LIFE-WATCH (eBook)

Die goldene Zelle der Zukunft
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
380 Seiten
p.machinery (Verlag)
978-3-95765-712-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

LIFE-WATCH -  Valentina Pfau
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Aurelia hat das Glück, in eine perfekte Zeit hineingeboren zu sein. Eine Zeit, in der die Menschheit friedlich und makellos ist und Maschinen den Menschen alle lästigen Arbeiten abnehmen. Sollten sie dennoch einen Fehler begehen, werden sie durch ihre hochintelligente Uhr, genannt »Life-Watch«, sofort darauf hingewiesen. Ihre Welt ist ebenso perfekt wie sie selbst, bis sie ein altes Tagebuch entdeckt, das alles, woran sie bisher geglaubt hat, auf den Kopf stellt. »Hi, mein Name ist Marcello Martini, aber nennt mich doch einfach Cell. Es bedeutet Zelle, und das trifft den Zustand, in dem ich mich seit zehn Jahren befinde, ziemlich gut auf den Punkt. Nicht dass ihr jetzt etwas Böses denkt; es ist nur zu unserem Besten, sie wollen uns nur beschützen. Seit der Klimakatastrophe sind wir dazu verdammt, ein endlos langes Nichtleben auf neunzig Quadratmetern zu führen. Und das Einzige, was mich tagtäglich dazu motiviert, damit weiterzumachen, ist mein eiserner Wille, für etwas Sinnvolleres zu sterben, als für die Zeit, mit der ich nichts anfangen kann. Denn diesen Triumph gönne ich ihr nicht.« Ein gesellschaftskritischer Science-Fiction-Roman mit christlichen und philosophischen Elementen rund um die Frage: »Was bedeutet Leben und was macht uns tatsächlich lebendig?«

Die Autorin schreibt unter dem Pseudonym Valentina Pfau, ist Jahrgang 1991 und glücklich verheiratet. Sie hat eine Ausbildung bei der Agentur für Arbeit und ein Fernstudium an der Schule des Schreibens im Bereich »Kinder- und Jugendliteratur« abgeschlossen. Ihre Romane setzen sich vorwiegend mit gesellschaftskritischen und psychologischen Themen auseinander, die alle Altersgruppen betreffen. Aktuell arbeitet sie als Redakteurin bei einer Online-Druckerei. In den letzten vier Jahren hat sie neben ihrem ersten Buchbaby »Life-Watch« noch zwei Manuskripte geschrieben, die schon ganz ungeduldig in ihrer Schublade zappeln. Weitere Texte von Valentina Pfau finden sich auf ihrer Instagram-Seite unter valentina.pfau_autorin.

Die Autorin schreibt unter dem Pseudonym Valentina Pfau, ist Jahrgang 1991 und glücklich verheiratet. Sie hat eine Ausbildung bei der Agentur für Arbeit und ein Fernstudium an der Schule des Schreibens im Bereich »Kinder- und Jugendliteratur« abgeschlossen. Ihre Romane setzen sich vorwiegend mit gesellschaftskritischen und psychologischen Themen auseinander, die alle Altersgruppen betreffen. Aktuell arbeitet sie als Redakteurin bei einer Online-Druckerei. In den letzten vier Jahren hat sie neben ihrem ersten Buchbaby »Life-Watch« noch zwei Manuskripte geschrieben, die schon ganz ungeduldig in ihrer Schublade zappeln. Weitere Texte von Valentina Pfau finden sich auf ihrer Instagram-Seite unter valentina.pfau_autorin.

Aurelia


 

Es ist heiß, brennend heiß. Um mich herum nichts als Sand. Wo bin ich? Die Luft ist staubig. Ich weiß nicht, ob es klüger ist, möglichst viel oder möglichst wenig davon einzuatmen. Das Einzige, was noch schlimmer ist als die Hitze, ist das salzige Brennen in meiner Kehle. Mir wird schwindelig, auch der Sand um mich herum dreht sich. Der Strudel umschließt mich und wirbelt immer schneller, bis ich vollständig die Orientierung verliere. Ich fühle, wie mich etwas in die Tiefe zieht. Meine Knie versinken im Sand. Ich verdränge den Gedanken, dass ich sterben werde, bevor ich alt genug bin, um nicht mehr sterben zu können. Nein! Nicht hier und nicht jetzt! Nicht vor dem großen Tag!

Ich blicke nach unten und erkenne etwas Krabbelndes. Ein Skorpion? Ich will schreien, doch aus meiner Kehle kommt nur ein Schwall Sand – gemischt mit bitterer Galle.

»Aurelia!«, flüstert das Etwas unter mir.

Erst jetzt erkenne ich, dass es eine kleine Eidechse ist. Könnte ich noch normal atmen, würde ich jetzt erleichtert aufatmen.

»Hey«, flüstere ich schwach.

»Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?«

»W… W… Wasser«, presse ich mit letzter Kraft hervor.

»Folge mir«, flüstert das Tierchen.

Wie denn, du Scherzkeks?

Auf allen vieren krieche ich ihr hinterher. Wo sind wir?

