Der Isettaschrauber, Band 2: Motor und Antrieb -  Ralf Heiligtag

Der Isettaschrauber, Band 2: Motor und Antrieb (eBook)

Tips und Tricks aus der Werkstatt für BMW Isetta, 600 und 700
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
248 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7526-5136-2 (ISBN)
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Band 2 der Buchreihe "Der Isettaschrauber" befasst sich mit Arbeiten rund um Motor und Antrieb. Das Buch ist eine Wissensfundgrube für alle Fahrer und Liebhaber der BMW-Nachkriegskleinwagen Isetta, 600 und 700. Es liefert praxiserprobte Lösungen und hilft, kostspielige Fehler zu vermeiden. Auch dem Leser, der nicht selber schraubt, sondern knifflige Arbeiten in der Werkstatt seines Vertrauens erledigen lässt, liefert dieser Ratgeber wertvolle Informationen, worauf zu achten ist.

Ralf Heiligtag, Jahrgang 1958, ist Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau. Über Positionen in Konstruktion, Projektierung, Verkauf und Marketing führte ihn sein beruflicher Werdegang in die Geschäftsleitung mehrerer mittelständischer Unternehmen der chemischen Industrie. Neben dem Beruf pflegte er seit 1975 sein Hobby Oldtimertechnik und setzt dies bis heute fort. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den in diesem Buch behandelten Fahrzeugen.

2.1 Motor

Zum Warmlaufen beginnen wir mit einem ebenso einfachen wie nützlichen Werkzeug, das für Isettafahrer wie auch für Motorradfreunde zu gebrauchen ist. Die ausschließlich auf BMW 600 und 700 konditionierten Boxerfans können dieses Kapitel überspringen, weil es an den Vergasern ihrer Fahrzeuge keine derart widerspenstigen Druckfedern gibt.

2.1.1 Spannvorrichtung für Vergaserschieber-Feder


Frage

Ich habe immer wieder Schwierigkeiten, den Gaszugnippel in den Gasschieber einzuhängen. Denn dabei muss man die lange Druckfeder so weit wie möglich zusammendrücken und mit dem Gaszugnippel durch das „Schlüsselloch“ am Boden des Gasschiebers zielen. Gleichzeitig darf aber der Gaszug nicht zurück in den Vergaserdekkel rutschen. Gibt es da einen Trick?

Antwort

Einen solchen Trick gibt es tatsächlich. Hier ist er.

Bei Wartungsarbeiten an einer Bella Signorina aus Borgo Panigale (vulgo: eine Königswellen-Ducati 900 SS von 1978) bekam ich es mit zwei italienischen Dell‘Orto-Vergasern PHF 32 zu tun, die ähnlich aufgebaut sind wie der BING-Vergaser der Isetta: Ein runder Kolbenschieber mit Nadel wird vom Gaszug nach oben gezogen und von einer langen Druckfeder niedergedrückt.

Wie jeder Isettafahrer weiß, ist das Einhängen des Gaszugnippels in den Vergaserschieber schwierig, weil der Seilzug durch die Druckfeder geht und man die Feder sehr stark zusammendrücken muss, um den Gaszugnippel durch die schlüssellochähnliche Bohrung am Grund des Schiebers zu fädeln. Mit Übung und Geduld geht das bei den BINGs aber relativ problemlos.

Dell‘Orto hat sich da eine hässliche Zusatzkomplikation einfallen lassen, denn dort verdeckt die Haltespange der Düsennadel die Öffnung, durch die der Gaszugnippel geschoben werden muss. Um ihn durchzufädeln, muss die Nadel mitsamt ihrem Clip ein Stückchen hochgeschoben werden, so dass sich die Haltespange ungefähr 10 mm von ihrer Auflagefläche abhebt. Erst dann bekommt man den Gaszug mit viel Glück durch das Löchlein getrickst, durch das er soll. Das klappt nur bei sehr gutem Licht, sonst erkennt man in der finsteren Tiefe des Gasschiebers kaum etwas.

