Digital Unplugged (eBook)
240 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2504-0 (ISBN)
Philipp Westermeyer, geboren 1979, ist Gründer von OMR (Online Marketing Rockstars) in Hamburg. Der gebürtige Essener studierte Betriebswirt-schaft und Medienmanagement und war anschließend als Vorstandsassistent bei der Bertelsmann AG tätig. Er wechselte dann die Seiten und wurde selbst Unternehmer: Zunächst gründete er eine Online-Marketingagentur und verkaufte sie an Gruner + Jahr, später eine Werbetechnologiefirma und verkaufte diese an Zalando. Währenddessen begann er eher nebenbei, OMR als Konferenz- und Seminarreihe aufzubauen - und macht seit 2015 nichts anderes.
Philipp Westermeyer, geboren 1979, ist Gründer von OMR (Online Marketing Rockstars) in Hamburg. Der gebürtige Essener studierte Betriebswirt-schaft und Medienmanagement und war anschließend als Vorstandsassistent bei der Bertelsmann AG tätig. Er wechselte dann die Seiten und wurde selbst Unternehmer: Zunächst gründete er eine Online-Marketingagentur und verkaufte sie an Gruner + Jahr, später eine Werbetechnologiefirma und verkaufte diese an Zalando. Währenddessen begann er eher nebenbei, OMR als Konferenz- und Seminarreihe aufzubauen – und macht seit 2015 nichts anderes.
1.
Wahre Ware
Sixt ist heute zum Beispiel nicht mehr der Autoverleiher, der uns früher in einem Industriegebiet in einer kleinen Hütte oder am Flughafen an einem beliebigen Schalter einmal im Jahr ein Auto vermietete – und den wir sonst nicht zu sehen bekamen. Weil wir es auch nicht wollten: Der Weg dorthin war schon nervig genug, hinzu kamen der Papierkram inklusive dem sich ewig wiederholenden Vorzeigen des Führerscheins und die Abgabe der Autos an festgelegten und meist suboptimalen Orten. Jedes Mal. Deshalb reichte es einmal jährlich. Nun aber sieht die Sache anders aus, nämlich digital.
Für viele von uns in den Großstädten funktioniert aktuell die persönliche und unternehmensbezogene Mobilität ziemlich gut, besonders bei kürzeren Strecken oder »Umwegen« und auch (oder vor allem), wenn kein eigenes Auto zur Verfügung steht. Wir nutzen Car-Sharing, Mietwagen, Taxen, Uber, Roller oder E-Scooter, um zu unserem Ziel zu gelangen. Das könnte nach vielen Apps, Anrufen, Datenweitergaben und Wartezeiten klingen. Tut es aber nicht – nicht für Sixt-Kunden. Mit der Sixt-App kriegen sie alles in einem und müssen weder ihre Daten immer und immer wieder eintippen noch in jeder Stadt (oder gar in vielen Ländern) neue Anbieter suchen. Das Geschäftsmodell geht für beide Seiten auf – dank des smarten Berührungspunkts App. Früher gingen wir zu diesem seltsamen Sixt-Häuschen, jetzt gehen wir aus dem eigenen Büro, nehmen das nächste freie Sixt-Auto in der Nähe, fahren heim – und am nächsten Morgen für drei Tage in den Kurzurlaub. Mit demselben Wagen, selbst international. Und da dort gegebenenfalls Roller angebrachter sind, mietet man sich kurz einen und fährt dann mit dem Taxi wieder zum Hotel. Richtig, Sixt hat keine eigenen Roller oder Taxen – bietet aber den Service, die Anbieter über die App zu kontaktieren, zu nutzen, zu zahlen. Wer zunächst an Zusatzkosten denkt, irrt. Doch nur weil diese Angebote nicht direkt Geld in die Kassen bringen, sind sie für Sixt noch lange nicht wertlos.
Wer sich gerade fragt: Moment mal, das sind doch weniger Berührungspunkte als zuvor? Jetzt gehen wir noch nicht mal mehr in dieses seltsame Häuschen, sondern klicken uns digital durch, und das war’s – ist das besser? Ja, das ist es. Denn es zählt die Dosierung von Berührungspunkten, doch ebenso ihre Qualität. Ohne Convenience keine Kundenzufriedenheit – oder: Bequem schlägt live. Alles muss möglichst einfach funktionieren, ohne Umwege, ohne Zusatzaufwand. Das ist fast gleichbedeutend mit: klick! Etwas, was Sixt verstanden hat.
