Druck auf Blanc unerträglich. Zugleich fragt er sich, wie die Frauen überhaupt verschwinden konnten: Es herrscht Ausnahmezustand, die Bevölkerung ist eingesperrt, die Städte sind leer, überall hat die Gen¬¬darmerie Straßensperren errichtet. Wie konnte der Täter unter sol¬chen Bedingungen zuschlagen? Wohin könnte er seine Opfer gebracht haben? Blanc und seinen Kollegen kommt nach und nach ein schrecklicher Verdacht: Was, wenn es einer der ihren ist? Mord in der Provence - Capitaine Roger Blanc ermittelt: Band 1: Mörderischer Mistral Band 2: Tödliche Camargue Band 3: Brennender Midi Band 4: Gefährliche Côte Bleue Band 5: Dunkles Arles Band 6: Verhängnisvolles Calès Band 7: Verlorenes Vernègues Band 8: Schweigendes Les Baux Band 9: Geheimnisvolle Garrigue Band 10: Stille Sainte-Victoire Alle Bände sind eigenständige Fälle und können unabhängig voneinander gelesen werden.

CAY RADEMACHER, geboren 1965, schreibt in mehrere Sprachen übersetzte Kriminalromane, etwa die >Trümmermörder<-Trilogie aus dem Hamburg der Nachkriegszeit oder die Provence-Serie um Capitaine Roger Blanc. Außerdem erschienen >Ein letzter Sommer in Méjean< (2019), >Stille Nacht in der Provence< (2020) und >Die Passage nach Maskat< (2022) sowie das historische Sachbuch >Drei Tage im September< (2023). Cay Rademacher lebt mit seiner Familie bei Salon-de-Provence.

Der Fluss in die Unterwelt

Die Luft über dem Tunnel du Rove war so klar, als würde kein Mensch mehr auf der Erde leben. Die Morgensonne leuchtete weich auf die nahen Dächer von Marignane, verwandelte das stille Wasser des Étang de Bolmon am Horizont in flüssiges Gold; ein schmeichlerisches Licht, drei Monate entfernt vom gnadenlos grellen Leuchten, mit dem sie im Sommer die Provence ausdörren würde. Ein Graureiher segelte lautlos dicht über das Wasser, seine Federn hatten die Farbe von Asche. Winzige Wellenlinien riffelten den flaschengrün schimmernden Kanal, vielleicht von einem unmerklichen Wind modelliert, wahrscheinlicher jedoch von einer verborgenen Strömung – einer Strömung, die es gar nicht geben dürfte, dachte Capitaine Roger Blanc, weil sie gegen alle Naturgesetze zu verstoßen schien.

Er stand am Ufer eines Kanals, der mitten in der Stadt Marignane aus einem steilen Berg trat und in gerader Linie bis zum Étang de Bolmon führte, einem flachen See, den nur ein schmaler Damm vom viel größeren Étang de Berre trennte. Doch das Wasser zu Blancs Füßen strömte nicht etwa vom Berg fort Richtung Horizont, so wie ein Fluss, der einem Hügel entspringt – sondern es strömte auf den Berg zu und verschwand dort in einem riesigen finsteren Tunnel. Auf Blanc wirkte das, als würde das Wasser vom Schlund der Unterwelt angesaugt.

Ausgerechnet hier war wenige Stunden zuvor eine junge Frau spurlos verschwunden.

Beinahe spurlos.

Der Tag hatte schon schlecht begonnen: Sonntag, 15. März, Kommunalwahlen in Frankreich, alle Gendarmen waren wie immer mobilisiert worden, um die Wahllokale zu schützen. Nur dass diesmal nichts wie immer war. Die Seuche beherrschte das Land, Covid-19, in den Krankenhäusern erstickten die Patienten. Die Kinder durften ab morgen nicht mehr zur Schule gehen, damit sich die Pandemie nicht noch rascher ausbreitete. Blanc hatte Gerüchte gehört, dass der Präsident die Nation in den Ausnahmezustand versetzen würde, und wer wusste schon, was dann geschah? Vielleicht würde es ihnen allen so ergehen wie seinem Kollegen Lieutenant Marius Tonon, denn der steckte schon seit beinahe zwei Wochen in häuslicher Quarantäne. Er hatte sich vielleicht schon im Februar angesteckt, vielleicht auch nicht, niemand wusste das so genau, denn es gab zu wenige Tests. So wie es auch nicht genügend Alkohollösung gab, um sich die Hände zu desinfizieren. So wie es auch nicht genügend Masken gab, für niemanden.

