Nachdem sich Kapitel 1 einerseits mit den Transformationserfordernissen von Unternehmen und andererseits mit den Defiziten und Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Transformationen (sowie der Notwendigkeit ihrer Verbesserung) befasst hat, widmet sich dieses Kapitel den Erfolgsfaktoren des Umsetzungsmanagements. Diese lassen sich unseres Erachtens in drei Dimensionen gruppieren. Sie bilden die Grundlage für unseren eigenen Ansatz, wie sich selbst große, komplexe Umsetzungsvorhaben zum Erfolg führen lassen.

Zu diesem Zweck haben wir eine aufwendige Literaturrecherche betrieben und alle praxisorientierten empirischen Erhebungen und Beiträge zum Thema gesammelt, gelesen, analysiert und ausgewertet. Unser Ziel und Anspruch besteht aber vor allem darin, ein umfassendes Rahmenwerk für ein wirksames Umsetzungsmanagement zu entwickeln. Dabei bauen wir auf unseren eigenen Einsichten, Erfahrungen und Konzepten auf, aber eben auch auf den Erkenntnissen bereits existierender Publikationen und Ergebnisse. Dieses geballte Wissen wollen wir uns zunutze machen.

Das Kapitel bietet Ihnen zunächst eine kompakte Zusammenfassung der bisherigen Forschung und betrieblichen Praxis, mit einem Überblick über die Erfolgsfaktoren und Facetten, die in der bestehenden Literatur herausgearbeitet wurden und sich unseres Erachtens in drei Dimensionen eines erfolgreichen Umsetzungsmanagements zusammenfassen lassen (Unterkapitel 2.1).

Anschließend werden wir darauf aufbauend eine zentrale Erkenntnis beleuchten und explizit das Zusammenspiel der drei Erfolgsdimensionen betrachten (Unterkapitel 2.2).

Vor allem aus diesem Wechselspiel leiten wir unseren eigenen, neuen Ansatz ab, den Dreiklang des Erfolgs, den wir zum Schluss einer Bewertung unterziehen (Unterkapitel 2.3).

Obwohl der Großteil der bisherigen Forschung und Praxis sich primär auf die Entwicklung einer Strategie fokussiert, nicht auf deren Umsetzung, gibt es doch zahlreiche Bücher, Beiträge und Studien, die sich mit dem Thema Umsetzung direkt oder indirekt auseinandersetzen. Hier wollen wir uns auf die Veröffentlichungen konzentrieren, die wir als wesentlich erachten, die wissenschaftlich fundiert sind und die die Themen Transformation, Change oder Umsetzungsmanagement vor allem mit Blick auf praktische Relevanz untersucht haben, sprich mit den Erfolgsfaktoren im Vordergrund.

Bei der Auswahl der Quellen sind wir systematisch vorgegangen und haben im ersten Schritt die erfolgreichsten, also die meistverkauften Bücher über Transformationen, Change-Management und Umsetzungsmanagement in den Blick genommen. Entsprechend finden Sie in unserer Liste einschlägige Klassiker wie Kotter, Wimmer oder Beer. Diese Literatur haben wir ergänzt um Inhalte der weltweit führenden Business-Schools (ermittelt anhand einschlägiger Universitätsrankings) sowie komplettiert mit ausgewählten Studien etablierter, weltweit tätiger Beratungsunternehmen. Sie finden in unserer Übersicht somit auch gebündeltes Wissen von INSEAD oder IMD und die Essenz der Erfahrungen, die zum Beispiel die BCG oder McKinsey über die Jahre gesammelt haben.

Durch dieses Vorgehen ist eine umfassende Datenbasis entstanden, welche global gewonnene wissenschaftliche Erkenntnisse und zentrale Praxiserfahrungen bündelt. Sie stellt eine der umfangreichsten Übersichten zum Thema Umsetzungsmanagement dar und bietet eine solide Basis für die Herleitung unseres eigenen Ansatzes (Tabelle 1).

