Zuviel Zufall (eBook)

Ein Kriminalroman aus dem Aargau
eBook Download: EPUB
2024 | 5. Auflage
257 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7598-8453-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zuviel Zufall -  Elisabeth Sailer
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Hass ist wie ein Geschwür, das sich unbemerkt ausbreitet. Rosalinde hat alles, was man sich wünschen kann. Sie ist jung, vermögend, gutaussehend und sie liebt ihren Mann, Fernando. Nach dem frühen Tod ihrer Eltern zieht das Paar in Rosalindes Elternhaus im Freiamt. Das große Anwesen liegt abgeschieden mitten in einem Auenwald. Fernando richtet seine Psychologie-Praxis im Haus ein und breitet sich dort immer mehr aus. Seiner Frau gegenüber legt er einen zunehmend bedrohlichen und herrschsüchtigen Charakter an den Tag. Als Rosalinde herausfindet, dass er sie mit seiner Assistentin betrügt, ist für sie das Maß voll. Sie bereitet heimlich die Scheidung vor, will ihn mit ihrem Begehren aber erst konfrontieren, nachdem sie Vorkehrungen zu ihrem Selbstschutz getroffen hat.Kurz darauf verschwindet die junge Frau spurlos. Jahre später ziehen Julia und Erik in Rosalindes ehemaliges Haus ein. Sie wissen nichts von der Vorgeschichte der großen weißgetünchten Villa. Julia und Erik genießen in dem Haus einen unbeschwerten Sommer, ehe der Herbst mit dichtem Nebel, Kälte und unheimlichen Wahrnehmungen Einzug hält. Julia ist im selben Alter wie Rosalinde. Die beiden Frauen sind sich nicht nur äußerlich ähnlich. Liegt es an den herbstlichen Reuss-Nebeln, dass bei Julia die Nerven mehr und mehr blank liegen? Von den merkwürdigen Dingen, die im und um das Haus passieren, scheint zunächst niemand außer ihr etwas mitzubekommen.

Elisabeth Sailer hat sich während des Studiums intensiv mit Sprache und Naturwissenschaften auseinandergesetzt. Sie lebt mit ihrer Familie im Aargau nahe Baden und arbeitet in der Finanzindustrie. Kreativität, Freude am Umgang mit Menschen, am Analysieren, vernetzten Denken sowie eine überaus exakte Arbeitsweise und Detailverliebtheit zeichnen sie aus. Diese Kompetenzen hat sie sich in ihrer beruflichen Karriere aufgebaut und diese sind auch in ihren Krimis deutlich spürbar. Das Leben schreibt die faszinierendsten Geschichten, aber man muss genau hinsehen. Die Schweizer Krimiautorin tut das mit viel Gespür und lässt uns tief in die Abgründe der menschlichen Seele blicken.

Elisabeth Sailer hat sich während des Studiums intensiv mit Sprache und Naturwissenschaften auseinandergesetzt. Sie lebt mit ihrer Familie im Aargau nahe Baden und arbeitet in der Finanzindustrie. Kreativität, Freude am Umgang mit Menschen, am Analysieren, vernetzten Denken sowie eine überaus exakte Arbeitsweise und Detailverliebtheit zeichnen sie aus. Diese Kompetenzen hat sie sich in ihrer beruflichen Karriere aufgebaut und diese sind auch in ihren Krimis deutlich spürbar. Das Leben schreibt die faszinierendsten Geschichten, aber man muss genau hinsehen. Die Schweizer Krimiautorin tut das mit viel Gespür und lässt uns tief in die Abgründe der menschlichen Seele blicken.

Die kühle Einsamkeit der Aue


«Verdammt. Ich muss total verrückt gewesen sein.

Was mache ich bloß hier draußen in dieser Einöde?»

Julia saß an ihrem Schreibtisch und blickte erschrocken zum Fenster hinaus.

Draußen versank die Welt im Grau.

Dichte Nebelschwaden hatten die Zufahrtsstraße, den Wald und den Teich verschluckt.

Damit nicht genug, stiegen immer neue Nebel aus dem feuchten Auenboden.

Bald würden die Zweige der Büsche und Bäume ganz nahe beim Haus unter ihren Schwaden verschwinden.

So, als wollte die Aue wie ein schwarzes Loch das ganze Anwesen in ihren dunklen Schlund hinunterziehen.

Julia sah auf die Uhr.

Es war fünf Uhr nachmittags. Ein nebliger Tag im Oktober.

Sie fröstelte und fühlte sich unwohl.

Julia hatte seit Mittag an ihrem neuen Bauprojekt gearbeitet, das sie zusammen mit ihrem Onkel Klaus, der im Hauptberuf Anwalt war, vor einiger Zeit in Angriff genommen hatte.

Julia war stolz, weil Klaus ihr die alleinige Verantwortung für große Teile des neuen Projekts anvertraut hatte.

Es war bereits das dritte Projekt, das sie zusammen durchführten.

Ihre Projekte waren von Mal zu Mal ambitionierter geworden.

