Varietas (eBook)
186 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-8187-0772-9 (ISBN)
Im November 1992 wurde ich in Herne, im Ruhrgebiet geboren und habe meine Liebe für die schroffen, aber ehrlichen, herzlichen Leute und die Industriekultur dort nie verloren. Als Juniorprofessorin der Psychologie habe ich das Glück eines meiner Hobbys zum Beruf machen zu können: Das Erforschen und Verstehen der menschlichen Psyche. Das ist es, was mich auch in Kriminalfällen am meisten interessiert: Was treibt die Täter an? Welche Motivationen haben die einzelnen Protagonisten? Während meines Studiums in Köln konnte ich meine zweite große Leidenschaft, das Schreiben, weiter fördern: Beim Autor Stefan Keller belegte ich verschiedene Kurse zum Schreiben von Kriminalromanen, bei denen auch die Figur von Maja Sonderberg entstanden ist.
Im November 1992 wurde ich in Herne, im Ruhrgebiet geboren und habe meine Liebe für die schroffen, aber ehrlichen, herzlichen Leute und die Industriekultur dort nie verloren. Als Juniorprofessorin der Psychologie habe ich das Glück eines meiner Hobbys zum Beruf machen zu können: Das Erforschen und Verstehen der menschlichen Psyche. Das ist es, was mich auch in Kriminalfällen am meisten interessiert: Was treibt die Täter an? Welche Motivationen haben die einzelnen Protagonisten? Während meines Studiums in Köln konnte ich meine zweite große Leidenschaft, das Schreiben, weiter fördern: Beim Autor Stefan Keller belegte ich verschiedene Kurse zum Schreiben von Kriminalromanen, bei denen auch die Figur von Maja Sonderberg entstanden ist.
Tag 2
Noch bis tief in die Nacht hatte Maja immer wieder das Video von der Geisterbahn abgespielt. Sie konnte nicht fassen, dass sie die Fahrt nicht durchgehalten hatte, denn - wie der kleine Junge auf der Kirmes schon richtig analysiert hatte - es war wirklich für Babys. Die Wagen fuhren durch viele dunkle Tunnel und kamen dann immer wieder an ausgeleuchtete Szenen aus Horrorfilmen wie aus »Charlie die Mörderpuppe« oder einem Vampirfilm, den Maja nicht richtig zuordnen konnte, vorbei. Sie würde Thorsten Gärsten dazu noch einmal fragen müssen, wenn sie mit ihm die Führung machte. Maja konnte trotzdem sehr lange nicht schlafen und war daher umso geräderter, als sie ein energisches und vertrautes Klopfen an der Eingangstür der Detektei hörte.
»Jaaa, ja komme schon.«, murmelte Maja, stand auf und schleppte sich Richtung Tür, mit der rechten Hand ihre Haare entwirrend. Sie hatte die Tür erst einige Zentimeter weit geöffnet, da wurde sie aufgestoßen und es rauschte ein Farbschauer an ihr vorbei: Margret, wie immer in schrillen Tönen gekleidet. Heute trug sie eine Art lavendelfarbene Tunika, große jadegrüne Perlen um den Hals und pfirsichfarbene Stiefel.
»Schätzchen, der Gordon kommt doch gleich. Wie siehts denn hier aus?«, rief sie und war schon an Maja vorbei in die kleine Küche gelaufen, wo sie begann Geschirr, zusammen zu räumen und in die Spüle zu stellen. Maja seufzte, drehte sich um und rieb sich müde die Augen. Mit Margret war eine schwere Parfümwolke in die Wohnung gezogen und Maja musste niesen.
»Hey Margret.«, sagte sie nur und folgte ihr in die Küche.
»Sag mal, wo ist denn Marvey?« Maja hatte ihren Kater direkt nach dem Aufstehen noch nicht gesehen und auch gestern Abend war er irgendwann losgezogen.
»Der ist oben bei mir, der Arme hatte ja so einen Kohldampf, du musst ihn ma richtig füttern.« Maja verdrehte die Augen, musste aber auch grinsen.
»Der bekommt genug. Du fütterst ihn nur dick. Und bald möchte er gar nicht mehr bei mir sein.« Kurz nachdem Maja mit Marvey in Stephans Büro gezogen war, hatte Margret eine Katzenklappe in die Balkontür bauen lassen, ebenso wie bei sich oben, sodass Marvey jetzt über eine wacklige Holzkonstruktion die Balkone hoch und runterlaufen und nach Belieben, die Wohnung wechseln konnte. Dafür, dass im Tierheim gesagt wurde, er sei ein sehr ängstlicher Kater, hat er das Haus ganz schön schnell in Besitz genommen, dachte Maja. Just in diesem Moment sah Maja auch schon den hochgestellten Schwanz von Marvey zwischen den Stuhlbeinen des Küchenstuhls.
