Ivo und die Pataphysik -  Peter Brandlmayr

Ivo und die Pataphysik (eBook)

Skizze einer hantologisch pataphysikalischen Erkenntnistheorie, Ästhetik und Ethik
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2022 | 1. Auflage
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99139-491-4 (ISBN)
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Dieses Buch ist Dokumentation einer Suche, einer Bewegung, einer Erfahrung auf hoher See. Es erzählt vom Auftauchen, vom Bewusst-Werden und ist damit relativ parteiisch, naiv, unbewusst und behauptend.

Peter Brandlmayr wurde 1970 in Bad Ischl geboren. Er absolvierte ein Geologiestudium an der Universität Innsbruck, danach das Kolleg für Fotografie an der Höheren Grafischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt in Wien. 1998 gründete er das Institut für Wissenschaft und Forschung (IWF), ein Experiment zwischen Kunst und Wissenschaft, Realität und Fiktion. 2005 Promotion Brandlmayr an der Universität Innsbruck zum Dr. phil.; 2013 gründete er das Pegasus-Institut für Pataphysik (PIP) sowie im Jahr 2019 das Institut für Müßiggang und Kontemplation (IMK). Er führte zahlreiche Ausstellungen, Installationen, Vorträge und Performances duch.

Vorwort

Vor einigen Jahren hätte ich angesichts des Untertitels, den dieses Buches trägt, reflexartig mit Skepsis reagiert. Dies nicht nur in Bezug auf die umfassende Zielsetzung eine Erkenntnistheorie formulieren zu wollen, sondern auch auf Grund des zweifelhaften Fundaments auf dem diese Zielsetzung baut. Wie soll man auf dem Fundament einer so abstrusen Zunft, wie der Pataphysik, denn eine Erkenntnistheorie bauen können? Wie kann man denn so etwas ernsthaft behaupten wollen?

Wie kam es also dazu, dass sich meine Haltung der Pataphysik gegenüber so verändert hat, wie dazu, dass ich die Pataphysik nun tatsächlich ernst nehmen kann?

Dies sind die ersten Fragen die sich hier stellen und natürlich auch solche nach einer Legitimation: Wie kommt es dazu, dass du dir zutraust so ein Buch zu schreiben? Wie kannst du behaupten diesbezüglich eine Expertise zu besitzen?

Besonders viel habe ich in Bezug auf die Pataphysik in der Tat vorerst nicht vorzuweisen, ich kann hier nur die Geschichte erzählen, wie es dazu kam, kann nur über den Weg berichten, der mich eben hierher an diesen Punkt geführt hat. Die Frage nach der Legitimation ist mir in all den Jahren ein ständiger Begleiter gewesen. Wie oft bin ich nach einer Legitimation gefragt worden, nach meiner Expertise, nach meiner Profession, um zu bestimmen, was ich bin und ob mir zu trauen ist. „Was bist du", sagte man, „Künstler oder Wissenschaftler?", und das immer mit ein wenig Skepsis. „Bist du denn darstellender Künstler, dass du dich in einer Performance vor ein Publikum stellen kannst? Oder bist du bildender Künstler? Du stellst ja in Ausstellungen Bilder, Installationen und Objekte aus? Oder bist du Musiker, wie es deine Audio-CDs vorgeben? Oder gar Wissenschaftler? Wie kommt es denn sonst, dass du an der Universität Lehrveranstaltungen halten kannst und, dass du 15 Jahre an einem Institut für Wissenschaft und Forschung (IWF) angestellt warst?

Oder gibst du all das nur vor? Ist das Institut für Wissenschaft und Forschung denn nicht eigentlich ein Kunstprojekt gewesen?"

