Die Kleinbahn Velbert - Heiligenhaus - Hösel (eBook)
132 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7412-2120-0 (ISBN)
Lothar Riedel (*1929 / 2003?) aus Mülheim an der Ruhr beschäftigte sich in seiner Freizeit mit der Geschichte ehemaliger Schmalspurbahnen in Deutschland und hatte in seinen bisherigen Veröffentlichungen die historischen Entwicklungen diverser Schmalspurbahnen in Wort und Bild dargestellt.
Die Entwicklung des Eisenbahnwesens zwischen Ruhr und Wupper
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zählten die Gebiete zwischen Rhein, Ruhr, Sieg und Wupper, abgesehen vom Rheinland zwischen Köln, Aachen und Krefeld, mit zu den reichsten des damaligen Preußen. Hier gab es neben Kohlevorkommen sowohl die eisenverarbeitenden Industrien, als auch die Herstellung von Bronze- und Messingerzeugnissen und die Textilindustrie, die das vielfältige Wirtschaftsleben beherrschten. Mit der Nutzung der Dampfmaschinenkraft begann um 1820 das "Technische Zeitalter". Die handwerklich orientierte Eisenverarbeitung wich immer mehr einer fabrikmäßigen Massenproduktion.
Der gestiegene Grundstoffbedarf, aber auch der Absatz der Waren konnte trotz des sich langsam entwickelnden Straßennetzes nicht ausreichend gedeckt werden. Die Schifffahrt auf Rhein und Ruhr war von wesentlicher Bedeutung. Die im Raum Kettwig, Kupferdreh, Steele, Überruhr bis Witten seit vielen Jahrhunderten vorgefundene und mit primitiven Mitteln geförderte Kohle bedurfte ebenfalls neuer Absatzmärkte. Da die Förderstellen vielfach in Fluss nähe lagen, war es insbesondere die seit etwa 1780 bestehende Ruhrschifffahrt, die die Kohle auf "Aaken" abtransportierte.
Das Bergische Land mit seinen aufblühenden Industrien und der bevölkerungsreichen Stadt Elberfeld und deren Randgebiete, hatten deshalb von den nur eine Tagesreise entfernt liegenden Förderstellen wenig von den Kohleschätzen. Die Kohle musste vor dem Bau einer Eisenbahn zuerst mühsam über die Hügel des Bergischen Landes in Richtung Wupper mit Pferd und Wagen oder Tragtieren sackweise transportiert werden und verteuerte so den Preis erheblich.
Im Jahre 1825, also rd. 10 Jahre vor der Eröffnung der ersten Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth, befasste sich der Industrielle Friedrich Harkort aus Wetter a. d. Ruhr intensiv mit den Eisenbahnerfahrungen in England und Amerika und wies schon früh auf die Bedeutung von Eisenbahnen hin. So hatte Harkort eine Eisenbahnverbindung vom Rhein zur Nordsee vorgeschlagen. Der Grund dafür war, dass die Niederländer, bedingt durch die Auswirkungen des Wiener Kongreß von 1815, den Rheinverkehr mit hohen, vertragswidrigen Schiffszöllen belegten.
In einem Zeitungsartikel der Schwelmer Zeitschrift "Hermann" schrieb Harkort am 30. März 1825 zum Thema Eisenbahn: "Die Eisenbahnen werden manche Revolution in der Handelswelt hervorbringen. Man verbinde Elberfeld, Köln, Düsseldorf, Duisburg mit Bremen und Emden und Hollands Zölle sind nicht mehr. Wie glänzend würden die Gewerbe vom Rheinland Westfalen bei einer solchen Verbindung mit dem Meer sich gestalten?"
