Easy Money (eBook)
272 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99441-5 (ISBN)
Margarethe Honisch ist Gründerin, Anlegerin und Finanzkolumnistin. 2017 startete sie die erfolgreiche Finanzplattform Fortunalista, mit der sie Frauen dabei hilft, ihre finanziellen Ziele zu erreichen. In ihren Vorträgen, Kursen und Workshops hat sie bereits über Tausend Frauen dabei unterstützt, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen und ihrer finanziellen Unabhängigkeit ein Stück näher zu kommen.
Margarethe Honisch arbeitet für ein Medienunternehmen in München. Sie hatte selbst lange Berührungsängste mit Finanzthemen – bis ihr klar wurde, dass sie im Alter lieber unter Palmen verweilen möchte, als jeden Euro drei Mal umdrehen zu müssen. Also sog sie alles auf, was sie zu den Themen Kapitalanlage und Vermögensbildung finden konnte. Ihr Wissen teilt sie auf dem preisgekrönten Blog Fortunalista.
Generation Y – not have it all?
»Wahnsinn, ich versteh das alles. Es ist total easy. Warum sagt einem denn niemand, dass es so einfach ist?!«, schrie ich jubelnd meinen Freund an, während alle um uns herum entspannt am See lagen und die gerade noch herrschende Stille genossen. Am liebsten wäre ich direkt aufgesprungen, hätte meine Sachen zusammengepackt und mich in die S-Bahn zurück Richtung München gesetzt, um ein Aktiendepot zu eröffnen und einen ETF-Sparplan aufzusetzen. Ich war voller Tatendrang und freute mich auf goldene Zeiten! Bis zu diesem Tag hatte ich mir nicht viel aus Finanzen gemacht. Ich wusste, irgendwas sollte ich mit meinem Geld schon machen, und es immer nur für Schuhe, Restaurants und unnötigen Schnickschnack auszugeben war irgendwie auch nicht gut. Dass man auf dem Sparbuch keine Zinsen mehr bekam, das wusste ich schon. Mehr als Girokonto, Lebensversicherung und Bausparvertrag waren mir aber auch nicht bekannt. Das ganze BWL-, Banken- und Finanzzeug interessierte mich einfach nicht. Abgesehen davon war Mathe mein schlechtestes Schulfach gewesen – also brauchte ich mit so etwas ja wohl gar nicht erst anzufangen …
Trotzdem nagte das schlechte Gewissen an mir: »Du bist jetzt fast dreißig und hast null Rücklagen und kein Sparkonto.« Andere in meinem Alter hatten schon ein fertiges Haus, eine fertige Altersvorsorge und eine fertige Familie. Also war ich nun auf der Suche nach etwas, womit ich mein Geld sparen und idealerweise auch vermehren konnte. Aber wie sollte ich das anstellen? Einen Finanzberater wollte ich nicht aufsuchen. Das letzte Mal, als ich die heiligen Hallen meiner Bank betreten hatte und mich nach Anlagemöglichkeiten erkundigen wollte, wurden mir lauter Prospekte in die Hand gedrückt, die ich nicht verstand und die mir niemand erklärte. Mir war klar, dass der Typ mir einfach irgendetwas andrehen wollte, schließlich werden solche Berater nach Verkaufsprovision bezahlt – und nicht nach meinem eigenen finanziellen Erfolg. Ich wusste, es war Zeit, etwas zu unternehmen, und beschloss, meine Finanzen eben selbst in die Hand zu nehmen.
Zunächst wollte ich nur ein wenig Geld sparen, damit ich etwas auf der sogenannten hohen Kante hätte, falls mal ein Umzug anstand oder auch ein schöner Urlaub. Man darf sich ja auch mal etwas gönnen! Ich wusste an diesem Tag am Ammersee allerdings noch nicht, wie schlecht es tatsächlich um meine zukünftige Rente und meine Altersvorsorge bestellt war. Noch Wochen später war ich überzeugt davon, dass ich, wenn ich heute arbeite und einigermaßen okay verdiene, auch später abgesichert bin und genug haben werde – ein absoluter Irrglaube. Denn was ich heute in die Rentenversicherung einzahle, wird morgen an die siebzigjährige Frau Schnabel aus dem zweiten Stock ausgezahlt. Das nennt man Umlageverfahren, und das funktioniert, solange die Bevölkerung wächst – aber nicht, wie im Falle Deutschlands, wenn sie schrumpft und alt wird. Wenn wir in dreißig oder vierzig Jahren in Rente gehen, sind einfach zu wenige Arbeitnehmer da, um das Rentensystem aufrechterhalten zu können. Aber zum Glück wusste ich an diesem wunderschönen, heißen Augusttag noch nichts davon und konnte in Ruhe Pläne schmieden: Finanzpläne.
