The Standards II -

The Standards II (eBook)

Filme aus der Freiheitsperspektive betrachtet

Michael von Prollius (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
124 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7412-3235-0 (ISBN)
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The Standards werden vor allem mit Musik assoziiert. In diesem Band sind The Standards wegweisende Kinofilme, die von einer Gruppe vielfach junger Autoren aus der Freiheitsperspektive betrachtet werden. Die cineastische Bandbreite reicht u.a. von Alamo, dem Westernklassiker von John Wayne, über Braveheart von Mel Gibson bis Star Wars und Tribute von Panem. In die Auswahl geschafft haben es Filme, die einer Freiheitsperspektive standhalten, unterhalten und inspirieren. Sie bieten Alltagsweisheiten und Lehren. Sie entführen uns in eine andere Welt und weisen auf unser Leben hier, heute und morgen zurück. Eine vieler Botschaften lautet: 'Ein Volk sollte keine Angst vor seiner Regierung haben, eine Regierung sollte Angst vor ihrem Volk haben.' The Standards II informieren und inspirieren - wie schon der erste Band über wegweisende ökonomische Aufsätze. Die Grundmelodie bleibt unüberhörbar die der Freiheit; indes sind die Bilder von Freiheit und Knechtschaft dieses Mal weitaus ergreifender.

Der Mann, der Liberty Valance erschoss


John Ford


gesehen von Stefan Blankertz

Filmthema

Western: Dialektik der Aufklärung bei der Einführung von kodifiziertem (staatlichem) Recht, um eine wilde Stadt zu zivilisieren.

Bedeutung

Der Konservative Filmautor John Ford erzählt in seinem Politischen Western „The Man Who Shot Liberty Valance“ von der gesellschaftlichen Selbstfesselung. Schauplatz ist die fiktive Stadt Shinbone.

Regisseur und Darsteller

Erscheinungsjahr: 1962

Regie: John Ford

Darsteller Filmfiguren
James Stewart Ransom Stoddard
John Wayne Tom Doniphon
Lee Marvin Liberty Valance
Vera Miles Hallie Stoddard
Edmond O’Brien Dutton Peabody

Interpretation

Die Utopie der Ordnung vernichtet die Lebendigkeit

Der Plot

In Shinbone kümmert sich jeder um seinen eigenen Kram. Man macht eigene Gesetze und setzt sie durch. Das Gesetz der Öffentlichkeit repräsentiert der ständig betrunkene und nie zuständige Sheriff. Die Gegend um die Stadt kontrolliert der Bandit Liberty Valance, gespielt von Lee Marvin. Die Stadt beschützt der „gute“ Revolvermann Tom Doniphon, gespielt von John Wayne. Der Gegensatz zwischen Liberty Valance und Tom Doniphon ist allerdings nur aus dem Blickwinkel von Shinbone – den uns Ford einnehmen lässt – einer zwischen „Gut“ und „Böse“. In Wirklichkeit ist es ein politischer Interessenkonflikt zwischen Stadt und Land, wie die Parlamentssitzung gegen Ende des Films deutlich macht. Wir können von dieser Szene her vermuten (obwohl wir es nie sehen), dass Liberty Valance für die Landbevölkerung nicht weniger Identifikationsfigur war als Tom Doniphon für die Städter von Shinbone. Jedenfalls hat sich gewohnheitsrechtlich ein Kräftegleichgewicht herausgebildet, mit dem alle zu leben vermögen.

