Die stille Revolution (eBook)

Spiegel-Bestseller
Führen mit Sinn und Menschlichkeit

(Autor)

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2016 | 1. Auflage
288 Seiten
Ariston (Verlag)
978-3-641-17162-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die stille Revolution -  Bodo Janssen
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Führung ist Dienstleistung und kein Privileg
Ein erfolgreicher Mensch ist nicht unbedingt glücklich, aber ein glücklicher Mensch ist erfolgreich. Eine Lebensweisheit, die Bodo Janssen auf die harte Tour gelernt hat: Als Student wurde er entführt - eine Grenzerfahrung, die den Unternehmersohn auf seine schiere Existenz zurückgeworfen hat. Als er später ins elterliche Unternehmen einstieg, ergab eine Mitarbeiterbefragung niederschmetternde Ergebnisse: ein anderer Chef sollte her. Bodo Janssen begann umzudenken, radikal. Und er entwickelte völlig neue Formen der Unternehmensführung - Grundsätze, die genug Sprengstoff in sich tragen, um unser Verhältnis zueinander in der gesamten Gesellschaft zu verändern. Einer seiner Glaubenssätze: »Wenn jemand als Führungskraft etwas verändern möchte, ist er gut damit beraten, zunächst und ausschließlich bei sich selbst anzufangen.«

Bodo Janssen, geboren 1974, studierte BWL und Sinologie und stieg im Anschluss ins elterliche Hotelunternehmen ein. Als sein Vater bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, übernahm er die Führung der Hotelkette. Nachdem er bei einer Mitarbeiterbefragung vernichtende Ergebnisse erhalten hatte, beschloss er, für eineinhalb Jahre ins Kloster zu gehen. Nach dieser Zeit der inneren Einkehr leitete Bodo Janssen in seinem Unternehmen einen Paradigmenwechsel ein mit dem Ziel, eine authentische Unternehmenskultur zu entwickeln, in der jeder Mitarbeiter im Unternehmen das leben kann, was ihm als Mensch wichtig ist. Im Ariston Verlag sind bereits seine Bestseller »Die stille Revolution« und »Stark in stürmischen Zeiten« (zs. mit Anselm Grün) erschienen.

1| Ein Schlag ins Gesicht

Es klopfte an meiner Tür, es war ein Montagmorgen im Januar 2010. »Ich bin da«, sagte Herr Gaukler, ein Mann um die fünfzig mit leicht ergrauten Schläfen, modernem Stoppelhaarschnitt, dennoch kein Jungspund, nichts von allem, was seinen Nachnamen rechtfertigen würde. Stattdessen wirkte er angenehm gesettled, mit ausgeprägt sensiblen Gesichtszügen, seine Statur war eher von kräftiger Natur. Einen solchen Menschen konnte bestimmt nichts so leicht umhauen.

»Bitte, setzen Sie sich«, sagte ich, nachdem wir uns vorgestellt hatten. Ich bugsierte ihn zu einer Sitzecke.

»Dann erzählen Sie doch mal genau, was in den letzten Jahren so alles gelaufen ist«, forderte Bernd Gaukler mich auf, nachdem er tief ins weiche Leder gesunken war.

Ich berichtete über all das Grandiose, über die gute Entwicklung seit meinem Einstieg in das elterliche Unternehmen, schwärmte ihm von kybernetischem Management und Sensibilitätsmodellen vor, von all diesen Dingen, die mit dem Umgang von Komplexität zu tun und uns zu einem einzigartigen Unternehmen gemacht hatten. Zwischendurch blickte ich Herrn Gaukler an. Ich selbst war, wie so häufig, mal wieder hochgradig begeistert von dem, was ich da von mir gab, aber mein Gegenüber schien nicht im Geringsten beeindruckt zu sein. Er guckte mich nur ernst an, dabei war ich es gewohnt, dass meine Zuhörer bei meinen Ausführungen mit glänzenden Augen Zustimmung signalisierten und mir verbal auf die Schultern klopften: »Toll, Herr Janssen!« Oder: »Schön, Herr Janssen!« Doch nichts dergleichen, Herr Gaukler schaute mich einfach nur emotionslos an und verfolgte weiter meinen Monolog, den ich, ohne mich von seiner Zurückhaltung beeindrucken zu lassen, fortsetzte.

