Hunkeler macht Sachen (eBook)

Hunkelers fünfter Fall
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2013 | 2. Auflage
288 Seiten
Diogenes (Verlag)
978-3-257-60294-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hunkeler macht Sachen -  Hansjörg Schneider
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Es ist bereits nach Mitternacht, als der leicht angetrunkene Kommissär Hunkeler auf seinem Nachhauseweg in Basel den alten Hardy auf einer Bank sitzen sieht. Er möchte mit ihm eine Zigarette rauchen, aber der sonst so gesprächige Hardy bleibt stumm - seine Kehle ist eine klaffende Wunde. Medien und Polizei sind sich rasch einig: Hinter dem Mord steckt eine mafiöse Schmugglerbande aus Albanien. Doch Hunkeler geht seiner Intuition nach und gerät ins Basler Rotlichtmilieu und in dunkle Abgründe der jüngeren Schweizer Geschichte.

Hansjörg Schneider, geboren 1938 in Aarau, arbeitete als Lehrer und als Journalist. Mit seinen Theaterstücken, darunter ?Sennentuntschi? und ?Der liebe Augustin?, war er einer der meistaufgeführten deutschsprachigen Dramatiker, seine ?Hunkeler?-Krimis führen regelmäßig die Schweizer Bestsellerliste an. 2005 wurde er mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet. Er lebt als freier Schriftsteller in Basel.

Hansjörg Schneider, geboren 1938 in Aarau, arbeitete als Lehrer und als Journalist. Mit seinen Theaterstücken, darunter ›Sennentuntschi‹ und ›Der liebe Augustin‹, war er einer der meistaufgeführten deutschsprachigen Dramatiker, seine ›Hunkeler‹-Krimis führen regelmäßig die Schweizer Bestsellerliste an. 2005 wurde er mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet. Er lebt als freier Schriftsteller in Basel.

Es ist von Conrad Ferdinand Meyer. Wenn du einmal so alt bist wie ich, zählt nur noch der Augenblick. Die Stille, das Licht, der Nebel. Trinkst du einen Schluck Wein?«

»Da vorne am Waldrand«, sagte Hunkeler, »muss es vor kurzem gebrannt haben. Ein riesiges Feuer. Hast du nichts bemerkt?«

»Doch, das war vor zwei Tagen, mitten in der Nacht. Da hat es hell gelodert. Es sind wohl die Burschen aus Leymen gewesen. Wenn sie um Mitternacht aus der Wirtschaft kommen und noch nicht heimgehen wollen, machen die ab und zu ein Feuer.«

»Nein«, sagte Hunkeler, »es hat ein Auto gebrannt. Und im Auto war jemand. Ruf sofort die Polizei an.«

»Wie bitte? Im Auto war jemand? Das geht mich nichts an. Mach du das, wenn du meinst, es sei nötig.«

Polizeimann Herbst von der Gendarmerie Leymen kam nach einer halben Stunde angefahren. Er war sehr nervös, eine verkohlte Leiche hatte es in der Gegend noch nie gegeben. Er habe es nach Mulhouse gemeldet. Die würden noch heute Nacht Spezialisten herschicken. Er selber könne da nicht helfen.

[91] Er ließ sich denn auch nur widerstrebend zum Autowrack führen.

Gegen 19 Uhr kamen sechs Pompiers von der Feuerwehr Leymen, mit glänzenden Helmen und Beilen an der Seite. Auch sie gingen kurz zum Waldrand, um sich die Sache anzusehen.

Um 20 Uhr saßen alle in der Stube des Schauspielers bei Rotwein, Schinken und Brot. Scandaleux sei das, ein Auto mit einem Menschen drin im Wald zu verbrennen, affreux, horrible, e Schand. Wer macht so eppis? Bestimmt diese Leute aus Nordafrika, ces Arabes. Lumpenpack sei das, e Söibandi, man habe die Nase voll von den salauds.

Um 22 Uhr beschloss die Gesellschaft, noch schnell bei Bertelé vorbeizuschauen und etwas zu nehmen gegen den Durst. Nur der Schauspieler und der Gendarme blieben zurück, mit ihnen zwei Pompiers, welche die Aufgabe hatten, die demnächst zu erwartenden Spezialisten aus Mulhouse von der Landstraße weg zum Tatort einzuweisen.

Gegen Mitternacht wurde Hunkeler von den Pompiers zurück zu seinem Haus gefahren. Schön wohne er hier, sagten sie, als sie in der Küche noch ein Bier tranken. Ein bisschen très vieux, e wenig e Ruine, aber gemütlich. Ein netter Abend sei es gewesen, es sei angenehm d’avoir fait la connaissance.

