Der ehemalige Tote (eBook)

Ein Mord, der erst noch geschehen wird

(Autor)

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2024 | 6. Auflage
185 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7598-6356-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der ehemalige Tote -  Corinna Blum
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Von einem unheimlichen Alten bekommt die private Ermittlerin Jess Bontempi eine merkwürdige Taschenuhr geschenkt. Nur wenig später stößt sie mit dem Anwalt Cedric Katz zusammen. Ihr wird schwindlig, alles wird dunkel - und Jess sieht den Anwalt tot daliegen. Was hat das alles zu bedeuten? Zum ersten Mal in ihrer Detektivlaufbahn beginnt Jess, in einem Mordfall zu ermitteln - ein Mord, der erst noch geschehen wird. *** 'Der ehemalige Tote' ist ein Kriminalroman mit einem guten Schuss Science Fiction. Die Geschichte spielt in einer fiktiven Stadt am Meer. Dort arbeitet Jess Bontempi seit einigen Jahren als Privatdetektivin. Ihre Aufträge ähneln sich meist: Sie soll verschwundene Haustiere wieder finden und Ehepartner auf ihre Treue überprüfen. 'Sie sehen gar nicht aus wie eine Detektivin.' Jess' Erscheinungsbild ist so unauffällig, dass es vielen ihrer Gesprächspartnern schwerfällt, ihr zunächst zu glauben. Perfekte Voraussetzungen für ihre Ermittlungen. Auf ihrem alten Fahrrad namens Pepe stellt Jess Nachforschungen an. Nach dem folgenschweren Zusammenstoß mit dem Anwalt Cedric Katz will sie mehr über dessen baldigen Tod in Erfahrung bringen und gleichzeitig den Anwalt davor warnen. Doch dieser glaubt ihr nicht. Schließlich kann niemand die Zukunft vorhersagen. Oder etwa doch?

Corinna Blum wollte als Kind Schriftstellerin oder Detektivin werden. Nach dem Studium wurde sie Redakteurin und Journalistin und vereinte somit mehr oder weniger beide Kindheitsträume. Sie lebt getreu dem Motto »Zu viele Ideen, zu wenig Zeit« und mag Ukulelen, Katzen, Wäsche im Wind und Hamburg. Mit ihrer Familie lebt sie in ihrer Heimat im Allgäu.

Corinna Blum wollte als Kind Schriftstellerin oder Detektivin werden. Nach dem Studium wurde sie Redakteurin und Journalistin und vereinte somit mehr oder weniger beide Kindheitsträume, bevor sie einige Jahre im Marketing arbeitete. Heute verdient sie ihr Geld mit (fast) allem rund um Text und Musik. Sie lebt getreu dem Motto »Zu viele Ideen, zu wenig Zeit« und mag Ukulelen, Katzen, Wäsche im Wind, Hamburg, selbstgemachten Hummus (den zum Essen) und das Finden und Eliminieren von Rechtschreibfehlern. Mit ihrer Familie lebt sie in ihrer Heimat Leutkirch im Allgäu.

Kapitel 3


 

 

 

Es musste ihre innere Stimme sein, die ihr trotz der Erschöpfung befahl, dem Mann hinterherzugehen. Allerdings, wie sollte sie ihn überhaupt wiederfinden? Mit jeder Sekunde, in der sie mit leergefegtem Kopf auf dem Gehsteig stand, wurde sein Vorsprung größer.

E

inem Impuls folgend und ihre Kopfschmerzen ignorierend lief Jess den restlichen Weg nach Hause. Im Hinterhof des alten, hässlichen Gebäudes, in dem sie wohnte und arbeitete, stand ihr ebenso altes und hässliches, aber auch liebenswürdiges und wunderbar hellblaues Fahrrad namens Pepe. Die Taschenuhr legte sie in den kleinen, engmaschigen, verrosteten Drahtkorb an der Lenkstange und behielt sie im Blick, als sie losfuhr. Es funktionierte einfacher als gedacht.

 

Nach kurzer Zeit zeigte der Zeiger der Taschenuhr konstant geradeaus. Jess radelte mittlerweile im verkehrsberuhigten Bereich der Altstadt, die in Reiseführern als so malerisch beschrieben wurde, dass sie in den Sommermonaten mehr Touristen als Einheimische zählte.

Doch für wie lange sollte sie geradeaus fahren? Wann oder wo musste sie anhalten? Der Mann, den sie suchte, würde vermutlich nicht den ganzen Tag durch die Gegend spazieren.

Jess wurde langsamer, stieg schließlich von Pepe ab, schob ihn ein paar Meter, blieb dann ratlos stehen. Nieselregen setzte ein, ganz seicht, wie so oft in den vergangenen Stunden und Tagen. Die kühle Luft tat ihrem Kopf gut. Die Kopfschmerzen waren verschwunden. In Jess’ Magen jedoch regierte hungrige Leere und in ihrem Mund ein widerlicher Geschmack.