»Wieso bin ich dann da?«, fragte mein Gegenüber schließlich, als ich nach einer halben Stunde sämtliche heroischen Taten meinerseits zum Besten gegeben hatte. »Was soll ich hier, wenn alles so toll ist? Oder ist die Bilanz am Ende doch nicht so positiv? Sie hatten mir am Telefon etwas anderes erzählt.«

»Na ja, es gibt da das eine oder andere, das ich ja bereits angesprochen hatte.« Zähneknirschend musste ich das zu- und ihm damit recht geben. »Und vielleicht ist es möglich, dass Sie sich dieser kleinen Schwierigkeiten annehmen können.«

Obwohl im Unternehmen alles perfekt zu sein schien, hatte sich eine Unruhe in der Firma und auch bei mir eingestellt, die größer und größer wurde. Mitarbeiter kündigten, Mitarbeiter wurden gekündigt, in den Hotels wurde von einer hohen Fluktuation gesprochen, die Zahlen derjenigen, die sich krankmeldeten, waren steil nach oben gestiegen. Parallel bewarben sich immer weniger Leute bei uns und ich hörte aus unserem Umfeld vermehrt, dass wir als Arbeitgeber nicht sonderlich angesehen waren. »Bevor du bei Upstalsboom angekommen bist, musst du schon wieder gehen« – so oder ähnlich lautete die Aussage, mit der die Gangart in unserem Unternehmen charakterisiert wurde. Nicht angenehm. Offenbar hatten wir keinen guten Ruf. Bei damals gut vierhundert Mitarbeitern (heute sind es rund sechshundertfünfzig) war das etwas, was ich nicht einfach ignorieren konnte.

Ich hatte die schlechten Nachrichten ernst genommen. So wie jedes traditionell ausgerichtete Unternehmen sie ernst genommen hätte. Eine Task Force nach der anderen war eingerichtet worden, um auftretende Vakanzen zu füllen. Aber von einer dauerhaften Lösung konnte bei diesem Notfallmanagement keine Rede sein, denn die ständigen Improvisationen zogen eine Dynamik nach sich, die für Hektik sorgte. Es war doch eine absurde Situation, überlegte ich. Da erwirtschaftete ich für unseren mittelständischen Betrieb mit unzufriedenen Mitarbeitern steigende Umsatzzahlen im zweistelligen Millionenbereich; sogar Mitbewerber, größer als wir, waren auf uns aufmerksam geworden. Dennoch konnte ich mir nicht vorstellen, dass diese ungewöhnliche Konstellation auf Dauer tragbar war. Vielleicht brauchte ich mehr Mitarbeiter, die sich speziell um die Belange der Belegschaft kümmerten. Bislang hatte ich dafür eine Halbtagskraft, aber sie konnte die Hundertschar höchstens verwalten. Obwohl ich vorrangig in Zahlen und Systemen dachte, waren Zweifel bei mir aufgetreten. Gut, ja, wir könnten Unterstützung gebrauchen.

»Willst du dich nicht mal mit jemandem austauschen, der sich im Bereich Mitarbeiter gut auskennt?« Einer meiner Führungskräfte, Sergio, den ich von diesem Spagat, den wir da betrieben, sorgenvoll berichtet hatte, gab mir diese Empfehlung.

»Dazu wäre ich sofort bereit, aber ich wüsste nicht, wer dafür infrage käme.«

»Versuch es mit Bernd Gaukler, der ist seit 2002 Personalchef im Hamburger Nobelhotel Atlantic und eine Eminenz in diesem Bereich. Zudem engagiert er sich in der Handelskammer und kümmert sich intensiv und mit hervorragenden Ergebnissen um den Nachwuchs. Wenn einer helfen kann, dann er.«

Ich nahm den Hinweis auf. Am Telefon hatte Bernd Gaukler ruhig und gelassen gewirkt, er hörte aufmerksam zu, als ich ihm von der um sich greifenden Unruhe, der Fluktuation der Mitarbeiter und der rasant gestiegenen Krankheitsquote im Unternehmen erzählte. Er wisse ja selbst am besten, dass die Hotellerie von einem Fachkräftemangel geplagt sei. Anscheinend hätte Upstalsboom überhaupt keine Anziehungskraft mehr für potenzielle Mitarbeiter, und das, obwohl wir inzwischen eine ganz ordentliche Größenordnung erlangt hätten. Die Risse im Personalfundament wären jedoch immer schwerer zu kitten. Am Ende des Gesprächs einigten wir uns darauf, dass er, Bernd Gaukler, nach Emden kommen wolle. Und aus diesem Grund war er jetzt da und saß bei mir im Büro.

