Geister, die ich gesehen habe (eBook)

I. "Seidenkleid" und "Rumpus"

Von den schrecklichen Bedingungen der Gegenwart habe ich mich in die Vergangenheit zurückgezogen, um ein wenig Freude und eine große Erlösung zu finden.

In der Gegenwart lebt man nicht mehr von Tag zu Tag, sondern von Stunde zu Stunde, und selbst eine flüchtige Erinnerung an die Freuden, die es nicht mehr gibt, erfrischt die Seele, die erschöpft und ohnmächtig ist von einer blassen Angst, die das ganze Wesen in einen Taumel der Traurigkeit hüllt.

Heute hörte ich Musik, die ich in der glücklichen, sorglosen Vorzeit gekannt und geliebt hatte, und während ich in einem Traum halb vergessener Glückseligkeit versunken war, roch ich den Duft der Mimosenblüte. Ich kann die Gefühle der Freude, die mein ganzes Wesen durchströmten, nicht beschreiben. Eine unwillkürliche Bewegung des Geistes, ein Auftauchen in eine Traumwelt, die von den Griechen als "Ekstase" beschrieben wurde. Die Musik stellte die unsichtbare Verbindung her, und ich befand mich wieder auf einem Hügel, auf dem die Mimosen in Hülle und Fülle wachsen. Heute denkt man bei Frankreich nur an eine hässliche Schlachtebene, aber die Erinnerung, der wahre Spender der Zeit, ist nicht an Jahre gebunden. Sie bewahrt in leuchtenden Farben die idealen Momente, die die ganzen Freuden des Lebens in einem göttlichen Bündel der Erinnerung zusammenfassen.

Wir brauchen das Gedächtnis nicht nur für seinen großen Nutzen, sondern auch für seine Freuden. Sie zerreißt den grauen Schleier, der die gegenwärtige Existenz verhüllt, und zeigt uns das Leben als das, was es wirklich ist. Eine Phantasmagorie der Wunder, eingehüllt in Geheimnisse.

Die Zeit der Wunder ist nicht vorbei und wird auch nie vorbei sein, aber wenn du Wunder willst, musst du die Kraft haben, sie zu sehen.

Ich habe in diesem Buch von den Wundern geschrieben, die ich gesehen habe. Einige davon kann jeder sehen, andere sind der Freude einiger weniger vorbehalten.

Ich habe von seltsamen Besuchern aus anderen Welten geschrieben und von jener lebendigen Erleuchtung, die in manchen Momenten die verborgenen Quellen des Lebens freilegt, wenn der Geist über die Grenzen des menschlichen Denkens und der vertrauten Dinge, über den Horizont des Lebens hinauswächst und eine Sphäre jenseits der Unsterblichkeit berührt. Es ist eine Kondition, mit der das Grab nichts zu tun hat, ein Schauen jenseits der Grenzen der Seele.

Ich habe über das geistige Leben geschrieben, denn ohne dieses geistige Leben wäre ein Palast nicht größer als ein Grab. Die Weite der geistigen Welt entzieht sich jeder Beschreibung. Sie kann ihre eigenen Wege wählen, und jeder dieser langen, langen Straßen führt zu den großen Geheimnissen.

Es ist inzwischen fast allgemein anerkannt, dass bestimmte Menschen zu bestimmten Zeiten übersinnliche Erfahrungen machen, die sich mit keiner bekannten Wissenschaft erklären lassen. Im Allgemeinen handelt es sich dabei um Erfahrungen, die auf die Kontinuität des menschlichen Bewusstseins mit einer größeren spirituellen Umgebung hinweisen, von der der normale Mensch abgeschnitten ist.

Ein paar solcher Erfahrungen, die ich gemacht habe, halte ich hier fest.

Ich hoffe, dass ich nie versucht habe, andere von der Wahrheit dieser Erfahrungen zu überzeugen. Wenn ich das getan habe, dann war es unbewusst. Ich bin der festen Überzeugung, dass solche Phänomene nur dann überzeugend sind, wenn man sie selbst erlebt hat. Solche Dinge sollten nicht aufgrund von Hörensagen angenommen werden. Es ist einfach töricht, wenn eine Frau versucht, einer anderen die Existenz der menschlichen Seele zu beweisen. A kann B höchstens so viel von ihren eigenen Erfahrungen mitteilen, wie beide gemeinsam erlebt haben.

Ich habe meinem eigenen Bewusstsein schlüssig bewiesen, dass ich mit einem größeren Bewusstsein verbunden bin, aus dem manchmal solche Erfahrungen einfließen.

Ich weiß, dass meine Seele mit einer größeren Seele in Kontakt steht, die in manchen Momenten mit mir in Verbindung tritt und eine Weite eröffnet, die sich nicht in Worte fassen lässt und die Raum und Zeit auslöscht.

Ich habe meine Vision gehabt und ich weiß es. Deshalb bin ich völlig unbeeindruckt von Kritik oder Spott.

Ich glaube, dass das, was mir widerfahren ist, allen widerfahren wird, und es gibt keinen Grund, den Prozess zu überstürzen. Wir sind nur ein winziger Teil eines Ganzen, das weder Anfang noch Ende hat. Wir leben in einem zeitlich und räumlich unendlichen Universum, das in irgendeiner Form schon immer existiert hat und in irgendeiner Form ewig weiterbestehen wird. Die Entdeckung des Gesetzes von der Unzerstörbarkeit der Materie hat dies zweifelsfrei bewiesen.