Klaus hatte Julia gegenüber angedeutet, dass er sich in wenigen Jahren zur Ruhe setzen und die Geschäftsführung auf sie übertragen wollte.

Zuweilen stellte er Julia seinen Geschäftspartnern als seine «Adoptiv-Tochter» vor.

Julias leiblicher Vater wäre damit gar nicht einverstanden gewesen.

Hans Villiger, Julias Vater, lebte wenige Kilometer östlich von Baden.

Er hatte Julia kurz zuvor einen großzügigen Erbvorbezug in Form von Baugrundstücken gewährt.

Klaus besaß ein großes, schönes Haus auf der Allmend.

Ohne diese Immobilien als Sicherheit wären die Banken nicht mit dem für ihr neues Projekt benötigten Kapital in Vorleistung gegangen.

Julia wusste, ihr Vater hatte ihr quasi das Familienerbe anvertraut.

Nur so war es Klaus und ihr möglich gewesen, ein Projekt in dieser Größenordnung aufzugleisen.

Eine enorme Verantwortung lastete auf ihren Schultern.

Die Ellbogen auf dem Schreibtisch aufgestützt, ruhte ihr Kopf zwischen ihren Händen.

Während sie angestrengt über ihren Vater nachdachte, blies sie sich eine Strähne ihrer langen dunkelbraunen Locken aus dem Gesicht.

Was war ihr Vater für ein Mensch?

Sie kannte niemanden so lange wie ihn.

Und dennoch war er ihr zeitlebens irgendwie fremd und unnahbar geblieben.

Würde sie jemand danach fragen, hätte sie nicht einmal sagen können, ob sie ihn liebte.

Julia hegte zärtliche Erinnerungen an ihre Mutter.

Die war früh gestorben. Ob ihre Mutter, Eva, sie als Kind wirklich so innig geherzt und in den Arm genommen hatte, wie es Julia die Erinnerung glauben machte?

Sie träumte oft von ihr, aber das war so lange her, sie konnte sich kaum mehr an sie erinnern.

Als ihre Mutter starb, war sie acht und ihr Bruder Leonhard sechs Jahre alt gewesen.

Statt den Halbwaisen nach dem Verlust der Mutter Milde angedeihen zu lassen, war ihr Vater stets gerecht, aber konsequent streng mit ihnen umgegangen.

Sie hatte es sich als Kind so sehr gewünscht, aber nie hatte ihr Vater sie oder den Bruder in den Arm genommen.

Der größte Liebesbeweis, zu dem er sich jemals hatte hinreißen lassen, war, dass er ihr oder Leonhard gelegentlich mit der flachen Hand wie beiläufig über den Kopf strich.

So als würde er seinen Hund tätscheln, der ihm gerade brav einen Stock apportiert hatte.

Julia verharrte in Tagträumen, während sie aus dem Fenster starrte.

Ihre Schwiegermutter, Edith, kam ihr in den Sinn.

Auch Edith pflegte keine besonders innige oder fürsorgliche Beziehung zu ihrem Sohn.

Aber anders als ihr Vater forderte Edith ständig Dank und Unterstützung von Erik.

Julia war froh, dass ihr Vater im Gegensatz zu Edith eigenverantwortlich, pragmatisch und bodenständig war.

Edith dagegen kreiste ständig um sich selbst, hatte Allüren wie eine Diva und baute Luftschlösser.

«Ich hatte immer großes Talent zum Aquarell-Malen. Hätte ich mehr Zeit, könnte ich mein Hobby zum Beruf machen. Gemälde erzielen heutzutage bei Auktionen horrende Preise. Aber damit ich Kurse besuchen und mir professionelles Material kaufen kann, müsstet ihr mich unterstützen», das war nur eine von ihren dauernd wechselnden Ideen.

In Julias Augen bestand Ediths größtes Talent darin, ihr Umfeld für ihre eigenen Interessen einzuspannen.

Allein ihr hatte sie es zu verdanken, dass sie dieses viel zu große und einsame Haus in der Aue gekauft hatte und mit Erik dort eingezogen war.

Nur weil Edith es schick fand, bei ihren Stadt-Züricher-Freundinnen mit dem großen Landhaus angeben zu können.

Aber Julia war selbst schuld.

Niemand sonst nahm Ediths Einfälle ernst.

Diesen alten maroden Kasten zu kaufen und in die Aue zu ziehen, das war eine Schnapsidee.

Julia wohnte mit ihrem Mann, Erik, seit gut einem halben Jahr in dem Haus.

Sie liebte die Ruhe, die ihr die isolierte Lage des Anwesens bot.

Aber Edith zitierte Erik laufend zu sich.

Er verbrachte viele Abende bei ihr in Zürich und kam erst gegen Mitternacht zurück.

Wenn Julia dann ganz alleine in dem großen Haus war, fühlte sie sich unwohl.

Die Stille wirkte wie ein Lautsprecher.

Das Knacken eines Balkens oder das Ächzen eines vom Wind malträtierten Astes, das sind Geräusche, die man in einer dichtbesiedelten Stadt nicht wahrnimmt.