»In der Wüste«, zischt die Eidechse.

Ich habe die Frage doch gar nicht laut ausgesprochen! Wüste? Nein, das ist nicht möglich, wir dürfen dort nicht hinreisen; alle Zonen, in denen eine Wüste existiert, sind viel zu weit weg. Es würde die Umwelt unverhältnismäßig beschädigen.

»Du lügst!« Die Wut verleiht meinen Worten die nötige Kraft, die meinen Stimmbändern fehlt.

Das hier ist nicht real, geht es mir durch den Kopf.

»Wir sind gleich da. Nur noch ein paar Meter, dann kommen wir an einen Brunnen. Du musst mir nur vertrauen.« Ihre Stimme klingt auf einmal seltsam blechern und echoartig.

Mein Körper versteift sich, sämtliche Glieder werden schwer wie Blei. Ich habe gelernt, dass Dehydration den Verstand ausknockt. Scharfes Nachdenken wird mich also nicht weiterbringen. Bauchgefühl ist Aberglaube, aber in diesem Moment erscheint es mir wie die einzige Karte, die ich noch ausspielen kann.

»Nein! Ich muss gar nichts und du bist nicht echt!«

Ich spüre einen gewaltigen Schuss Energie, der wie ein Stromschlag durch meinen Körper schießt. Mit einem Mal ist der beißende Durst wie weggeblasen.

»Das wird dir noch leidtun!« Die Eidechse verändert sich. Plötzlich ist sie doppelt so groß und ihre hellgrünen Augen beginnen zu glühen. Ihr Maul sperrt sich auf, während sie ihre schwarzen Fangzähne auf mich richtet wie eine Kobra. Hätte der Tod ein Gesicht, würde er genau so aussehen. Ich schreie aus vollen Leibeskräften. »Niemand wird dich hören. Niemand!«

 

Das Sonnenlicht brennt in meinen Augen, die ich reflexartig sperrangelweit aufgerissen habe. Mein Körper ist klatschnass und klebrig, als hätte ich mich in Schlamm gewälzt. Ich hyperventiliere noch immer. Beschämt und voller Frust über mich selbst, versuche ich den Albtraum abzuschütteln.

»Guten Morgen, liebste Aurelia!«, begrüßt mich Kaffeelana, die wie so oft schon an meinem Bett wartet. Ich glaube, sie wurde nach dem Vorbild von Madame Pottine aus »Die Schöne und das Biest« gebaut. Ich habe den Film nur einmal gesehen, bevor Märchen und Ähnliches für »bedenklich« und »nicht zielführend« erklärt wurden. Aber soweit ich es in Erinnerung habe, hatte das Original wesentlich mehr Charme. Vielleicht liegt es daran, dass Kaffeelana nie lächelt.

»Guten Morgen«, brummle ich noch immer völlig benommen.

»Du siehst wunderschön aus.«

Ich verdrehe die Augen. Würde sie das auch sagen, wenn ich einen eigroßen Pickel auf der Stirn hätte?

»Man rollt nicht mit den Augen!«

»Tue ich nicht, ich mache Gesichtsgymnastik.«

»Gymnastiktag ist erst am Mittwoch.«

»Ich beantrage einen Zusatztermin.«

»Aber Aurelia, bedenke, dein CO2-Fußabdruck.«

Verdammt, die Maschine lässt sich einfach nicht austricksen! Nur zweimal pro Woche Sport, der Umwelt zuliebe, wie konnte ich das vergessen?

»Wie möchtest du deinen Kaffee?«

Ihr vorwurfsvoller Ton ist verschwunden und an dessen Stelle tritt ein überfreundliches Gesäusel, das mich fast noch mehr in den Wahnsinn treibt. Ich bin einfach kein Morgenmensch – schon gar nicht nach so einem schrecklichen Traum.

»CO2-neutral«, antworte ich, vergeblich bemüht, meine Gereiztheit zu verbergen.

»Sehr vorbildlich«, lobt sie mich. »Bitte schön, ein frisch gemahlener Kaffee mit recycelten Biobohnen und Labormilch.«

Wahnsinn, unter dem Begriff CO2-neutral ist also tatsächlich etwas einprogrammiert. Direkt nach dem ersten Schluck bereue ich meinen kleinen Versuch. Die Mischung ist kaum trinkbar. Keine Ahnung, ob es an der synthetisch hergestellten Milch oder an den Bohnen liegt, die schon mindestens einen tierischen Darm durchlaufen haben. Aufgrund der Ressourcenknappheit sind wir teilweise gezwungen, Nahrungsmittel zu recyceln. Kaffeebohnen werden immer wieder gerne von Ratten stibitzt. Seltsam, dass man diese Plage noch nicht unter Kontrolle hat, wo man doch alle Tiere durch Fortpflanzungskontrolle mittels Gentherapie auf eine angemessene Anzahl reguliert hat. Jedenfalls können die Ratten die Bohnen kaum verarbeiten, sodass sie zur Wiederverwertung nur noch durch Spezialreinigungsmittel unschädlich gemacht werden müssen.