Dieses Kräftegleichgewicht zwischen Tom Doniphon und Liberty Valance wird gestört, als Ransom Stoddard (James Stewart), Anwalt der Rechte, nach Shinbone kommt. Auf dem Weg in die Stadt überfällt ihn Liberty Valance. Jener beschließt daraufhin, den Banditen mit rechtlichen Mitteln zur Strecke zu bringen. Zuerst macht er bei dem Versuch, Liberty Valance als Anwalt beizukommen, eine ziemlich lächerliche Figur. Liberty Valance lässt sich aber durch den Anwalt provozieren; aus der Reserve gelockt, beginnt er, die Stadt zu tyrannisieren. Tom Doniphon hilft daraufhin dem Anwalt Stoddard: teils aus Spott, um seine eigene Überlegenheit und die Lächerlichkeit von Stoddards Formalismus zu beweisen, teils aus Mitleid und teils, weil er (bzw. seine Freundin Hallie, gespielt von Vera Miles) die Maßnahmen des Anwalts für richtig hält. Stoddard wäre zweifellos ohne die Hilfe Toms zugrunde gegangen.

Schließlich muss Stoddard sich, ganz gegen seine Prinzipien, einem Kampf mit der Waffe gegen Liberty Valance stellen und zur Selbstjustiz greifen. Als Mann, der Liberty Valance erschoss, wird Stoddard populär. Darauf baut sich eine steile politische Karriere für ihn auf. Allerdings erfährt er (und nur er) von Tom Doniphon, dass in Wirklichkeit nicht Stoddard, sondern Tom Doniphon den Banditen erschossen hat, nämlich aus dem Hinterhalt. Später gesteht Stoddard – inzwischen ein hochangesehener Senator und bloß zur Beerdigung von Tom in Shinbone zu Besuch – einem Journalisten die Wahrheit über „den Mann, der Liberty Valance erschoss“. Der Journalist beschließt, die wahre Story nicht zu drucken. Begründung: „Wenn die Legende zur Wahrheit geworden ist, drucken wir die Legende.“ Zwar hat Tom Doniphon den Banditen erschossen und sich gleichzeitig die eigene Lebensgrundlage entzogen; er hat aber auch Raum geschaffen für die Gesetzlichkeit von Ransom Stoddard. Verarmt und vergessen stirbt Tom.

Totentänze der offenen Gesellschaft

Die Selbstvernichtung von Tom im Interesse gesellschaftlicher Gerechtigkeit drückt sich darin aus, dass die Frau, die er heiraten wollte, Hallie, nun Frau Stoddard wird. Hallie hatte Ransom schon vorher bei seiner „zivilisierenden“ Tätigkeit geholfen, hatte Lesen und Schreiben gelernt und eine Schule organisiert, in der Ransom unterrichtete. An Hallie vollstrecke sich die Repression, die die Prinzipien von Ransom mit sich bringen: „Ransoms Einfluss ‚zähmt’ sie, macht sie zur respektablen und wohlerzogenen Person, nimmt ihr aber Feuer, Freiheit und Passion.“3

Als Senator Ransom Stoddard und seine Frau Hallie nach Shinbone kommen (damit beginnt der Film), um Tom Doniphon das letzte Geleit zu geben, erkennen sie die Stadt nicht wieder. Hallie hatte nie aufgehört, Tom und die Stadt am Rande der Wildnis zu lieben. Nun verfügt die zivilisierte Stadt über eine Eisenbahnlinie, eine Schule, eine freie Presse (der Legende mehr verpflichtet als der Wahrheit) und ein starkes Gesetz. Doch es ist keine richtige Heimat mehr. Die Freudentänze, mit denen die Bewohner von Shinbone (und wir Zuschauer mit ihnen) den Tod von Liberty Valance gefeiert hatten, waren auch die Totentänze der offenen Gesellschaft. Sie markierten den Beginn der von Paul Goodman kritisierten „organisierten Gesellschaft“.

Triumph der Sklavenmoral

In „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“ beleuchtet John Ford widersprüchliche Interessen von Individuum, Gemeinschaft und Gesellschaft aus dem Blickwinkel der Gemeinschaft, die um ihre Existenz ringt in einer Gesellschaft, deren Dynamik gegen sie gerichtet ist: Shinbone handelt sich beim Kampf gegen die unmittelbare Tyrannei durch den Banditen Liberty Valance im Tausch die organisierte indirekte Tyrannei des Gesetzesstaates ein. Und aus dem Blickwinkel des Individuums, das um Heim, Glück und Gewissen in einer Gemeinschaft ringt, deren Dynamik auf Nivellierung von Individualität gerichtet ist: Im wilden Shinbone ist das Gesetz, was die Macht des Revolvers hinter sich hat, und das ist Meinung aller, was die Nachbarn sagen.

