Von Tod und Wiedergeburt (eBook)

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2012 | 1. Auflage
256 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-41503-0 (ISBN)

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Von Tod und Wiedergeburt -  Lama Ole Nydahl
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Neueste Forschungen zu den sogenannten Nahtoderfahrungen machen ein Weiterleben des Bewusstseins nach dem Tod immer wahrscheinlicher. Auch für den Buddhismus ist der Tod ein Tor in eine neue Daseinsform. Lama Ole Nydahl beschreibt die vielen subtilen Erfahrungen im Verlauf des Sterbens und erläutert den Zustand zwischen Tod und Wiedergeburt. Außerdem erfährt man, wie jeder durch bestimmte Meditationen einen besseren Übergang und eine höhere Bewusstseinsebene in der jenseitigen Welt erreichen kann. Das Wissen um diese geheimnisvollen Vorgänge vermittelt nicht nur ein klares Verständnis vom Ende des Daseins, sondern bereichert auch die Sicht auf das Leben im Hier und Jetzt.

Lama Ole Nydahl ist einer der bekanntesten Buddhisten des Westens und wurde 1972 vom Karmapa, dem Oberhaupt der tibetischen Karma-Kagyü-Schule, als buddhistischer Lehrer nach Europa geschickt. Nur wenige Jahre später wurde er zum Lama ernannt. Seitdem bereist er die Welt, um Vorträge zu halten, Meditationskurse zu leiten und Zentren zu gründen - mittlerweile über 600 in Europa, Amerika und Australien; davon über 150 allein im deutschsprachigen Raum.

Lama Ole Nydahl ist einer der bekanntesten Buddhisten des Westens und wurde 1972 vom Karmapa, dem Oberhaupt der tibetischen Karma-Kagyü-Schule, als buddhistischer Lehrer nach Europa geschickt. Nur wenige Jahre später wurde er zum Lama ernannt. Seitdem bereist er die Welt, um Vorträge zu halten, Meditationskurse zu leiten und Zentren zu gründen – mittlerweile über 600 in Europa, Amerika und Australien; davon über 150 allein im deutschsprachigen Raum.

Die Sechs Befreienden Taten


Viele wünschen sich, der Tod möge möglichst spät und dann schmerzlos und ohne Krankheit eintreten: fernsehen, einschlafen, ausatmen, fertig. Liest man die Todesanzeigen oder schaut in die Krankenhäuser, stellt man jedoch schnell fest, dass es nur wenigen so ergeht. Laut Statistik haben nur etwa drei Prozent der Bevölkerung[20] entsprechende Bedingungen. Die meisten sterben langsam und oft viel bewusster, als von ihnen erhofft. In der westlichen Welt wünschen nach Umfragen neun von zehn Menschen, zu Hause im Kreise der Familie sterben zu dürfen. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus: Dies gelingt höchstens zweien tatsächlich, und zusätzlich schafft es einer, das Lebensende in einem menschenfreundlichen Hospiz zu verbringen. Die meisten sterben heute im Krankenhaus oder Pflegeheim.

Will man Menschen in ihren letzten Tagen, Wochen, Monaten oder sogar Jahren begleiten, entstehen immer neue Herausforderungen. Unter solchen Umständen ist es hilfreich, eine Ausrichtung zu haben, einen festen Leitfaden, der allem, was geschieht, eine befreiende Richtung gibt. Eine sinnvolle Einstellung hilft und bereichert andere wie einen selbst, doch benötigt man auch die dazugehörigen Mittel, damit man die Sichtweise halten kann. Buddha fasste sie in sechs Handlungsbereichen zusammen: Großzügigkeit, umsichtiges Handeln, Geduld, begeisterte Tat, Meditation und Weisheit. Er nannte sie die Sechs Paramitas, das heißt die Sechs Befreienden Taten. Wer sie in seinen Alltag einbettet, wird weder fremdartig noch gefühlsduselig wirken, sondern ein unerschütterlicher Pfeiler für alle werden. Mit der letztendlichen Sichtweise verbunden, dass sich alles beeinflusst und Teil derselben Ganzheit ist, wirken diese Taten selbstverständlich und höchst befreiend. Sie lösen bei regelmäßiger Anwendung die Trennung zwischen Handelndem, Empfänger und Umwelt auf, bis es einfach natürlich wird, hilfreich zu sein und Gutes zu tun.

Abb. 15 Die Sechs Befreienden Taten

Befreiend und erleuchtend wirken kann eine Handlung erst in Verbindung mit der Einsicht oder augenblicklichen Erfahrung, dass Erleber, Erlebtes und das Erleben selbst ohne dauerhafte Eigennatur und Teile derselben Ganzheit sind.