»Kann ich noch umbestellen und einen Kuhmilch-Latte-Macchiato draus machen?«

»Bedenke, liebe Aurelia, es ist nicht dein Geburtstag.«

 

Mit einem Mal fühle ich wieder diese zutiefst verhasste und dennoch vertraute Schwere in meiner Brust. Ich sollte dankbar sein, einmal im Jahr in den Genuss von Kuhmilch zu kommen. Alle fünf Jahre bekomme ich sogar ein Steak serviert. Außerdem habe ich den Luxus, dass jeden Morgen eine Kaffeemaschine an meinem Bett vorbeifährt und mir ein Getränk serviert. Mum redet oft von den düsteren alten Zeiten, in denen Menschen sich noch selbst Kaffee kochen mussten. Zeiten, in denen die Leute so viel hatten, dass sie schon nicht mehr wussten, was sie eigentlich wollten. Es gab niemanden, der ihnen Hilfestellung geboten hätte, zu entscheiden, was richtig oder falsch ist. Sie mussten selbst auf die Antwort kommen. Eine Antwort, die doch niemand wissen konnte. Niemand außer ADENA, der intelligentesten aller Maschinen. Sie ist das große Zentrum für Werte und Regeln, das tagtäglich die Entscheidungen aller Führungspersönlichkeiten analysiert und gegebenenfalls absegnet.

So gesehen war es vollkommen aussichtslos. Die Menschen aus der alten Zeit konnten nur verlieren. Aber vielleicht war genau das nötig, damit eine bessere Welt erschaffen werden konnte. So viele Jahre lang lebten die Erdbewohner im Chaos zwischen Krankheiten, Kriegen, Revolutionen, Klimawandel und Hungersnöten. Die Anzahl der Menschen reduzierte sich auf nie da gewesene Weise, weil die Erde sich zurückgeholt hat, was die Menschen ihr mit Gewalt geraubt hatten. Daraufhin haben die stärksten und reinsten Lebewesen, die von der Natur verschont wurden, ein System entwickelt, das die Fehler der Vergangenheit ausgeräumt und sich ganz auf das Wohl aller konzentriert hat.

Vor der Zeit der vielen Katastrophen gab es für die Menschen keine Grenzen. Sie taten, was sie wollten, mit wem sie wollten. Sie gingen Beziehungen ein, die nicht dem Allgemeinwohl dienten. Dabei schreckten sie auch nicht vor zügellosem Bakterienaustausch in der Öffentlichkeit zurück. Teilweise wurde behauptet, dass sie dabei nicht einmal Klamotten trugen, aber ich hoffe doch sehr, dass dies nur der Fantasie sensationshungriger Tratschtaschen entsprungen ist.

Die schlimmste Horrorgeschichte von allen ist jedoch die, dass man früher allen Ernstes Tiere ermordet hat, um in den Genuss von Steaks zu kommen, die heute zum Glück im Labor hergestellt werden. Wenn ich mir diese Dinge nur oft genug vor Augen führe, werden meine dummen Gedanken schon verschwinden und ersetzt werden durch die einzig richtigen:

Warum habe gerade ich dieses unfassbare Glück, in so einer wunderbaren Zeit zu leben? Einer Zeit, in der die Menschen friedlich und unbedenklich sind. Einer Zeit, in der uns die Maschinen alle mühseligen Arbeiten abnehmen und wir uns voll und ganz dem zuwenden können, worum es im Leben wirklich geht: möglichst viele Solidaritätspunkte zu sammeln, dem individuell für jede Person entworfenen Lebensplan zu folgen, befreit zu sein von der Last des Besitzes und glücklich zu sein.

 

Ich bin glücklich. Ich vergesse es nur manchmal.

Mit zwanzig wird mir das nicht mehr passieren, denn dann wird der »Goldene Salamander« dafür sorgen, dass ich nie wieder etwas vergesse. Noch dazu wird er meinem Kopf das ewige Leben schenken. Früher wurden Körper beerdigt oder eingeäschert, wenn sie nicht mehr funktionstüchtig waren – noch so eine gruselige Geschichte. Das ist es, was wir noch immer »Tod« nennen, auch wenn der Begriff genau genommen veraltet ist. Schließlich sterben wir nicht wirklich, unsere Gedanken und Gefühle leben weiter, denn der goldene Salamander bewahrt sie alle auf. Diese Technik macht es möglich, dass sogar Roboter von uns lernen können. Unsere Körper werden für die Herstellung anderweitiger Rohstoffe wiederverwertet oder für höhere Zwecke recycelt. Auf die Frage, was passiert, wenn ich durch einen dämlichen Umstand vor dem großen Tag sterben sollte, bekam ich...

Erscheint lt. Verlag 5.11.2024
Verlagsort Winnert
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Bedeutung von Leben • Christliche Elemente • Gesellschaftskritik • Philosophische Elemente • Psychologie • Science-fiction
ISBN-10 3-95765-712-1 / 3957657121
ISBN-13 978-3-95765-712-1 / 9783957657121
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