Etwa zwanzig Meter weiter vorn, nach den steinernen Arkaden, die das Ende der Altstadt markierten, gab es einen Kiosk, an dem Jess, wenn sie in der Gegend war, gern die Überschriften der aktuellen Zeitungen überflog und einen schnellen Imbiss zu sich nahm. Müde schob sie Pepe bis zu den Arkaden und lehnte ihn an eine der Steinsäulen. In der Hosentasche nach Kleingeld kramend steuerte sie auf den Kiosk zu und stutzte. Mit dem Rücken zu ihr am Kioskfenster stand der Mann, der erst vor kurzer Zeit äußerst lebendig in sie hineingelaufen war, dann tot vor ihr gelegen und im Anschluss wieder gelebt hatte – der ehemalige Tote.

Instinktiv huschte sie zurück zu den Steinsäulen und beobachtete in deren Schutz den Mann. Er war groß und schlank, hatte hellbraunes, kurzes Haar und trug sportlich-elegante Kleidung. Soeben nahm er seine Bestellung entgegen – eine kleine Flasche Limonade und ein in Alufolie gewickeltes Brötchen – und entfernte sich vom Kiosk. Zügig steuerte er auf ein Gebäude an der linken Straßenecke zu und verschwand darin.

Vorsichtig näherte sich Jess dem Gebäude. Es war ein vierstöckiges, altes Haus, das sich stilistisch einwandfrei ins Ambiente der restlichen Häuser in der Altstadt einfügte. Die Wände waren einst vielleicht in einem schönen, satten Löwenzahngelb erstrahlt, doch irgendwann war daraus ein unansehnliches Senfgelb mit Graustich geworden. An vielen Stellen blätterte die Farbe ab, und dort, wo die Fassade auf den Bordstein traf, wuchsen Kräuter und Unkräuter fröhlich in die Welt hinein, Kamille und Spitzwegerich, Klee und Löwenzahn.

Links neben der wuchtigen Eingangstür war über unzähligen Klingelknöpfen ein modernes Schild aus Milchglas angebracht, auf dem »Schmitz & Katz – Anwaltsbüro« stand.

War der Mann Anwalt? Er hatte recht seriös ausgesehen. Das musste zwar nichts bedeuten, doch für gewöhnlich hatte Jess ein gutes Gespür bei diesen Dingen. Trotzdem kamen ihr mit einem Male Zweifel. Was tat sie hier eigentlich? Spionierte einem fremden Mann hinterher und bekam nicht einmal Geld dafür. Arbeitszeit verlor sie hier. Mit einem Mal kam ihr alles so absurd vor.

»Und doch hast du gesehen, wie er tot vor dir lag«, mahnte ihre innere Stimme. »Wenn du herausfinden willst, was dahintersteckt, dann gehst du da jetzt endlich rein.«

Während Jess zweifelnd vor der Haustür stand, sauste hinter ihr mit einem Klingeln ein Fahrrad heran. Ein gelb-schwarz bekleideter Mann stieg ab und öffnete seine ebenso gelbe Satteltasche. Er nickte Jess zu, kramte in der Tasche, trat mit einem Bündel an großen und kleinen Briefumschlägen an die Tür und drückte auf den Klingelknopf unten rechts.

»Ja bitte?«, erklang nach ein paar Sekunden eine ältere, weibliche Stimme durch die Gegensprechanlage.

»Die Post«, erwiderte der Zusteller schlicht.

Als eine Antwort summte der Türöffner. Jess nutzte die Gelegenheit und trat hinter dem Postboten ins Gebäude.

 

***

 

Im Hausinneren sprach sie den Zusteller an, der bereits damit begonnen hatte, die Briefkästen zu füllen.

»Falls Sie Post für das Anwaltsbüro haben – die kann ich mitnehmen. Ich bin auf dem Weg dorthin.«

Er musterte sie von der Seite. Jess versuchte, so arglos wie möglich auszusehen. Sie wusste durchaus, dass er eigentlich das nicht durfte. Allerdings wusste ja der Postbote wiederum nicht, dass sie das wusste. Einen Versuch war es wert.

»Na gut«, sagte er, es klang wie eine Frage. »Moment …« Er blätterte durch die Umschläge und reichte ihr ein paar davon. »Vielen Dank.«

»Nicht dafür.«

Sie hob den Kop. An der Wand rechts der Treppe hing ein Schild mit der Aufschrift »Anwaltsbüro Schmitz & Katz – Eingang 1. Stock«. Zügig entfernte sie sich von dem Zusteller, der sich in seine Arbeit vertieft hatte. Auf dem Treppenabsatz, außer Sichtweite, hielt sie kurz inne und blätterte schnell die Briefumschläge in ihrer Hand durch. Was sie sich davon versprach, konnte sie selbst nicht sagen – sie sah nur, dass die Umschläge entweder an den einen oder den anderen Anwalt adressiert waren, keiner führte beide Namen.