Buddha lehrte, dass jeder Augenblick des Lebens, sei es in den schönsten Erfahrungen von Mut und Liebe, im Alltag und sogar während des Sterbens, durch die befreienden beziehungsweise »jenseits gehenden« Taten zur Verwirklichung führen kann. Während sinnvolle Handlungen an sich anderen wie einem selbst helfen, befreien sie erst, wenn die erlebte Trennung zwischen Handelndem, Gegenstand und Empfänger wegfällt. Erst die Auflösung dieser Gewohnheit durch die Einsicht in die Leerheit von einer bestehenden Eigennatur und die Erkenntnis der gegenseitigen Bedingtheit aller Vorkommnisse entfalten alle Reichtümer des Geistes. Dies geschieht durch die sechste und letztendliche Weisheitsstufe der befreienden Taten.

 

Mit dieser Sichtweise, der Weisheit, wirken die fünf grundlegend sinnvollen Taten befreiend oder gar erleuchtend, und jede Begegnung mit Wesen und Welt ist ein willkommenes Anwendungsgebiet auf dem Weg. Alles Angenehme ist dann ein Segen, etwas Gutes, das man mit anderen teilen kann, alle Schwierigkeiten erfährt man als eine Lehre und das Auflösen von schlechtem Karma.

Nur über das Speichern sinnvoll-nützlicher Handlungen und Worte und durch das Verwirklichen von Weisheit wird Erleuchtung erlangt. Deshalb ist es sowohl für Sterbende als auch für Begleiter folgerichtig, sogar die Zeit des Abschieds für das Ansammeln von guten Eindrücken zu nutzen.

Es werden nun im Folgenden die wesentlichen Punkte beschrieben, die Buddha ohne erhobenen Zeigefinger für alle Lebensbereiche empfohlen hat, um allgemein nutzbringend mit anderen umzugehen: Hilfestellungen, die man sehr gut bei der Sterbebegleitung anwenden kann.

Großzügigkeit


Nichts bringt die Wesen einander näher als einfache Zeichen, die Sympathie und den Wunsch, anderen Gutes zu tun, zum Ausdruck bringen: eben Freigebigkeit. Man bejaht dadurch den Reichtum, der dem Raum innewohnt, und die nützlichen Eigenschaften, die die Wesen besitzen. Aus dieser Lage heraus ist Geben leicht, weil es erfüllend und Teil eines Ganzen ist. In den überlieferten Texten wird zwischen drei Arten des Gebens unterschieden:

 

1. Mit Essen, Geld oder auch Zeit großzügig sein, insbesondere, wenn man damit unmittelbar das Überleben anderer sichern kann. Großzügiges Verhalten bezieht sich auch auf den Alltag. Man schenkt Zeit, Liebe, Vertrauen und genießt die gemeinsamen Stunden.

Bezogen auf Sterbebegleitung bedeutet Großzügigkeit, einem Schwerkranken oder Sterbenden die letzte Zeit seines Lebens zu bereichern. Dabei gilt es, auf seine Bedürfnisse zu achten, anstatt ihn durch eine allzu fürsorgliche Belagerung zu ersticken. Augenblicke der unmittelbaren Offenheit sind besonders wertvoll, sie geben Kraft, ehren die Verbindung und beschenken alle Beteiligten. Tränen und Trauer sind hingegen keine Hilfe für den Sterbenden, sie werden ihn eher ablenken und belasten. Besser ist, die aufkommenden Gefühle für Pflege und einen klaren Austausch zu verwenden, wodurch man dem Sterbenden Sicherheit zuteilwerden lässt. Dies erleichtert den Übergang vom Leben in den Tod und macht Sinn.

 

2. Anderen Schutz, aber vor allem eine sinnvolle Erziehung und Ausbildung gewähren. Das hilft ihnen ein Leben lang. Aber auch langfristige Hilfestellungen, wie etwa in armen Ländern der Welt straffe Begrenzungen der Geburtenrate zu unterstützen, um Kindern wie Eltern ein würdiges Leben zu ermöglichen, gehören dazu.

Schutz im Falle der Sterbebegleitung könnte bedeuten, alles Praktische für den Sterbenden zu regeln, so dass er das beruhigende Gefühl bekommt, dass tatsächlich alles in Ordnung ist. Man hilft ihm auch dabei, sein Testament zu verfassen, seine Papiere zu ordnen und schwierige Verwandte oder Geschäftspartner von lästigen Besuchen abzuhalten, damit er nicht durch unnötige und unangenehme Themen vom Wesentlichen abgehalten wird. Statt über Belangloses zu reden, ist es viel wichtiger, dem Sterbenden Zeit zu lassen, um sich bewusst von allem Materiellen und allen Freunden zu verabschieden. Er kann sich viel leichter von diesem Leben trennen, wenn er seine Besitztümer noch zu Lebzeiten bewusst an Freunde verteilt hat.