Die Zumutung besteht darin, dass man mindestens eine Hand zu wenig hat, muss man doch mit einer Hand den Gasschieber festhalten und zugleich die Nadel ein Stück hochschieben, während die andere Hand den Vergaserdeckel mitsamt der Gaszughülle festhält, die lange Druckfeder krampfhaft in zusammengedrücktem Zustand hält und zu guter Letzt auch noch den Nippel durch ein kaum sichtbares Löchlein zu fädeln hat.

Fast ist es unnötig zu erwähnen, dass sich die Gaszughülle mit Vorliebe aus dem Vergaserdeckel hebt, sobald der Gaszug Druck vom Ende her bekommt – der Zug ist also notorisch zu kurz, gerade dann, wenn man glaubte, es fast geschafft zu haben. Unter diesen qualvollen Bedingungen klappt das Einhängen des Gaszugs niemals auf Anhieb. Zwei Finger, die treu und brav minutenlang eine starke Feder spannen sollen, ermüden nach kurzer Zeit hoffnungslos. Warum muss ich bei solchen Arbeitsgängen immer an das HB-Männchen denken?

Bei einem der beiden Dell‘Ortos half ich mir damit, dass ich nach ungefähr fünf vergeblichen Versuchen und inzwischen schmerzhaft verkrampften Fingern den Gaszug ohne Feder einhing und die Feder danach von der Seite her um den Gaszug schraubte. Das klappt zwar, geht aber bei den letzten Windungen recht mühsam und ist darum nicht so ganz das Wahre.

Wir müssten die Feder bändigen, indem wir sie mit einem kleinen Hilfswerkzeug im zusammengedrückten Zustand halten und sie erst entspannen, nachdem der Gaszugnippel an seinem Platz sitzt. Solch ein Werkzeug könnte ein in Form eines eckigen C gebogenes Blech sein. Oder eleganter: Ein einseitig offenes Stückchen Rohr, dessen Durchmesser und Länge nach der Feder bemessen sind und das beidseitig eine runde Endkappe hat. Die Endkappen brauchen einen Schlitz, damit man die Spannvorrichtung nach getaner Arbeit vom durchgesteckten Gaszug trennen kann. Die Bilder veranschaulichen, wie das Werkzeug aussehen kann.

Der Innendurchmesser des Rohres ist etwa einen halben Millimeter größer als der Außendurchmesser der Feder. Die innere Länge des Rohres zwischen den Endkappen ist ungefähr einen Millimeter größer als die Länge der Feder in ganz zusammengedrücktem Zustand.

Es ist vorteilhaft, das Rohr auf der offenen Seite nicht genau halb wegzufeilen, sondern etwas weniger, weil dadurch die Feder ganz zart einrastet und am Herausspringen gehindert wird. Ist die Feder in der Vorrichtung gefangen, sieht das so aus wie im zweiten Bild.

Die Schlitze sind „frei nach Schnauze“ geraten, weil ich sie freihändig mit dem Winkelschleifer hineinschleifen musste. Denn beim Griff in die Restekiste hatte ich zum Drehen der Endkappen ein Stück Vergütungsstahl erwischt, der durch das Schweißen und das anschließende Abkühlen unverhofft so deutlich an Härte gewann, dass die Eisensäge danach nicht mehr angreifen wollte.

Für den BING-Vergaser braucht man dieses Werkzeug zwar nicht unbedingt, ich zeige es hier aber dennoch als Anregung für Hardcore-Bastler, die sich ab und zu gern mal etwas Hübsches gönnen. Dieses unscheinbare Werkzeugelchen macht das Einhängen des Gaszuges bedeutend bequemer. Hat man es erst einmal, fragt man sich bald, wie man so lange ohne es auskommen konnte.

Um den Vergaser selbst, seine Bedüsung und seine Einstellung werden wir uns in Band 3 kümmern, der sich mit den Themenkreisen Tuning und Elektrik befassen wird. Denn eine ordentliche Vergasereinstellung ist klassisches Tuning, das ja nicht unbedingt Schnellermachen bedeutet, sondern Feinabstimmung. Freuen Sie sich also auf Band 3; es dauert nicht mehr lange. Hier im Band 2 steigen wir zunächst am Benzinschlauch zum Kraftstoffhahn empor. Diesem notorischen Kleckermaxen werden wir nun seine Inkontinenz abgewöhnen.

