KiTa-Kinder vor und in der Corona-Pandemie -

KiTa-Kinder vor und in der Corona-Pandemie (eBook)

Iris Ruppin (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
152 Seiten
Beltz Juventa (Verlag)
978-3-7799-8278-4 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
29,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Die UN-Kinderrechtskonvention, Diversität und Partizipation haben sich als zentrale Themen der Frühpädagogik etabliert, die Anforderungen an die pädagogische Praxis implizieren. Kinder werden als Subjekte und Akteure in Kindertagesstätten verstanden. In diesem Prozess setzt die Corona-Pandemie hier eine Zäsur und die Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte erlangen teilweise dilemmatischen Charakter. Dieser Band vereint theoretische und empirische Perspektiven auf die Zeit vor, während und nach der Corona-Pandemie. Die Beiträge gruppieren sich um das Projekt Kita-differenzsensibel und das Forschungsprojekt KiTa-Kinder in der Corona-Pandemie, in welchem sich empirisch Kindheitsforschung und Professionsforschung ergänzen.

Iris Ruppin, Jg. 1964, Dr. phil., ist Professorin der Fakultät für Sozialwissenschaften, Department Soziale Arbeit und Pädagogik der Kindheit der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Professionsforschung und Kindheitsforschung.

Kinderrechte und Demokratie in Kindertagesstätten


Anforderung und Verpflichtung für pädagogische Fachkräfte

Iris Ruppin, Sigrid Selzer, Natalie Papke-Hirsch,
Simona Pages, Andrea Adam

1.Die UN-Kinderrechtskonvention und die Kinderrechte in Deutschland


Kinder sind von Beginn an Rechtssubjekte, deren Menschenwürde anerkannt und sichergestellt werden muss. Dabei sind Erwachsene gehalten „sich selbst, ihre sozialen Beziehungen und Verhältnisse zu reflektieren und kritisch zu überprüfen“ (Braches-Chyrek 2014, S. 425), um Machtverhältnisse zu regulieren und Kindern in wechselseitiger Anerkennung zu begegnen. Dabei kann das Kindeswohl (Artikel 3) in Kindertagesstätten in einem Spannungsverhältnis zwischen dem Kindeswillen (Artikel 12), den Vorstellungen von Kindeswohl auf Seiten der pädagogischen Fachkräfte und den möglicherweise differenten Vorstellungen der Eltern stehen.

Bislang sind die Rechte sowie die Würde von Kindern im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in den allgemeinen betreffenden Regelungen aufgehoben. Die Aufnahme von expliziten Kinderrechten ins Grundgesetz ist Gegenstand des gesellschaftlichen politischen Diskurses und des Koalitionsvertrages von SPD, FDP und Grünen, der im Dezember 2021 unterzeichnet wurde.6 Damit soll eine Hervorhebung der besonderen Bedürfnisse von Kindern und eine Stärkung ihres Schutzes erreicht werden. Die Durchsetzung von Kinderrechten soll damit erleichtert werden, denn bislang müssen die rechtlichen Interessen und die Normen zur Förderung und Beteiligung von Kindern erst „durch eine völkerrechtsfreundliche Auslegung oder Kombination von Verfassungsnormen [...] kompliziert gewonnen werden“ (National Coalition Deutschland 2019, S. 8). Die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland durch die Bundesregierung soll durch ein Monitoring-Verfahren unter Beteiligung des Deutschen Instituts für Menschenrechte sichergestellt werden. Darüber hinaus haben sich zivilgesellschaftliche Organisationen in Deutschland zu einem Netzwerk zusammengeschlossen (National Coalition Deutschland 2019), um die UN-Kinderrechtskonvention zu stärken. Sie verfassten einen zivilgesellschaftlichen Bericht (National Coalition Deutschland 2019) über die Umsetzung der Kinderrechte, der den Staatenbericht, den die Bundesregierung alle fünf Jahre an den UN-Ausschuss für Kinderrechte in Genf richtet, flankiert (vgl. Maywald 2016, S. 21f.). Um die Ansprüche der UN-Kinderrechtskonvention zu erfüllen, wurden im Nationalen Aktionsplan „Für ein kindgerechtes Deutschland 2005-2010“ (NAP) (BMFSFJ 2006) sechs Handlungsfelder formuliert, wobei vier von zentraler Bedeutung für Kindertageseinrichtungen sind: die „Chancengerechtigkeit durch Bildung“, das „Aufwachsen ohne Gewalt“, die „Förderung eines gesunden Lebens und gesunder Umweltbedingungen“, die „Beteiligung von Kindern und Jugendlichen“. Diese stellen Qualitätsstandards und Qualitätsanforderungen in Kindertageseinrichtungen dar, die im unterschiedlichen Maße von Konzepten aufgegriffen und in der Praxis umgesetzt wurden und werden. Stets sind Kinderrechte unter anderem mit der Hoffnung verknüpft, die Chancengerechtigkeit in Deutschland zu befördern und die Bildungschancen aller Kinder, unabhängig von der sozialen Herkunft, zu stärken. Mit dem Artikel 28 ist das Recht auf Bildung für alle Kinder festgeschrieben. Es soll durch einen „diskriminierungsfreien Zugang und die Verfügbarkeit von Bildung für alle Kinder“ (National Coalition Deutschland 2019, S. 54) sichergestellt werden. Das verbindet den Ansatz mit einer inklusiven Idee, der von Prengel (2016) betont wird und wonach Chancengerechtigkeit nur gefördert werden kann, wenn (Bildungs-)Teilhabe und Partizipation aller gesichert ist.

