Intelligenz - Große Unterschiede und ihre Folgen (eBook)

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2013 | 1. Auflage
304 Seiten
Deutsche Verlags-Anstalt
978-3-641-08050-1 (ISBN)

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Intelligenz - Große Unterschiede und ihre Folgen -  Elsbeth Stern,  Aljoscha Neubauer
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Warum wir nicht alle gleich intelligent sind
Inwieweit Intelligenz erblich ist, wird in der Öffentlichkeit immer wieder heftig diskutiert. Aus wissenschaftlicher Sicht steht jedoch fest, dass es genetisch bedingte Unterschiede gibt. Allerdings wird das Potenzial, das jeder Mensch mitbringt, erst wirksam, wenn es in Familie und Schule nach besten Möglichkeiten gefördert wird. In ihrem neuen Buch erklären die renommierten Intelligenzforscher Elsbeth Stern und Aljoscha Neubauer, wie es zu Intelligenz- und Begabungsunterschieden kommt, wie man Intelligenz messen kann, woran man überdurchschnittlich begabte Menschen erkennt und wie man Intelligenz fördert. Sie stellen klar: Intelligenz ist eine individuelle Ressource, die man nur in der Gemeinschaft entwickeln kann. Und: Wir haben Begabte nötiger denn je, hängt der Erfolg unserer Informations- und Wissensgesellschaft doch maßgeblich von ihnen ab.

Elsbeth Stern, geboren 1957, ist Professorin für Psychologie und leitet an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich den Arbeitsbereich Lehr- und Lernforschung. Ihre wissenschaftlichen Schwerpunkte sind Intelligenzforschung und Kognitionspsychologie.

2 Was ist Intelligenz,
und wie wird sie gemessen?

»Menschen unterscheiden sich in ihrer Fähigkeit, komplexe Konzepte zu verstehen, sich effektiv an die Umwelt anzupassen, aus Erfahrung zu lernen, im logischen, schlussfolgernden Denken und in der Fähigkeit, Hindernisse durch Nachdenken zu überwinden.«

Ulric Neisser und zehn weitere Intelligenzforscher aus einer Task Force zur menschlichen Intelligenz, 1996

Begabung, Talent, Intelligenz, Kompetenz – im Dschungel der Begriffe

Begabung, Talent, Intelligenz, Kompetenz, Skills, Fähigkeiten, Fertigkeiten etc.: Die deutsche Sprache hält eine Vielzahl an Begriffen bereit, um Unterschiede zwischen den kognitiven Leistungsfähigkeiten der Menschen zu beschreiben. Intuitiv nehmen wir zwar an, dass das, was jemand kann (oder eben nicht kann), davon abhängt, wie sehr sich jemand anstrengt oder bemüht (oder in der Vergangenheit bemüht hat, etwas zu erlernen, bestimmtes Wissen oder gewisse Fertigkeiten zu erwerben). Aber wir gehen auch davon aus, dass es, selbst wenn zwei Menschen sich in derselben Weise anstrengen, doch Unterschiede in ihren Leistungen geben wird. Anders gesagt: Wir glauben, dass der eine besser geeignet ist als der andere, etwas zu lernen, zu verstehen, letztlich zu beherrschen. So werden wir dem Mathematikgenie eine hohe Intelligenz attestieren, dem Profi-Tennisspieler eine außergewöhnliche sensomotorische Koordinationsfähigkeit, der erfolgreichen Führungskraft die Kompetenz, Mitarbeiter zu motivieren und Meetings effizient und zielorientiert zu leiten.

Seit rund 100 Jahren versucht die Psychologie, Fähigkeitsbegriffe bzw. -konzeptionen zu untersuchen und voneinander abzugrenzen. Bei vielen Begriffen herrscht Übereinstimmung zwischen dem, was Wissenschaftler darunter verstehen, und den Annahmen von Laien (auch als implizite Theorien bezeichnet). Bei anderen Termini unterscheidet sich jedoch das wissenschaftliche vom Laienverständnis. Das zeigt sich in den letzten 15, 20 Jahren besonders ausgeprägt in der Tendenz, jede Begabung, jede Fertigkeit einer Person auf unterschiedlichen Gebieten als eine Form von Intelligenz zu bezeichnen. Das erschien anfangs sogar noch recht plausibel: Wenn es eine kognitive Intelligenz gibt, warum sollte es nicht auch eine soziale oder eine emotionale Intelligenz geben? In den letzten zehn Jahren wurden aber zunehmend absurdere Vorschläge gemacht. Da war von einer Party-Intelligenz die Rede, von kosmischer Intelligenz bis hin zur sexuellen Intelligenz, frei nach dem Motto: Jeder, der etwas (vermeintlich) besonders gut kann, kreiert sich eine Form der Intelligenz, in der er (oder sie) dann glänzen kann.