2.1.2 Everbest-Benzinhahn instandsetzen


Der Hahn und sein Küken

Hier folgen keine flatterhaften Geschichten von der Hühnerfarm, sondern wir wollen Benzin reden, genauer: vom Benzinhahn der Isetta sprechen. Das drehbare Teil dort drinnen heißt tatsächlich Küken, obwohl es kein bisschen flauschig ist.

Betrachten wir die Benzinhähne der Isetta und der zeitgenössischen BMW-Motorräder, so fällt auf, dass die Hähne beider Fahrzeuggattungen einander ähneln, war doch der Zulieferer seinerzeit in beiden Fällen die Frankfurter Firma Everbest. Die torpedoförmigen Hahngehäuse der Everbest-Hähne sind beim Motorrad und bei der Isetta gleich, ebenso die Anschlussgewinde auf beiden Seiten. Beide Hähne haben auf der Tankseite ein langes Röhrchen für AUF und ein kurzes für RESERVE. Die Längen der Röhrchen unterscheiden sich etwas, sie hängen vom Fahrzeugtyp ab. Auf der Ausgangsseite, also unten, zeigen beide Hähne zwei Auslaufbohrungen, die beide in eine einzige Schlauchtülle münden. Unterschiedlich sind die Küken, also die eigentlichen Absperrorgane.

Beim Motorradhahn ist ein Betätigungshebel direkt am Küken angegossen. Damit lässt sich das Küken um genau eine halbe Umdrehung, also um 180° drehen. Hebel gerade nach unten bedeutet ZU, was für Motorradfahrer seltsam und gewöhnungsbedürftig anmutet, denn anderswo bedeutet diese Hebelstellung AUF. Hier ist waagerecht nach rechts AUF, waagerecht nach links ist RESERVE. Eine einzige Bohrung, die schräg durch das Küken verläuft, genügt, um dies alles zu bewerkstelligen. Denn dadurch rinnt der Sprit mal von oben links nach unten rechts, mal von oben rechts nach unten links. Fast ist man geneigt, das genial zu nennen.

Der Isettahahn in diesem Bild hat hingegen ein völlig anders konzipiertes Küken. Es muss schon deshalb anders aussehen, weil es nicht direkt von Hand betätigt werden kann, sondern an der aus dem Innenraum kommenden Betätigungsstange angeschlossen werden muss. Dazu hat es eine 7 mm-Aufnahmebohrung mit einer Querbohrung (genaugenommen ist es ein Langloch) zum Durchstecken einer Drahtspange. Die Unterschiede gehen auch im Innern des Kükens weiter. Denn weil man die Betätigungsstange in der Isetta nicht um volle 180° schwenken kann - sie stieße sonst drinnen an die Gepäckablage und draußen ans Luftfiltergehäuse - muss der Isettahahn mit nur 120° Schwenkwinkel, also einer Drittelumdrehung auskommen.

Das lässt sich mit einer einzigen Steuerbohrung nicht mehr erschlagen, folglich hat das Isettaküken deren zwei. Darum zeigt es auch außen ein Anschlagsegment mit einem 60°-Bogen, das den Schwenkwinkel aus der Mittellage auf 60° nach jeder Seite begrenzt.

So verlockend es nun sein mag, aus den reichlich am Gebrauchtteilemarkt verfügbaren Everbest-Motorradhähnen einen für die Isetta zu basteln, so arbeitsintensiv ist die dazu erforderliche Herstellung eines isettagerechten Hahnkükens. Wenn es jemand versuchen möchte, findet er hier Anregungen, wie er das verwirklichen kann. Dies ist eine nette...

Erscheint lt. Verlag 23.9.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Technik
ISBN-10 3-7526-5136-9 / 3752651369
ISBN-13 978-3-7526-5136-2 / 9783752651362
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