»Papperlapapp«, sagte Margret nur, doch sie lächelte. »Nun mach dich fertig, der Gordon kommt in zehn Minuten.«
Zwanzig Minuten später saß Maja mit überschlagenen Beinen auf Stephans großen, alten Schreibtisch und starrte gemeinsam mit Margret und Gordon auf eine Pinnwand. Sie bestand aus Korkplatten, die Maja vor ein paar Wochen an die Wand geklebt hatte - unter Margrets lautstarkem Protest. Auf der Pinnwand befanden sich die Nummern von eins bis vier, denen jeweils Fotos und Schriftstücke sowie Stichpunkte zugeteilt waren. Gordon Hartmann, Gerichtsmediziner in Bochum und ein langjähriger Freund von Majas Vater, den sie vor einigen Wochen im Rahmen der Suche nach der vermissten Schülerin kennengelernt hatte, stand mit dem Rücken ans Fenster gelehnt und sein Blick scannte die Pinnwand. Margret saß auf einem Stuhl und knibbelte nervös an ihren Fingernägeln.
»Das ist also alles, was noch übrig ist?«, fragte Gordon jetzt an Maja gewandt. Diese nickte und strich geistesabwesend über Marveys Fell, der ihr soeben auf den Schoß gesprungen war. »Genau. Ich habe alle Schränke und den Computer durchsucht, nachdem ich ihn von der Polizei wiederbekommen habe. Diese vier Fälle oder Anhaltspunkte«, Maja zeigte auf den Abschnitt mit der Nummer vier auf der Tafel, unter der nur ein einziger handgeschriebener Zettel hing, »sind die einzigen Dinge, die ich nicht zu abgeschlossenen Fällen zuordnen konnte. Das heißt, mit hoher Wahrscheinlichkeit hat der Mord an meinem… an Stephan mit einem von ihnen zu tun.«
»Na, aber was, wenn wir nicht alles gefunden habn? Is ja schon ein richtiges Chaos hier in der Bude. Oder der Täter hat was mitgehn lassn.«, warf Margret ein. Gordon nickte und sagte:
»Das mag sein, aber davon gehen wir momentan nicht aus. Sondern von den Dingen, an denen wir aktiv arbeiten können. Ich habe gute Neuigkeiten mitgebracht.« Er stieß sich von der Fensterbank ab, holte einen Zettel aus der Hosentasche, entfaltete ihn und pinnte ihn unter die Nummer drei auf der Pinnwand. Auf dem Zettel war ein Bild von einem jungen Mann zu sehen, der mit leeren Augen in die Kamera blickte, sein blondes Haar ungepflegt und strähnig in seinem Gesicht hängend.
»Das ist Samuel Eggins. Er wurde vor drei Wochen wegen Rauschgiftbesitz verhaftet. Nach Überprüfung der Polizeiakte und Stephans Aufzeichnungen ist dies der Fall von Drogenbesitz, an dem Stephan kurz vor seinem Tod gearbeitet hat.« Maja nickte.
»Gut. Gibt es Anhaltspunkte, dass dieser Eggins es irgendwie auf Stephan abgesehen haben könnte?« Bedauernd schüttelte Gordon den Kopf.
»Eher im Gegenteil. Eggins ist permanent intoxikiert und der Auftrag kam von seinen besorgten Eltern, die seinen Aufenthaltsort wissen wollten. Kommissar Reben hat ihn vor drei Wochen durch Zufall bei einer Kontrolle aufgegriffen. Eggins wollte unter Drogeneinfluss in ein Kino und die Kassiererin hatte die Polizei gerufen. Kein Grund anzunehmen, dass er etwas gegen Stephan persönlich hatte.« Maja hob Marvey von ihrem Schoß, stand auf und nahm den Zettel mit der »Nummer 3« sowie alle dazugehörigen Dokumente inklusive des Fotos von Samuel Eggins von der Pinnwand ab und ging zu einer Kiste, die rechts neben der Pinnwand auf dem Boden stand. Darin lagen fein säuberlich geordnet sämtliche Unterlagen zu Stephans alten Fällen. Maja legte die Dokumente obendrauf und setzte sich wieder auf den Schreibtisch.