In der Wissenschaft ist es aber essentiell, Begriffe so zu definieren, dass sie sich voneinander abgrenzen lassen. Sie sind daher oft genauer und enger bestimmt als im Alltagsgebrauch, auch um bessere Vorhersagen für relevantes zukünftiges Verhalten machen zu können – etwa durch einen Test, mit dem wir die Befähigung für mathematische oder technische Berufe vorhersagen können (beispielsweise um geeignete Personen zu einem naturwissenschaftlichen Studium zuzulassen); oder einen Test, der etwas darüber aussagt, ob jemand sozial kompetent ist (z. B. um zukünftige Krankenschwestern oder Sozialarbeiter auszuwählen); oder einen motorischen Test, mit dem wir feststellen können, ob es sich lohnt, in eine teure Ausbildung für Nachwuchs-Tenniscracks zu investieren. In vielen Fällen (etwa bei dem Tennisspieler) wird man eher das Verhalten der Person beobachten; man wird ihr beim Spielen zusehen, wird ein paar Arbeitsproben vorgeben, etwa einen Eimer, der in der Ecke des Aufschlagfelds steht, zu treffen. Im Fall eines angehenden Einstein hingegen brauchen wir psychologische Tests, um beispielsweise logisches Denkvermögen, die Fähigkeit zum schlussfolgernden (induktiven) Denken oder die Fähigkeit zur räumlichen Vorstellung abzuschätzen. Nur in diesem letzteren Fall sprechen Psychologen davon, dass sie Intelligenz erfassen bzw. messen; was aber nicht heißt, dass Intelligenz nur für Physiker, Chemiker oder Mathematiker eine Rolle spielt.

In diesem und den folgenden Kapiteln werden wir zeigen, dass Intelligenz grundsätzlich ein vorteilhaftes Merkmal ist, wenn es um Erfolg in der Schule, der Berufsausbildung, an der Universität oder im Job geht. Dementsprechend konzentrieren wir uns in diesem Buch auf dieses Merkmal und werden Eigenschaften wie Begabungen, Talente, Kompetenzen, Fertigkeiten etc. nur am Rande behandeln. Damit deutlich wird, wie sich diese Begriffe von dem der Intelligenz abgrenzen lassen, finden Sie hier eine kurze Übersicht über die anderen Fähigkeitsbegriffe.

Die wichtigsten Fähigkeitsbegriffe

Begabung: Begabung bezeichnet verschiedene Leistungsbereiche, in denen Unterschiede zwischen Menschen bestehen, wie mathematische, sprachliche, räumliche Begabungen, aber auch soziale Begabungen und alle Ausdrucksformen künstlerischer Begabung, wie musikalische, zeichnerische, tänzerische etc. Begabung. Nach Sichtweise namhafter Begabungsforscher bezieht sich der Begriff Begabung eher auf das Potenzial eines Menschen zur Erzielung hoher Leistungen, unabhängig davon, ob das Potenzial auch realisiert bzw. in Leistungen umgesetzt wird. Dies unterscheidet den Terminus Begabung von dem des Begriffs Talent.

Talent: Talent ist gleichsam die realisierte Begabung. Jemand, der seine Begabung dauerhaft in beobachtbare hohe Leistungen umsetzt, ist talentiert. Ein Talent ist demnach immer auch begabt, denn ohne Begabung kann sich kein Talent entwickeln. Umgekehrt kann jemand durchaus begabt sein, ohne als Talent erkannt zu werden; in der Begabungsforschung spricht man in diesen Fällen auch von sogenannten Underachievers, was im Deutschen mit dem unschönen Ausdruck Minderleister bezeichnet wird: Menschen mit Begabung, die – aus welchen Gründen auch immer – ihre Begabung nicht in Talent umgesetzt haben.