(1) Vorlesung Universität Innsbruck: Spiegelneurone und Schrödingers Katze. Ästhetik in Bildung und Wissenschaft. (2) Vorlesung Universität Innsbruck: Interaktionen Welt und Mensch; 13

Unzählige Male wurde ich mit der Frage konfrontiert, was ich nun sei, Künstler oder Wissenschaftler, wobei mich die Fragenden, sofern sie selbst einer dieser beiden Gruppen nahestanden tendenziell immer der jeweils anderen zuordneten, denn ich entsprach nicht ihrem Bild von der eigenen Profession. Und tatsächlich habe ich viele der Regeln die für diese Berufe gelten, nicht in der Weise erfüllt, wie ich es tun hätte müssen, um in einem der beiden Felder mich bewähren zu können. Ja auch ich selbst habe mich schwer getan mich zuzuordnen.

War diese Schwierigkeit zu Beginn des Projekts IWF davon geprägt nicht zu wissen zu welchen der beiden - Kunst oder Wissenschaft - ich mich zugehörig fühlen sollte, so wurde im Verlauf der Jahre immer deutlicher, dass ich weder das eine noch das andere war. Solange das Projekt des IWF mich trug, blieb die Frage nach meiner Profession latent, indem ich im Gefüge dieser Institution ja einen Platz einnahm und wusste was zu tun war. Hier ging es allein darum das Phänomen Wissenschaft zu ergründen, und das mit ganz unterschiedlichen Methoden und Zugängen, mit solchen der Kunst und solchen der Wissenschaft. Als das Projekt IWF aber 2012 seinem Ende entgegensteuerte begann sich die Frage nach meinem Beruf ganz von Neuem und nun dringlicher denn ja zu stellen. Ich fragte mich, was ich nach 15 Jahre IWF nun beruflich zu tun gedenke. Nachdem ich mittlerweile zwar wusste, dass ich weder Wissenschaftler noch Künstler war, und mir über die Projekte des IWF die Welt, wie sie mir damals erschien, meine "Glaubenshaltung", dargelegt zu haben meinte, dachte ich vorerst daran einen ganz neuen Weg einzuschlagen und blätterte diesbezüglich sogar Berufskataloge durch. Es ging scheinbar nur mehr darum in dieser nun grob geordneten Welt einen Platz einzunehmen. Wie man vermuten kann, habe ich in den Katalogen aber den erhofften Platz nicht gefunden. Mit dem Fehlen des Rätselhaften, der Fragen und des Suchens, schien die Welt und das Leben zwar geordnet und gemütlich, aber unbefriedigend. So wurde mir immer mehr klar, dass ich meinen weiteren Weg nicht wie einen Pullover aussuchen und bestellen könnte, sondern dass dieser an meinen bisherigen Weg anschließen, sich aus diesem ergeben würde. Es müsste also etwas sein, das einerseits meine bisherige Arbeit in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen würde und andererseits die Ahnung neuer Perspektiven für die Zukunft eröffnet. Und so beschloss ich im Vertrauen auf das, was kommen mag nicht in Berufskataloge zu starren, sondern die Augen wieder hinaus in die Welt zu richten. Hierbei stieß ich dann vorerst auf die Figur des Clowns, die mir meine Arbeit in neuer Weise erscheinen ließ, und gelangte über diese und den Zirkus schließlich auch auf die Pataphysik. Schon mehrfach war ich im Zuge meiner Arbeit am IWF mit dieser ominös-abstrusen Wissenschaft konfrontiert worden. Mehrfach wurde mir attestiert etwas zu machen, was der Pataphysik nicht unähnlich sei. Ich selbst konnte und wollte diese Parodie einer Wissenschaft zur damaligen Zeit jedoch noch nicht erst nehmen. Meine Intention mit dem IWF war es ja nie die Wissenschaft zu parodieren, es lag mir ja fern mich über die Wissenschaft lustig zu machen. Ich wollte das Phänomen verstehen, ahmte diese in ihren Gesten nach um zu ergründen, wie sie funktioniert, wie sie sich rechtfertigt und was sie letztlich leisten kann. Ich verstand meine Arbeit nicht als Aufbegehren oder als Kritik, sondern als Versuch etwas Faszinierendes zu ergründen. Dementsprechend lehnte ich damals die Pataphysik auch ab, sah in ihr ausschließlich jene traditionalistisch praktizierte und narrenhafte Zunft als die sie zumeist in Szene gesetzt wird. Ganz in diesem Sinne wird die Pataphysik bis heute letztlich kaum ernst genommen und das sowohl von deren, zumeist auf Jarry und dessen Zeit bezogenen, Anhängern, als auch von Seiten der, vom Weltverständnis der modernen Wissenschaften geprägten, restlichen Gesellschaft. Die Pataphysik wird als Schatten der modernen Wissenschaft verstanden, als etwas das letztlich überflüssig und an sich sinnleer ist. Der Geist der Auflehnung, Karikatur und Revolte, der noch in Jarrys König Ubu deutlich zu erkennen ist, hat heute längst seine Sprengkraft verloren. Man hat sich an dieses absurd abstruse Element Pataphysik gewöhnt. Die Pataphysik hat es bislang nicht geschafft den Keim der Veränderung konstruktiv für ein neues Selbst- und Weltverständnis zu nutzen. Sie blieb, wie der Schatten, auf die Vergangenheit bezogen anstatt als Vision einer Zukunft verstanden zu werden.