Wenn dieselben Geräusche plötzlich hier draußen die Stille durchschnitten, gingen sie durch Mark und Bein.

Sie hörten sich ohrenbetäubend laut und furchterregend an.

Nachdem sie noch lange weitergearbeitet hatte, stand Julia auf.

Sie schloss ihre Unterlagen gewissenhaft in den Tresor ein.

Draußen war es finster.

Julia horchte wieder in die Stille.

Sie blickte auf ihre Apple Watch.

«Was? Schon so spät?» dachte sie.

Sie war so vertieft in ihre Arbeit gewesen, dass sie nicht bemerkt hatte, wie schnell die Zeit vergangen war.

Es war kurz vor dreiundzwanzig Uhr.

Julia erschrak gewaltig, als im Esszimmer Ediths Hochzeitsgeschenk lospolterte und mit blechernen Schlägen die Stunden in die Nacht hinaushämmerte.

Erik würde frühestens um Mitternacht zurücksein. Er war mit seiner Mutter zu einem Konzert in die Tonhalle gegangen. Danach wollten sie noch irgendwo eine Kleinigkeit essen.

Julia ging zum Fenster.

Sie hatte bei Einbruch der Dunkelheit die Jalousien fast ganz heruntergelassen, aber durch einen schmalen Spalt konnte sie noch nach draußen sehen.

Sie kniff die Augen zusammen, die gerade noch auf den hellen Computerbildschirm fokussiert gewesen waren und sich nur langsam umstellen konnten.

Sie meinte, draußen sehr deutlich und sehr nahe beim Haus das Knirschen von Kies gehört zu haben.

Vielleicht ein Tier?

Nein. So knirschte Kiesbelag nur unter schwerem Gewicht wie einem erwachsenen Menschen.

Julia hielt inne und überlegte, was das sein konnte.

Plötzlich erschrak sie.

Wenn sie durch die Spalte in den Jalousien hinausspähen konnte, dann konnte, wer immer da draußen im Dunkeln womöglich herumschlich, auch zu ihr hineinspähen.

Ehe sie zum Lichtschalter hechtete und ihn ausknipste, ergriff sie ihr Smartphone und steckte es in die Tasche ihrer Strickjacke.

Im Dunkeln trat sie ans Fenster und spähte durch die Ritzen der Jalousie in die Nacht.

Der Nebel draußen hatte sich wieder verzogen.

Aber weil Neumond war und der Himmel voller Wolken, konnte sie nicht einmal die Bäume im Garten erkennen.

Draußen war es einfach nur stockdunkel.

Sie horchte angestrengt. Nichts.

Nur das blecherne Ticken der Uhr im Wohnzimmer.

Ediths Hochzeitsgeschenk sollte sie durch den permanenten Lärm, den die Uhr machte, an sie erinnern.

Das laute Ticken der Uhr übertönte sogar Julias Herz, das ihr jetzt vor Angst bis zum Hals hochschlug.

Wieder war das Knirschen von Kies, und diesmal direkt vor dem Fenster, zu hören.

Julia huschte in der Dunkelheit zum anderen Fenster in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Die Wolken waren aufgebrochen und schemenhaft waren die Umrisse einzelner Bäume zu erkennen.

Sie lugte durch den Spalt der Jalousie in die Dunkelheit hinaus.

«Oh, mein Gott!»

Julia presste sich die Hand auf den Mund, um vor Entsetzen nicht laut zu schreien.

Durch die Ritze der Jalousie hatte sie ein Augenpaar angestarrt.

Julia sprang zur Seite, streckte die Hand aus und riss am Gurt, der die Jalousie mit einem lauten Knall komplett nach unten sausen ließ, sodass die Augen sie nicht mehr anstarren konnten.

Starr vor Panik verharrte sie einige Sekunden mit dem Rücken zur Wand.

Sie musste sich zusammenreißen.

Als sie sich einen Moment später wieder im Griff hatte, eilte sie zum anderen Fenster, um auch hier den Rollladen ganz zu schließen. Sie kauerte sich auf den Boden und tippte die Notfallnummer der Polizei in ihr Smartphone.

Flüsternd erzählte sie der Stimme am anderen Ende der Leitung, was geschehen war.

Julia flehte darum, schnellstmöglich einen Streifenwagen zu ihr zu schicken.

Nachdem sie aufgelegt hatte, fühlte sie sich schutzlos ausgeliefert und allein.

Sie traute sich kaum zu atmen.

Julia verharrte zusammengekauert in der Dunkelheit auf dem Boden, während sie auf die Ankunft der Polizei wartete.

Nach Minuten...

Erscheint lt. Verlag 30.9.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Aargau • Hintergründig • Krimi • Mord • Mysteriös • Neuerscheinung • Schweiz • Schweizer Krimi • spannend • Spannung • Unheimlich • Unterhaltsam
ISBN-10 3-7598-8453-9 / 3759884539
ISBN-13 978-3-7598-8453-4 / 9783759884534
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