Blanc hatte den Morgen über in Caillouteaux Dienst geschoben, wo man das Wahllokal in der Kantine der Grundschule eingerichtet hatte. Für die Wahlhelfer hatte es irgendwie doch noch Masken und Desinfektionslösung gegeben, nicht jedoch für die Flics vor dem Gebäude. Zum Glück war die Ansteckungsgefahr nicht sonderlich groß gewesen, denn die meisten Bürger waren aus Angst vor dem Virus erst gar nicht erschienen.

Kurz vor Mittag hatte es plötzlich Alarm in der Gendarmerie-Station von Gadet gegeben: Eine junge Frau namens Laetitia Fabre wurde seit dem frühen Morgen vermisst. Für Blanc war es, trotz dieser beunruhigenden Meldung, eine Erleichterung gewesen, als ihn sein Chef Commandant Nkoulou von dem langweiligen Job am Wahllokal abzog und ihn mit den Ermittlungen betraute.

Laetitia Fabre hatte mit ihrem Mountainbike eine Runde durch die Region gedreht, ihr war die Seuche offenbar egal gewesen, doch sie war bislang nicht zurückgekehrt. Eine zweiundzwanzigjährige Studentin an der Kedge Business School in Marseille; ihr Freund hatte den Beamten ein Foto der jungen Frau geschickt. Blanc hatte das Bild lange auf dem Handy betrachtet. Laetitia Fabre war mittelgroß, schlank, sie hatte braune lange Haare, trug eine dünne Brille – der Typ Frau, bei dem erst auf den zweiten Blick auffiel, wie hübsch sie war. Laetitia wohnte zusammen mit ihrem jüngeren Bruder noch bei der verwitweten Mutter in Pélissanne. Es waren aber weder Mutter noch Bruder, die sie vermisst gemeldet hatten – das hatte Yves-Laurent Sylvain getan, der klügste und ehrgeizigste der jungen Brigadiers, die auf der Station von Gadet Dienst taten. Denn Sylvain war der Freund der Vermissten.

Sylvain hatte sich bei Nkoulou gemeldet. Laetitia Fabre, so sagte er, hätte spätestens um zehn Uhr von ihrer Tour zurück sein müssen. Sie hatte die Nacht bei ihrer Mutter verbracht, er in der Wohnung seiner Eltern. Sie hatte sich auf der Gendarmerie-Station von Gadet melden wollen, um gemeinsam mit ihrem Freund wählen zu gehen. Jetzt war es zwölf Uhr, Laetitia Fabre war weder in Gadet noch bei ihren Eltern aufgetaucht, und wenn Sylvain sie auf dem Handy anrief, wurde er sofort an die Mailbox weitergeleitet.

Kurz nachdem Sylvain die Vermisstenanzeige aufgegeben hatte, ein Kollege tippte noch die Daten in den Computer, war die Meldung einer Streife eingegangen. Ein älterer Mann, der seinen Hund ausführte, hatte ein Mountainbike – genau das Modell, das Laetitia fuhr – in einem verwilderten Grünstreifen gefunden, an einer Stelle, wo man gar nicht mit dem Fahrrad hätte hinfahren können. An einer Stelle, deren Betreten verboten war.

Am Tunnel du Rove in Marignane.