Am andern Morgen, als Hunkeler beim Frühstück saß, klingelte das Telefon draußen im Gang. Es war ein Monsieur Bardet, chef des services techniques. Ob er vorbeikommen dürfe, er habe ein paar Fragen.

[92] Bardet war ein langer Kerl von etwa dreißig Jahren. Er sprach perfekt Deutsch, er habe in Karlsruhe studiert, wie er sagte. Sie setzten sich in die Küche und tranken Kaffee.

Er solle bitte ganz genau erzählen, sagte Bardet, wie er das Autowrack gefunden habe. Dem Vernehmen nach sei er Basler Polizist. Und ein Basler Polizist, der im grenznahen Frankreich ein Auto mit einer verkohlten Leiche drin finde, das sei schon etwas seltsam.

»Ich bin Kommissär der Kripo Basel«, sagte Hunkeler, »aber ich bin vor ein paar Tagen beurlaubt worden.«

Bardet steckte sich die zweite Zigarette an. Er war offenbar Kettenraucher.

»Warum?«

»Weil ich zu viele Fehler gemacht habe.«

»Ein Mann mit Ihrer Erfahrung macht zu viele Fehler? Erzählen Sie mir keine Märchen.«

»In Basel sind zwei Menschen stranguliert worden. Es gibt die Theorie, das eine der Opfer, es handelt sich um Bernhard Schirmer, der offenbar mit einer albanischen Drogenorganisation zusammengearbeitet hat, sei von ebendieser Organisation hingerichtet worden.«

»Und Sie glauben diese Theorie nicht?«

»Nein.«

»Vor zehn Tagen«, sagte Bardet, »ist von der Basler Kripo ein jüngerer Albaner namens Gjorg Binaku ausgeschrieben worden. Sein Auto ist in die Luft gesprengt worden. Mit Benzin oder mit Sprengstoff?«

»Ich bin alt und blöd, ich weiß es nicht.«

»Deshalb sind Sie ja auch beurlaubt worden«, grinste Bardet.

[93] »Ich bin hier im Elsass, um mich zu erholen. Ich bin k. o. geschlagen worden, vom Vater dieses Gjorg Binaku. Ich habe ihn im Untersuchungsgefängnis besucht. Er hat mir eine verpasst und ist entkommen. Ich nehme an, er wurde auch ausgeschrieben.«

»Stimmt, er heißt mit Vornamen Ismail.«

»Ich bin gestern durch die Wälder gegangen. Ich habe einen Dachs gesehen. Ich bin ihm gefolgt und habe das Autowrack gefunden. Reiner Zufall.«

»Wirklich?«, fragte Bardet mit neugierigen, kalten Augen.

Hunkeler schenkte Kaffee nach.

»Ja, das stimmt.«

»Wir haben keine Fotos«, sagte Bardet, »weder vom Vater Binaku noch vom Sohn. Was mich nicht erstaunt. Solche Leute lassen sich nicht gern fotografieren. Wie könnte er denn ausgesehen haben?«

Vorsicht, alter Mann, das ist ein scharfer Hund. Aber er sagte es doch.

»Ich bin am 28. Oktober am Morschwiller Weiher gewesen, um zu spazieren. Da habe ich einen roten Suzuki der Firma Albolives wegfahren sehen. Am Steuer saß ein jüngerer, schwarzhaariger Mann. Es ist mir aufgefallen, dass ich ihn schon einmal gesehen hatte. In der Nacht nämlich, in der Bernhard Schirmer ermordet wurde, hat er im albanischen Billard-Center gesessen. Es war übrigens der Suzuki, der später in die Luft gegangen ist.«

»Warum wohl ist er in die Luft geflogen? Könnte das vielleicht mit der Ware, die er geladen hatte, zusammenhängen?«

Hunkeler überlegte. Sollte er, oder sollte er nicht?

[94] »Ein Fischer am Morschwiller Weiher«, sagte er, »ein Basler namens Alois Bachmann, hat erzählt, ein Mann habe im Fischerhaus eine schwarze Tasche geholt, die Bernhard Schirmer gehört habe. In der Tasche sei irgendwelches Rauschgift gewesen.«

Bardet steckte sich die dritte Zigarette an.

»Und das alles haben Sie aus purem Zufall herausgefunden, nicht wahr?«, sagte er. »Dieser Madörin teilt uns überhaupt nichts mit. Aber ich habe schon gemerkt, dass die Sache stinkt. Man riecht das. Wir werden die Leiche wohl kaum identifizieren können, auch mit DNA nicht. Wir haben nichts zum Vergleichen. Das Auto ist ein roter Punto. Die Nummer des Fahrgestells haben wir.«

Er betrachtete seine Hände, die auf dem Tisch lagen. Er schien die Nägel zu prüfen, erst die der linken Hand, dann die der rechten.