 

3. Das Geschenk der befreienden Lehre Buddhas. Es wirkt über alle Leben bis zur Erleuchtung: Auf den anfangslosen Geist zeigend, umfasst sie dieses Leben, das Sterben, den Tod danach und alle Wiedergeburten bis zur Erleuchtung. Die Stellen im Spiegel des Geistes, die mit diesem Wissen klar wurden, werden auch in künftigen Leben sehr leicht an diese Ebene anknüpfen können, bis das Ziel – der voll verwirklichte Mensch – dasteht. Deswegen gilt das Teilen der Lehre als die höchste Form von Großzügigkeit. Kann man dem Sterbenden vermitteln, dass sein Geist nur für die jetzige Lebensdauer an diesen zerfallenden Körper gebunden ist, ist das beruhigend. Ergänzt man, dass der Geist jenseits von Tod und Geburt wie der Raum ist, werden auftretende Verwirrungs- und Alterserscheinungen besser annehmbar. Diese Sichtweise verleiht dem letzten Lebensabschnitt die oft vermisste Würde. Sie hilft dem Sterbenden, sich zusehends zu entspannen und dem eigenen Tod furchtloser entgegenzusehen.

Umsichtiges Handeln


Durch Großzügigkeit entstehen Offenheit und Vertrauen, die man am besten mit sinnvollem Verhalten absichert. Die Eindrücke, die man während des Lebens ins Speicherbewusstsein pflanzt, sind das Einzige, was einem nach dem Tod folgt und die weiteren Erlebnisse und Wiedergeburten prägt. Glückbringendes zu tun, zu sagen und zu denken ist also von höchstem Sinn und bringt einem rasch einen unerschütterlichen Geist. Von oberflächlichen Störgefühlen kann man sich bei weiterer Übung sogar völlig befreien.

Wie kann das am Krankenbett aussehen?

Am wichtigsten ist es, die Ursachen für Störungen auszuschalten. Nicht nur, indem man als Begleiter sein eigenes Verhalten beobachtet und die Zehn Nützlichen Handlungen einsetzt[21], sondern vor allem, indem man für ein gutes, ruhiges Umfeld sorgt. Diskussionen mit Ärzten oder Pflegern gehören ebenso wenig dazu wie abwertende Bemerkungen oder der letzte Familientratsch. Statt das Verhalten anderer zu beurteilen oder ständig Arzt und Pfleger in Frage zu stellen, sollte man im freundlichen Miteinander stets die guten Eigenschaften der anderen hervorheben, während man selbst die Nörgler und Kampfhähne fröhlich ins Leere laufen lässt. Die Pflege des Sterbenden sollte bei der Begleitung nebenherlaufen und nicht im Vordergrund stehen. Viel wichtiger ist es, all das Gute aus seinem Leben beständig hervorzuheben und ihn zum Vorbild für alle zu machen. Das gibt seiner Lage Bedeutung und Kraft.

Abb. 16 u. 17 Praktische Empfehlungen für Sterbebegleiter, Familien und Angehörige

Behält man den Überblick und tut gleichzeitig etwas Sinnvolles, was sein Leben abrundet, ist das ein Riesengeschenk. Es bedarf der Reife, diese Empfehlungen bei der Unterstützung eines geliebten Menschen wirklich in die Tat umzusetzen. Man steht anfangs oft lange klotzig herum, will helfen, aber darf oder kann nicht. Der Nutzen dabei ist aber groß. Man entwickelt dadurch eine dicke Haut, die einem auch bei zukünftigen Schwierigkeiten ermöglicht, furchtlos in der eigenen Mitte zu bleiben.

Geduld


Gute Eindrücke, die durch die vorhergehenden sinnvollen Taten aufgebaut wurden, können sich...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2012
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Östliche Weisheit / Alte Kulturen
Geisteswissenschaften Religion / Theologie Buddhismus
Schlagworte Buddhismus • buddhismus buch • buddhismus bücher • Buddhismus heilige Schrift • Buddhistische Lebenskunst • buddhistische Weisheiten • Erlebnisse • Lama • Lama Ole Nydahl • Leben • Lehren • Meditation • Nydahl • OLE • Ole Nydahl • Sachbuch Religion • Spiritualität • spiritualität bücher • spirituelle Bücher • Sterben • Sterben und Tod • Tibet Buddhismus • tibetischen • Tibetischer Buddhismus • Tibetisches Totenbuch • Tod • Tod und Trauer • Totenbuches • trost buch • Trost Trauer • Wiedergeburt
ISBN-10 3-426-41503-8 / 3426415038
ISBN-13 978-3-426-41503-0 / 9783426415030
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