Am See hatte ich die Erleuchtung und konnte es noch gar nicht fassen, dass ich endlich verstanden hatte, wie das mit den Aktien und der Börse und dem Investieren funktioniert. Aus reiner Neugier hatte ich mir ein paar Finanzbücher in der Stadtbibliothek ausgeliehen und mit zum See genommen. Ich hatte wohl einen masochistischen Moment. Jedenfalls verstand ich nach ein paar Stunden, worum es ging, und checkte auf einmal, dass man Geld anlegen musste, da es sonst an Wert verliert und schrumpft wie unsere Bevölkerung. Hätte ich im Jahr 2009 für 1000 Euro Netflix-Aktien gekauft, hätte ich zehn Jahr später volle 82.290 Euro in meinem Depot gehabt. Stattdessen habe ich das Geld damals lieber für ein iPad und ein rotes Fahrrad ausgegeben. Schöne, nützliche Dinge, aber jetzt erst ging mir auf, dass Aktien gar nicht so riskant waren, wie uns Finanzberater oft vermitteln wollen, nur damit sie uns ihre eigenen teuren Produkte verkaufen können. Und dass man nicht reich sein musste, um Geld zu investieren, sondern schon mit einem kleinen monatlichen Betrag damit anfangen konnte. Ich fühlte mich ein wenig wie Neo in Matrix, nachdem er die rote Pille geschluckt hatte. Ich war finanzerleuchtet.
Die blaue Pille
Wir sind die Millennials, die Generation Y, die um die Jahrhundertwende Geborenen, diejenigen, die den Internetboom miterlebt haben und auch noch wissen, was eine Diskette ist. Wir sind die mit der unermüdlichen Forderung nach einer Work-Life-Balance und der tiefen Sehnsucht nach Selbstverwirklichung. Die noch junge Generation Z hält uns für materialistische Egoisten, denen Nachhaltigkeit nicht wichtig genug ist und die tatsächlich noch immer Milch trinken und Gluten essen – und das noch nicht einmal ausschließlich bio! Für die ältere Generation vor uns sind wir die Digital Natives, diejenigen, die mit den ersten Heimcomputern und Handys aufgewachsen sind. Die als besonders fleißig geltende Generation X (sie haben quasi das Wort »Workaholic« erfunden) sieht in uns faule Angestellte, die ihren Job nur aufgrund der angebotenen Benefits und flexiblen Arbeitszeiten auswählen. Getreu dem Motto: YOLO! Wir selbst sehen uns eher als die Generation, die es irgendwie niemandem recht machen kann und oft missverstanden wird.
»Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ’ne Gedichtanalyse schreiben. In 4 Sprachen«, twitterte die damals siebzehnjährige Naina unter dem Nutzernamen @nainablabla am 10. Januar 2015. Leider trifft dieser Zustand nicht nur auf ihre Generation zu, sondern auch auf die davor und die danach. Zahlreiche Medien griffen das Thema damals auf, und die FAZ titelte schon voller Euphorie auf die vermeintlich kommenden Veränderungen im Bildungssystem: »Wie ein Tweet eine Bildungsdebatte auslösen konnte.«[1] Auch im Fernsehen wurde darüber diskutiert, und selbst die damalige Bundesbildungsministerin Johanna Wanka meldete sich zu Wort, doch dann geschah das eigentlich Unfassbare – nämlich nichts. Wie schon die FAZ bemerkte, blieb es lediglich bei einer Debatte.