Die Skepsis der Pataphysik gegenüber entsprach wie gesagt bis zum Auslaufen des Projekts IWF auch meiner Haltung, wenn gleich - aufgrund der von anderen behaupteten pataphysikalischen Komponente meiner Arbeit - unterschwellig zunehmend ein gewisses Interesse am Phänomen Pataphysik hinzutrat. So war ich auch mit etwas gemischten Gefühlen konfrontiert, als mich Fritz Ostermayer kurz nach dem Abschluss des Projekts IWF, im Herbst 2012, fragte ob ich für das Donaufestival 2013 denn nicht einen Beitrag über die Pataphysik gestalten könnte. Trotz meiner Skepsis entschloss ich mich diese samt ihrer Geschichte nun einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich versuchte nun erstmals die Parallelen ernst zu nehmen, die zwischen der pataphysikalischen Welthaltung und jener Position bestehen, die das Institut für Wissenschaft und Forschung zu Tage gefördert hatte. Und dabei tauchten dann viel umfangreichere Gemeinsamkeiten auf als ich vorerst gedacht hatte. Die Sätze, die im Zuge der Definitionsversuche der Pataphysik für gewöhnlich zitiert werden, erschienen nun umgekehrt immer mehr als eklektische Auszüge aus den Erkenntnissen die im Rahmen der Arbeit des Instituts für Wissenschaft und Forschung gewonnen worden waren. War das IWF im Grunde vielleicht ein Projekt in dem die Grundzüge einer pataphysikalischen Welthaltung skizziert und argumentiert worden sind?

In dieser Weise begann ich nun langsam die Pataphysik und ihre Grundannahmen ernst zu nehmen. Immer mehr streifte ich die Vorstellung ab, dass sich hinter der pataphysikalischen Praxis, die ja in erster Linie im Zeichen des Narrenhaften als Auflehnung gegen eine naturwissenschaftlich kausalbedingte Weltordnung erscheint, nicht nur eine rein destruktive Revolte gegen ein deterministisches Korsett verbirgt, sondern letztlich auch eine Sehnsucht und Ahnung eines freieren Weltverständnisses. Mit anderen Worten: Ich wollte nun tatsächlich prüfen ob die üblichen, im Zuge pataphysikalischer Praxis auftretenden traditionalistisch wiederholten, singulären Formeln, wie „Die Pataphysik ist die Wissenschaft von den imaginären Lösungen“, oder „Die Pataphysik verhält sich zur Metaphysik, so wie die Metaphysik zur Physik", nicht doch auch als Elemente eines zusammenhängenden Systems eines Weltverständnisses gesehen werden...

Erscheint lt. Verlag 29.11.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Technik
ISBN-10 3-99139-491-X / 399139491X
ISBN-13 978-3-99139-491-4 / 9783991394914
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