Blanc hatte seiner Kollegin Sous-Lieutenant Fabienne Souillard das Steuer des Streifenwagens überlassen, damit er auf der zwanzigminütigen Fahrt bis Marignane auf seinem alten Smartphone wenigstens ein paar Informationen zu dem Ort finden konnte, an den sie gerufen wurden. Der Tunnel du Rove war ein Projekt wie aus einem Roman von Jules Verne. Damit die schwerfälligen Frachtkähne, die über die Rhône Marseille mit dem Norden verbanden, nicht länger die gefährliche letzte Etappe über das Mittelmeer auf sich nehmen mussten, hatten Ingenieure eine wahnwitzige Abkürzung ersonnen: Die Binnenschiffe sollten vom Étang de Berre, dem Étang de Bolmon und dem Tunnel du Rove aus unter der mehrere Hundert Meter hohen schroffen Hügelkette Chaîne de l’Estaque hindurch direkt bis nach Marseille fahren. Und so wühlten sich ab 1911 Arbeiter aus Italien, Spanien, Portugal, später auch Kriegsgefangene aus Deutschland und Österreich mit Spitzhacken und Dynamit von Marignane und Marseille aus durch die Chaîne de l’Estaque. Hunderte starben unter den Bergen, niemand hatte sich je die Mühe gemacht, die Opfer zu zählen, niemand hatte ihnen je ein Denkmal errichtet oder auch nur einen würdigen Friedhof. 1926 war der Tunnel du Rove vollendet: mehr als sieben Kilometer lang, die steinernen Bögen des Gewölbes zweiundzwanzig Meter weit und über fünfzehn Meter hoch, vier Meter tief war das trübe Wasser – es war der längste Kanaltunnel der Welt. Schiffe fuhren von nun an durch den Berg bis zum Großen Blau – bis in einer Frühsommernacht 1963 tief im Innern Tausende Tonnen Gestein das Gewölbe zerschmetterten und in den Kanal stürzten. Seither hatte niemand je das Geld, die Kraft oder einfach nur den Mut gehabt, diese Barriere zu beseitigen. Und so hatte sich der Tunnel du Rove in den Styx der Provence verwandelt, einen Unterweltfluss, der vom Étang de Berre aus in die Schwärze der Berge floss, ein vergessenes Gewässer, das nichts mehr nützte und das jedermann mied. Das technische Wunder von einst war nun bloß noch ein Monument gescheiterter Träume. Kein Boot, kein Schwimmer durfte sich auf dem Kanal in den Berg hineinwagen, kein Wanderer an seinen schmalen, tückisch brüchigen Ufern entlanggehen.

Blanc fragte sich, was eine zweiundzwanzigjährige Business-School-Studentin mitten in einer Pandemie an so einem Ort verloren haben könnte. Er hatte Brigadier Sylvain befohlen, im Streifenwagen mitzufahren, um ihn unter Kontrolle zu behalten. Der junge Beamte saß auf der Rückbank, er war kaum älter als Laetitia. Er hatte blonde Haare, rosige Haut, sanfte Züge, ein Mann, dem eine Priestersoutane oder eine Pfadfinderkluft besser gestanden hätte als die blaue Uniform der Gendarmerie. Blanc musterte ihn unauffällig im Rückspiegel. Sylvain, der sonst so lieb und harmlos wirkte, war rot und schwitzte. Er knetete unablässig seine Hände. Nervös, dachte Blanc, Sylvain ist nervös. Aber das war nicht alles. Der Mann war seltsamerweise auch verlegen, vermutete er, so als ob er sich für etwas schämte.

»Fuhr Mademoiselle Fabre mit ihrem Mountainbike öfter durch Marignane?«, fragte Blanc und wandte sich während der Fahrt nach hinten.

»Hin und wieder«, antwortete Sylvain fahrig.

»In Marignane liegt der Flughafen Marseille. Daneben stehen die riesigen Werkshallen von Airbus Helicopter. Warum fuhr Mademoiselle Fabre ausgerechnet dort herum?«, mischte sich Fabienne ein. »Es ist nicht gerade der schönste Ort der Provence.«

»Aber einer der flachsten.« Sylvain rang sich zu einem gequälten Lächeln durch. »Ich habe Laetitia schon hundertmal gesagt, sie soll sich ein richtiges Rennrad kaufen. Sie hasst es nämlich, mit ihrem Mountainbike Berge hochzufahren. Sie rast jedes Wochenende wie eine Verrückte über Nebenstraßen. Sie steigt schon in der Morgendämmerung aufs Rad. Sonntagmorgens fährt dort kaum ein Auto, da ist es ungefährlich.« Er merkte, was er gesagt hatte, und seine Stimme verlor sich. Dann räusperte sich Sylvain und fuhr fort: »Jedenfalls fährt Laetitia am liebsten um den Étang de Berre herum, Vitrolles, La-Fare-les-Oliviers und eben Marignane. Da ist es topfeben. Marignane ist übrigens gar nicht so hässlich. Der Eingang zum Tunnel du Rove liegt mitten in einem Wohnviertel, schicke Lage, total ruhig.«

Schickes Wohnviertel, dachte Blanc, total ruhig, eh merde. Das bedeutete wahrscheinlich: keine Zeugen. In solchen Gegenden sah niemals jemand irgendetwas. Er sagte nichts mehr und starrte aus der Frontscheibe, bis sie Marignane erreicht hatten. Fabienne wirkte, als müsste sie sich auf den...

Erscheint lt. Verlag 17.5.2022
Reihe/Serie Capitaine Roger Blanc ermittelt
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
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ISBN-10 3-8321-8231-4 / 3832182314
ISBN-13 978-3-8321-8231-1 / 9783832182311
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