Ich selbst zähle zu den intensiveren Nutzern dieser App: Mehrmals die Woche miete ich ein Auto oder buche einen Roller. Wer die Preise der Mietwagen für kurze Fahren kennt, wird den Gewinn dafür zunächst anzweifeln. Und doch: Es ist eine clevere Taktik. Denn zum einen leihe nicht nur ich auch regelmäßig für vier oder mehr Tage ein Auto und mache mich spätestens dann einträglich. Zum anderen bleibe ich Sixt als Kunde treu ohne dauerhafte Kosten.
Nachhaltig halten
Dadurch ändert Sixt sein Bild in den Köpfen der Kunden und rückt sich weiter in den Vordergrund. Das Unternehmen erkannte seine potenziellen Disruptoren, die fehlenden Zugänge zu Kunden, die steigenden und neuen Wünsche nach Service – und fand dafür eine Lösung in Form einer App. Diese fungiert nun als Schwungrad, im Marketing-Sprech »Flywheel« genannt. Dieses Flywheel basiert auf der heute unumgänglichen Businessformel, dass es wirtschaftlich smart, ach, unabkömmlich ist, seine bereits gewonnenen Kunden nach dem Kauf nicht mehr zu verlieren – denn so muss man sie nicht jedes Mal aufs Neue teuer überzeugen und gewinnen. Amazon kann sehr gut als Blaupause für dieses Prinzip herhalten: Kunden in der Amazon-Welt verlassen diese praktisch nicht mehr. Das müssen sie auch nicht, denn dort erhalten sie gefühlt alles, was man sich als Kunde nur wünschen kann. Sixt ist dieser Devise gefolgt und wurde zum kleinen Mobilitäts-Amazon für seine Kunden. Diese gehen da einfach nicht mehr weg, nachhaltig – und das ist das Wichtige.
Es lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass diese Entwicklung eine Revolution darstellt. Die Convenience ist groß, alles ist bequem, durchdacht, easy. Einmal registriert, erlaubt die App Zugang zu einer gelungenen Fortbewegung, ohne dass ständig Papiere gezückt, ausgefüllt, kontrolliert werden müssen. Das ist Digitalisierung par excellence, und das können wir auch verlangen. Sixt hat sich die relevanten Gedanken über unsere und seine Herausforderungen gemacht – und sie gut gelöst. Raus aus dem starren System mit starren Wegen, Regeln und Produkten. Jetzt darf es auch mal der Roller sein, denn dass Sixt über seine eigenen Produktkapazitäten hinausgeht, folgt der Devise: Kunden wollen Flexibilität. Die hätten sie sich ansonsten anderweitig geholt, dafür doch eine weitere App, weitere kleine Umwege in Kauf genommen. Aber so? Bleibt die Sixt-App der entscheidende Berührungspunkt.
Fans mit Flügeln
Es ist also sicher eine gute Idee, seine Kunden so intensiv an sich zu binden, dass sie nicht nur deine Bücher kaufen oder deine Autos mieten, sondern für viele andere Dinge und Bedürfnisse ebenfalls wie selbstverständlich zu dir kommen. Wenn das Angebot stimmt. Bei Amazon ist eine thematische Ausrichtung kaum mehr erkennbar – das gesamte Leben ist halt im Angebot –, bei Sixt hingegen schon: Alles dreht sich um die motorisierte Fortbewegung.