Im gleichen Jahr, als der Harkortsche Artikel erschien, fuhr am 27. September 1825 zwischen Stockton und Darlington erstmals eine öffentliche Dampfeisenbahn. Harkort, von Pioniergeist geprägt, trat mit einem weiteren Projekt an die Öffentlichkeit. Er schlug vor, mit Hilfe einer Schienenverbindung, die Kohlenzechen mit den aufblühenden Industrieunternehmungen im bergisch-märkischen Raum zu verbinden, und zwar längs des Deilbachtals über Kupferdreh nach Nierenhof. Durch eine derartige Verbindung, so führte er aus, sei zu erreichen, dass die Kohlenfrachtsätze für die Industrien im Wuppertale gesenkt würden, denn die Höhe der Beförderungskosten begann insofern zu einer Lebensfrage für den bergisch-märkischen Raum zu werden, als die einheimischen Erzeugnisse auf den naheliegenden Märkten durch englische Waren verdrängt wurden. Die Handelskammer Elberfeld führte zur Kostenfrage u. a. aus: Der Bergscheffel Kohle, der von der Zeche mit drei Silbergroschen berechnet wird, kostet in Elberfeld nach einem Transport von kaum drei Meilen elf Silbergroschen.
Die Harkortschen Anregungen fanden zwar Beachtung, wurden aber zunächst nicht aufgegriffen. Zur Demonstration ließ Harkort daher 1826 in seiner Werkstatt das Modell einer Einschienenbahn nach einem Vorschlag des englischen Ingenieurs Palmer fertigen und zwar ähnlich nach der Art einer Schwebebahn. Auf einer Einschienenbahn, auf ein Meter hohen Pfählen gesetzt, fuhren zwei Spurräder, die mit Eisenstangen verbunden waren. An diesen Stangen hingen die beiden Seitenkästen, die das Gleichgewicht hielten und ca. zwei to Tragkraft hatten. Diese Loren sollten von Pferden gezogen werden. Harkort hielt diese Beförderungsart durchaus für geeignet, die dringend benötigten Kohlen von der Ruhr zur Wupper zu transportieren. Dieser Vorschlag konnte aber wegen auftretender technischer Mängel nicht verwirklicht werden. Eine Vielzahl von Gegnern führten bei Bekanntwerden des Projektes aus, dass die Kohlenfuhrleute um ihren Erwerb gebracht würden und somit auch ein Ausfall an Chausseegeldern zu erwarten seien. Einige der von der geplanten Strecke abseits liegenden Grubenbesitzer fürchteten eine Benachteiligung und forderten die Staatsregierung auf, diesem Projekt keine Konzession zu erteilen.
Harkort verzagte nicht und trat weiterhin für den Bau von Eisenbahnen ein. Im gleichen Jahr bildete sich in Elberfeld unter Leitung des damaligen Oberbürgermeisters Brünning ein Eisenbahnkomitee, dass die Baupläne einer Eisenbahnanlage von den Kohlenzechen an der Ruhr in das Wuppertal in Zusammenarbeit mit Harkort weiterverfolgte. Zu den Initiatoren zählten der Bankier und spätere preußische Handelsminister August von der Heydt sowie eine Vielzahl von Fabrikbesitzer und Großkaufleute. Doch bevor ein derartiges Projekt verwirklicht werden konnte, wurden schon zuvor von weitsichtigen Gewerkschaften kurze Schmalspurbahnen - nicht nach dem Palmerschen Vorbild - mit Pferdebetrieb eingerichtet, so 1828 die Rauentalbahn bei Hattingen und 1829 die Muttentalbahn sowie die 1829 begonnene und erst 1832 fertiggestellte Schlebusch-Harkortsche Kohlenbahn. Letztlich folgte dann im August 1830 der Bau der Deilbachtalbahn, die nach Lösung und Überwindung aller Schwierigkeiten im Juni 1831 in Betrieb genommen wurde. Diese rd. 7,3km lange zweigleisige schmalspurige Eisenbahn mit einer Spurweite von 25 Zoll (rd. 65cm) zwischen dem Himmelfürster Erbstollen bei der Gemeinde Überruhr durch das Deilbachtal zur Gemeinde Schwerling, der jetzigen Stadt Nierenhof, begründete den Beginn des Eisenbahnzeitalters in Deutschland; sie als erste Eisenbahn in Deutschland zu bezeichnen, ist jedoch verfehlt. In Nierenhof wurde ein Kohlenmagazin errichtet und von hier wurden die Kohlen auf sackbepackten Pferden oder mit Fuhrwerken ins Bergische Land bzw. in das Tal der Wupper transportiert. Zuvor gründete in den Jahren 1828/29 der Arzt Dr. Voss aus Steele, ein Schwager Harkorts und der Kaufmann Mohl aus Barmen die erste Eisenbahngesellschaft, die schließlich den Bau der Bahn ausführte.