»Was ist mit der Schlange, die jemand in die Buchenrinde geritzt hat?«

Hunkeler zögerte. Aber er sagte auch dies.

»Der alte Binaku trägt einen Ring an der linken Hand. Es ist übrigens ein schöner, gepflegter Herr mit besten Manieren, wenn er nicht gerade jemanden k. o. schlägt. Im Ring steckt ein schwarzer Stein. Darin ist ein Falke eingraviert. Er hat gesagt, der Falke sei das Tier seiner Familie, sein Sohn trage auch so einen Ring. Er hat von drei Familien erzählt, die sich gegenseitig bekämpfen. Die Sippe der Falken, die Sippe der Adler mit den offenen Schwingen, die Sippe der giftigen Schlangen.«

Bardet drückte seine Zigarette aus und schaute angewidert durchs Fenster auf die eingenebelte Weide.

[95] »Blutrache also«, sagte er, »davon verstehe ich überhaupt nichts.«

Er erhob sich, sein Kopf berührte beinahe den Deckenbalken.

»War nicht die rote Zora eine Albanerin? Doch, ich erinnere mich. Die rote Zora ist mit ihrer Mutter aus Albanien nach Kroatien geflohen, weil alle Männer ihrer Familie umgebracht worden waren. Haben Sie das Buch von Kurt Held nicht gelesen?«

Doch, Hunkeler hatte es gelesen. Aber er erinnerte sich nicht.

»Sollen sich doch die Kerle im Balkan gegenseitig abschießen«, sagte Bardet. »Was suchen die bei uns?«

»Hartes Geld«, sagte Hunkeler, »wie wir auch.«

Bardet grinste, es war wirklich ein lustiger Kerl.

»Ich danke Ihnen. Ich werde mich wieder melden. Halten Sie die Augen offen. Hier ist meine Nummer.«

Er legte sie auf den Tisch.

»Ich glaube nicht«, sagte Hunkeler, »dass es gut wäre, wenn mein Name in dieser Sache auftauchen würde.«

»In was für einer Sache? Es war irgendein Spaziergänger, der das Auto gefunden hat. Wir kennen leider seinen Namen nicht.«

Sie grinsten sich an.

Am Abend ging Hunkeler in den Kuhstall gegenüber. Er setzte sich auf die Bank, auf der schon der Bauer saß. Die Frau war am Melken.

[96] »Wir könnten die Milch ebenso gut in die Jauchegrube schütten«, sagte der Mann.

Hunkeler nahm die Mistgabel und begann, die Karrette mit Mist zu beladen.

»Es geht uns allen so«, sagte er. »Wir sind nur noch alte Säcke, die überall im Wege sind.«

»Wie war es im Krieg, wie war es damals?« Das Blut schoss dem Bauern ins Gesicht, er schrie plötzlich seine Wut heraus. »Damals sind uns die Deutschen nachgerannt. Sie haben uns nach Karlsruhe gebracht und in Uniformen gesteckt. Wir seien Hornvieh vom Lande, haben sie gesagt. Und sie würden uns an die Ostfront schicken. Ich bin weggerannt, nach Hause. Jetzt rennt uns niemand mehr nach. Damals haben sie dir Kleider gegeben und Stiefel und ein Gewehr. Was meinst du, was das gekostet hat? Jetzt gibt dir der Staat gerade noch so viel, dass du nicht krepierst. Aber diesen Verbrechern aus Nordafrika, denen bezahlen sie alles. Krankenkasse und Miete und die Schule für die Kinder. Hast du das gehört von der verkohlten Leiche in Heilbronn? Wer macht so eppis, he?«

Hunkeler nickte. Doch, er hatte davon gehört.

»Wenn ich pensioniert bin, und das wird bald sein«, sagte er, »kaufe ich zwei Esel. Ein Weibchen, ein Männchen. Hör dich mal um, wo es welche zu kaufen gibt. Dann machen wir hier eine...

Erscheint lt. Verlag 26.2.2013
Reihe/Serie Kommissär Hunkeler
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Banker • Basel • Elsass • Hunkeler • Hunkeler, Peter • Kommissär • Krimi • Kriminalroman • Peter • Schweizer Literatur
ISBN-10 3-257-60294-4 / 3257602944
ISBN-13 978-3-257-60294-4 / 9783257602944
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