Um Kinder zu befähigen, von ihren Rechten Gebrauch zu machen, ist die Durchsetzung und Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention darauf angewiesen, dass sie allgemein bekannt ist. Das heißt, dass in allen Bildungsinstitutionen für Kinder (0–18 Jahre) müssen die Rechte der Kinder einerseits bekannt gemacht und andererseits auch umgesetzt werden. Dies ist aus unterschiedlichen Gründen anspruchsvoll, stellt aber vor allem das „generationale Verhältnis“ von Erwachsenen und Kindern in Hinblick auf Macht infrage. Das Deutsche Kinderhilfswerk (2018) greift in seinem jährlichen Kinderreport kinderrechtliche Fragestellungen auf, u.a. die Bekanntheit der UN-Kinderechtskonvention. Die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage zeigen, dabei deutlich, dass die UN-Kinderrechtskonvention bislang nur wenig bekannt ist und dass die Bekanntheit tendenziell im Zeitvergleich abnimmt (vgl. Deutsches Kinderhilfswerk e.V. 2018). Hieraus ergibt sich ein klarer Auftrag an Bildungspolitik und Bildungsinstitutionen.

2.Die UN-Kinderrechtskonvention und die Bildungsprogramme der Bundesländer


Die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte von Kindern (vgl. Maywald 2016, S. 11ff.) sollen bzw. müssen sich in gesetzlichen Bestimmungen und konzeptionellen Überlegungen zum Elementarbereich widerspiegeln. Die mit dem PISA-Schock 2001 eröffneten fachwissenschaftlichen und bildungspolitischen Diskurse für den Elementarbereich wurden unter anderem in den Bildungsprogrammen der Bundesländer konkretisiert, die nach Neuß (2014) als „teilstandardisierte Orientierungen“ (ebd., S. 32) für die Professionalisierung der pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen gefasst werden können. Trotz der Diversität der Begrifflichkeiten als Bildungsplan, Bildungsprogramm oder Bildungsempfehlungen stellt der Beschluss der Kultus- und Jugendministerkonferenz (KMK 2004) ein „Gemeinsamer Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“ die Grundlage für die Entwicklung aller Bildungsprogramme (vgl. Röhner 2014, S. 601) dar. So implizieren die Bildungsprogramme nach Koch und Nebe (2013) Qualitätsstandards und damit „verbindliche bildungspolitische Steuerungsmomente“ (ebd.), wenngleich dieses heterogen diskutiert werden kann (vgl. Diskowski 2008). Sie (2013, S. 111) verweisen hier insbesondere auf den „strukturellen Ausbau der Kindertagesbetreuung“ (ebd.), die Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte, wie auch die „weitreichende[n] Veränderungen konzeptioneller und programmatischer Art“ (ebd.) im Elementarbereich. In diesem Sinne wird in den meisten Bildungsprogrammen auf die UN-Kinderrechtskonvention und damit einhergehend auf Partizipation als wesentliches Moment verwiesen. Ausgehend von den Kinderrechten und/oder dem (Humboldtschen) Bildungsbegriff erfolgt in den Bildungsprogrammen die Darstellung des Kindes als Subjekt und Akteur, das sich aktiv die Welt erschließt, aneignet und damit das Recht des Kindes auf Bildung spiegelt. Bildung wird in diesem Kontext in der Regel als Selbstbildung, aber auch als Ko-Konstruktion begriffen. Die Aufgaben der pädagogischen Fachkraft sind als Anregungen und gemeinsame Deutungen formuliert. Winklhofer (2018) konstatiert, dass ausgehend von der UN-Kinderrechtskonvention im Elementarbereich unterschiedlichste Diskurse um den Begriff Partizipation geführt werden, ebenso wie zur Qualität pädagogischer Beziehungen (Prengel 2016), der Demokratieförderung (Hansen/Knauer/Sturzenhecker 2011) oder auch allgemein über Beteiligung in Bezug auf Bildung. Studien zur Partizipation von Kindern im Sinne der UN-Kinderechtskonvention zeigen die Notwendigkeit der Begriffsklärung und der Klärung des Rollenverständnisses der pädagogischen Fachkräfte auf. Denn auch die Bildungsprogramme spiegeln Spannungsverhältnisse wider, die mit den Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechten in der UN-Kinderechtskonvention angelegt sind. So ist beispielsweise der Status der Kinder als Akteure und Subjekte in den Bildungsprogrammen widersprüchlich formuliert, wie Betz und Eunicke (2017) analysieren konnten.

Wenn Bildungsprogramme auf die Professionalisierung und Professionalität der pädagogischen Fachkräfte, die Gestaltung des pädagogischen Settings und die Interaktion und Kommunikation zwischen Kindern und...

Erscheint lt. Verlag 10.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
ISBN-10 3-7799-8278-1 / 3779982781
ISBN-13 978-3-7799-8278-4 / 9783779982784
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 757 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Was Eltern und Pädagogen wissen müssen

von Christiane Arens-Wiebel

eBook Download (2023)
Kohlhammer Verlag
30,99
Was Eltern und Pädagogen wissen müssen

von Christiane Arens-Wiebel

eBook Download (2023)
Kohlhammer Verlag
30,99