Gegen den Bau dieses Schienenweges protestierten die Fuhrleute bzw. Pferdehalter bei der preußischen Regierung, weil sie um ihre berufliche Existenz fürchteten. Dass die Deilbachtalbahn mit Dampfloks betrieben werden sollte, die preußische Regierung aber hierzu die Genehmigung nicht erteilte, geht aus den vorgefundenen Unterlagen nicht hervor. In verschiedenen Veröffentlichungen wird erwähnt, Friedrich Wilhelm III. habe durch sein Veto den Einsatz von Dampflokomotiven, wenn auch englischer Herkunft, verhindert. In England habe sich zuvor ein Eisenbahnunglück mit tödlichem Ausgang ereignet, so wurde fadenscheinig argumentiert und verbot kurzerhand den Betrieb mit Lokomotiven. Daher wurden die Kohlenwagen von Pferden gezogen.
Anlässlich eines am 20. September 1831 erfolgten Besuches des Prinzen Wilhelm, dem späteren Kaiser Wilhelm I., erhielt die Deilbachtalbahn den offiziellen Namen "Prinz Wilhelm-Bahn". Diesen Namen behielt sie noch für einige Jahre. Nach dem im Jahre 1841 erfolgten Ausbau der Strecke Düsseldorf - Vohwinkel durch die Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn lag der Gedanke nahe, die schmalspurige Bahn in eine Normalspurbahn von Überruhr nach Steele und von Nierenhof über Langenberg nach Vohwinkel auszubauen bzw. zu verlängern, um weiterhin den Abtransport der geförderten Kohlen sicherzustellen. Am 27. Juli 1844 wurde mit dem Bahnbau begonnen und am 1. Dezember 1847 die Strecke von Steele über Langenberg, Neviges nach Vohwinkel mit Dampflokomotiven in Betrieb genommen. Am 14. Februar 1854 wurde die Verwaltung der Bahn zunächst vom preußischen Staat, dann ab 1. Januar 1863 von der Bergisch-Märkischen Eisenbahngesellschaft übernommen.
Nach dieser kleinen Episode nun zurück zu den Anfangsjahren, des sich entwickelnden Eisenbahnverkehrs in den Regionen von Ruhr und Wupper. Erinnert sei daran, dass der damalige Deutschen Bund dem Bau und Betrieb von Eisenbahnen im Allgemeinen nicht sehr aufgeschlossen gegenüberstand, es sogar stets abgelehnt hatte, Eisenbahnen zu betreiben. Entgegen den anderen deutschen Staaten (Baden, Braunschweig, Hannover, später auch Bayern und Sachsen), die den Bau und Betrieb von Eisenbahnen selbst in die Hand nahmen, überließ der preußische Staat dieses den privaten Gesellschaften. Daher bildeten sich etwa ab 1832 vielfach sogenannte Eisenbahnkomitees oder Interessengruppen, denen dann von ihrer Regierung Konzessionen zum Bau und Betrieb von Eisenbahnen erteilt wurde, über die aber letztlich der Staat die Aufsicht behielt. Durch die Konzessionserteilung übte er einen gewissen Einfluss auf die Fahrplan- und Tarifgestaltung und dergleichen aus. Nur dann, wenn keine weitere...
Erscheint lt. Verlag | 11.5.2016 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Technik |
ISBN-10 | 3-7412-2120-1 / 3741221201 |
ISBN-13 | 978-3-7412-2120-0 / 9783741221200 |
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