Ford fragt nach den existentiellen Bedingungen im Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft: Der Einzelne opfert ein wenig von seiner Individualität, um eine Gemeinschaft hervorzubringen. Tritt dem Einzelnen jedoch die größere Struktur als Fremdes gegenüber, fühlt er nicht genug von sich in ihr aufgehoben. Im Gegenzug wird er ängstlich konformistisch (wie in Shinbone die meisten Bewohner) oder, wenn er zu widerstehen versucht, asozial (wie der Bandit Liberty Valance und der Revolvermann Tom Doniphon).

Und all jene, die eine solche Struktur aufbauen oder aufrechterhalten, kolonialisieren sich selber: In Shinbone ist das zuerst Tom Doniphon. Er strukturiert, wenn auch willkürlich, das Leben in der Stadt nach gutmütigen Gesichtspunkten. Dann macht es Ransom Stoddard. Er strukturiert die Stadt nach gesetzlichen, jedoch nicht mehr gutmütigen, sondern vielmehr emotionsentleerten Gesichtspunkten. Die menschlichen Werte der schöpferischen Menschen werden durch die eigenen Handlungen zerstört: Tom will Shinbone in seiner ursprünglichen Wildheit erhalten, aber verbündet sich mit dem blutlosen Gesetz, weil er die Ungerechtigkeit hasst. Aber auch Stoddard will nicht das bunte Leben von Shinbone zerstören, das er meint, für sich in der Ehe mit Hallie erhalten zu können. Er irrt sich.

Dialektik der Aufklärung: Das Ende der Utopie

Ford lässt die Seite des wilden Individuums ebenso wie die der disziplinierenden Gesellschaft „zu Bild“ kommen. Damit formuliert er die Aufforderung, ein besseres Verhältnis zwischen Gesellschaft und Individuum zu schaffen. Das ist nicht unproblematisch: Die Tendenz der Gesellschaft ist es, Frieden, Harmonie und Stabilität durch Ordnung zu sichern. Dazu benutzt sie Moral, Ritual und Religion: Tradition. Die gesellschaftliche Tendenz zu Ordnung ist nützlich und notwendig, um gemeinsames Leben möglich und wert zu halten. Sie entspricht und entspringt einem Willen des Einzelnen, seinem Willen zur Sicherheit. Die gesellschaftliche Tendenz wird mit der zunehmenden Etablierung einer bestimmten Ordnung für die Menschen unbewusst. Sie erkennen die Ordnung an, ohne sie weiter daraufhin zu befragen, ob sie ihren ursprünglichen Sinn auch noch erfüllt. Die Ordnung verselbständigt sich, die Moral wird introjiziert. Der gesellschaftlichen Ordnung stehen individuelle Werte entgegen wie Originalität (gegen Traditionswissen), Leidenschaftlichkeit (gegen eingespielte Verhältnisse), Geltungsdrang (gegen geordnete Hierarchie), Eigensinn (gegen Immer-schon-dagewesenes) und Vernunft (gegen Glauben). Diese Werte sind Motive für das Tätigwerden der Menschen, mithin für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft unabdingbar nützlich und notwendig. Die Tendenz der Gesellschaft zur Ordnung und die antisozialen Werte der Individuen stehen dadurch in einer Auseinandersetzung, die nicht durch die Einrichtung einer „idealen“ Gesellschaft gelöst werden kann. Die Auseinandersetzung muss fortgeführt werden.

Anders als Brecht sieht John Ford eher wie Goodman die Lösung nicht in einer „idealen“...

Erscheint lt. Verlag 2.3.2016
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-7412-3235-1 / 3741232351
ISBN-13 978-3-7412-3235-0 / 9783741232350
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