Zum Zweck der Analyse haben wir im zweiten Schritt alle Werke unserer Datenbasis auf ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin untersucht. Dafür haben wir jedes Buch und jede Studie mit besonderem Augenmerk auf die darin enthaltenen Erfolgsfaktoren gelesen. Selbstverständlich unterscheiden sich Begrifflichkeiten von Studie zur Studie, Schwerpunkte sind anders gesetzt und Maßnahmen variieren im Detail. Dennoch, so lautet das sowohl überraschende als auch eindeutige Ergebnis, finden sich in allen Studien zum Umsetzungsmanagement bei genauerem Hinsehen – zwar in unterschiedlicher Ausprägung und mit variierendem Fokus, aber doch klar erkennbar – drei Erfolgsdimensionen wieder:

1. Strukturen,

2. Menschen,

3. Performance.

Was genau sich hinter diesen drei Erfolgsdimensionen eines wirksamen Umsetzungsmanagements verbirgt, werden wir im Folgenden näher beschreiben und mit Beispielen illustrieren. Im ersten Abschnitt dieses Unterkapitels beginnen wir mit der Dimension Strukturen (2.1.1), widmen uns dann der Dimension Menschen (2.1.2) und schließen mit der Dimension Performance (2.1.3).

Die erste Dimension, unter der sich viele Faktoren und Einzelmaßnahmen für ein erfolgreiches Umsetzungsmanagement gut zusammenfassen lassen, nennen wir »Strukturen«. Alle untersuchten Studien enthalten Elemente, die sich dieser Oberkategorie zuordnen lassen. Im Folgenden wollen wir typische Maßnahmen und Aktivitäten aus diesem Bereich beschreiben.

Ein erster wesentlicher Aspekt ist die Formulierung von formalen und strukturell verankerten Zielen (z. B. Büchel et al. 2023, Kottbauer/Müller-Pellet 2023, Zacherl et al. 2022). Nur wenn die Menschen in einer Organisation wissen, was am Ende einer Umsetzung stehen soll, kann diese Umsetzung auch gelingen. Folgerichtig sind von Anfang an eine unmissverständliche Marschrichtung sowie ein angestrebter Zielstatus zu definieren, damit involvierte Personen eigenverantwortlich entscheiden können, wie die Schritte auf dem Weg dorthin auszusehen haben und welche Anpassungen unter Umständen notwendig sind, um die Ziele zu erreichen. Die Ziele müssen hinreichend konkretisiert werden, denn nur dann entsteht bei den Beteiligten eine greifbare Vorstellung, wie der Zielstatus aussehen soll.

Daraus ergibt sich direkt ein zweiter wichtiger Aspekt, der in vielen Studien genannt wird: die Klarheit der Formulierungen (z. B. Hückel 2019, Nieto-Rodriguez 2018, Sull et al. 2017, Bungay 2011). Es reicht nicht aus, am Anfang eines Umsetzungsprojekts grobe Ziele zu formulieren und vage Visionen zu benennen. Vielmehr ist von höchster Relevanz, dass die Verantwortlichen bereits zu Beginn ein möglichst deutliches und für alle verständliches Bild des zu erreichenden Zustandes definieren können. Nur wer seine Ziele klar benennen kann, wird eine gute Chance haben, sein Umsetzungsprojekt mit Erfolg abzuschließen. Und nur derjenige kann seine Kräfte kanalisieren, Orientierung geben und Menschen begeistern.

Nur mit klar definierten Zielen lassen sich auch entsprechende Verantwortlichkeiten präzise bestimmen und übertragen. Damit kommen wir zum dritten wesentlichen Aspekt: Verantwortung (z. B. Henderson et al. 2023, Hemerling et al. 2016, Keenan et al. 2012). Zahlreiche Studien haben die Identifikation, Strukturierung und Delegation von Verantwortlichkeiten im Rahmen von Umsetzungsprojekten als zentral für ein erfolgreiches Umsetzungsmanagement herausgearbeitet. Im Rahmen der Organisation und damit der Strukturen eines Umsetzungsprojekts ist die klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten elementar. Nur wenn für die Menschen strukturell transparent ist, wer für was, wann und wie verantwortlich ist, können sie erfolgreich zusammenarbeiten und eine Veränderung erreichen.

Eine klare Definition von Zielen und Verantwortlichkeiten ermöglicht auch die Vorbeugung einer in Umsetzungsprojekten allgegenwärtigen Gefahr – nämlich jener, sich zu verzetteln. Auch und gerade in Transformationsprojekten kommt es darauf an, einen Fokus auf die Veränderung zu legen und somit nicht zwingend notwendige Themen...