Auch ich hätte mich rückblickend eher darüber gefreut, etwas über unser Rentensystem, die Versorgungslücke und Anlagemöglichkeiten zu erfahren, als ein halbes Jahr lang die Nibelungensage zu lesen und den Unterschied zwischen dem ersten, dem zweiten und dem dritten Prager Fenstersturz zu lernen. Stattdessen wusste ich lange Zeit nur, wie man Zinsen berechnen konnte, aber nicht wie man sein Geld für sich arbeiten ließ und es erfolgreich anlegte. Als ich 2004 mein Abitur machte, hatte ich keine Zeit und nur wenig Interesse daran, Diskussionen im Bundestag über die Rente zu verfolgen. Leider. Dass Akademikern beispielsweise ihre Studienzeit nicht mehr angerechnet wird und sie dadurch monatlich etwa 55 Euro weniger Rente haben werden und diese auch noch zu immer größeren Teilen versteuern müssen, ging damals komplett an mir vorbei. Mein Kopf hing zu diesem Zeitpunkt schon tief in den Büchern für die Abiprüfungen, und wenig später verbrachte ich den letzten gemeinsamen Sommer mit meinen Freunden aus der Schulzeit. Das Abi wollte gefeiert werden, und so traf man uns tagsüber am See und abends in den Bars der Stadt. Danach trennten sich unsere Wege in die verschiedenen Großstädte Deutschlands. Es war ein toller, unbeschwerter Sommer, und wir hatten das Gefühl, die ganze Welt steht uns jetzt offen.
Mich zog es nach München, und statt wie meine Freunde zu studieren, fing ich zunächst eine Ausbildung an. Ich arbeitete in einer kleinen Plattenfirma und wollte dem damals neuen Ausbildungsberuf der Medienkauffrau nachgehen: Musik, PR-Arbeit und abends Konzerte. In der Berufsschule lernte ich das erste Mal etwas über die Aufstellung von Bilanzen, den Unterschied von Vermögenswerten und -forderungen und über meine Rechte und Pflichten als Arbeitnehmerin. All das Gelernte weiß ich zu einem Großteil immer noch, da es mir täglich im Leben begegnet und so manche Entscheidung in meinem Leben beeinflusst hat. Trotzdem wusste ich immer noch nicht, wie ich einen Teil meines Gehalts anlegen konnte, geschweige denn, dass dazu überhaupt die Notwendigkeit bestünde. Später, im Studium, fand ich mich in einer ähnlichen Situation wie beim Abitur wieder: mit lauter Theorien und Analysen, aber ohne lebensnotwendiges Wissen.
Und so machen auch heute Jahr für Jahr Schüler, Auszubildende und Studenten einen Abschluss, auf den sie lange hingearbeitet haben, um ihren Traum zu ergreifen, ihr erstes Geld zu verdienen – und dann eigentlich gar nicht so recht zu wissen, was sie mit diesem Geld machen und wie sie damit umgehen sollen. Wir bleiben finanzielle Analphabeten, weil wir nicht einmal das Buchstabieren beigebracht bekommen. Die Folgen sind schon lange nicht zu übersehen: Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer. Durch unser Gehalt wird zwar unsere Arbeit entlohnt – wirklich profitieren tun aber diejenigen, die auch die Gewinne einstreichen. Und das sind nicht die Arbeitnehmer eines erfolgreichen Unternehmens, sondern die Aktionäre. Wenn auch wir an der Wirtschaftsleistung des Landes teilhaben möchten, müssen wir uns zum Beispiel in Form von Aktien auch an Unternehmen beteiligen. Robert Kiyosaki bringt es in seinem Weltbestseller Rich Dad, Poor Dad mit diesem viel zitierten Satz auf den Punkt: »Die Armen und die Angehörigen der Mittelschicht arbeiten für Geld. Die Reichen lassen Geld für sich arbeiten.«[2] Wirklich verstanden habe ich das aber erst, als ich dann tatsächlich selbst damit anfing,...
Erscheint lt. Verlag | 4.11.2019 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Geld / Bank / Börse |
Schlagworte | Aktien • Aktienfonds • Aktienmarkt • Altersvorsorge • Börsencrash • Corona Crash • Corona-Crash • Corona Rezension • Crash • Dispokredit • ETFs • Finanzcrash • Finanzen • Finanzielle Unabhängigkeit • Fortunalista • Fortunalista Buch • für junge Leute • Geld • Geldanlage • Geld anlegen • Generation Y • Investition • Konsum • Konsumgeneration • Konsumgesellschaft • Millenials • Rente • Rentenloch • Rezession • Riesterrente • Sparen • Wertpapiere |
ISBN-10 | 3-492-99441-5 / 3492994415 |
ISBN-13 | 978-3-492-99441-5 / 9783492994415 |
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