Nordkorea - Manie und Alltag

Postkarte 6: The Kids Are Alright Auf den Treppen, die vom Turm der Juche-Ideologie hinunter zum Fluss Taedong führen, sitzt eine große Gruppe Studentinnen in braunen Uniformen. Sie sitzen in sehr ordentlichen Reihen. Und sie feixen und sie lachen und sie klatschen. Sie feuern die Kameradinnen an, die entlang des Taedong um die Wette exerzieren – ein paar Runden im zackigen Stechschritt. Eine Art Staffellauf. Statt eines Stabs wird ein Lippenstift übergeben. In der nächsten Runde ist es eine Packung Rouge. Und weiter schreiten sie, die Beine hoch, bis auch der Lidschatten seinen Weg ans Ziel findet. Und dort im Ziel wartet für jede Mannschaft eine Studentin mit einer Schamesröte auf den Wangen, die das Rouge beinahe überflüssig macht. Die Kosmetik wird dennoch herzlichst über ihr Gesicht geschmiert, über Lippen, Wangen, Lider, und unerbittlich treibt die Bande auf den Treppen, feixend, lachend, klatschend, zu noch größerer Eile. Schönheit ist aus Hast noch nie entstanden – aber es ist natürlich der Sieg, nach dem den Studentinnen der Sinn steht. Jeder Mannschaft gelingt es ihre Modellstudentinnen schließlich so zu schminken, dass diese augenscheinlich lieber blind stolpern und arg hinfallen würden, als sich so vor den Kameradinnen vorführen zu lassen. Ein paar Studentinnen, von irgendwo her mit etwas mehr Autorität ausgestattet, gelingt es schließlich, nicht zu grob, die in Scham vor den Augen verschränkten Hände der angemalten Mädchen weg vom kunterbunten Antlitz zu ziehen. Die Studentinnen auf der Treppe kreischen und feiern und zeigen mit den Fingern, sie erheben sich und die gerade noch so perfekt arrangierten Reihen beginnen sich aufzulösen.