»Bleiben noch drei.« Seit Wochen waren sie, Gordon und Margret dabei Stephans alte Fälle durchzugehen auf der Suche nach einem Hinweis darauf, wer Stephan vergiftet haben könnte. Und das auch noch auf eine so gerissene Art: Mit Nigrum, einem Nachtschattengewächs, welches einen Herzstillstand hervorrief. Die Tatsache, dass Stephan ermordet wurde, hatte Gordon nur herausgefunden, weil er als Stephans bester Freund nicht glauben wollte, dass er einfach umgekippt war und eine Obduktion durchgeführt hatte. Langsam kam Ordnung in das anfängliche Chaos. Bis auf drei Fälle hatten sie alle anderen systematisch abgearbeitet und bislang keinen treffenden Grund gefunden, Stephan umzubringen. Was sie machen wollten, wenn sich auch die anderen drei Fälle als unzureichend für einen Verdacht herausstellten, wusste Maja noch nicht.
»Also.«, sagte sie nun und dehnte ihren Nacken nach rechts und links, »Damit bleibt noch der sexuelle Übergriff auf einen Schauspieler aus Bochum, der nur mit D.S. abgekürzt wird, dann die Informationen zu dem Tierzüchter, der vermutlich keine Lizenz hat, und dieser winzige Zettel, der vielleicht auch einfach gar nichts ist.«, fasste Maja zusammen und zeigte auf den Zettel, auf dem ausgedruckt nur ein Satz stand: »Ich sehe dich.«. Sie konnte gar nicht zählen, wie viele Menschen sie in den letzten Wochen abgeklappert hatte, um Informationen zusammenzutragen. Gordon nickte.
»Hat Reben schon was rausgefunden, weißt du da was?«, fragte Maja ihn. Paul Reben war der Hauptkommissar der Bochumer Mordkommission und offiziell mit dem Fall ihres Vaters vertraut. Zu sagen, Maja und Reben hätten ein angespanntes Verhältnis, war noch untertrieben. Seitdem Maja ihm »in die Ermittlungen gefuscht hat«, wie Reben es formulierte, war er äußerst schlecht auf sie zu sprechen und ignorierte die Anfragen bezüglich des Falls ihres Vaters geflissentlich. Gordon drückte nur verdrießlich die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf.
»Nein, er zeigt sich wie gewohnt unnachgiebig.«, sagte er. Maja verdrehte die Augen.
»Okay. Die nächsten Schritte sind dann klar. Ich werde mal zum Schauspielhaus gehen und dort nach einem Schauspieler mit den Initialen D.S. Ausschau halten und mich etwas umhören.« Gordon nickte.
»In Ordnung. Ich werde einen fiktiven Account bei ebay erstellen und den Züchter kontaktieren, um vorzugeben, dass ich einen Hund kaufen möchte. Auf diese Weise hoffe ich, ein Treffen arrangieren zu können.« Maja nickte, dankbar, dass diese Aufgabe ihr nicht auch noch zugefallen war.
»Ich helf dir, ich bin gut im online chatten!«, sagte Margret und lächelte Gordon an. Gordon, der in letzter Zeit immer mehr Gründe gesucht hatte, nicht allzu viel Zeit mit Margret zu verbringen, nickte. Er wusste mittlerweile schon, dass es fast noch anstrengender war, Margret abzuwimmeln, als sie einfach machen zu lassen.
»Bleibt nur noch dieser Zettel hier.«, sagte Maja und nickte auf den letzten Eintrag der Pinnwand. Schweigend schauten die drei auf die Wörter: »Ich sehe dich.«
»Sollten uns keine weiteren Ansätze einfallen, könnten wir in Erwägung ziehen, die alten Polizeiakten digital einzusehen, um festzustellen, ob ein ähnlicher Zettel bereits in einem anderen Fall aufgetaucht ist. Dieser Vorgang könnte jedoch zeitaufwendig sein.«, sagte Gordon. Maja nickte.
»Vielleicht müssen wir das ja auch gar nicht und einer der anderen Ansatzpunkte bringt uns weiter.« Doch sie musste sich eingestehen, dass ihre Zuversicht ziemlich gering war.
Kurz vor zehn Uhr morgens und der Tag fühlt sich schon jetzt wesentlich länger an, als er bisher war, dachte Maja. Und zu allem Überfluss hatte auf der Kirmes noch kein einziger Stand offen, an...
Erscheint lt. Verlag | 31.10.2024 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Bochum • Cranger Kirmes • Herne • Maja Sonderberg • Ruhrgebiet |
ISBN-10 | 3-8187-0772-3 / 3818707723 |
ISBN-13 | 978-3-8187-0772-9 / 9783818707729 |
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Größe: 788 KB
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