Bei Red Bull wiederum ist es nicht Durst – wie bei einem Getränkehersteller durchaus erwartbar wäre –, sondern ein bestimmter Lifestyle, den das Unternehmen indirekt und subtil nutzt, um eine spezielle Zielgruppe zu vereinen. Der Energydrink-Hersteller hat bewusst, strategisch und mit hohem Invest ein Content-Universum für aktive, sportliche und waghalsige Globetrotter geschaffen. Weniger klassische Werbung, stattdessen atemberaubende Extremsport-Events, ein Fernsehsender, Kleidung und weitere Produkte und Accessoires. Felix Baumgartner brach mit seinem Sprung aus fast 40 Kilometer Höhe nicht nur aeronautische Rekorde, er sorgte zudem weltweit für Aufmerksamkeit, nicht nur für den Sprung, sondern auch für Red Bull. Es gab viele weitere Aktionen mit gefühlter Lebensgefahrgarantie wie Klippenspringen, Basejumps, Mountainbike-Rennen im Steinbruch, Eishockeyturniere auf der Zugspitze, Parcourssprints am Flughafen und, und, und. Für etwas mehr Mitmach-Feeling lässt Red Bull seine sportlichen Fans Skisprungschanzen hochlaufen oder mit selbst gebauten Bobschlitten Berge runterrasen, grundsätzlich ist jeder abenteuerliche Wettkampf im Wasser, in der Luft und am Boden ein Red-Bull-Kandidat. Dazu gehören der Firma Sportvereine mit Tausenden von echten Fans auf höchstem Niveau oder ein Formel-1-Team. Red Bull macht kein Sponsoring – es besitzt die Werbeträger.
Das meinte ich mit Universum: Die Zielgruppe lebt sozusagen dort, hat regelmäßig und dauernd Kontakt und assoziiert mit Red Bull schon lange nicht mehr nur einen Drink im Supermarkt. Sollte die Marke neue Produkte oder Services launchen, kann sie mit einem verdammt guten Einstieg rechnen. Denn sie hat bereits einen Fuß in der Tür. Oder vielmehr einen festen Platz im Alltag der Community. Weil ihre Berührungspunkte nicht nur durch den Magen gehen.
Wer im Geschäft bleiben will, sollte sich also mit den veränderten Kundenbeziehungen auseinandersetzen, denn diese Veränderungen sind grundlegend. Selbst der Begriff Kunde wirkt veraltet und schon beinahe diskreditierend, zumindest aber kalt. Emotion sells, also heißen die passenderen Stichwörter Fans und Community, Experience und Convenience. Und Nähe. Gerade große Konzerne haben früher Kontakt via TV-Werbung und Print-Anzeigen für ausreichend gehalten. Das war es damals auch. Heute benötigt man nicht nur mehr als unidirektionale Ansprachen, sondern auch mehr als zahlende Kunden – denn die kaufen ein Produkt einmal und rangieren sich dann selbst aus. Zurück zum Start.
Es reicht nicht mehr, jedes Mal bei null zu beginnen, denn andere binden diese Kunden, machen aus ihnen eben jene Fans und eine Community – und nehmen sie aus dem Pool potenzieller Neukunden. Sind zum Beispiel Sixt-User zufrieden, wird es um ein Vielfaches schwieriger, sie für eine andere Taxi-, Carsharing- oder Roller-App zu gewinnen. Für Sixt hingegen wird es um ein Vielfaches einfacher, sie zu kontaktieren, zum nächsten Kauf zu animieren und als Weiterempfehler zu gewinnen. Wie dieses Spiel zu spielen ist, lässt sich anschaulicher kaum zeigen als mit Knossi.
König der Berührungspunkte
Knossi? Ja, er hat mehrere Millionen Fans und Follower über die verschiedensten Plattformen hinweg und so viele Berührungspunkte mit seiner Zielgruppe wie kaum jemand anderes. Begonnen hat Jens Heinz Richard Knossalla seine Karriere 2008 mit der Einsicht, dass er nicht hinter einen Schreibtisch, sondern ins Rampenlicht gehört. Also ab in die Medienwelt. Spiel- und Reality-Shows hier, Pokermoderationen dort, mal Gute Zeiten, schlechte Zeiten, mal Richterin Barbara Salesch, Reisen mit Boris Becker zu...
Erscheint lt. Verlag | 30.8.2021 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Bewerbung / Karriere |
Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft | |
Geisteswissenschaften ► Psychologie ► Arbeits- und Organisationspsychologie | |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management | |
Schlagworte | Bestseller • Biographie • digitalbusiness • Disruption • Existenzgründung • influencer marketing • internet business • Marketing • OMR • Online Business • Online Marketing • Online-Marketing • Unternehmensgründung • Verhaltensökonomie • Wirtschaft |
ISBN-10 | 3-8437-2504-7 / 3843725047 |
ISBN-13 | 978-3-8437-2504-0 / 9783843725040 |
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