Irgendwann wird sich unser Universum in neue Systeme auflösen, denn das Leben eines Sonnensystems dauert nur eine Sekunde in der Ewigkeit, aber das muss uns noch keine Sorgen machen. Der Mensch hat noch viel Zeit, seine Seele zu verwirklichen, und alle werden dies zweifellos irgendwann in ihren vielen Erdenleben tun.

Die klassische Vorstellung ist, dass das Goldene Zeitalter in der Vergangenheit liegt, aber die stoische Lehre von den wiederkehrenden Zyklen in den Zeitaltern der Welt scheint darauf hinzudeuten, dass das Goldene Zeitalter wiederkehren kann.

Es gibt Menschen, die sich heute fragen: "Ist das das Ende der Welt?"

Wahrscheinlich ist es eher das Ende eines Zeitalters. Die Ernte könnte reif sein, um die Sichel einzustechen. Die Gegensätze zwischen Gut und Böse sind vielleicht am stärksten ausgeprägt. Es könnte die Stunde der Ewigkeit sein, in der die kleinen Ameisenhaufen, die wir große Nationen nennen, völlig neu geordnet werden.

Wir wissen, dass der Aufstieg und Fall von Nationen eine historische Tatsache ist, die offenbar auf einem unveränderlichen Gesetz beruht. Dieses wiederkehrende Phänomen kann nicht erklärt werden, obwohl es Theorien gibt. Möglicherweise liegt der wahre Grund darin, dass man der Aufforderung "Steige auf eine höhere geistige Ebene auf oder gehe unter" nicht nachkommt. Es kann sein, dass das Recht auf Fortbestand von der Antwort auf diese Herausforderung abhängt.

Was führte zum Niedergang jener mächtigen Zivilisationen, deren Monumente der Antike unseren Stolz zu verhöhnen scheinen? Welche heimtückische Krankheit verursachte den Fall Roms? Die Schönheit und Inspiration Griechenlands wurde durch einen raschen Verfall aufgehalten, und die riesigen Tempel und Pyramiden Ägyptens und die Hügel von Mesopotamien zeugen von einer Größe, die unsere weit übertrifft.

In der Frühzeit der Welt, bevor sich die Nebel lichteten, können wir den Aufstieg und Fall einer Reihe mächtiger Reiche verfolgen. Aus ihren heutigen Gräbern der tragischen Stille erheben sich Gestalten, kolossale Skulpturen, mit Gesichtern und Formen von gebieterischer Macht. Die Assyrer, eine mächtige Spezies, hinterließen ganze Bibliotheken von Aufzeichnungen, die auf unzerstörbare Seiten gemeißelt wurden. Die verlorenen Künste von vor dreitausend Jahren.

Noch früher erklang die Erde unter dem Donner von Xenophons Tausenden und den Wagen Persiens, die hinter ihnen herfuhren. Noch tiefer im Leichentuch der Antike tauchen die Pharaonen als mächtige Eroberer auf, und im Reich der Chaldäer können wir schwach die Bewegung einer prächtigen Zivilisation und die majestätischen Gestalten von Männern erkennen, die in mystischen und uns unbekannten Überlieferungen bewandert waren. In Italien wurden Denkmäler eines kultivierten Volkes, das Vorläufer der römischen Macht war, gefunden, Formen von vollkommener Anmut in zarten Vasen und Münzen aus Gold und Silber. Die alte etruskische Kunst wird auf die Bildhauerei der Assyrer zurückverfolgt. Die schneebedeckte Krone des antiken Griechenlands knospte und erblühte in den mächtigen Hallen der assyrischen Pracht, Hunderte von Jahren vor Christus. Keine Phantasiewelt könnte ein mächtigeres oder prächtigeres Heer hervorbringen.

Wenn wir von diesen stolzen und mächtigen Zivilisationen lesen, kommt uns das einfache Leben des Nazareners sehr nahe, aber es zeigt uns auch, wie schnell große Pracht von den Händen der Zeit überschmirgelt wird. Das Britische Museum beherbergt die AufZEICHNUNGEN von fünfundzwanzig Jahren. Während die Flammen, die von der Meute christlicher Mönche angezündet wurden, aus der großen Bibliothek von Alexandria zum Himmel stiegen, ragten die Tempelfronten der Pharaonen, die Pyramiden und die Sphinx aus der Feuersbrunst hervor. Die ohnmächtigen Fackeln der Fanatiker waren gegen solche unvergänglichen Aufzeichnungen machtlos. Was ist mit unseren Aufzeichnungen? Wird man sich an diese alten Zivilisationen erinnern, wenn der Ruhm der modernen Nationen völlig verschwunden ist? Welche hat die besten Chancen, in der Zukunft zu überdauern? Das Papier und die Pappe von heute oder die steinernen Monumente, denen die Monarchen vergangener Reiche die Geschichte ihrer unübertroffenen Größe anvertraut haben?

"Hättest du doch zu deiner Zeit gewusst, was deinem Frieden gehört! Aber jetzt sind sie vor deinen Augen...