Nachdem ich ihm dann »das eine oder andere« ausführlich erläutert hatte, erwiderte er seelenruhig: »Gern werde ich mir ein Bild von den Problemen hier im Unternehmen machen. Als erste Maßnahme kann ich Ihnen Folgendes vorschlagen – ich reise durch alle Hotels und spreche mit den Menschen.«

»Das soll kein Hindernis sein.«

»Aber ich brauche dafür Zeit, viel Zeit. Ich brauche ein halbes Jahr, um mit allen Mitarbeitern sprechen zu können.«

Im ersten Moment war ich empört. So empört, dass ich mich von meinem Platz erhob. Nein, das konnte nicht sein. Wieso will der denn jetzt ein halbes Jahr lang nur mit den Mitarbeitern sprechen, auch noch mit allen, und sonst nichts tun? »Sprechen« fiel für mich damals eindeutig in die Kategorie »nichts tun«. Auch Herr Gaukler wollte sich gerade von seinem tiefen Sitz lösen, als ich mich mit einem Seufzer wieder niederließ. Tat ich das freiwillig? Ein für uns finanzielles Schwergewicht wie Bernd Gaukler ein halbes Jahr fulltime zu bezahlen, das strapazierte eindeutig unsere Verhältnisse. Und dann wollte er in den sechs Monaten nichts anderes tun, als mit den Menschen zu plaudern. Gab es da nicht professionellere Wege? War ich da einem Scharlatan aufgesessen?

Offensichtlich nicht, denn mein erster Impuls, meine Überreaktion, hatte keinen Bestand. Ich selbst hatte das Wort »Innovation« auf meine ostfriesischen Freiheitsfahnen geschrieben. Wie sollte ich sonst die Unruhe, die Hektik unter den Mitarbeitern in den Griff bekommen, wenn nicht durch ein innovatives Vorgehen? Außerdem: Bernd Gaukler war mir vom ersten Moment an sympathisch. Ein großer Pluspunkt. Und er hatte Vorschusslorbeeren von einem meiner besten Mitarbeiter erhalten, da musste an seinem Vorgehen doch etwas dran sein.

»Gut«, sagte ich, nachdem ich mich von dieser Überraschung erholt hatte, »wenn Sie glauben, dass das das Richtige ist, so stimme ich dem zu. Gehen Sie in die Hotels und sprechen Sie mit den Mitarbeitern. Danach schauen wir, wie es weitergeht.«

Das machte er dann auch. Und so hatte ich einen neuen Mitarbeiter, denn Bernd Gaukler kündigte nach sieben Jahren im Hotel Atlantic Kempinski und fing bei Upstalsboom an. Kurz nach unserem Gespräch verschwand er und unternahm eine Tour durch die Hotels. Viel hörte ich nicht von ihm, ich ließ ihn aber auch in Ruhe, froh darüber, dass es jemanden gab, der sich um die Mitarbeiterprobleme kümmerte. Dadurch brauchte ich mich nicht weiter mit ihnen zu beschäftigen, sondern konnte mich auf meine Zahlen, Daten und Fakten konzentrieren, auf das, was ich nicht nur am liebsten tat, sondern auch als meine Hauptaufgabe betrachtete. Noch war ich der zahlenfixierte und zielmanagementbesessene Betriebswirt, der erst zu der Erkenntnis gelangen musste, dass es die Menschen sind, die den Erfolg eines Unternehmens ausmachen.

Genau ein halbes Jahr später, nach vielen Gesprächen mit über zweihundert Mitarbeitern, stand Bernd Gaukler erneut vor meiner Bürotür. Er klopfte dezent, aber bestimmt. Da wusste einer, dass es besser war, ihn eintreten statt draußen warten zu lassen. Dieses Mal zog er meinen riesigen Schreibtisch mit den Stühlen der Sitzecke vor und setzte sich mir aufrecht gegenüber. Sein Gesichtsausdruck war ernst.

»Herr Janssen, ich habe ein Problem«, begann er.

Mit einem Lächeln erwiderte ich: »Probleme haben wir in der Regel nicht, maximal Herausforderungen, und unter normalen Umständen Aufgaben, die es zu bewältigen gilt.«

»Nein, Herr Janssen, ich habe wirklich ein...

Erscheint lt. Verlag 21.3.2016
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Wirtschaft
Wirtschaft
Schlagworte eBooks • Entführung • Führung • Kundenbegeisterung • Mitarbeiterführung • Nachhaltigkeit • Neurologie • Psychologie • Unternehmenserfolg • Unternehmensphilosophie • Vertrieb • Wertschöpfung • Wirtschaft
ISBN-10 3-641-17162-8 / 3641171628
ISBN-13 978-3-641-17162-9 / 9783641171629
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