Im ersten Stock klopfte sie an die Tür, neben der erneut ein Hinweis auf die Anwälte stand, wartete jedoch nicht auf eine Antwort, sondern trat einfach ein. Der Empfangsbereich des Anwaltsbüros war schlicht, aber elegant gehalten. Am Empfang saß ein junger Mann, den sie auf maximal achtzehn Jahre schätzte.

»Guten Tag.« Jess nickte ihm freundlich zu. Der junge Mann blickte weitaus weniger freundlich, dafür umso gelangweilter zurück. Sein Gesicht war eine Aknelandschaft, das Blau seiner Haare war ausgebleicht. Seine Ohren standen vom Kopf ab.

»Ja? Haben Sie einen Termin?«, fragte er.

»Nein, aber Ihre Post«, erwiderte Jess und streckte ihm die Briefe entgegen. Er ergriff sie, ohne eine Miene zu verziehen.

»Kann ich Ihnen sonst weiterhelfen?«

Der Junge war nicht nur gelangweilt, sondern auch hörbar genervt. Vielleicht bedingte das eine das andere. Offenbar hatte er bei seiner Arbeit aktuell nichts zu tun.

»Hoffentlich«, erwiderte Jess. »Ich suche einen Mann. Er ist vor wenigen Minuten in dieses Gebäude gegangen. Ich muss dringend mit ihm sprechen. Er trägt kurze, hellbraune Haare, ein dunkelgraues Jackett, ein hellblaues Hemd, dunkle Jeans und weiße Sneaker, und ich denke, er könnte einer der beiden Anwälte dieser Kanzlei hier sein. Können Sie das bestätigen? Es ist sehr wichtig.«

Der Junge musterte sie misstrauisch.

»Sie kennen ihn nicht, müssen aber unbedingt mit ihm reden?«

Jess nickte nachdrücklich.

Stumm sahen sich die beiden an. Der Junge schien nicht gewollt zu sein, ihr überhaupt irgendetwas zu sagen.

»Hören Sie«, sagte Jess und trat näher an den Empfang. »Sie ahnen nicht, wie wichtig das ist. Es geht um ein Menschenleben. Und nun sagen Sie mir bitte«, sie legte großen Nachdruck auf dieses Wort, »ob dieser Mann einer Ihrer Chefs ist. Ich muss, wie gesagt, unbedingt mit ihm reden.«

Unerwartet wandte sich der Junge wieder an seinen Computerbildschirm, tat so, als tippte er etwas auf der Tastatur und sagte lapidar: »Natürlich ist er mein Chef.«

Beinahe fiel Jess ein Stein vom Herz.

»Welcher von beiden?«

»Ist es denn wirklich so wichtig?«

Jess seufzte. Offensichtlich befand sie sich mittlerweile auf demselben Genervtheitslevel wie der junge Mann.

»Raus jetzt mit der Sprache, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit«, ignorierte sie seine Frage. »Schmitz oder Katz?«

Der Junge zögerte und wirkte damit noch jünger. Mittlerweile schätzte Jess ihn auf maximal sechzehn Jahre.

»Katz«, erwiderte er schließlich.

»Ist er da?«

Der Junge nickte kaum sichtbar.

»Ich muss mit ihm sprechen.«

»Das geht jetzt nicht.«

»Ich muss.«

»Wie gesagt, das geht jetzt nicht. Bitte gehen Sie. Herr Katz ist in einem Mandantengespräch.«

»Ah«, lächelte Jess verständnisvoll. »Wer kennt es nicht, das klassische Mandantengespräch mit einem belegten Brötchen und einer Flasche Fanta.«

Sie und der Junge taxierten sich für ein paar Sekunden ohne Worte. Jess sah, wie es in seinem Kopf arbeitete, und fragte sich, weshalb er aus einer einfachen Mittagspause seines Chefs eine Staatsaffäre machte. War dem Anwalt namens Katz sein Kioskbrötchen so heilig, dass er um keinen Preis gestört werden wollte? Oder war er neben dem Essen mit anderen Dingen beschäftigt, von denen niemand etwas wissen durfte?

»Wer sind Sie eigentlich?«, fragte der Junge abrupt. »Sie scheinen meinen Chef beobachtet und verfolgt zu haben. Das werde ich ihm melden.«

Schon griff er zum Telefon, das schräg vor ihm stand. Da sah er Jess schmunzeln und zog die Hand zurück.

»Beinahe hätten Sie mich gehabt«, gab er grimmig zu. »Trotzdem hat mein Chef jetzt keine Zeit. Wenn Sie etwas von ihm wollen, rufen Sie ihn an.«

Er wies auf einen schmalen Visitenkartenständer,...

Erscheint lt. Verlag 22.8.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte action • Corinna Blum • Jess Bontempi • Krimi • Thriller • Zeitreise • Zeitreiseroman
ISBN-10 3-7598-6356-6 / 3759863566
ISBN-13 978-3-7598-6356-0 / 9783759863560
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