Intelligenz: Sie bezeichnet Begabung in kognitiven Bereichen, also sprachliche, visuell-räumliche, rechnerische oder mathematische Fähigkeiten, aber auch deren speziellere Faktoren wie Wortflüssigkeit oder verbales Verständnis als Unterfaktoren der Sprachbegabung oder mentale Rotation oder visuelle Strukturierungsfähigkeit als Komponenten der visuell-räumlichen Begabung. Zudem werden in einigen Intelligenzmodellen unabhängig von den großen drei Inhaltsklassen verbal, rechnerisch, räumlich auch noch spezifischere Operationen wie Gedächtnis bzw. Merkfähigkeit, Verarbeitungsgeschwindigkeit, Verarbeitungskapazität und Einfallsreichtum unterschieden. Die verschiedenen wissenschaftlichen Annahmen bzgl. der Struktur der Intelligenz und unterschiedlichen Intelligenzmodelle sind für die im vorliegenden Buch geführte Argumentation jedoch weniger relevant; interessierte Leserinnen und Leser finden eine ausführlichere Darstellung in unserem Buch Lernen macht intelligent (Neubauer & Stern, 2007).

Kompetenz: Dieser Begriff spielt in der Schule eine zunehmend wichtige Rolle. In allen Schulfächern ist man dabei, Kompetenzen auf unterschiedlichem Niveau festzulegen, die Lehrpersonen dabei helfen sollen, Lernziele zu benennen und ihre Unterrichtsmethoden darauf abzustimmen. Kompetenzen sind immer auf das Lösen von Problemen beziehungsweise auf das Bewältigen von Anforderungen in bestimmten Inhaltsbereichen bezogen. Um Kompetenzen definieren und Aufgaben zu ihrer Messung entwickeln zu können, muss man den Inhaltsbereich sehr gut kennen. Im Rahmen der PISA-Studien wurde für Mathematik in der allgemeinbildenden Schule fünf Kompetenzstufen entwickelt: Stufe I: Rechnen auf Grundschulniveau, Stufe II: Elementare Modellierungen, Stufe III: Modellieren und begriffliches Verknüpfen auf dem Niveau der Sekundarstufe I, Stufe IV: Umfangreiche Modellierungen auf der Basis anspruchsvoller Begriffe, Stufe V: Komplexe Modellierung und innermathematisches Argumentieren. Mit den in Kapitel 1 dargestellten mathematischen Textaufgaben könnte man die Kompetenzstufe II abdecken.

Worin besteht der Unterschied zwischen Intelligenz und Kompetenz? Oder genauer: Worin besteht der Unterschied zwischen Aufgaben, die Intelligenz messen, und solchen, die Kompetenzen messen? Bereits in Kapitel 1 haben wir dargestellt, dass in Intelligenztests nur Material verwendet wird, das allen Personen bekannt und vertraut ist. Die Intelligenzleistung besteht darin, neue Verbindungen zwischen einzelnen Elementen dieses Materials herzustellen und Gesetzmäßigkeiten zu entdecken. Intelligenz – so haben wir gelernt – ist nicht an Inhalte gebunden und kann nicht direkt gefördert werden. Sie entwickelt sich – wie im Kapitel 3 noch ausführlich diskutiert werden wird – in Abhängigkeit von den genetischen Voraussetzungen und den Lerngelegenheiten.

Kompetenzen hingegen werden immer als inhaltliche Herausforderung gesehen. Intelligenz ist ein Personenmerkmal: Der Satz »Person X ist überdurchschnittlich/unterdurchschnittlich intelligent« ist für sich allein genommen sinnvoll. Der Satz »Person X ist überdurchschnittlich/unterdurchschnittlich kompetent« ist hingegen nur sinnvoll, wenn in dem Zusammenhang auch eine inhaltliche Herausforderung genannt wurde, die man mehr oder weniger gut bewältigen kann. Kompetenzen sind also bereichsspezifisch und können nur in...

Erscheint lt. Verlag 25.3.2013
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Begabungsförderung • Begabungsförderung, Intelligentsquotient, Hirnforschung, Intelligenztest, Lernen, Psychologie, Vererbung, Verdummungsthese, Bildungssystem • Bildungssystem • eBooks • Hirnforschung • Intelligentsquotient • Intelligenztest • Lernen • Pädagogik • Psychologie • Verdummungsthese • Vererbung
ISBN-10 3-641-08050-9 / 3641080509
ISBN-13 978-3-641-08050-1 / 9783641080501
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